Jahrestagung Fachverband Matratzen-Industrie

Bedeutende Fortschritte trotz schwieriger Marktlage

Um aktuelle Verbands- und Branchenthemen zu besprechen, traf sich der Fachverband Matratzen-Industrie im November in Bad Essen. Im Fokus standen dabei neben dem Blick auf die aktuelle Marktlage Themen wie Kreislaufwirtschaft, Künstliche Intelligenz und der steigende Einfluss internationaler Onlineplattformen sowie die turnusgemäße Neuwahl des Vorstands.

Mit einer internen Versammlung, an der erstmalig auch die neuen Mitglieder Femira Bettensysteme, Schwarzwald Schlafsysteme und Neveon Germany teilnahmen, startete der Fachverband Matratzen-Industrie in seine Jahrestagung 2024, die auf Einladung des assoziierten Mitglieds Agro International im niedersächsischen Bad Essen stattfand.

Im Mittelpunkt der Zusammenkunft stand zunächst die turnusmäßig anstehende Vorstandsneuwahl. Alle Vorstandsmitglieder wurden in ihren Ämtern bestätigt, dazu wurde Dirk Olefs von Auping Germany als weiterer Beisitzer in das Gremium aufgenommen. Es folgte der Bericht über die Verbandsarbeit des zurückliegenden Jahres und die strategische Ausrichtung für 2025. Bei den anschließenden Vorträgen "KI erfolgreich nutzen" vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft und "Biofidel Dummies zur Bestimmung der Liegehärte" des Spezialisten für die Entwicklung und Herstellung von Crashtest Dummys, cts dummy-solution, wurde deutlich, welche enormen Möglichkeiten der Einsatz von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz in der Praxis bietet. Den ersten Tagungstag beschlossen ein Besuch des Agro Federkernmuseums sowie ein Get Together und Branchentreff in lockerer Atmosphäre.

Aktuelle Lage und
strategische Ausrichtung

"Das Jahr 2024 war erneut von erheblichen Herausforderungen geprägt, die die deutsche Matratzenindustrie belastet haben", dieses Fazit zog Thomas Bußkamp (EuroComfort Group) als Vorstandsvorsitzender in seiner Rede, mit der er am zweiten Tagungstag Mitglieder und Gäste zum öffentlichen Teil der Zusammenkunft begrüßte. Ein Mangel an Arbeitskräften und fehlende politische Unterstützung seien aktuell eine starke Belastung für die Branche. "Hinzu kommt eine spürbare Kaufzurückhaltung der Verbraucher, die sowohl den Handel als auch uns als Hersteller trifft", so Bußkamp weiter. Ein zunehmender Importdruck sowie die starke Konkurrenz durch Online-Anbieter und wachsende regulatorische Anforderungen erschwerten das Geschäft zusätzlich. Bußkamp sieht in Europas offenem Markt Vor- und Nachteile und fordert fairen Wettbewerb, auch im Bezug auf Umwelt- und Produktstandards.

"Für den Verband selbst war 2024 ein arbeitsintensives Jahr mit wegweisenden Projekten", ergänzte der Vorstandsvorsitzende in seiner Rede und wies in diesem Zusammenhang vor allem auf Entwicklungen in den Bereichen der Erweiterten Herstellerverantwortung und dem Matratzenrecycling sowie bei der Mitgliedergewinnung hin. Insgesamt zeigte sich Thomas Bußkamp trotz der anhaltend angespannten geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen überzeugt davon, dass die innovative und flexible Matratzenindustrie auch künftige Herausforderungen erfolgreich meistern werde.

