IVK Industrieverband Klebstoffe e.V.

Klebstoffindustrie erwartet Wachstum trotz Rohstoffknappheit

Die deutsche Klebstoffindustrie hat 2020 mit einem Umsatzrückgang von 4,5 % abgeschlossen. Trotz anhaltender Rohstoffkrise sei 2021 aber mit Erholung und Wachstum zu rechnen, teilt der Industrieverband Klebstoffe mit.

Zur wirtschaftlichen Situation der seiner Mitglieder sagt der Vorstandsvorsitzende des Industrieverbands Klebstoffe (IVK), Dr. Boris Tasche: "Nach einem sehr guten Start ins Jahr 2020 wurde die Klebstoffindustrie im März 2020 von der globalen Coronavirus-Pandemie getroffen." Zum Jahresende hin erholten sich die Märkte zwar deutlich; über alle Schlüsselmärkte betrachtet, verzeichneten die deutschen Hersteller jedoch einen Umsatzrückgang von 4,5 %. "Unsere Branche ist - verglichen mit anderen Industriebereichen - im Corona-Jahr 2020 mit einem blauen Auge davongekommen", so Tasche weiter. "Wir sind zuversichtlich, dass uns die derzeit sehr positive Wirtschaftsentwicklung und die gute Auftragslage Rückenwind verleihen werden."

Klebstoffproduktion 2020 in Zahlen

Allein mit Klebstoffen konnten die deutschen Produzenten 2020 einen Inlandsumsatz von knapp 2 Mrd. EUR erzielen. Zusammen mit Dichtstoffen, zementären Bauklebstoffen und Klebebändern beläuft sich der Umsatz auf knapp 4 Mrd. EUR. Darüber hinaus wurde von Auslandsgesellschaften deutscher Unternehmen ein Umsatzwert von 9 Mrd. EUR erzielt. In Deutschland sind knapp 17.000 Beschäftigte für die Klebstoffindustrie tätig, weltweit ca. 52.000.

Die Bereiche Holz, Papier/Verpackungen und Möbel sowie DIY zählten 2020 zu den wichtigsten Absatzmärkten für Klebstoffe. Hier machte sich der sogenannte "Cocooning-Effekt" positiv bemerkbar: Die daraus resultierende Renovierungswelle bescherte Baumärkten und dem Online-Möbelhandel hohe Umsatzzahlen. Auch Verpackungsklebstoffe für den Versand entwickelten sich entsprechend positiv. Ebenfalls gut lief es in den Bereichen Elektronik und Bau. Der Bausektor profitierte von geöffneten Baustellen auch während der Lockdowns.

Rohstoffknappheit prägt
Prognose für 2021

Die deutsche Klebstoffindustrie bewegt sich angesichts der guten Wirtschaftsentwicklung und der einhergehenden sehr guten Auftragslage auf einem deutlich positiven Wachstumspfad im Jahr 2021, kämpft aber seit dem Frühjahr mit erheblichen Herausforderungen auf der Beschaffungsseite. "Wir befinden uns inmitten einer historischen, nie da gewesenen Rohstoffsituation", erklärt der Vorsitzende des IVK-Arbeitskreises Rohstoffe, Dr. Christoph Riemer.

Aufgrund einer Verkettung verschiedener unvorhersehbarer Ereignisse seien die Lieferketten in eine schwere Überlastungssituation geraten. Zeitgleich zur Wiederbelebung der globalen Wirtschaft Anfang 2021 kam es zu massiven Produktionsausfällen durch Anlagestillstände. Einerseits wurden langgeplante Wartungsarbeiten (Turnarounds) an Großanlagen durchgeführt, andererseits meldeten einige europäische und US-amerikanische Chemiehersteller Force Majeure-Ereignisse (höhere Gewalt). Zusätzlich führte Mitte Februar 2021 ein überraschend starker Wintereinbruch in Texas zum Ausfall eines großen Teils der dortigen Raffinerie-, Petrochemie- und Chemieproduktion, was die Situation weiter verschärfte. Viele Unternehmen konnten erst im Sommer die Lieferausfälle infolge höherer Gewalt als beendet erklären.

Weiter beeinträchtigt wurde die Lage durch Probleme in der Transportlogistik. Im März blockierte der Frachter Ever Given den Suezkanal, durch den rund 12 % der Welthandelsgüter verschifft werden. Weitere Staus und Sperrungen der großen Containerhäfen - vor allem in China aufgrund von Corona-Ausbrüchen - verringerten die Transportkapazitäten zusätzlich und trieben die Frachtkosten in die Höhe. In dieser sowieso schon angespannten Lage traf im August Hurricane Ida auf die Golfküste der USA und ein Großteil der Öl- und Gasproduktion wurde als Vorsichtsmaßnahme kontrolliert heruntergefahren. Große Häfen im Golf von Mexiko mussten den Betrieb zeitweise einstellen. Um den stark schwankenden Rohstoffverfügbarkeiten entgegenzuwirken, planen viele Unternehmen, ihre Lagerkapazitäten deutlich auszubauen und beanspruchten mit Vorratskäufen verfügbare Kapazitäten noch zusätzlich.

Keine schnelle Rückkehr
zur Normalität denkbar

In Folge der Ereignisse sind auch die Lieferketten der deutschen Klebstoffindustrie bei guter Auftragslage in Mitleidenschaft gezogen. "Die Lieferkettenstrukturen sind grundsätzlich intakt. Mit einer schnellen Rückkehr zur Normalität ist aber kurzfristig nicht zu rechnen, da zum Beispiel auch Rohstoffkapazitäten in China wegen stärkerer Kontrolle von Energieaufwand und CO-Erzeugung zeitweise reduziert werden und diese Reduktionen wiederum in den globalen Märkten fehlen", erklärt Riemer.

Trotz eingeschränkter Produktionsmöglichkeiten durch Engpässe bei Klebstoffrohstoffen und Spezialchemie als auch durch Störungen der internationalen Lieferketten und den damit einhergehenden signifikanten Kostensteigerungen bleibt die Klebstoffbranche zuversichtlich. "Das Positive ist: Die Märkte ziehen an und Klebstoffe sind gefragt. Unsere Branche bleibt in der zweiten Jahreshälfte 2021 durch die große Nachfrage unserer Kunden zuversichtlich", so IVK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Vera Haye.
Klebstoffindustrie erwartet Wachstum trotz Rohstoffknappheit
Foto/Grafik: Privat
Dr. Boris Tasche, Vorstandsvorsitzender: "Unsere Branche ist 2020 mit einem blauen Auge davongekommen."
Klebstoffindustrie erwartet Wachstum trotz Rohstoffknappheit
Foto/Grafik: Wacker Chemie AG
Dr. Christoph Riemer, Vorsitzender IVK-Arbeitskreis Rohstoffe
aus BTH Heimtex 12/21 (Wirtschaft)