Downpass e.V., Mainz

"Tierschutz und Qualität sind der Fokus"


Mit dem Downpass hat die Bettwarenindustrie 2017 einen Zero Tolerance Standard etabliert, dem sich seither weltweit immer mehr Produzenten angeschlossen haben. Geschäftsführerin Dr. Juliane Hedderich und Unternehmensberaterin Ines Chucholowius erklären im Haustex-Interview, wie die Auditierung funktioniert und mit welcher Strategie das Siegel jetzt weiterentwickelt wird.

Haustex: Seit rund fünf Jahren gibt es den Downpass als Zero Tolerance Standard. Was war 2017 die Zielsetzung bei seiner Einführung?

Eine klare Kommunikation und das Bekenntnis zu einem Zero Tolerance Standard mit all seinen Kriterien. Wir wollten ein neutrales Prüfsiegel haben, das in Sachen Tierschutz und Qualität alles zusammenfasst, wie beispielsweise den Ausschluss von Stopfleberproduktion oder Lebendrupf in der Lieferkette.

Für uns war es sehr wichtig, den Downpass nicht per se als Industriesiegel zu konstruieren. Wir haben uns daher viel Mühe damit gemacht, in einem Stakeholder-Ansatz Experten, branchenfremde Organisationen und Dienstleister zu integrieren.

Haustex: Wie macht man deutlich, dass man nicht allein auf der Seite der Industrie steht?

Die Auditierungen werden ausschließlich von neutralen akkreditierten Instituten durchgeführt; die Verbände sind in diese Prozesse nicht involviert. Weder werden Prüfprotokolle noch das durch die Auditoren erhobene Zahlenmaterial an den Verband weitergegeben, nur das Auditergebnis wird übermittelt. Die Geschäftsführung und das Verbandsteam kennen die einzelnen Vorgänge nicht. Es gibt hier eine ganz klare Trennung, um die Glaubwürdigkeit auch belegen zu können.

Haustex: War der Downpass auch eine Reaktion auf kritischer werdende Endverbraucher beziehungsweise Tierschützer?

Die Industrie wollte die Transparenz, der Verbraucher ohnehin. Das alles hätte aber nicht stattfinden können, wenn die Europäische Kommission nicht vor mehr als zehn Jahren die Europäische Hygienerichtline für tierische Nebenprodukte erlassen hätte. Von da an mussten auch die Lieferländer von Daunen und Federn aus hygienischen Gründen deren Rückverfolgbarkeit sicherstellen. Das hatte zunächst gar nichts mit dem Tierschutz zu tun, aber wir haben von Beginn an auf die Rückverfolgbarkeit gesetzt. Denn die Industrie musste sich immer wieder der Frage stellen, woher ein Produkt wirklich stammte und wie es bearbeitet worden war. Federn und Daunen werden ja nach Kundenwunsch gemischt. Das muss heute alles den Behörden gegenüber offengelegt werden können.

Haustex: Der Begriff Industrie klingt immer so groß - in Wahrheit handelt es sich doch oft um kleine, mittelständische Betriebe, die selbst gar nicht die Möglichkeit haben, ihre Lieferkette lückenlos nachvollziehbar zu machen.

Dem kann ich so nicht zustimmen. Es gibt kleine Betriebe, die von Bauern oder Geflügelfarmern direkt an der Quelle vor Ort kaufen. Wenn wir über Beschaffung im großen Maßstab nachdenken, wird es aufwendiger für die Überwachung.
Immerhin wurde auf Initiative des deutschen Daunen- und Federnverbandes VDFI die European Convention zur industriellen Haltung von Gänsen und Enten2009 auf den Weg gebracht. Wir haben einen Konsens mit 47 Ländern - auch über das Verbot des Lebendrupfens - erreicht. Das war schon sensationell. Mauserrauf blieb erlaubt. Da wollten wir mit Downpass ansetzen.

Haustex: Wie hat der Tierschutz auf den Downpass reagiert?

Da muss ich zurückfragen: Wer ist denn "der Tierschutz"?

Haustex: Beispielsweise der Deutsche Tierschutzbund und die Organisation Vier Pfoten, die sich kritisch am Downpass-Prozess beteiligt haben.

Das war ein harter Weg. Wir sind stets im Kontakt geblieben. Wir haben alle Karten auf den Tisch gelegt und klar gesagt, was geht und was gegebenenfalls nicht und wo Entwicklungspotenziale liegen. Gemeinsam haben wir den Standard immer wieder abgeglichen und jeden einzelnen Paragraphen diskutiert. Es war etwas Neues für unsere Industrie, sich in einem engen Schulterschluss über einen Stakeholder-basierten Ansatz auszutauschen.