Die Branche in Zahlen

Auch Martin Auerbach stellte als Geschäftsführer des Fachverbands Matratzen-Industrie in seinem Branchenrückblick auf 2024 die geopolitischen Spannungen, den schwachen Konsum und das stagnierende Wachstum in den Fokus, die die deutsche Wirtschaft aktuell prägen. So hätten die Wirtschaftsweisen für das Jahr zunächst ein geringes Wachstum prognostiziert, dies aber dann auf eine Rezession (-0,2 % BIP) revidiert. "Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der sich seit der Pandemie verschärft. Laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag gaben 2023 fast 50 Prozent der Unternehmen an, dass der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften ein großes Problem darstellt. Dieser Engpass hemmt nicht nur das Wirtschaftswachstum, sondern bremst auch dringend notwendige Innovationsprojekte, wie die Umstellung auf nachhaltige Produktionsprozesse oder die Einführung digitaler Technologien", so Auerbach weiter.

Vor diesem Hintergrund zeigt der Rückblick auf das erste Halbjahr 2024, dass die Matratzenbranche mit deutlichen Herausforderungen konfrontiert war. Der Umsatzverlust von -1,5 % und der Absatzrückgang von -2,3 % spiegeln die anhaltende Kaufzurückhaltung der Verbraucher wider, die sich über fast alle Technologien und Warengruppen erstreckt.

Positive Entwicklungen
-TFK: Starker Anstieg im Absatz (+17,0 %) und moderater Umsatzgewinn (+4,0 %).
-Sonstige Technologien: Absatzsteigerung von +17,1 %, jedoch mit Umsatzverlust von -2,3 %.
-Unterfederung: Solider Zuwachs im Absatz (+5,4 %) und Umsatz (+3,6 %).

Gemischte Ergebnisse
-Schaum: Während der Absatz um -2,6% zurückging, wurde ein Umsatzplus von +4,5 % erzielt.
-Latex: Der Abwärtstrend setzt sich fort mit Rückgängen sowohl im Absatz (-4,0 %) als auch im Umsatz (-6,5 %).

Deutliche Verlierer
-Topper: Schwere Einbrüche im Absatz (-20,0 %) und Umsatz (-17,0 %).
-Boxspring: Vergleichbare Rückgänge mit -17,2 % im Absatz und -11,2 % im Umsatz.

Marktanteile
Die Rangfolge bei den Technologien bleibt stabil:
1.Schaum (51 %) ist weiterhin das umsatzstärkste Segment.
2.TFK (37 %) folgt mit deutlichem Abstand.
3.Sonstige (7 %), Latex (3 %) und Bonnell (2 %) bleiben Nischenprodukte.

"Der Ausblick auf die zweite Jahreshälfte deutet keine Entspannung bei Umsatz und Absatz an", schloss der Verbandsgeschäftsführer seinen Zahlen-Überblick. "In der kumulierten Betrachtung vom ersten bis dritten Quartal liegen Umsatz und Absatz jeweils um -2 % unter dem Vorjahr."
Bei den Marktanteilen der Technologien hat es wie bereits 2023 keine Verschiebungen gegeben. Schaum ist mit 51 % weiterhin umsatzstärkstes Segment, dahinter mit großem Abstand TFK (37 %). Sonstige mit 7 % auf Platz drei, Latex (3 %) und Bonnell (2%) sind umsatzschwächste Segmente.

In seinem Bericht über die Verbandsarbeit in 2024 wies Martin Auerbach vor allem auf wesentliche Fortschritte in den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit hin, die trotz schwieriger Rahmenbedingungen erzielt werden konnten. "Ein zentrales Ergebnis ist ein umfassendes Positionspapier zur Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Matratzen", erklärte er. Basierend darauf wurde ein 15-Punkte-Umsetzungsplan entwickelt, der die Grundpfeiler für ein nachhaltiges EPR-System in Deutschland legt. Parallel dazu habe der Verband Anforderungen und Standards für das Refurbishment von Matratzen formuliert, um klare Qualitätsvorgaben für wiederaufbereitete Produkte zu schaffen und Verbrauchern Transparenz zu bieten.

Als weiteren Erfolg verkündete Auerbach die Gründung der "Matratzenrecycling Deutschland", einer "Producer Responsibility Organisation" (PRO), die als erste nationale Initiative die systematische Rückführung und Zerlegung von Altmatratzen steuert. Sie übernimmt die Zertifizierung von Recyclingstellen und kooperiert mit öffentlichen Entsorgern. Dieser Schritt stelle einen wichtigen Meilenstein für nachhaltige Produktionszyklen dar.

