Uzin Utz SE

"Wir wollen gerne wieder die persönliche Chemie austauschen"


BTH Heimtex: Seit einiger Zeit erfolgt die Versorgung Norddeutschlands vom niederländischen Haaksbergen aus. Sind weitere Veränderungen in der Logistik geplant?

Philipp Utz: Die Logistik ist eine der Herausforderungen im vergangenen Jahr gewesen und wird es sicherlich auch in der Zukunft bleiben. Der Lkw-Fahrermangel macht Frachtraum immer knapper und auch die Koordination von Frachten immer herausfordernder. Insofern war es auch vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit gerade von Produkten in Norddeutschland für uns wichtig, dass wir das Transportnetzwerk in Deutschland, aber auch in Europa, für die Zukunft entsprechend fit machen.

Wie ich vor zwölf Monaten angekündigt habe, haben wir unseren Standort im niederländischen Haaksbergen ertüchtigt, um dort ein breiteres Spektrum unserer Flüssigprodukte fertigen zu können. Wir haben diese Werkserweiterung bereits im Herbst 2021 in Betrieb genommen. Es ist uns gelungen, in einer sehr kurzen Zeit sowohl die dortigen Produktions- als auch die Lagerkapazitäten auszubauen. Das ermöglicht es uns, die norddeutschen Kunden von Haaksbergen aus reaktionsschneller zu beliefern.

Soviel kann ich an dieser Stelle vorwegnehmen: Wir werden auch bei den Pulverprodukten unser Werk in Haaksbergen zukünftig erweitern. Das wird allerdings noch einige Jahre dauern. Aktuell prüfen wir, ob wir zusätzlich in Lagerkapazitäten in Norddeutschland investieren - einfach um sicherzustellen, dass wir auf dem gewohnten Servicelevel unsere Produkte an unsere norddeutschen Kunden liefern können.

Wie schätzen Sie die Rohstoffsituation für die kommenden Monate ein?

Das ist ein spannendes Thema, bei dem unserer Einkaufsabteilung auch häufig nur der Blick in die Glaskugel bleibt. Ich erinnere mich noch an ein Meeting Mitte vergangenen Jahres, als wir intern zusammensaßen. Wir haben nach Rücksprache mit unserem wichtigsten Lieferanten eigentlich ganz klar den Ausblick getätigt, dass sich bis Ende 2021 die Rohstoffsituation normalisiert haben wird und die Lieferketten wieder im Einklang sind. Heute wissen wir, dass es ganz anders gekommen ist. Insofern tue ich mich etwas schwer, einen Ausblick zu wagen.

2022 wird sicherlich weiterhin von angespannten Lieferketten und weiteren schwierigen Rohstoffverfügbarkeiten geprägt bleiben. Wir sehen jetzt gerade, dass durch den Lockdown in China wieder einzelne Vor-Rohstoffe knapp werden. Wie Sie auch wissen, wird China in einigen Wochen ins Chinese New Year gehen. Dann wäre es schon März, bis in China wieder stabilere Lieferketten zu erwarten sind. Wir haben im vergangenen Jahr gesehen, dass eigentlich eher Grundrohstoffe von der Lieferkrise betroffen waren. In den ersten Wochen des Jahres 2022 sind es nun vor allem Additive, die im Endeffekt in unseren Rezepturen wie die Würze in der Suppe sind. Wenn Additive fehlen, ist man in der Produktionsfähigkeit eingeschränkt. Insofern bleiben die Herausforderungen auch 2022 bestehen.

Hat die Uzin Utz Group auch für 2022 Preiserhöhungen bei ihren Produkten geplant?

Das wird sicherlich nicht ausbleiben. Wir müssen jetzt erst mal abwarten, wie sich die Liefersituation und im Endeffekt auch die Preissituation der Rohstoffe in den ersten drei bis vier Monaten dieses Jahres entwickeln werden. Es waren 2021 eher die Grundrohstoffe, Polyurethane und Dispersionen, die im Preis stark gestiegen sind. Aktuell sind es die Additive. Wir sehen auch, dass von Unternehmen der E-Mobilität bestimmte Rohstoffe nachgefragt werden wie Lithiumcarbonat. Das führt dazu, dass nachfragende Unternehmen plötzlich ganz andere Preise zahlen müssen als wir es bislang in der Bauchemie gewohnt waren. Das führt zu massiven Preissprüngen. Gerade bei Lithiumcarbonat haben sich die Preise in den vergangenen vier Monaten vervierfacht. Das müssen wir letzten Endes auch an unsere Kunden weitergeben, weil das Credo der Uzin Utz Gruppe lautet: Wir wollen weiter lieferfähig sein. Da müssen wir an dieser Stelle auch die Preissteigerung akzeptieren beziehungsweise an unsere Kunden weitergeben.