Haustex: Aber das Thema betrifft ja bei weitem nicht nur die Bettwarenhersteller...

Auch die Outdoor-Industrie und die Brands im Fashionbereich haben natürlich ein Interesse daran, dass ihre Marke nicht beschädigt wird. Es ist im Allgemeinen nicht bekannt, dass in einer Daunenjacke zwischen 80 und 200 Gramm Daunen enthalten sind, in einer Bettdecke aber zwischen 800 und 1.000 Gramm. Anders ausgedrückt: Mit einem Bett könnten wir fünf bis sieben Jacken füllen. Deshalb haben wir schon rein mengentechnisch eine ganz andere Herausforderung als ein Bekleidungshersteller.

Und wenn die Fleischproduzenten nicht mitgezogen hätten, wären wir heute noch nicht so weit. Immerhin macht das Geflügelfleisch 90 Prozent deren Umsatzes aus. Bei uns sind Federn keine "Zutaten", so wie in der Bekleidungsindustrie, sondern ein Hauptprodukt.

Haustex: Was ist, neben dem Tierschutz, das Kernelement des Downpass?

Die Qualitätskontrolle ist das Unterscheidungskriterium zu anderen Zero Tolerance Standards.

Wir wollten von Beginn an ein Qualitätsmerkmal in den Downpass integrieren, damit der Verbraucher nicht nur weiß, dass die Füllmaterialien aus einer sauberen, ethisch gesourcten Quelle kommen, sondern auch sicher sein kann, dass wirklich drin ist, was draufsteht.

In eine Decke können bis zu einem Kilo Daunen verfüllt werden. Da will der Verbraucher wissen, ob der Preis gerechtfertigt ist. Seit den 70er Jahren kaufen wir bereits Produkte im Mystery Shopping auf und haben mit den Qualitätskontrollen gute Erfahrungen gemacht. Heute haben wir Aufkäufer auf der ganzen Welt, die mit dem Downpass gelabelte Produkte kaufen, sie zu akkreditierten Prüfinstituten schicken und dort untersuchen lassen. Die Ergebnisse der Prüfungen gehen zur Auswertung an eine Anwaltskanzlei. Und dann kommt entweder ein Anerkennungsschreiben, ein Bußgeld oder - im schlimmsten Fall - die Einleitung eines Ausschlussverfahrens.

Hier haben wir auch ein Hauptmerkmal, das uns von anderen unterscheidet: die Nachverfolgbarkeit mit einem Nummerncode auf Produktebene. Jedes Produkt mit einem eingenähten Siegel hat eine individuelle Nummer sowohl sichtbar auf dem Etikett als auch unsichtbar im Nahtbereich, anhand derer nachvollzogen werden kann, wer das Produkt hergestellt oder in Verkehr gebracht hat und welche Materialflüsse in diesem Produkt zusammengekommen sind.

Haustex: Kann der Endverbraucher das auch nachvollziehen?

Der Endverbraucher kann diese Nummernkombination auf der Downpass-Website eingeben. Dann erhält er die Nachricht, ob ein gültiges Zertifikat vorhanden ist. Abgesehen davon, dass die Informationen dem Verband nicht vorliegen, wird nicht offengelegt, welcher Federn- und Daunenlieferant an welchen Hersteller geliefert hat, das sind Betriebsgeheimnisse. Diese Informationen bündeln sich jedoch in der Anwaltskanzlei und bei den Auditorganisationen.

Haustex: Wie läuft so ein Auditierungsverfahren ab?

Es gibt das Erst-Audit, die Wiederholungsaudits und die unterjährigen Risk-Audits. Nehmen wir als Beispiel einen Hersteller, der von einem Kunden einen Auftrag über eine Lieferung von Downpass zertifizierter Ware bekommen hat. Der ruft dann zunächst wahrscheinlich bei uns an, und wir informieren ihn, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Er muss sich seine Lieferkette anschauen - wir raten immer dazu, sie so klar strukturiert zu halten, damit der Auditierer schnell einen Überblick bekommt und mit der Arbeit beginnen kann. Der Hersteller setzt sich anschließend direkt mit dem Auditierer in Verbindung, der kommt zu ihm ins Haus und führt das Audit durch.

Haustex: Wie muss man sich das vorstellen?

