Selit investiert 10 Mio. EUR in Forschung, Produktion und Nachhaltigkeit
Dämmunterlagenentwicklung: Immer ganz nah an künftigen Bodentrends
Mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Schaumextrusion und eine vertikal integrierte Produktion vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt sind zwei beträchtliche Faktoren für den Erfolg von Selit. Hinzu kommt bei dem Marktführer für Verlegeunterlagen in Europa und Nordamerika eine hohe Produktentwicklungskompetenz, mit der das Unternehmen seinen Kunden in einem breiten Technologiespektrum die besten Möglichkeiten bieten will - funktional ebenso wie unter Aspekten der Wohngesundheit.Mindestens jeder vierte Quadratmeter Bodenbelag, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz schwimmend verlegt wird, liegt auf einer Dämmunterlage von Selit, schätzt Marco Seitner, geschäftsführender Gesellschafter und Enkel des Unternehmensgründers. Und auch in Gesamteuropa komme noch jeder fünfte Quadratmeter Verlegeunterlage aus der modernen Produktion in Erbes-Büdesheim. Mit mehr als 40 Jahren Erfahrung in seinem Kerngeschäft sowie einer vertikal integrierten Produktion, die vom Rohstoff bis zur fertigen Unterlage reicht, beansprucht Selit für sich die Marktführerschaft in Europa und Nordamerika. Außer dem hiesigen Werk betreibt der Spezialist für Schaumextrusion mittlerweile zwei weitere Werke in den USA. Während das Sortiment zunächst vorrangig Dämmunterlagen für die schwimmende Verlegung von Parkett und Laminatböden enthielt, sind in den vergangenen Jahren viele neuentwickelte Produkte für die unterschiedlichen Designbelagstypen hinzugekommen. "Unsere Herausforderung besteht darin, in unserer Produktentwicklung und Anwendungstechnik frühzeitig auf neue Bodenbeläge zu reagieren", betont Marco Seitner.
Feedback aus dem Markt kommt zum einem aus dem Handel, der nah am Verbraucher ist und über den sich entsprechend gut beobachten lässt, ob ein Neuprodukt die Bedürfnisse des Handwerkers sowie der Endkunden erfüllt. Über die Kunden aus der Bodenbelagsindustrie werden hingegen technische Anforderungen an die Produkte an das Unternehmen herangetragen. Unter anderem betreibt Selit hierfür Verbandsarbeit über Mitgliedschaften in Herstellerverbänden wie dem VDP, EPLF oder MMFA. In technischen Arbeitsgruppen tauscht man sich über Normungsaktivitäten aus; ein anderes zunehmend wichtiges Thema ist die Nachverfolgbarkeit der verwendeten Rohstoffe für ein späteres Recycling.
Maßgeschneiderte Unterlagen
verbessern das Bodensystem
Rund 30 % seines Jahresumsatzes erwirtschaftet Selit inzwischen mit Industriekunden. Die Unterlagen werden sowohl als Zubehör auf die jeweiligen Bodenbeläge abgestimmt oder bereits werkseitig unter die Produkte kaschiert. "Der Bodenbelagshersteller kann sicher sein, dass die getestete Unterlage perfekt zum Belag passt, weil er sie als Teil seines geprüften Systems verkauft", sagt Marco Seitner. Von der Zusammenarbeit profitieren beide Seiten: Selit erfährt frühzeitig von neuen Bodentrends und technischen Entwicklungen. Das befruchtet sowohl das Industrie- als auch das Handelsgeschäft. Ihrer Vorreiterrolle wurden die Rheinhessen beispielsweise gerecht mit der Entwicklung der Selitbloc Unterlagenserie für Vinylbeläge sowie mit dem neuen Werkstoff XPO als Basis der Hochleistungsverlegeunterlagen für direktkaschierte Vinylprodukte.
Anspruch in der Produktentwicklung ist es, perfekt funktionierende Bodensysteme zu schaffen, die die Leistungsfähigkeit des Oberbelags verbessern, ihn vor Beschädigungen schützen und darüber hinaus den Komfort für den Nutzer verbessern. Dabei kommen Verlegeunterlagen aus verschiedenen Kunststoffschäumen zum Einsatz: Zunächst waren dies Schäume aus Polystyrol (EPS und XPS); hinzugekommen ist extrudiertes Polyolefin (XPO) - wahlweise Polyethylen oder Polypropylen. Insgesamt hat sich das Spektrum der verwendeten Werkstoffe deutlich verbreitert. Geschäftsführer Marco Seitner: "Wir sind kein Hersteller von Polystyrolschaum, der nach Anwendungen Ausschau hält, sondern ein Hersteller von Bodenunterlagen, der seinen Kunden in einem breiten Technologiespektrum die besten Möglichkeiten anbieten will." Das Bodensystem kann in seinem Gesamtaufbau nur funktionieren, wenn Bodenbelag, Unterlage und Untergrund aufeinander abgestimmt sind.
