24. internationales Sachverständigentreffen, Schweinfurt

Viel Klarheit für allgemein anerkannte Regel der Technik

Mit 265 Teilnehmern war das 24. internationale Sachverständigentreffen im Schweinfurter Mercure Hotel erneut ein großer Erfolg. Wieder einmal hatte der Arbeitskreis Sachverständige im Bundesverband Estrich und Belag (BEB) eine große Bandbreite an Fachthemen und Referenten ausgewählt. Bei der gelungenen Durchführung der Tagung am 15. und 16. November 2024 zeigte sich die ganze Routine der Mitarbeiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF).

Der BEB-Vorsitzende Daniel Rendler begrüßte die Teilnehmer des Sachverständigentreffens und kündigte die für 2025 anstehende Evaluierung der Wiedereinführung der Meisterpflicht im Estrichlegerhandwerk an. Bei dieser Aufgabe werde der BEB die Bundesfachgruppe Estrich und Belag im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) unterstützen, versprach Rendler. Er stellte zudem die drei Erstplatzierten der Deutschen Meisterschaft im Estrichlegerhandwerk vor, die am Wochenende vor dem Sachverständigentreffen gekürt worden waren .

Im Anschluss dankte der neue Obmann des BEB-Arbeitskreises Sachverständige, Georg Kuntner, seinem Vorgänger Simon Thanner und den Mitgliedern des Arbeitskreises Sachverständige für die gute Vorbereitung der Tagung. Nach Einschätzung Kuntners sei die Branche derzeit stark in Bewegung - als Beispiele nannte er den aktuellen massiven Umsatzrückgang im Estrichbereich, die neue Gefahrstoffverordnung oder die Einführung des neuen Gebäudetyps E. Dieser Gebäudetyp steht für einfaches Bauen. Zumeist werden mit diesem Schlagwort Neubauprojekte bezeichnet, bei denen auf die Einhaltung von Komfort-Standards verzichtet wird. Für alle von Kuntner genannten Themen sei es wichtig, nahe an diesen Veränderungen dran zu sein und schnell auf sie reagieren zu können.


Rechtsanwalt Michael Halstenberg
Regelwerke im Fußbodenbau

Michael Halstenberg stellte die Vielzahl von Regeln vor, die beim Bauen zwingend zu beachten sind. Dabei kann zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Belangen unterschieden werden. Technische Regelwerke, z. B. Normen, helfen bei deren Einhaltung. Dabei sei vor allem zu beachten, dass Normen nicht als Vorschriften, sondern lediglich als Vorschläge zu betrachten sind. Normen können allerdings durch weitere Bestimmungen, z. B. das Bauordnungsrecht, rechtswirksam werden. Grundsätzlich könne von Normen auch abgewichen werden, es sei denn, dies ist ausdrücklich verboten, was ganz überwiegend den Brandschutz betrifft.

Üblicherweise verspricht der Auftragnehmer eine Ausführung nach den allgemeinen Regel der Technik (a. R. d. T.). Wer dies nicht tut, muss beweisen, dass es auch anders geht. Durch Einhaltung der a. R. d. T. soll sichergestellt werden, dass das Werk auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist langfristig Bestand hat. Das heißt, das Schadensrisiko für die Zukunft wird durch die Einhaltung der a. R. d. T. reduziert. Wenn nicht nach den a. R. d. T. gearbeitet wurde, wird von einem "Mangel ohne Schaden" ausgegangen. Der Mangel ist dann das erhöhte Risiko für einen Schaden in der Zukunft, wobei dieser Schaden nicht zwangsläufig eintreten muss. Halstenberg wies auf den inhärenten Widerspruch hin: Einhaltung der a. R. d. T. bedeutet: "Etwas hat sich schon bewährt". Stand der Technik bedeutet, "etwas wird für die Zukunft als sicher prognostiziert" - beides gleichzeitig ist nicht möglich. Auch muss das aktuelle Regelwerk als Stand der Technik und nicht als a. R. d. T. angesehen werden, denn es hat sich ja noch nicht bewährt.

Der Auftragnehmer kann von den a. R. d. T. abweichen, wenn er dazu gesetzlich verpflichtet ist (wie z. B. beim Gebäudeenergiegesetz), er die Abweichung wirksam vereinbart hat oder den Mindeststandard überschreitet, indem er eine "bessere" Lösung anbietet. Vor diesem Hintergrund sei auch der Gebäudetyp E kritisch zu betrachten und auch der Anspruch des Arbeitskreises "Praxisgerechte Merkblätter im Fußbodenbau" (PRiF), aktuelle Merkblätter als a. R. d. T. zu definieren, sollte kritisch hinterfragt werden, sagte der Referent.


Prof. Dr. Karl-Heinz Wiegrink
Abdichtung von Betonböden

Prof. Dr. Karl-Heinz Wiegrink stellte die Frage, ob die Abdichtung von erdberührten Bauteilen nach DIN 18533-1 die allgemein anerkannte Regel der Technik (a. a. R. d. T.) für diese Bauart sei. Nach seiner Erfahrung wird nur in wenigen Fällen eine solche Abdichtung geplant. Eine spontane Online-Umfrage bei den Teilnehmern, ob eine Abdichtung geplant werden muss, bzw. wie oft eine solche ausgeführt wird, ergab ein uneinheitliches Bild unter den Anwesenden.

