Interface Deutschland GmbH

Interface denkt Zirkularität von Anfang an mit

Teppichfliesenspezialist Interface setzt sich das nächste anspruchsvolle Ziel: Bis 2024 will man CO2-negativ werden - und zwar ganz ohne Kompensationen. Biobasierte Materialien und das Rücknahmeprogramm Re-Entry tragen dazu bei.


Bereits Ende 2022 wurde Teppichfliesenspezialist Interface als CO2-neutral zertifiziert - "als weltweit erstes Bodenbelagsunternehmen, über die gesamte Geschäftstätigkeit und Wertschöpfungskette hinweg", so lautete die Botschaft aus der US-amerikanischen Unternehmenszentrale. Das gilt nicht nur für den Hauptgeschäftsbereich Teppichfliesen, sondern für das komplette Spektrum inklusive der LVT-Beläge sowie der Kautschukböden der Tochter Nora Systems. Zertifiziert wurde Interface nach PAS 2060, einem international gültigen Standard mit klarem Regelwerk. So weit, so gut.

Jetzt nimmt das Unternehmen noch einmal kräftig Anlauf, um es ein großes, wichtiges Stück weiter zu schaffen: Bis 2040 hat sich Interface zum Ziel gesetzt CO2-negativ zu werden. Der Fokus liegt dabei auf der direkten CO2-Reduktion und -Speicherung, um der Dringlichkeit der Klimakrise gerecht zu werden. Der Hersteller richtet seine Strategie darauf aus, seine Klimazusagen zu erfüllen - auch im Hinblick auf die Science Based Targets, die keine CO2-Kompensationen zulassen.

Ehrgeizige Zwischenziele bis 2030

Auf dem Weg zur CO2-Negativität im Jahr 2040 hat Interface noch ein konkretes ehrgeiziges Zwischenziel im Fokus: Bis 2030 will der Bodenbelagskonzern die absoluten Treibhausgasemissionen aus Scope 1 (direkte Emissionen) und Scope 2 (indirekte Emissionen aus zugekaufter Energie) halbieren, ebenso die absoluten Scope-3-Emissionen aus eingekauften Waren und Dienstleistungen, während die Emissionen aus Geschäftsreisen und dem Pendeln der Mitarbeitenden um 30 % reduziert werden sollen - jeweils ausgehend vom Basisjahr 2019, in dem Nora Systems als Unternehmenstochter hinzugekommen ist. Die Ziele wurden von der Science Based Targets Initiative (SBTi) validiert: einer internationalen Organisation, die Unternehmen und Finanzinstitute weltweit dabei unterstützt, ihren Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise zu leisten.

Noch weiter auf die drei Scopes einzuwirken, die Interface in den letzten Jahrzehnten bereits stark reduziert hatte, ist eine Herausforderung, der sich der Hersteller gerne stellt. "Wir haben bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass wir die Grenzen des Machbaren verschieben können. Die Scope-3-Emissionen bilden die größte Herausforderung", erläutert Gritli Heitbrink, seit August 2024 Sustainability Manger D/A/CH bei Interface.

Der wichtigste Teil besteht darin, die Produktentwicklung voranzutreiben, also weitere - vor allem biobasierte - Rohstoffe zu identifizieren, mit denen man CO2 speichern könne, und auch den Recyclinganteil zu erhöhen. Und natürlich noch energieeffizientere Herstellungsverfahren einzusetzen. Bereits jetzt verfügen Interface-Teppichfliesen in Europa über einen Recyclinganteil von durchschnittlich 88 %; im Werk für Teppichfliesen in Europa kommen zu 100 % erneuerbare Energien zum Einsatz. Und 38 Qualitäten sind bereits CO2-negativ erhältlich (siehe "Wann ist eine Teppichfliese CO2-negativ?" auf der linken Seite).

Nicht zu vergessen die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und weiteren Partnerunternehmen. Die vor- und nachgelagerten Lieferketten aus Scope 3 machen mit rund 90 % den Löwenanteil der Emissionen aus; als Hersteller kann Interface darauf aber nur indirekt Einfluss nehmen. "Darum werden wir nur mit Partnern zusammenarbeiten, die das gleiche Ziel verfolgen wie wir", so Heitbrink. "Da entwickeln sich zum Teil unsere jetzigen Partner weiter; es gibt sehr gute Diskussionen, wenn man sich zusammensetzt. Und wir finden neue Partner, die unseren Ansprüchen entsprechen und die ihre eigenen Ziele haben."