Die unterschiedlichen Schäume decken eine große Bandbreite für alle erdenklichen Bodenbeläge ab, lassen sich den jeweiligen Belagsgattungen aber nicht exakt zuordnen. Während der Einsatzschwerpunkt von Polystyrol-Werkstoffen wie XPS und EPS auf der schwimmenden Verlegung von Parkett und Laminat liegt, kommen XPO- und XPET-Materialien vorrangig unter Vinyl- und Rigidböden zum Einsatz. Bei der Zuordnung kommt es immer auf die Prüfung der Einzelanwendung an.
Schäume mit vielen positiven Eigenschaften
Umweltaspekte und Wohngesundheit haben für das Unternehmen einen hohen Stellenwert, dem in der Produktion ebenso wie mit dem Produktportfolio Rechnung getragen wird. Bereits 2005 wurden die Verlegeunterlagen von Selit vom TÜV als unbedenklich zertifizierte. Vor drei Jahren kam der Blaue Engel für nahezu das komplette Sortiment hinzu. Seit vorigem Jahr unterstreicht Selit die Bedeutung des Themas Wohngesundheit zudem mit der Zusammenarbeit mit dem Sentinel Haus. Das deutsche Institut etabliert sich zunehmend im Handel und in der Bodenindustrie - Sentinel Haus zertifizierte Produkte leisten einen Beitrag zur Wohngesundheit. "Wir wollten dem Endverbraucher die Bedenken vor einem Kunststoffprodukt nehmen", betont Seitner. "Tatsächlich haben die Schäume viele positive Eigenschaften: Sie werden in Deutschland produziert, es handelt sich um Werkstoffe aus einem Material, so dass sie leichter recycelt werden können, und sie bestehen teilweise aus recyceltem Material."
Um die Unterlagen noch nachhaltiger und recyclingfähiger zu machen, arbeitet die Produktentwicklung zurzeit an der Verwendbarkeit von recyceltem PET-Flaschengranulat. Bereits jetzt werden Abfälle aus der eigenen Produktion wiederverwertet; mit PET als Rohstoff kann dies in Zukunft auch mit Fremdabfällen möglich werden. Schon in den kommenden fünf Jahren will Selit die künftigen Herausforderungen an seine Produkte mit allen drei Kunststoffschaumtypen erfüllen. Und diese lassen nicht auf sich warten, denn immer neue Bodenbelagsentwicklungen bringen auch immer neue Anforderungen an die Performance einer Verlegeunterlage mit sich. Jüngstes Beispiel sind die angesagten Rigidböden: Während es bei Unterlagen für klassische, sprich flexible, LVT vor allem auf Druckfestigkeit und Trittschalldämmung ankam, stand bei der Entwicklung von Unterlagen für die starren Rigids die Reduzierung des Gehschalls im Vordergrund.
Positiver Ausblick und Investitionen in Wachstum
Die in vielen Industrien seit Ende 2020 angespannte Rohstoffverfügbarkeit ist auch an den Erzeugern von Dämmunterlagen nicht vorbei gegangen. Hinsichtlich der Verfügbarkeit und Preise von Rohstoffen sei die Situation im ersten Halbjahr dieses Jahres kritisch gewesen, konstatiert Seitner. Durch eine konservative Geschäftspolitik mit angemessenen Lagervorräten und langjährigen Lieferantenbeziehung, habe die Versorgungssicherheit jedoch jederzeit gewährleistet werden können. "Bei Dämmstoffen spielte die Logistik schon immer eine große Rolle - in der Vergangenheit weniger wegen der Verfügbarkeit, sondern mehr wegen der Transportkosten (viel Volumen). Nun kommt die Verfügbarkeit und Flexibilität noch hinzu, was für uns als deutscher Produzent positiv ist", sagt der Unternehmer. Insgesamt habe sich die Corona-Krise in den zurückliegenden anderthalb Jahren wenig auf die Nachfrage ausgewirkt. Nicht zuletzt, weil Selit breit aufgestellt ist und Kunden sowohl in der Bodenindustrie als auch im Groß- und Fachhandel bis hin zu Filialisten bedient. Außerdem gibt die nach wie vor positive Konjunktur der Bauwirtschaft Anlass zur Hoffnung, eher gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Entsprechend optimistisch plant das Unternehmen für die Zukunft. In den kommenden zwei Jahren will Selit weitere 10 Mio. EUR am deutschen Standort investieren. Geplant sind in der Produktion eine neue XPS/XPO-Extrusionsanlage (Nummer 9), eine vollautomatische Konfektion sowie eine neue Recyclinganlage. Hinzu kommen die Errichtung eines Innovation-Centers zur Erweiterung der bestehenden Labor-, Ausstellungs- und Schulungsflächen sowie der Neubau von 6.000 m
2 zusätzlicher Lagerfläche.
