DLW-Linoleum: Besuch im Werk Delmenhorst

Traditionell gefertigt, modern versiegelt

Seit Gerflor das DLW-Linoleumwerk in Delmenhorst übernommen hat, läufts hier wieder: 2,4 Mio. m2 Rollenware sind ständig auf Lager. Der nachhaltige Bodenbelag wird nach traditioneller Rezeptur hergestellt, eine moderne Oberflächenvergütung hält ihn pflegeleicht.

Weltweit gibt es nur noch drei Anbieter von Linoleum-Bodenbelägen - mit insgesamt vier Produktionsstätten. In Deutschland steht eine davon: Das DLW-Linoleumwerk im niedersächsischen Delmenhorst gehört seit 2018 zum französischen Bodenbelagskonzern Gerflor. Der hat den damals angeschlagenen Hersteller DLW nach mehrfachem Eigentümerwechsel aus der zweiten Insolvenz herausgekauft und durch kräftige Investitionen wieder auf Vordermann gebracht. Die Lieferfähigkeit wurde sichergestellt, die Farbrange erweitert, eine neue Oberflächenvergütung entwickelt - und alles per Roadshow publik gemacht. Seitdem läuft es wieder auf dem Unternehmensgelände in der Nähe von Bremen mit den historischen Backsteinbauten, wo bewährte Rezepturen auf moderne Technik und ein High-Tech-Finishing treffen.

Vor allem in Skandinavien und auf dem D/A/CH-Markt ist Linoleum stark verbreitet - Architekten lieben den Belag. "Er ist der Klassiker unter den Rollenbelägen, bietet eine tolle Farbrange, ist objektgeeignet und besteht zu 98 % aus natürlichen, komplett unbedenklichen Rohstoffen", sagt Gerflor-Marketingleiter Frank Selbeck.

Linoleum beliebt im
öffentlichen Bereich

Haupteinsatzbereiche für den nachhaltigen Belag mit sehr niedriger VOC-Ausdünstung sind das Bildungswesen und allgemein der öffentliche Bereich - inzwischen kommen auch immer mehr Objekte im Gesundheitswesen hinzu. Hier wurden lange bevorzugt homogene PVC-Böden eingesetzt, da sie ursprünglich noch schneller zu reinigen waren und dazu chemikalienbeständiger. "Inzwischen kann Linoleum locker mithalten", erklärt Carlotta Walter, Projektmanagerin Linoleum. "Das liegt an der neuen Oberflächenvergütung Neocare." Früher musste der Belag immer wieder gebohnert werden, dank Neocare entfällt das komplett: Die besonders matte Beschichtung schützt vor Schmutz und gilt als ausgesprochen kratzfest. Sie wurde lösemittel- und PU-frei extra für DLW-Linoleum entwickelt, hemmt das Wachstum von Viren und Bakterien und verhindert, dass sich der typische Linoleumgeruch im Raum ausbreitet.

Die relativ schwere Rollenware erfordert ein gewisses Know-how bei der Verlegung, allerdings mangelt es an Fachkräften. Um unter anderem dieser Herausforderung zu begegnen, arbeitet Gerflor DLW an einer neuen Variante im Plankenformat.

Die Herstellung:
Erhitzen, Kneten, Ruhen

Das Grundrezept für Linoleumböden stammt aus dem Jahr 1862. Es geht auf den englischen Chemiker Frederick Walton zurück und hat sich bis heute kaum verändert. Seine Festigkeit erhält Linoleum durch das enthaltene Leinöl, das durch Einkochen oxidiert, also in Linoxin umgewandelt wird. Hinzu kommen eingeschmolzene Baumharze. So entsteht der sogenannte Linoleumzement, der zunächst noch recht weich ist und weiter reifen muss - zwei Wochen lang. Kork- und Holzmehl sowie Kalksteinpulver verleihen der Masse Substanz, Farbpigmente sorgen für eine ansprechende Optik.

Im Kalander, einem Walzensystem, werden die Linoleumlagen miteinander verpresst und mit dem Jute-Grundgewebe "verheiratet": Nur die oberste Schicht zeigt die Dekorfarbe, die Unterschicht ist nicht eingefärbt und besteht zum Teil aus recycelten Alt-(Linoleum-)Belägen. "So optimieren wir den Einsatz von Pigmenten und arbeiten insgesamt nachhaltiger", begründet Axel Kulawiak, verantwortlich für Umweltmanagement, Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit und Energie, das Verfahren. Tatsächlich beträgt der Recyclinganteil von Gerflor-DLW-Linoleum aktuell je nach Dessin bis zu 40 %.