Auch das Netzwerk "ReNewTex", das der Matratzenverband zusammen mit dem Heimtex-Verband und dem Verband für innenliegenden Sicht- und Sonnenschutz (ViS) betreibt, bringt das Thema Kreislaufwirtschaft voran. In neuen Pilotgruppen, unter anderem für "Schlafen", werden branchenspezifische Konzepte entwickelt, die als Best Practices in die Strategien der Unternehmen einfließen sollen.

Der Verband unterstützt seine Mitglieder zudem bei der Umsetzung neuer EU-Richtlinien, wie der Produktsicherheits- und Entwaldungsverordnung, und klärt sie über kommende regulatorische Anforderungen auf.

"Künstliche Intelligenz ist ein weiteres Thema, das immer mehr Bereiche des privaten und beruflichen Alltags durchdringt und damit auch für die Verbandsarbeit zunehmend wichtiger wird", schloss Martin Auerbach seinen Überblick. Auch dazu erhielten die Mitgliedsunternehmen im Verband praxistauglichen Input, beispielsweise für den Bereich des Recruitings.

Onlineplattformen im Fokus

Finaler Programmpunkt der Tagung war die Podiumsdiskussion "Temu & Co. - gleiche Regeln für alle?". Dabei ging es um den Einfluss, den Onlineplattformen wie Temu und Shein auf den deutschen Markt nehmen und welche Wettbewerbsnachteile dies bei deutschen Händlern nach sich zieht. Die Diskussionsrunde war mit Experten aus Politik, Forschung, Handel und Wirtschaft hochkarätig besetzt. Es diskutierten Prof. Dr. Georg Gesk von der Universität Osnabrück, Fachgebiet chinesisches Recht, Alien Mulyk, Leiterin Public Affairs Europa & International beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh), Dr. Constantin von Selasinsky, Referent Nachhaltige und zirkuläre Wirtschaft beim Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW sowie Thomas Bußkamp, CEO Euro Comfort Holding GmbH und Vorsitzender des Fachverband Matratzen-Industrie. Moderiert wurde die Diskussion von Tatjana Hetfeld, Geschäftsführerin der PR-Agentur RDN. Dem Publikum bot sich die Möglichkeit, sich mit Fragen und Statements einzubringen.

Die Diskussionsteilnehmer forderten, Handelsplattformen wie Temu und Shein stärker in die Verantwortung zu nehmen und ihnen beim Zoll einen Sonderstatus zuzuweisen. Die derzeitige Rechtslage erlaubt es diesen Plattformen, lediglich als Vermittler für chinesische Hersteller aufzutreten, ohne Verantwortung für die Produkte zu übernehmen. Um Verstöße besser zu ahnden, sollen die Anforderungen des Gesetzes über digitale Dienste (DSA) strikter umgesetzt werden, sodass Plattformen detaillierte Händlerinformationen bereitstellen. Angesichts der überlasteten Zollbehörden in der EU wurde eine zentrale europäische Zollbehörde angeregt, die Daten koordiniert und Informationen teilt. Zudem wird eine sofortige Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze gefordert, die Wettbewerbsnachteile für europäische Anbieter schafft. Investitionen in digitale Zollsysteme sollen den fairen Wettbewerb unterstützen und sicherstellen, dass auch Plattformen wie Temu und Shein Umweltstandards, Produktsicherheit und transparente Lieferketten gewährleisten.

Die Jahrestagung endete nach einer Führung durch die Produktion des Gastgebers Agro International, einem der weltweit führenden Hersteller von Federkernen für die Matratzen- und Polstermöbelindustrie.

Zur nächsten Jahrestagung lädt der Matratzenverband gemeinsam mit seinem Partnerverband Heimtex am 06./07. November 2025 nach Hamburg ein.
aus Haustex 01/25 (Wirtschaft)