| ila
Schlüsselkompetenz in Forschung und Entwicklung
Für die künftigen Herausforderungen bei der Entwicklung von Verlegeunterlagen für immer neue Bodenbeläge sieht sich Selit gut aufgestellt. Das Recycling von Wertstoffen und Aspekte der Wohngesundheit stehen bei Neuentwicklungen im Vordergrund. Für die Zukunft sei es wichtig, Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit zu beweisen, betont Geschäftsführer Marco Seitner. Aktuell arbeitet das Labor etwa an einem Projekt mit dem thermoplastischen Kunststoff PET, der sich für Getränkeflaschen bewährt hat. "Dieser Werkstoff ist umweltfreundlich, weil er gut recycelbar ist und es dank der Lebensmittel- und Getränkeindustrie bereits einen funktionierenden Recyclingkreislauf gibt", erklärt Seitner.
Der Bereich Forschung und Entwicklung wird kontinuierlich für die wachsenden Anforderungen ausgebaut. Bereits vor acht Jahren investierten die Rheinhessen in ein modernes Akustiklabor und machten sich damit unabhängig von externen Prüfinstituten. Unter der Leitung von Gert Bauerfeind werden im Labor umfangreiche Tests und Prüfungen für maßgeschneiderte Unterlagen durchgeführt. "Wir können in unserem Labor alles abbilden, was in der Normung von Bodenbelägen gefordert wird", sagt Marco Seitner. Zur Ausstattung zählen etwa ein Deckenprüfstand zur Akustikmessung sowie eine Klimakammer, die Auswirkungen von Sonnenlicht, Feuchte und Temperatur auf ein Bodensystem nachstellen kann. Thermische, Material-, Belastungs- und Baustoffprüfungen gehören ebenfalls zum Leistungsspektrum.
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre wurde am Standort darüber hinaus ein neues Technikum errichtet, in dem auf einer Versuchsanlage unterschiedliche Rohstoffe und Rezepturen erprobt werden. Neuentwickelte Schäume gehen seither erst in die Produktionsanlagen, wenn sie zuvor auf der kleineren Versuchsanlage erfolgreich erprobt wurden. Diese Flexibilität ist vor allem in der Zusammenarbeit mit der Bodenbelagsindustrie von Vorteil.
Selit Dämmtechnik GmbH
Selitstraße 2
55234 Erbes-Büdesheim
Tel.: 0 67 31 / 96 70-0
info@selit.com, www.selit.com
Muttergesellschaft: NMC Holding und Familie Seitner
Geschäftsführende Gesellschafter: Marco und Rouven Seitner, Hubert Bosten
Mitarbeiter: ca. 200
Jahresumsatz (2020): ca. 80 Mio. EUR
Mitgliedschaften: Verband der europäischen Laminatbodenhersteller (EPLF), Verband der mehrschichtig modularen Bodenbeläge (MMFA), Verband der deutschen Parkettindustrie (VDP), North American Laminate Flooring Association (NALFA), Resilient Floor Covering Institute (RFCi), Deutsches Institut für Normung (DIN)
Produktportfolio: Verlegeunterlagen auf Basis von EPS (expandiertes Polystyrol), XPS (extrudiertes Polystyrol), XPO (extrudiertes Polyolefin als PE oder PP), XPET (extrudiertes PET), wasserfeste Sockelleisten aus Polystyrol
aus
Parkett Magazin 06/21
(Wirtschaft)