Nach der Vorstellung einiger Schadenfälle ging Prof.Wiegrink auf die Details der Regelwerke ein und wies insbesondere daraufhin, dass nach DIN 18533-1 eine Abdichtung auf der Plattenoberseite eingesetzt wird. Wohingegen das zugehörige Merkblatt des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins (DBV) und andere Quellen keine Abdichtung aufführen. Befindet sich unter der Platte eine ausreichend dicke kapillarbrechende Schicht, zeigt die Praxis, dass auf eine Abdichtung oben verzichtet werden kann. Damit kann auch DIN 18533-1 keine a. a. R. d. T. für Industrieböden sein. Wiegrink beschrieb ausführlich und sehr anschaulich den Feuchtetransport aus dem Untergrund durch die Betonplatte und zeigte, dass die Betrachtungen bestätigten, dass eine Betonplatte auch ohne Abdichtung funktionieren könne.

Sein Fazit: Keinesfalls sollte sicherheitshalber immer eine Abdichtung eingebaut werden. Im Fall der Raumnutzungsklasse RN2-E sei eine Abdichtung beispielsweise nicht notwendig. Die letztgültige Entscheidung müsse allerdings immer der Bauherr bzw. Planer treffen.


Roland Schütz, Bautrocknung Matter
Möglichkeiten und Grenzen der technischen Trocknung

Roland Schütz richtete den Fokus seiner Ausführungen auf Mineralwolle und gebundene Schüttungen. Die Frage, ob man immer trocknen könnte, beantwortete er mit einem klaren "Jein". Seiner Meinung nach muss gefragt werden, ob eine Trocknung sinnvoll ist. Die Beantwortung hängt z. B. von der Art des durchfeuchteten Materials, der betroffenen Flächengröße ab und ob nach der Trocknung wieder die geforderten bauphysikalischen Eigenschaften erreicht werden. Folglich muss immer die Gesamtsituation bewertet werden.

Mögliche Trocknungsverfahren sind das Überdruck-, das Unterdruck- und das Schub-Zug-Verfahren. Beim Überdruck-Verfahren ist der Luftstrom nicht kontrollierbar, weshalb es praktisch nicht mehr eingesetzt wird. Beim Unterdruck-Verfahren wird über Kernbohrungen Luft aus dem Untergrund abgesaugt, beim Schub-Zug-Verfahren wird zusätzlich getrocknete Luft eingeblasen. Zur Feuchtemessung werden unterschiedliche Messprinzipien herangezogen, wie di-elektrische Verfahren, Widerstandsmessung, CM-Messung und Bestimmung der relativen Luftfeuchte. Vorteilhaft ist dabei, den Trocknungsablauf durch Datenfernübertragung zu überwachen. Eine begleitende Dokumentation ist zwingend erforderlich. Für eine abschließende Bewertung sollten möglichst viele Parameter betrachtet und daraus ein Gesamtbild abgeleitet werden, empfiehlt Roland Schütz.



Swen Michielsen, Ingenieurbüro Michielsen
Brandschutz im Fußbodenbau

Oberstes Ziel beim Brandschutz ist der Schutz der Gebäudenutzer, sagte Referent Swen Michielsen. Die Einzelvorgaben leiten sich dabei von den Gebäudeklassen nach der Muster- bzw. Landesbauordnung ab, für besondere Gebäudetypen, wie z. B. Hochhäuser, gelten eigene Regelungen. Das Brandverhalten von Baustoffen wird nach DIN EN 13501-1 klassifiziert, wobei in Deutschland unterschiedliche europäische Einstufungen in einer deutschen Einstufung zusammengefasst sein können. Bauteile werden nach DIN EN 13501-2 klassifiziert. Spannendes Detail: Beim Bauteil Decken ist zu beachten, dass diese sowohl als Decke als auch als Fußboden betrachtet werden müssen.

Fußbodenkonstruktionen können somit auch durch Brandschutzverkleidungen von unten ertüchtigt werden. Besonders hohe Anforderungen stellen dabei Systemböden. Entscheidend ist, dass alle Maßnahmen mit der zuständigen Baubehörde abgestimmt werden.



Axel Bergforth, Technischer Berater Uretek Deutschland
Baugrundverstärkung unter Betonböden

Untergründe, und damit das Fundament von Gebäuden, können an Stabilität verlieren, referierte Axel Bergforth. Gründe dafür sind Setzungen im Untergrund oder Umnutzungen, die mit Lasterhöhungen verbunden sind. Hersteller Uretek bietet als Lösung ein minimal-invasives Injektionsverfahren an, das zerstörungsfrei und bei Gewerbeflächen im laufenden Betrieb eingesetzt werden kann.

Injiziert wird in drei unterschiedlichen Varianten: Zum einen kann durch eine Tiefeninjektion eine Bodenverstärkung zur Lasterhöhung erfolgen, eine zweite Verfahrensvariante dient zur Anhebung abgesackter Betonböden oder präventiver Lasterhöhung und die dritte Variante kommt auf sehr gering tragfähigen Böden zum Einsatz.

Abhängig von Bodenbeschaffenheit und Anforderung werden unterschiedliche Harze eingesetzt. Diese entwickeln große Expansionskräfte und erhärten innerhalb weniger Sekunden. Anhand zweier Objekte (Bodenanhebungen in einem Baumarkt und in einem Hochregallager) wurde das Verfahren in der Praxis vorgestellt.
Viel Klarheit für allgemein anerkannte Regel der Technik
Foto/Grafik: Schwarzmann
Mit 265 Teilnehmern im Mercure Hotel Schweinfurt war das BEB-Sachverständigentreffen auch 2024 wieder gut besucht.
aus FussbodenTechnik 01/25 (Wirtschaft)