75 Jahre Gardinia

Erfolgreich durch konsequente Markenpolitik

Gardinia blickt 2025 auf ein Dreiviertel Jahrhundert Firmengeschichte zurück. Mit den Geschäftsführern Reinhard und Sven Heidemann schauen wir auf die Meilensteine und sprechen über die Zukunft und die Herausforderungen für den Hersteller.

Die Gardinia Unternehmensgruppe blickt auf eine bewegte Historie zurück - geprägt von raschem Wachstum, konsequenter Sortimentsentwicklung und drei Eigentümerwechseln. In schwierigen Zeiten bewies der Hersteller Resilienz und schaffte es, mit klugen strategischen Entscheidungen durch alle Höhen und Tiefen zu navigieren.

Im Jubiläumsjahr ist das Familienunternehmen nicht zuletzt dank seiner konsequenten Markenpolitik national und international gut aufgestellt und fit für die Herausforderungen der Zukunft, wie Geschäftsführer Sven Heidemann formuliert. Gardinia ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Erfolg einer Firma auf Tradition basiert, aber auch ganz wesentlich auf der Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden.

Die Gründungsidee:
Holzschienen für ein
wohnliches Zuhause

1950 legten Adolf Wälder und Gebhard Klein im beschaulichen Isny im Allgäu den Grundstein für die Gardinia Vorhangschienenfabrik. Sie präsentierten einen neuartigen Überlauf und Rundbogen aus Holz und ließen diesen patentieren. Damit wurde Gardinia zum Pionier in Sachen Holzschienen.

Und tatsächlich trafen die beiden Unternehmer mit diesem Produkt den Nerv der Nachkriegszeit, in der die Menschen ihre Wohnungen wieder verschönern wollten. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Nur acht Jahre nach Firmengründung erforderte die rasant steigende Nachfrage die Produktion von Vorhangschienen aus Kunststoff. Und so nahm 1958 das neu gegründete Gardinia Plastikwerk in Isny die Herstellung von Kunststoffschienen auf und markierte damit den ersten Schritt in eine zukunftsorientierte Produktion.

Mit der steigenden Nachfrage stieß auch die Logistik bald an ihre Grenzen. Die Lösung: neue Produktionsstandorte und Auslieferungslager, die das Wachstum deutschlandweit unterstützen.

Einstieg ins SB-Geschäft

1970 trat Reinhard Heidemann ins Unternehmen ein, das sich zu diesem Zeitpunkt nach wie vor im Besitz der Familie Wälder befand. Der gebürtige Ostwestfale kam aus dem Baubeschlagshandel und erkannte frühzeitig das Potenzial des aufkommenden DIY-Marktes. So setzte man kurzentschlossen auf ein SB-Programm - eine mutige Entscheidung, die Gardinia nachhaltig prägte. "Uns war damals klar, dass der Markt im Wandel ist. Daher mussten wir die Initiative ergreifen, bevor es andere tun", erinnert sich Reinhard Heidemann.

1972 wurde unter seiner Führung Gardinia SB als Vertriebs- und Produktionsgesellschaft gegründet, begleitet vom Ausbau des Standorts Bünde. Das Sortiment umfasste zu dieser Zeit Rollos, Jalousien, Lamellenvorhänge, Gardinentechnik und Zubehörteile. Diese strategische Ausrichtung machte Gardinia zum Vorreiter im Do-it-yourself-Bereich.

Alugard - das Maßprogramm
für den Fachhandel

1982 folgte der nächste Meilenstein: die Gründung der Marke Alugard. Mit maßgefertigten Aluminiumschienen und Sonnenschutzsystemen wurde jetzt gezielt der Fachhandel bedient. "Holz- und Kunststoffprodukte waren für den Objektbereich nicht geeignet. Die Lösung bestand in einem eigenen Programm an Aluschienen für Gardinia, das war die Geburtsstunde der Marke Alugard", sagt Reinhard Heidemann.