Nach der Prüfung des Betriebes vor Ort schaut man sich gemeinsam die Dokumente an, aus denen hervorgeht, woher die Ware bezogen wurde. Wenn diese Aufgaben bereits erledigt sind, ist es gut, ansonsten muss das der Auditierer übernehmen und Stufe um Stufe zurückgehen, um zu schauen, woher die Ware kommt, wo sie gemischt und wo sie bearbeitet wurde - bis zurück zum Schlachthaus und dann zu den Farmen, die an das Schlachthaus geliefert haben. Dann macht er sogenannte Stern-Audits: ausgehend vom Schlachthaus schaut er, wer dessen großer Mengenlieferant ist, und geht dann nach und nach zurück. Wenn er schon eine Farmgruppe auditiert hat, ist es für den Auditierer ein großer Zeitvorteil, dann kann er auch im Preis etwas konzilianter sein.

Haustex: Ein nicht unerheblicher Faktor...

Dies alles kostet sehr viel Zeit und Geld. Und die Arbeit ist wirklich komplex. Auditierer können bis zu drei Tage in einem Betrieb benötigen, um den gesamten Ablauf zu dokumentieren.

Haustex: Was Sie jetzt geschildert haben, ist aber nur das Erst-Audit. Wie geht es weiter?

Es folgt alle zwei Jahre ein Wiederholungs-Audit, das an das Erst-Audit anknüpft und eine neuerliche Bestandsaufnahme macht. Zusätzlich begleiten unangekündigte Risk-Audits den Überwachungsprozess.

Haustex: Was muss man darunter verstehen?

Es gibt Risikogebiete, in denen die Wahrscheinlichkeit für Lebendrupf höher ist als in anderen Bereichen. Dort wird unterjährig kontrolliert. Es obliegt dem Auditor, wann und wie oft er dort hingeht. Er hat eine Verpflichtung, dies zu tun, aber wann und wie häufig er das macht, entscheidet er aus seiner Fachexpertise heraus. Es gibt also eine bestimmte Stichprobenhäufigkeit, so dass das Ergebnis wirklich repräsentativ ist.

Haustex: Wo liegen diese Risikogebiete?

In den Ländern, in denen Federngewinnung vom lebenden Tier und/oder Stopfleberproduktion erlaubt sind.

Haustex: Die Zertifizierer arbeiten unabhängig, Sie nehmen darauf keinerlei Einfluss. Wie können Sie deren Arbeit nachvollziehen?

Wir bekommen nur das Auditergebnis, aber die Lieferkette wird uns gegenüber nicht offengelegt. Die Firmen erhalten umfassende Auditbericht mit allen Angaben: ob sie bestanden haben oder wo sie gegebenenfalls nachbessern müssen.

Von der Anwaltskanzlei erhalten wir die Information, wenn eine Firma das Downpass-Audit bestanden hat. Anschließend stellen wir dann die entsprechende Urkunde aus. Daraus folgt, dass das entsprechende Unternehmen zwei Jahre lang das Siegel an seinen Produkten nutzen darf.

Haustex: Wie weit ist der Downpass mittlerweile verbreitet?

Begonnen hat er in Deutschland, aber er war immer international ausgelegt und nie als rein deutsches Siegel geplant. Viele Unternehmen exportieren ihre Produkte, und die Rohware wird zu einem großen Teil importiert. 2020 waren weltweit 7.942 Farmen und 479 Produktionsstätten auf vier Kontinenten auditiert: Europa, Nordamerika, Asien und Australien.

Haustex: Das Auditierungsverfahren ist aufwendig und teuer. Welche Auswirkungen hat es am Ende auf den Preis?

Natürlich hat es eine gewisse Auswirkung auf den Preis. Wenn ein Unternehmen bestimmte Lieferanten bedienen will, kommt es allerdings an einer wie auch immer gearteten Tierschutzpolitik nicht vorbei. Und da bevorzugt man ein Siegel mit hoher Glaubwürdigkeit. Insofern ist es weniger die Frage, um welchen konkreten Betrag ein Produkt teurer wird, sondern eher, welchen Ausfall es bedeutet, wenn man das Siegel nicht hat.

Auf unseren Märkten erfolgreich zu sein, ist ohne Tierschutzsiegel nicht mehr möglich.

Nehmen Sie alleine die großen Discounter, die ihre Einkaufskriterien sehr deutlich definieren - da kommen Sie ohne Siegel gar nicht mehr an. Und das gilt in gleicher Weise für den hochwertigen Bettenfachhandel. Insofern ist der Downpass kein Segment-Siegel nur für den High-End-Bereich, sondern reicht über alle Preislagen.

Zur Entlastung der Audit-Auftraggeber erkennt der Downpass vergleichbare Tierschutzaudits an. Der Qualitätsaspekt des Downpass muss dann aber nachgeholt werden.