Bevor die immer noch recht weichen Linoleumbahnen zum Aushärten weiterlaufen, kontrollieren Beschauer die Oberfläche auf Einschlüsse und Farbabweichungen und notieren, welche Stellen später herausgeschnitten werden müssen. Die Bahnen laufen über Rollen weiter in 15 m hohe Reifekammern, wo sie mehrere Wochen bei hohen Temperaturen hängen und aushärten. Die Kammern werden durch Warmwasserkaskaden auf Temperatur gehalten: "Das ist energetisch sehr effizient", betont Kulawiak.

Bis zu diesem Punkt folgt die Zubereitung ganz dem traditionellen Linoleum-Rezept, nur das Finishing ist neu: Vor dem Auftrag von Neocare wird die Oberfläche angeraut, anschließend die Beschichtung aufgetragen und mittels Laser- und UV-Licht gehärtet.

Inhaltsstoffe zu 98 %
natürlichen Ursprungs

Linoleum besteht zu 98 % aus natürlichen und zu 76 % aus schnell - also innerhalb eines Jahres - nachwachsenden Inhaltsstoffen. Der Hauptbestandteil, Leinöl, stammt zum Großteil aus Deutschland und Belgien und wird mehrfach wöchentlich angeliefert - in Lebensmittelqualität. Auch Kork- und Holzmehl kommen von regionalen Lieferanten. Baumharze werden lebend - also ohne Baumfällung - in Süd-amerika geerntet. Die besten Jute-Qualitäten erhält man laut Gerflor aus Indien und Pakistan und ordert auch von dort.

Mit ihren langen Aushärtungsprozessen ist die Herstellung recht energieintensiv. Dem stellt Gerflor zahlreiche Nachhaltigkeitsmaßnahmen gegenüber: Nach und nach ist man in Delmenhorst auf erneuerbare Energien umgestiegen. "Wir haben wahrscheinlich das größte alternative Energiekraftwerk Norddeutschlands", heißt es. Die Dächer werden mit Photovoltaikanlagen bestückt, die mittelfristig 9,2 MW liefern sollen. Um die Energie bestmöglich ausnutzen zu können, läuft das Werk im Zweischichtbetrieb.

Recycling erfolgt
direkt vor Ort

Materialabfälle werden umfangreich genutzt: Bereits jetzt beträgt der Recyclinganteil der Böden bis zu 40 %, der Boden selbst ist zu 100 % recyclingfähig und Cradle-to-Cradle-Silber-zertifiziert. Mangelware und Verschnittreste sowie Altbeläge ohne Klebstoffanhaftungen bereitet Gerflor DLW direkt vor Ort in Delmenhorst wieder auf, granuliert das Alt-Linoleum und extrahiert dabei sogar die Jutefasern, um diese ebenfalls wiederzuverwerten. Auch weitere natürliche Abfallprodukte sollen in Zukunft der nicht sichtbaren Linoleum-Grundschicht beigemischt werden: die Haut von Kaffeebohnen zum Beispiel, Schalen von Sonnenblumenkernen oder Olivenkerne.

Altbeläge mit (Klebstoff-)Anhaftungen können in Delmenhorst auch direkt recycelt werden: Hierfür werden sie in einem anderen Gerflor-Standort aufbereitet. Wer mehr über Gerflor DLW und Linoleumbeläge erfahren will, dem sei die Lektüre des FussbodenFuxx 2/2022 empfohlen - digital zu finden unter bit.ly/fuxx-archiv.


Gerflor DLW im Überblick
Gerflor DLW GmbH
Ludwig-Kaufmann-Str. 13
27753 Delmenhorst
Tel.: 0 22 41 / 25 30-131

Geschäftsführung: Bertrand Chammas, Michael Stein,
Konstantinos Marlis
Marketingleiter Gerflor: Frank Selbeck
Projektmanagerin
Linoleum: Carlotta Walter
R&D Process Engineer Gerflor DLW:
Marco Dowidat-Eskes
EHS-/Energiemanager Gerflor DLW:
Axel Kulawiak

Gründung Gerflor DLW: 2018
Mitarbeiter: rund 200
Traditionell gefertigt, modern versiegelt
Foto/Grafik: Gerflor
Das DLW-Linoleumwerk in Delmenhorst gehört seit 2018 zum französischen Bodenbelags-Konzern Gerflor.
aus FussbodenTechnik 01/25 (Wirtschaft)