Unter dem Dach von Alugard wurde ab sofort der Fachhandel mit Maßanfertigungen von Aluminiumschienen und Sonnenschutz zur Belieferung von Objekten bedient. "Wir sind stolz darauf, dass unser Alugard Aluminiumschienen-Programm bis heute als eines der marktführenden Sortimente gilt", führt Reinhard Heidemann weiter aus.

Expansion und Wandel

Mit der Wiedervereinigung im Jahr 1989 öffneten sich im Osten Deutschlands und in Osteuropa zahlreiche neue Märkte für Gardinia. So wurden im thüringischen Schmölln und Zachow bei Berlin rasch neue Auslieferungslager und später in Schmölln eine Produktion aufgebaut. Niederlassungen in Tschechien, Polen, Rumänien und vielen weiteren Ländern trieben die internationale Ausrichtung voran und bauten die Präsenz in den Regionen aus. "Der Osten boomte, und wir sind mitgewachsen", beschreibt Sven Heidemann, Sohn von Reinhard Heidemann, die damalige Situation.

Es gab auch Rückschläge, etwa ein verheerendes Feuer im Gardinia-Plastikwerk in Isny im Jahr 1993. Dabei wurde eine Fläche von annähernd 7.500 m2 zerstört, es entstand ein Schaden in Millionenhöhe. Dennoch setzte das Unternehmen mit dem Einsatz seiner Belegschaft den Wachstumskurs mit der Gründung von weiteren Niederlassungen unbeirrt fort.

Unter amerikanischer Ägide

Mitte der 1990er Jahre starb Firmengründer Adolf Wälder, 1998 übernahm der US-amerikanische, börsennotierte Newell-Konzern alle Geschäftsanteile. Unter der Ägide der Amerikaner wurde das DIY-Geschäft vorangetrieben, wobei der Fokus in dieser Ära primär auf schnellem Wachstum lag. "We need more profit" wurde zum Mantra. Eine Zeit, an die Reinhard Heidemann nicht gern zurückdenkt.
Tatsächlich passen amerikanische Konzepte nicht zwangsläufig zum hiesigen Markt und so zog sich Newell 2006 aus Europa zurück - und Gardinia wurde wieder ein Familienunternehmen. Reinhard Heidemann übernahm als Mehrheitsgesellschafter gemeinsam mit Hunter Douglas die Anteile. Er schaffte es, die Firma als verlässlichen Partner für die DIY-Märkte und den Fachhandel zu positionieren und die Marktpräsenz in Ostdeutschland sowie Europa weiter auszubauen. Seit 2019 ist Gardinia wieder vollständig familiengeführt: In diesem Jahr übernahm Sven Heidemann, der bereits seit 2008 im Unternehmen tätig war, die Anteile von Hunter Douglas und trat in die Geschäftsführung ein.

Mit rund 500 Mitarbeitern weltweit, davon 260 in Deutschland, ist Gardinia heute ein agiles Unternehmen. Die zwei Produktlinien Gardinia und Alugard stehen gleichermaßen für Qualität und Innovation. Besonders stolz ist man auf das Schienen-Programm von Alugard, das als eines der innovativsten auf dem Markt gilt. "Unsere Kunden schätzen das breite Sortiment und die Lösungen aus einer Hand", erklärt Sven Heidemann. Dabei reichen die Produkte von funktionalen Vorhangschienen bis zu ästhetischen Sonnenschutzsystemen für den gehobenen Wohnbereich. Heute entfällt rund ein Viertel des Umsatzes auf Alugard, während das SB-Geschäft von Gardinia mit 75 % den Löwenanteil des Umsatzes ausmacht.

Bei Alugard sind Plissees und Aluminiumschienen die wichtigsten Sortiments- und Umsatzträger. Das Vorhangschienen-Programm ist sehr detailreich, wie Sven Heidemann erklärt, zumal auch Kundenwünsche in der Inhouseentwicklung umgesetzt werden und dann in Produktion gehen. "Unter logistischen Aspekten sind die Vorhangschienen eine große Herausforderung", resümiert er, "da sie extrem transportsensibel sind."

