VDMA Holzbearbeitungsmaschinen: Dr. Bernhard Dirr im Interview
"Wir sehen im Parkettbereich noch Potenzial für neue Produktionen"
Die Trendwende ist geschafft - die deutschen Hersteller von Maschinen und Anlagen für die Holzbearbeitung melden deutlich steigende Auftragseingänge aus aller Welt. Über Investitionen, Preisentwicklungen und Fertigungstrends im Kundensegment Fußboden sprach Parkett Magazin mit Dr. Bernhard Dirr, Geschäftsführer VDMA Fachverband Holzbearbeitungsmaschinen.
Dr. Dirr, im Mai hob der Fachverband Holzbearbeitung seine Prognose für 2021 massiv auf ein zu erwartendes Produktionsplus von 15 % an. Ist die positive Entwicklung stabil? Wie sind Ihre Erwartungen für die Branche für die nächsten Monate?
Dr. Bernhard Dirr: Für die kommenden Monate gehen wir weiterhin von einer hohen Investitionsbereitschaft in allen Kundensegmenten der Holz- und Möbelindustrie aus. Die stark gestiegene Nachfrage schlägt sich in den Auftragsbüchern unserer Mitglieder nieder. Zum Teil arbeiten die Unternehmen noch immer den Corona-bedingten Investitionsstau vom letzten Jahr auf. Darüber hinaus sehen wir wohl den Beginn eines neuen Investitionszyklus nach einer schwächeren Ordertätigkeit in den Jahren 2018 und 2019.
Aktuell stimmen einfach die Rahmenbedingungen für Investitionen: niedriges Zinsniveau und eine starke Bautätigkeit. Zudem konnten viele Kundensegmente ihre Liquidität deutlich verbessern. Das macht es einfacher zu investieren.
Wie ist die Nachfrage speziell im Segment Fußboden mit Anlagen für Laminat- und Parkett-Produktionen?
Erfreulicherweise hat sich das Kundensegment Fußboden in den letzten Monaten wieder sehr positiv entwickelt. Bei Neuinvestitionen war die Nachfrage im vergangenen Jahr wie in allen anderen vom Anlagenbau geprägten Segmenten sehr zurückhaltend. Da ist jetzt der Knoten geplatzt. In Europa erleben wir vor allem im Laminatbereich zahlreiche Ersatzinvestitionen. Technologisch geht es hin zu deutlich mehr Flexibilität der Anlagen. Auf einer Anlage soll etwa eine möglichst große Vielfalt an Oberflächen und Abmessungen für eine Fußbodenart gefertigt werden.
Die Ordertätigkeit im Laminatboden-Markt hatte sich in den letzten Jahren zunehmend nach Asien verlagert. Es ist jetzt schön zu sehen, dass auch in Europa wieder investiert wird. Und auch beim Parkett haben unsere Maschinenhersteller in jüngster Zeit etliche neue Projekte zum Kapazitätsausbau schon umgesetzt oder zumindest in der Pipeline. Die Losgrößen werden wie in allen anderen Industriesegmenten immer kleiner. Das erfordert oftmals eben die nötigen technologischen Voraussetzungen und erhöht letztlich den Investitionsdruck in der Branche.
In Asien boomt besonders das Geschäft mit dem SPC-Fußboden. Hier werden vorwiegend in China, aber auch in Vietnam immense Kapazitäten aus dem Boden gestampft. Generell sehen wir in Südostasien aber auch im Laminat- und Parkettbereich noch Potenzial für neue Produktionsstätten.
Wie sehr sind die Maschinenbauunternehmen zurzeit von Zuliefer-, Logistik- und Reisehemmnissen betroffen? Kommt es zu gravierenden Verzögerungen?
Stand heute sind nach wie vor die eingeschränkten Reisemöglichkeiten und die damit verbundenen Behinderungen bei der Vertriebs- und Montagearbeit das größte Umsatzrisiko für die Maschinenbauer. Wenn die Monteure nicht auf die Baustellen kommen können, führt das zu Verzögerungen bei der Installation und damit auch bei der Abnahme. Das mag hier in Deutschland und in Teilen Europas kein großes Problem sein, aber definitiv in wichtigen Überseemärkten wie China oder den USA.