Haustex: Das Gesamtvolumen der auditierten Füllware für Bettwaren hat sich seit der Einführung des Downpass mehr als verdoppelt. Wissen die Produzenten, dass sie ohne Siegel ihre Ware nicht mehr loswerden?

Das ist sehr pointiert ausgedrückt. Die Entwicklung zeigt auf jeden Fall die Offenheit der Industrie. Es gibt viele Unternehmen, die keine andere Ware mehr führen. Das ist ein Trend, der sich in den kommenden Jahren stabilisieren wird. Es ist ein Lernprozess, bei dem man auch schauen muss, wo der Markt hingeht. Für die Farmer sind Daunen und Federn ein eher unwichtiges Produkt.

Haustex: Welche Unterstützung gibt es für Hersteller und Händler bei der Vermarktung der Produkte, die mit dem Downpass gelabelt sind? Und wie stellen Sie sicher, dass das Personal am POS das Thema Downpass gut vermitteln kann?

Wir haben die Kommunikation in zwei Etappen geplant. Zunächst haben wir uns auf B2B konzentriert, also darauf, Unternehmen, Einkäufer und Farmen für den Downpass zu gewinnen. Das hat uns in den ersten zwei, drei Jahren sehr gefordert. Jetzt sind wir in der zweiten Stufe und versuchen, die Kommunikation begleitend aufzubauen: vom Produzenten zum Handelsmittler. Wir haben schon immer den Kontakt zum Handel gesucht, etwa auf Messen. Es gibt im Moment Pläne für Webinare, in denen wir unabhängig von Face-to-Face-Schulungen versuchen wollen, das Thema zu vermitteln. In einer dritten Phase werden wir uns dann an den Verbraucher richten. Wobei wir mit der Information schon begonnen haben: Wir haben beispielsweise Blogbeiträge redigiert oder redaktionelle Texte für Publikumszeitschriften zugeliefert.

In welche Richtung wollen Sie den Nutzerkreis des Downpass künftig erweitern?

Primär in Richtung der Produzenten. Die Neuakquise kommt im Moment häufig über die Auditoren, die mit Farmen zu uns kommen, die sich in der Lieferkette der Lieferanten befinden, aber noch nicht auditiert sind. Aber auch der Handel ist am Downpass interessiert.

Da geht es natürlich um ganz andere Menge. Es gibt bereits Händler, die das sehr erfolgreich machen. In diese Richtung würden wir gerne noch weiter gehen.

Haustex: Was ist die Perspektive für den Downpass in den kommenden Jahren?

Der Standard wird im kommenden Frühjahr einer Revision unterzogen. Wir diskutieren gerade mit den Mitgliedsunternehmen über ergänzende Kriterien, die neben Tierschutz und Qualität für den Verbraucher zunehmend von Bedeutung sind.

Wir sehen uns durch den Downpass stets auch als Botschafter in Sachen Tierschutz. Mein persönlicher Wunsch für die kommenden Jahre wäre, dass wir über diese Dinge nicht mehr sprechen müssen, weil sie anerkanntes Allgemeingut sind.


Dr. Juliane Hedderich
Die promovierte Volkswirtin vertritt die Verbände Traumpass, Downpass, VDFI und EDFA teilweise seit über 30 Jahren als Geschäftsführerin. Ihre Spezialgebiete sind die Themen Normung, Standardisierung und Kennzeichnung, Prüfung von Daunen und Federn sowie Auditierung und Rückverfolgbarkeit von Lieferketten. Sie ist DIN-Normungsexpertin und ISO-akkreditierte Auditorin.


Ines Chucholowius
Dipl.-Kfm. Ines Chucholowius ist Inhaberin der IConsulting Unternehmensberatung und berät die Bettwarenindustrie seit vielen Jahren. Für den DOWNPASS entwickelt und implementiert sie die Kommunikationsstrategie und den Medienauftritt des Prüfsiegels. IConsulting ist spezialisiert auf konzeptionelle Beratungsleistungen in den Bereichen Marketing Strategy und Communication. Branchenschwerpunkte sind Interior Textiles und Technical Textiles.


Downpass - in Kürze

Downpass e.V.
Thomas-Mann-Straße 9
55122 Mainz
Telefon: 06131 - 588560
Web: www.downpass.com
eMail:info@downpass.com
Geschäftsführerin: Dr. Juliane Hedderich

Auditierte Farmen: 7.942 (2020)
Auditierte Produktionsstätten: 479 (2020)
Gesamtvolumen: ca. 5.320 Tonnen auditierte Füllmaterialien für Bettwaren (2020)
Verbreitung:
Europa, Nordamerika, Asien, Australien
aus Haustex 11/21 (Wirtschaft)