Interview des Monats: Messe Frankfurt

"Die Heimtextil ist die Steilvorlage für gute Geschäfte"


Nach der Zwangspause findet die Heimtextil vom 11. bis 14. Januar 2022 wieder statt. Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Sabine Scharrer, Leiterin Heimtextil, erläutern, wie diese "besondere" Messe aussehen wird.

BTH Heimtex: Im Januar 2020 fand die Heimtextil-Jubiläums-Veranstaltung statt. Wie geht es Ihnen heute, nach knapp zwei Jahren Messeabstinenz, mit Blick auf die kommende Heimtextil?

Olaf Schmidt: Ich kann für unser ganzes Team sagen: Die Vorfreude ist riesig! Klar, es wird einiges anders sein als vor zwei Jahren. Aber wir sind extrem happy, dass wir wieder Events ausrichten und Menschen aus der ganzen Welt zusammenbringen können. Und wir sind fest davon überzeugt: Es wird für alle Beteiligten eine gute Messe werden.

BTH Heimtex: Die Heimtextil 2022 wird nicht vergleichbar mit vorherigen Veranstaltungen sein. Können Sie kurz skizzieren, was Aussteller und Besucher inhaltlich erwartet?

Schmidt: Die Heimtextil wird auch dieses Mal mit einer weltweit einzigartigen Vielfalt an Produktneuheiten begeistern und die komplette Bandbreite der textilen Inneneinrichtung abdecken. Mit einer Ausstellungsfläche, die sich über zehn Hallenebenen erstreckt, erwarten wir für die Heimtextil eine vielversprechende Rückkehr auf die internationale Bühne. Wir haben Aussteller aus über 50 Ländern. Dabei wird es vor allem wichtig sein, dass die richtigen Leute zusammenkommen, dass die wichtigen Kontakte gemacht werden und sich die Branche endlich wieder auf das Business konzentrieren kann.

Und auch wenn sich der deutsche Markt - wie vor der Krise auch schon - verhalten gibt: Die internationale Branche zeigt großen Zuspruch und ein immenses Commitment für die Heimtextil. Viele Unternehmen brauchen dieses Ordertreffen und setzen alles in Bewegung, um auf der Heimtextil dabei zu sein.

BTH Heimtex: Welche Segmente sind besonders gut, welche sind schwächer vertreten?

Sabine Scharrer: Besonders gut ist die Halle 4 mit den Möbel- und Dekostoff-Anbietern gebucht. Hier präsentiert sich die Heimtextil als größtes Schaufenster von hochwertigen Stoffen. Die Ebenen 4.1 und 4.2 sind komplett ausgebucht, hier sind zahlreiche hochkarätige Weber und Großhändler aus Europa vertreten. Es werden alle da sein und wir werden die konzentrierte Welt der Weber erleben - allen voran traditionsreiche italienische und spanische Webereien für Möbel- und Dekostoffe und Gardinen. Wir sind sicher, dass das auch der eine oder andere Editeur mit großem Interesse verfolgen wird.

Der Ausstellungsbereich der Editeure in der Halle 8.0 wird dieses Mal konzentrierter sein. Aber auch hier sind gute Namen dabei wie etwa Baumann Dekor und Englisch Dekor aus Österreich, Eustergerling, Höpke und KT Exclusive aus Deutschland, Prestigious Textiles aus Großbritannien, Erre Erre, Gruppo Carillo und S.I.M.T.A. aus Italien und Wind aus Belgien.

Das Angebot an Sonnenschutz ist turnusgemäß dieses Mal etwas schwächer. Deco Team bietet mit seinen Mitgliedern hierzu einige Highlights. Hier werden ebenfalls wieder - abgeleitet von den Heimtextil Trends - Inszenierungen präsentiert und zu den beliebten Workshops eingeladen. Und als besonderen Service für Raumausstatter und Inneneinrichter bietet das Deco Team allen Besuchern an, einen kurzen Imagefilm über das eigene Unternehmen zu produzieren. Eine wirklich tolle Gelegenheit für alle, die auf Social Media und einen professionellen Online-Auftritt setzen!

