Unterlagen helfen, Akustikprobleme zu vermeiden
Der Schallschutz steht im Mittelpunkt
Wer beschwert sich über Geräusche im Mehrfamilienhaus? Meist ist es der Nachbar von unten. Das Problem tritt vor allem dann auf, wenn ein neuer Bodenbelag verlegt wurde und sich die Schallsituation verändert hat. Der Parkett- und Bodenleger kann hier für Abhilfe sorgen.Ein Fachhandwerker kennt die beiden Begriffe: Gehschall (auch als Raumschall bezeichnet) und Trittschall. Der Nachbar in der Miet- oder Eigentumswohnung unten interessiert sich nur für den Trittschall. Das sind die Geräusche, die bei ihm ankommen. Und das ist auch der Lärm, den es weitgehend zu vermeiden gilt. Denn es gibt Gesetze im Bau- und Mietrecht, die man einhalten soll. In der DIN EN ISO 717-2 sind Einzelangaben für dieTrittschalldämmung in Gebäuden und von Decken beschrieben.
In dieser Sache dürfte es nicht schaden, wenn der Parkett- und Bodenleger eine grundlegende Kenntnis von der Schallentwicklung hat und seine Kunden diesbezüglich im Aufbau des Bodenbelages beraten kann. Verantwortlich für die "Hellhörigkeit" einer Wohnung ist er allerdings nicht. Den weitaus größten Anteil an einer Geräuschdämmung des Fußbodens haben die Rohbetondecke und der darauf verlegte Estrich. Es sind also die vorausgehenden Gewerke, deren Arbeit von entscheidender Bedeutung ist. Denn der Estrich wird auf einer Dämmschicht verlegt und muss "schwimmen", sprich keine Wandberührung haben. Darüber hinaus darf die besagte Dämmlage nicht durch Rohre, Kabel oder andere Einbauten durchzogen und unterbrochen werden.
Auf der Herbsttagung der Bundesfachgruppe Holz 2020 bezog Prof. Dr.-Ing. Alfred Schmitz von der TU Braunschweig Stellung: Der schwimmende Estrich auf einer geeigneten Trittschalldämmschicht hat den stärksten Einfluss auf den Trittschall. Der Bodenleger darf diese schwimmende Konstruktion nicht kaputt machen. Was er darüber installiert, beeinflusst in der Regel nur den Gehschall im Raum. Und der hat juristisch keine Bedeutung.
Was aber doch juristisch von Belang ist, sind jene Geräusche, die über den Bodenbelag durch die Decke nach unten in tiefer gelegene Räumlichkeiten dringen. Nach Maßgaben der Schallschutz-DIN 4109 werden dabei sowohl Privatsphäre und Persönlichkeitsrecht als auch der Gesundheitsschutz einbezogen. In diesen Fragen können Nachbarn schnell aneinander geraten. Und auch dem Vermieter kann Mietminderung drohen.
Parkett statt Teppich
Was geschieht, wenn ein Bewohner seinen Teppich durch Parkett ersetzt und es dadurch unter ihm lauter wird? In einem Urteil vom 27. Februar 2015 (V ZR 73/14) hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass zunächst diejenigen Schallschutzwerte einzuhalten sind, die sich aus einer alten Fassung der DIN 4109 zur Zeit der Gebäudeerrichtung ergeben. Sofern das neue Parkett diesen Wert nicht übersteigt, gibt es nichts zu mäkeln. Ein höherer Schallschutz kommt erst dann zum Tragen, wenn bauliche Veränderungen vorgenommen wurden, die einen Eingriff in die Gebäudesubstanz darstellen und einem Neubau vergleichbar wären. Ist das schon der Fall, wenn bei einer Sanierung der Estrich in einem Raum entfernt wurde? Nein, sagt der Bundesgerichtshof, sofern die Gebäudesubstanz nicht grundlegend verändert wurde, kann bei üblicher Instandsetzung oder Modernisierung kein besseres Schallschutzniveau erwartet werden.
Man muss es aber nicht auf einen Streit mit dem Nachbarn ankommen lassen. Wenn ein Bewohner oder Vermieter den weichen Bodenbelag gegen einen harten Belag auswechseln möchte, ist er gut beraten, mit geeigneten Akustikmaterialien für gleichbleibenden Trittschallschutz zu sorgen.
Sogar wenn ein Laminatboden durch einen weicheren Vinylbelag ersetzt wird, ändert sich der Trittschall. Und nicht unbedingt zum Besseren. Mag ein reiner Vinylbelag im Raum als leise wahrgenommen werden, so verringert sich der Trittschall nur um schwache 2 dB. Eine mit Mineralstoff gefüllte Unterlage, heißt es von Herstellerseite, würde dagegen eine Minderung um rund 10 bis 14 dB erreichen und ein Polystyrolschaum sogar 20 dB.
Was das Ohr wirklich wahrnimmt
Wo Schall hörbar wird, muss es auch ein Ohr geben - doch die Beziehung zwischen beiden ist nicht so eindeutig, wie es laborgetestete dB-Werte vermuten lassen: "Technische Werte und menschliches Ohr sind grundverschieden", weiß Prof. Dr.-Ing. Alfred Schmitz. "Ein um 3 dB verringerter Schalldruckpegel bedeutet zwar technisch eine Halbierung der Schallenergie, doch der gefühlte Hör-Eindruck halbiert sich erst bei einer Reduzierung um 10 dB."
Derartige Erkenntnisse sollten Parkett- und Bodenleger im Hinterkopf haben, wenn sie ihren Kunden zum Bodenbelag eine trittschallmindernde Unterlage empfehlen oder eventuell gleich zu einem Belag mit aufkaschierter Dämmschicht raten. Zwar wirken beide im Grunde wie ein Estrich auf Dämmlage, jedoch mit einem wesentlich geringen Effekt. Laminatboden mit Silent-Kaschierung und Parkett mit Dämmunterlage sind sehr dünne und eher steife Verbindungen. Ihre geräuschmindernde Wirkung als Masse-Feder-Konstruktionen ist entsprechend schwach.
Das soll aber keineswegs heißen, dass auf Unterlagen verzichtet werden kann. Abgesehen davon, dass sie auch noch andere Funktionen wie etwa Höhenausgleich sowie Wärme- und Feuchtedämmung erfüllen, dürften sie das Verhältnis zum Nachbarn in der unteren Wohnung positiv beeinflussen. Und was den Schallschutz im Wohnungsbau angeht, ist es, wie erwähnt, sowieso der Estrich und nicht der Bodenbelag, der in der Verantwortung steht. Denn "trittschallmindernde, leicht austauschbare Bodenbeläge nach DIN 4109-34: 2016-07, Tabelle 2 sowie schwimmend verlegte Parkett- und Laminatböden dürfen beim Nachweis im Wohnungsbau nicht angerechnet werden."
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Henrik Stoldt
aus
Parkett Magazin 06/21
(Sortiment)