Recyclinganlange am Standort Scherpenzeel aktualisiert

Biobasierte Materialien, hoher Recyclinganteil: Am europäischen Produktionsstandort Scherpenzeel in den Niederlanden kommt beides zum Einsatz. Seit 2021 werden hier die Teppichfliesen ausnahmslos mit den CO2-negativen Rückenkonstruktionen Cquest Bio und Cquest Bio X ausgestattet, die durchschnittlich einen Anteil von mehr als 88 % biobasierter und recycelter Materialien enthalten. "CquestBio ist unser Standardrücken für alle unsere Teppichfliesen", stellt Heitbrink klar. "Wir bieten Teppichfliesen für jedes Budget und mit einem durchschnittlichen CO2-Fußabdruck von nur 3,7 kg CO2e/m2 an."

Nachdem die Recyclinganlage in Scherpenzeel erweitert wurde, können dort gebrauchte Fliesen komplett recycelt werden, inklusive der Rückenkonstruktion: Die Anlage trennt Nylongarn und Rücken sauber voneinander. Das Altgarn wird zu Pellets verarbeitet, die beispielsweise in Form von technischen Kunststoffen in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Der Rücken wird granuliert und eingeschmolzen, um als Recyclinganteil in neue Cquest-Bio-Rücken einzufließen. Dies war mit der früheren Rückenkonstruktion Graphlex nicht uneingeschränkt möglich - aber die hat bei Interface längst ausgedient.

Re-Entry lässt
Teppichfliesen weiterleben

Bereits seit 1995 nimmt Interface im Rahmen des Programms Re-Entry gebrauchte Teppichfliesen zurück, um sie auf eine von drei Arten weiterzuverarbeiten: Re-Use, Re-Cycle oder Re-Cover. Die höchste Priorität hat die Weiterverwendung (Re-Use), die den CO2-Fußabdruck am niedrigsten hält: "Interface gibt 15 Jahre Garantie auf seine Teppichfliesen. Wenn sie durchschnittlich nach sieben oder acht Jahren herausgenommen werden, haben rund zwei Drittel keine Gebrauchsspuren, weil sie in Verwaltungsgebäuden in wenig frequentierten Bereichen gelegen haben oder gemäß unseren Vorgaben entsprechend instand gehalten wurden", erklärt Heitbrink und fährt fort: "Wir arbeiten aktuell mit Partnern zusammen, die auch für die Wiederaufbereitung der Teppichfliesen zuständig sind, und unterstützen lokale Betriebe, Wohltätigkeitsorganisationen und soziale Einrichtungen. Dort bekommen die Fliesen ein zweites Leben."

Sollte eine Wiederverwendung nicht möglich sein, können die Teppichfliesen mit Cquest in Scherpenzeel recycelt werden. Dieser Anteil wird weiter wachsen.

Sollte keine der beiden genannten Optionen möglich sein, bleibt als dritte Möglichkeit die thermische Verwertung (Re-Cover).

Die Rücknahme von Alt-Bodenbelägen ist allerdings oft komplex. Gegen eine geringe Servicegebühr organisiert Interface einen reibungslosen Prozess, stellt Verpackungs- und Transportmaterial zur Verfügung und holt die gebrauchten Fliesen schließlich ab, um sie zu einem Partner zur Wiederaufbereitung bzw. für das Recycling in die Produktionsstätte in den Niederlanden zu transportieren. Nur den Rückbau muss ein Bodenleger oder Objekteur durchführen. Der ist schon insofern unkompliziert, als die Teppichfliesen klebstofffrei am Boden fixiert sind und sich aufgrund der losen Verlegung leicht und unbeschadet wiederaufnehmen lassen: "Auch hier wurde der Gedanke der Zirkularität von Anfang an vom Produktdesign her mitgedacht."

Insgesamt dürfte die Rücknahme über Interface für den Kunden unkomplizierter und günstiger ausfallen als die eigenständige Entsorgung. Für ihre Teilnahme am Re-Entry-Programm erhalten Bauherren eine Urkunde und punkten dazu bei der DGNB und weiteren Zertifizierungssystemen für nachhaltige Gebäude. Gerade im Objektbereich wächst deren Bedeutung.

Neue Kollektion Etched & Threaded
mit hohem Recyclinganteil

Natürlich schlagen sich die Nachhaltigkeitsanstrengungen bei Interface auch in der jüngst gelaunchten Teppichfliesenkollektion Etched & Threaded nieder. Sie verbindet die Wärme luxuriöser Textilien optisch mit dem geometrischen Fluss von Naturstein. So schafft die Kollektion entspannende sowie konzentrationsfördernde Räume, die Rückzug und Erholung ermöglichen.