In Sachen Tapete ist der Markt, wie wir alle wissen, seit geraumer Zeit sehr herausfordernd. Aktuell sind 18 internationale Tapetenproduzenten angemeldet, die sich in der Halle 8.0 präsentieren. Wir sind außerdem happy, dass wir auf nationaler und internationaler Ebene tolle Partner haben. Für die Zukunft appellieren wir an die deutsche Tapetenindustrie, den Schulterschluss mit den internationalen Anbietern zu suchen. Denn nur zusammen können Synergien bei Geschäften mit Einkäufern aus Deutschland und der Welt ausgebaut werden.

BTH Heimtex: Welche thematischen Highlights erwarten die Besucher?

Schmidt: In Sachen Innovationen und Designentwicklungen wird die Inszenierung der Heimtextil Trends einmal mehr das zentrale Highlight sein. Hier erhalten die Branchenteilnehmer einen tiefgreifenden Einblick in die Einrichtungsthemen von morgen. Für die neue Saison 2022/23 präsentiert die Heimtextil ihre Designprognose unter dem Motto "Next Horizons". Diese global zum Einsatz kommenden Trendaussagen wurden von internationalen Trendforschern erarbeitet und geben auch dieses Mal wieder Orientierung für alle Segmente und Disziplinen der textilen Einrichtungsbranche.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Darüber hinaus werden auch "Interior. Architecture. Hospitality.", das Angebot für Innenarchitekten und Hospitality-Experten, und das Megathema Gesunder Schlaf mit zahlreichen Beratungs- und Produktangeboten auf der Heimtextil 2022 umfassend beleuchtet und bieten einen echten Mehrwert. Ein weiteres Highlight wird die Contract-Präsentation von Trevira in Halle 4 sein, die darüber hinaus rund 20 Top-Unternehmen und Partner umfassen wird.

BTH Heimtex: Der Wunsch nach persönlichen Begegnungen ist groß. Auf welche besonderen (Hygiene-)Maßnahme müssen wir uns einstellen?

Scharrer: Die Heimtextil wird unter sicheren Bedingungen stattfinden. Überall dort, wo sich Menschen bewegen, werden Masken getragen. Sobald unsere Aussteller und Besucher Platz nehmen und sich Face-to-Face unterhalten - und der übliche Sicherheitsabstand von 1,5 Metern gewahrt ist - können die Masken abgenommen werden. Ganz ähnlich, wie wir es ja auch seit längerer Zeit aus der Gastronomie kennen. Unsere Aussteller werden darauf sensibilisiert sein, dass sie auf eine gute Besucherführung am Stand achten und gegebenenfalls auch Besucher zum Warten außerhalb des Standes auffordern, wenn es temporär zu eng wird.

Wichtig zu wissen ist, dass der Ticketverkauf ausschließlich online und mit persönlicher Registrierung über unsere Webseite erfolgt. Außerdem haben wir zusätzliche Tickets an die ausstellenden Unternehmen verteilt, die damit ihre Kunden zur Heimtextil einladen können. Alle Hygienemaßnahmen sind eng mit den Behörden abgestimmt. Damit schaffen wir, wie ich finde, sehr gute Rahmenbedingungen, um persönliche Begegnungen, Gespräche und letztlich natürlich auch Geschäfte in einem sicheren Umfeld zu ermöglichen.

BTH Heimtex: Wie sieht es bei der Bewirtung aus: Gibt es in den Hallen Imbissstände und wie wird das Thema auf den Ständen geregelt sein?