Ein Meilenstein der letzten Jahre war die Einführung nachhaltiger Kollektionen. So verwendet Gardinia ausschließlich Hölzer, die FSC-zertifiziert sind, und setzt auf umweltfreundliche Materialien wie PET statt PVC für Verkaufsverpackungen. "Nachhaltigkeit ist für uns kein Trend, sondern eine Verpflichtung", betont Sven Heidemann.

Wachstumspotenzial Textil

Seit 2021 ist die Gardinenmarke Sehlbach Teil der Gardinia Unternehmensgruppe und ergänzt das Programm um dekorative Fertiggardinen und Dekoaccessoires. "Mit der Übernahme von Sehlbach setzen wir bewusst auf die textile Komponente rund um das Fenster. Wir sehen den Vorhang als perfekte Abrundung unserer Sortimente und die ideale Ergänzung zu unserer Gardinentechnik. Wer eine Gardinenstange kauft, ist in der Regel auch auf der Suche nach einem Vorhang oder einer Gardine, die er dann auch bei uns findet. Wir setzen auf Textil und sehen dort ein Wachstumspotenzial", erläutert Sven Heidemann die strategische Sortimentserweiterung.

Jüngstes Projekt in diesem Segment ist eine neue SB-Kollektion: ein ansprechendes und modernes Programm. Fertig konfektionierte Vorhänge, farblich abgestimmte Decken und dekorative Kissen sollen eine junge, textil-affine Käuferschicht ansprechen: "Wir wollen einfach Lust auf Wohnen mit schönen Stoffen machen."

Damit bietet Gardinia den Partnern im Fachhandel sowie Baumärkten eine komplette Produktpalette rund ums Fenster: von Gardinenstangen und Gardinentechnik über Sicht- und Sonnenschutzprodukte bis hin zu Fertiggardinen und textilen Accessoires. Ein Sortiment an statischen Fensterfolien rundet das Angebot ab.

Mit Herz und Vision

Zum 75. Jubiläum zeigt sich die Gardinia-Gruppe als ein Unternehmen, das sich seiner Wurzeln bewusst ist, aber den Blick nach vorne richtet. "Wir machen unser Geschäft mit ganzem Herzen", betont Reinhard Heidemann. Ob Vorhangschiene oder Sonnenschutzsystem - Gardinia bleibe ein Synonym für Qualität, Vielfalt und Innovation. Mit dieser Philosophie will der Hersteller auch in Zukunft eine entscheidende Rolle auf dem Markt spielen. Als Marke, die bleibt, und als Unternehmen, das sich kontinuierlich weiterentwickelt.
| Michaela Fischer


Daten + Fakten
Gardinia
Gardinia Home Decor GmbH
Neutrauchburger Straße 20
88316 Isny im Allgäu
Tel.: 07562 / 98 50
anfrage@gardinia.de
www.gardinia.de

Geschäftsführung:
Reinhard Heidemann
Sven Heidemann
Gegründet: 1950
Beschäftigte: ca. 500
Produktionsstandorte: Isny, Breslau
Produkte:
-Gardinentechnik
-Sonnenschutzsysteme
-Fertiggardinen
-Kissen
-Decken
-Fensterfolien
Erfolgreich durch konsequente Markenpolitik
Foto/Grafik: Gardinia
Vater und Sohn:
Sven und Reinhard Heidemann
führen Gardinia gemeinsam.
Erfolgreich durch konsequente Markenpolitik
Foto/Grafik: Gardinia
In Isny im Allgäu wurde 1950 die erste Gardinia Vorhangschienenfabrik gegründet; bis heute wird hier Gardinentechnik hergestellt.
aus BTH Heimtex 02/25 (Wirtschaft)