Mit sieben Designs in zwölf neutralen Farbstellungen und von der Natur inspiriert, entstehen ruhige Umgebungen und eine gelassene Atmosphäre. Mit einem geringen CO2-Fußabdruck und leistungsstarken Merkmalen steht jede Qualität für Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Bei Etched & Threaded liegt der CO2-Fußabdruck je nach Produkt zwischen 2,69 und 5,1 kg CO2e/m2. Die Qualitäten bestehen aus 100 % recyceltem Garn und haben einen Gesamtanteil von mindestens 91,3 % an recycelten und biobasierten Materialien.
| Meike Stewen


Wann ist eine Teppichfliese CO2-negativ?

Wenn ein Produkt mehr Kohlenstoff bindet, als CO2 während der Rohstoffgewinnung und im Herstellungsprozess emittiert wird, ist es CO2-negativ.

Einige Materialien, die bei der Produktion von Interface-Teppichfliesen Verwendung finden, enthalten biobasierte Materialien, die Kohlenstoff binden: Das eingeschlossene CO2 kann in der Nutzungsphase nicht mehr entweichen. Sind die Treibhausgasmissionen, die bei Rohstoffgewinnung und -verarbeitung entstehen, geringer als die gebundene Menge CO2, ist das Ergebnis netto negativ - also positiv fürs Klima. Laut Interface enthalten alle Cquest-Rückenkonstruktionen CO2-negative Materialien und reduzieren dadurch den CO2-Fußabdruck des Gesamtprodukts maßgeblich. Einige Teppichfliesen im Portfolio können sogar insgesamt - cradle-to-gate: bis zur Auslieferung -, CO2-negativ erworben werden. Möglich ist dies durch den Einsatz der Rückenkonstruktion Cquest Bio X, die noch mehr Kohlenstoff bindet. Insgesamt zählen 38 Produkte in über 350 Farbstellungen zum CO2-negativen Portfolio des Herstellers.


Daten + Fakten Interface
Interface Deutschland GmbH
Mies van der Rohe Campus
Girmesgath 5
47803 Krefeld
Tel.: 02151/37 18-0
info-de@interface.com
www.interface.com

Geschäftsführung:
Nils Rödenbeck
Danielle Verschuur
Marketingleitung EMEA: Anne Salditt
Sustainability
Manager D/A/CH:
Gritli Heitbrink
Vertriebsleitung D/A/CH: Alexander Friesen
Mitarbeiter: 68
Muttergesellschaft: Interface Inc., USA
Umsatz 2023:
1,3 Mrd. USD
(gut 1,3 Mrd. EUR)
Interface denkt Zirkularität von Anfang an mit
Foto/Grafik: Interface
Bei der Teppichfliesenkollektion Etched & Threaded und der darauf abgestimmten LVT-Kollektion Earthen Forms setzt Interface auf biophile Designs.
Interface denkt Zirkularität von Anfang an mit
Foto/Grafik: Interface
Gritli Heitbrink
Sustainability Manager D/A/CH, Interface

Seit dem 1. August 2024 ist Gritli Heitbrink bei Interface Sustainability Manager für den Raum D/A/CH. Ihre Zuständigkeiten erstrecken sich über das gesamte Interface Produktspektrum inklusive der Kautschukbeläge von Nora Systems. Die Diplom-Betriebswirtin und zertifizierte Nachhaltigkeitsmanagerin steht Bauherren und Architekten bei nachhaltigen Bauvorhaben ganzheitlich beratend und unterstützend zur Seite, arbeitet dabei eng mit Kunden und Mitarbeitenden zusammen, ist darüber hinaus in Netzwerken und NGOs aktiv. Gleichzeitig ist sie Teil des globalen Nachhaltigkeitsteams und unterstützt in diesem Rahmen das Ziel, Interface bis 2040 zu einem CO2-negativen Unternehmen zu machen.

In der Vergangenheit war Heitbrink in unterschiedlichen Branchen tätig, darunter Kosmetik, Arznei- und Lebensmittel. Zuletzt war sie unter anderem als Customer Development Leader for Healthy Life and Sustainability bei der Johnson & Johnson dafür zuständig, die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens zu unterstützen und transparent zu machen.
aus BTH Heimtex 11/24 (Wirtschaft)