Scharrer: Auch die Gastronomie auf dem Messegelände wird so geregelt sein, wie wir es seit Monaten schon kennen: Speisen und Getränke werden abgepackt ausgegeben. Und es wird für genügend Abstand zwischen den Menschen gesorgt, die sich zum Essen niederlassen. Auf dem Messestand sorgt der Aussteller ebenfalls für genügend Abstand beim Verzehr - dann steht dem gewohnten Catering nichts im Wege.

BTH Heimtex: Die Pandemie hat dazu geführt, dass branchenübergreifend viele Dinge auf den Prüfstand gestellt werden wie beispielsweise kostspielige Geschäftsreisen per Flugzeug. Auch Messeteilnahmen werden unter den Kosten-Nutzen-Aspekt vielerorts diskutiert und neu gedacht

Schmidt: Natürlich haben die letzten zwei Jahre vieles, was bislang gesetzt war, in Frage gestellt. Aber wir haben auch erfahren, wie sehr uns die persönlichen Begegnungen gefehlt haben und wie essenziell und durch nichts zu ersetzen der Austausch mit anderen Branchenteilnehmern ist. Daher sind wir davon überzeugt, dass die internationalen Vertreter aus Industrie und Handel auch künftig auf die Heimtextil setzen, um ihre internationalen Geschäftskontakte zu intensivieren, ihr Netzwerk zu erweitern und ihren Geschäften frische Impulse zuzuführen. Hinzu kommt besonders in unserer Branche der Wunsch und das Bedürfnis, Produkte haptisch zu erleben und Trends live zu sehen.

Wir alle haben genug davon, Stoffe und Produkte nur digital zu betrachten. All das macht uns so sicher, dass wir auch in Zukunft ein wichtiges Bindeglied zwischen Industrie und Handel sind und der Branche Orientierung und Trends liefern können. Und hierbei hat die Heimtextil - das möchte ich nicht unerwähnt lassen - mit ihrem weltweit größten Produktangebot, ihrer internationalen Strahlkraft und ihrer Bedeutung in Sachen globaler Trends eine weltweite Alleinstellung. Und das auch - wenn vielleicht noch nicht in ganzer Stärke - bereits wieder im Januar 2022.

BTH Heimtex: Das Mega-Thema Digitalisierung hat durch die Pandemie einen ungeahnten Auftrieb erhalten, zugleich aber auch aufgezeigt, dass Deutschland diesbezüglich großen Nachholbedarf hat. Wie gehen Sie als Messeveranstalter mit dem Thema Digitalisierung um?

Schmidt: Auch wenn für uns das physische Treffen weiterhin das höchste Gut ist, sind digitale Zusatzangebote auf unseren Messen immer wichtiger. Auch das haben wir natürlich in den letzten Monaten erfahren und gelernt. Sie dienen als Ergänzung des Produkt- und Informationsrepertoires auf der Messe.

Um ein paar Beispiele zu nennen: Die Heimtextil Trends werden erstmals vollumfänglich in digitaler Form dargestellt - reich illustriert und mit den angesagten Farben, Designer-Features und Kurzfilmen visualisiert. Und auch die Future Materials Library ist seit diesem Sommer online einsehbar und bietet eine erstklassige Kuration nachhaltiger Materialinnovationen. Diese Angebote schaffen so zusätzlich die Möglichkeit, sich ganzjährig über wichtige Entwicklungen und Innovationen zu informieren.

Darüber hinaus sind Messerundgänge per Audio Guide und Videos on demand zu vielen Programmpunkten geplant und werden nach der Messe bereitgestellt.

Mit dem Order- und Datenmanagement-Portal Nextrade gibt es einen weiteren digitalen Service der Messe Frankfurt. Nextrade ermöglicht digitale 24/7-Geschäftsbeziehungen zwischen Händlern und Lieferanten. Als erster digitaler B2B-Marktplatz für Home & Living führt die Plattform Angebot und Nachfrage der gesamten Branche digital zusammen und schafft damit einen großen Mehrwert für beide Seiten.
BTH Heimtex: Wie spielen Sie als Messeveranstalter das andere Mega-Thema Nachhaltigkeit?