Daneben haben sich aufgrund der global anziehenden Maschinenbaukonjunktur in allen Segmenten die Zulieferungszeiten von Vorleistungsgütern wie Elektronikbauteilen und Maschinenkomponenten zum Teil dramatisch erhöht. Dieses weitere Risiko, sowie die noch geltenden innerbetrieblichen Hygienemaßnahmen,verzögern die Produktion teilweise noch deutlich.
Eine Ligna im Herbst in Hannover hätte der Konjunktur weiter Aufwind gegeben. Wie sehr trifft die Absage die Unternehmen?
Natürlich hätten die Unternehmen auf der Ligna 21 gerne wieder den persönlichen Kontakt mit den Kunden in dieser speziellen und besonders effizienten Form einer guten Fachmesse gehabt. Aber wir sehen es ja - auch so haben die Unternehmen alle Hände voll zu tun. Ein Mangel an Aufträgen ist gerade nicht das größte Problem der Branche. Auch aus dieser Sicht heraus können wir sagen, dass die Absage die richtige Entscheidung war und wir lieber im Jahr 2023 mit vollem Schwung die nächste Ligna angehen.
Was erwarten Sie für Ihre Mitgliedsunternehmen von der digitalen Content- und Network-Plattform der Ligna Ende September?
Nun, aus der Sicht der Veranstalter ist das "Ligna.Innovation Network" ein Event, bei dem sich die Ligna-Community treffen und über die aktuellen Trends austauschen kann. Das ist schon wichtig, wenn die Live-Termine der Leitmesse wegen der Pandemie vier Jahre auseinander liegen. Aber es ist natürlich auch eine gute Gelegenheit für alle Ligna-Aussteller, sich mit der Kundenansprache durch digitale Medien auseinanderzusetzen.
Welche Entwicklungen und Trends sind für mittelständische Holzbearbeiter aktuell wichtig?
Schon im Jahr 2011 war das Schlagwort "Losgröße Eins" Thema auf der Ligna. Und in den vergangenen zehn Jahren hat sich das damalige Nischenthema zum Standard entwickelt. Und zwar in allen Teilsegmenten der Holz- und Möbelindustrie. Im industriellen Maßstab ausgehend von der Küchenmöbelindustrie.
Der Fachkräftemangel auf Kundenseite ist auch für den Maschinenbau eine echte Herausforderung. Einerseits darf die Komplexität der Maschinen nicht zu hoch sein, andererseits wird aber die vollvernetzte Industrie 4.0-Anlage erwartet. Hier setzen die Maschinenausrüster auf Konzepte wie vorausschauende Wartung, Zustandsüberwachung der Anlagen in Echtzeit und digitale Serviceleistungen, um den Kunden jederzeit und rund um den Globus zu unterstützen. Die Grundvoraussetzungen dafür, wie der Maschinenkommunikations-Standard OPC UA, werden federführend vom VDMA und dem europäischen Dachverband EUMABOIS gemeinsam mit den Mitgliedern vorangetrieben.
Und nicht zu vergessen ist das Thema Ressourceneffizienz. Denken Sie nur an die aktuell wieder gestiegenen Rohstoffpreise auch für die Fußbodenindustrie. Auch wenn etwa die Preise für Schnittholz und HDF derzeit wieder sinken - sie werden sich vermutlich mittelfristig deutlich über dem langjährigen Durchschnittspreis einpendeln. Damit schlägt sich jeder Prozentpunkt an höherer Ausbeute positiv auf die Marge der Hersteller nieder.
Mittelfristig sind die Aussichten für die Holzbranche als Ganzes sehr gut. Wenn die Politik ernst macht mit der Bepreisung von CO, dann zählen unsere Kundenindustrien sicherlich zu den Gewinnern.
Die Fragen stellte Imke Laurinat
VDMA Holzbearbeitungsmachinen
Fachverband Holzbearbeitungsmaschinen im Verband Deutscher
Maschinen- und Anlagenbau e.V.
Lyoner Straße 18 60528 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 66 03-13 40 infoholz@vdma.org, holz.vdma.org
Vorstandsvorsitzender: Markus Hüllmann (G. Kraft Maschinenbau)
Geschäftsführer: Dr. Bernhard Dirr
Mitgliedschaft: EUMABOIS Europäische Föderation der Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen
Zahl der Mitglieder: ca. 90
Anteil deutscher Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen an der Weltproduktion: 26 % (2019; Schätzung VDMA)
Exportquote insgesamt: ca. 75 %
aus
Parkett Magazin 05/21
(Wirtschaft)