Wie sieht Ihre Planung in Bezug auf die Leitmessen aus?

Natürlich lebt eine physische Messe von der persönlichen Begegnung. Es fängt an mit der Pressekonferenz und endet bei den vielen persönlichen Kontakten, die wir mit unseren Kunden haben. Gerade bei der Neukundenakquise stellen wir fest: Die digitale Kundenansprache funktioniert nur ganz bedingt über Webinare. Da müssen wir vor Ort beim Kunden sein und im Endeffekt auch die persönliche Chemie austauschen. Das funktioniert eben nur im persönlichen Besuch auf einer physisch stattfindenden Messe. Insofern hoffen wir, dass es bald wieder möglich ist, Messen durchzuführen. Wir können die Veranstalter verstehen, Messen abzusagen oder zu verschieben, wenn die Aussicht die ist, dass maximal nur 20 % der üblichen Besucher und gegebenenfalls auch weniger Aussteller kommen.

Die Messe BAU in München plant für den Januar 2023 wieder volle Hallen. Ich glaube, man muss jetzt einfach das Pandemie-Geschehen - vor allem im Herbst dieses Jahres - abwarten, um einen Ausblick tätigen zu können. Wir sind auf jeden Fall für digitale und hybride Messeformate vorbereitet. Aber wir hoffen natürlich, dass baldmöglich sowohl national als auch international viele Messen wieder in Präsenz stattfinden werden.

Bleiben die Marken der Uzin Utz Group künftig eigenständig?

Natürlich wollen wir die Eigenständigkeit unserer Marken beibehalten. Das war im Übrigen auch einer der Erfolgsfaktoren der Marken und der zugekauften Gesellschaften in den vergangenen Jahren - ob das jetzt Pallmann oder Wolff war. An der Verschmelzung der Marken Wolff und Pajarito zu Uzin Utz Tools sehen Sie, dass wir dort eine gewisse Eigenständigkeit beibehalten. Aber es soll künftig im Innen- wie im Außenverhältnis stärker erkennbar sein, dass wir am Ende des Tages eine Gruppe und eine Familie sind.

Sie haben die Integration der Marke RZ in Uzin und Pallmann angekündigt. Geht dabei das Thema Reinigung und Pflege nicht unter?

Wir sehen eher den gegenteiligen Effekt. Wir sind mit der Marke RZ mit vier Außendienstlern in den vergangenen Jahren am deutschen Markt tätig gewesen. Damit hatten wir nur eine begrenzte Schlagkraft. Wenn wir jetzt auf den Außendienst und die Power der Marken Uzin und Pallmann zugreifen, dann haben wir plötzlich die Schlagkraft von 60 Außendienstmitarbeitern, alleine in Deutschland. Wir stellen fest, gerade im Ausland, wo wir diese Umstellung bereits vor zwei Jahren getätigt haben, dass Pflegemittel von Uzin-Kunden tagtäglich im Gespräch nachgefragt werden. Unsere Mitarbeiter nutzen das immer mehr als Möglichkeit, um eine langfristige Bindung zu ihren Kunden aufzubauen.

Beim Thema Pflegemittel geht es eben auch um den Werterhalt von Bodenbelägen. Wir sehen am Cocooning-Effekt, dass immer mehr in das Eigenheim investiert und immer hochwertiger investiert wird. Das Thema der Instandhaltung und Pflege von Böden erhält einen immer höheren Stellenwert - nicht nur im Handwerk, sondern auch bei den Privatkunden. Deswegen denken wir, dass der strategische Schritt richtig ist, das Segment Beschichtungen in den Geschäftsbereich Pallmann zu übergeben, weil wir dort mit Parkettbeschichtungen schon eine Expertise aufgebaut haben. Drüber hinaus wollen wir bei der Pflege sogar die Marke Uzin nutzen, um den Stellenwert der RZ-Produkte noch zu erhöhen.
aus BTH Heimtex 02/22 (Wirtschaft)