Scharrer: Das Mega-Thema Nachhaltigkeit ist bereits seit über zehn Jahren ein zentrales Themenfeld der Heimtextil - wohlwissend, dass gerade die Textil- und Modeindustrie enorme Aufgaben für eine nachhaltige Zukunft zu bewältigen hat. Daher haben wir frühzeitig nachhaltig arbeitende Unternehmen und insbesondere die Vordenker in diesem Bereich ins Blickfeld gerückt und mit zahlreichen Maßnahmen grüne Themen auf die Agenda gesetzt.

Dieses Engagement kam auf der vergangenen Heimtextil 2020 hervorragend zur Geltung. Nachhaltigkeit wird auch dieses Mal - davon gehe ich fest aus - das Thema der Messe und omnipräsent in allen Produktsegmenten sein. Und wir werden auch in den nächsten Jahren dieses Engagement fortsetzen, unter anderem auch im Rahmen einer Kooperation mit dem United Nations Office for Partnerships und den Nachhaltigkeitszielen der UN, mit dem gemeinsamen Ziel, den Wandel der Textilbranche weiter voranzutreiben.

BTH Heimtex: Was wünschen Sie sich für die Heimtextil 2022 und generell für die Heimtextil in der Zukunft?

Schmidt: Ich wünsche mir, dass die Branche - international wie national - wieder näher zusammenrückt. Zum Glück ist das ja, im eigentlichen Sinne, im Januar mit dem Treffen auf der Heimtextil wieder möglich. Ich wünsche mir das aber auch im weiteren Sinne: Dass sich Unternehmen aus unserer Branche und auch Unternehmen aus dem gleichen Produktbereich nicht nur als Wettbewerber ansehen, sondern Kollaborationen und Kooperationen eingehen und sich gemeinsam, mit vereinten Kräften für die Zukunft der Wohntextilbranche einsetzen.

Für die Heimtextil - und speziell für die deutschen Marktteilnehmer - wünsche ich mir, dass die Messe als die Chance und leicht zu erreichende Steilvorlage für gute Geschäfte gesehen wird. Von internationaler Seite wird uns genau das viel häufiger zurückgemeldet als von nationaler Seite. Unternehmen müssen sich fragen, ob sie nicht auch neue Absatzmärkte brauchen. Gerade in diesen Zeiten ist es wirklich beeindruckend, welche Anstrengungen zum Teil aufgenommen werden, um im Januar in Frankfurt dabei sein zu können. Die Vorfreude auf den persönlichen Austausch und internationale Geschäfte ist so groß wie nie. Gemeinsam mit unseren Kunden blicken wir einem begeisternden Event entgegen.
| Die Fragen stellte Michaela Fischer.

Daten + Fakten Messe Frankfurt
Messe Frankfurt GmbH
Ludwig-Erhard-Anlage 1
60327 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 75 75-0
heimtextil@messefrankfurt.com
www.messefrankfurt.com

Geschäftsführung: Wolfgang Marzin (Vorsitzender), Detlef Braun, Uwe Behm
Bereichsleiter
Textilmessen:
Olaf Schmidt
Leiterin Marketing-
kommunikation
Textilmessen:
Ivonne Seifert

Mitarbeiter: rd. 2.450 in Frankfurt und 29Tochtergesellschaften weltweit
Umsatz 2020:
rd. 257 Mio. EUR
Umsatz 2019:
rd. 736 Mio. EUR
Anteilseigner:
Stadt Frankfurt (60%),
Land Hessen (40%)
"Die Heimtextil ist die Steilvorlage für gute Geschäfte"
Foto/Grafik: Messe Frankfurt Exhibition GmbH
Textile Materialien haptisch Erleben und neu entdecken – das ist auf der Heimtextil in Frankfurt vom 11 bis 14. Januar wieder möglich.
aus BTH Heimtex 12/21 (Wirtschaft)