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"Die Transaktion war für Rasch der richtige Schritt"
Die belgische Gruppe The Wallfashion House hat die Mehrheit an der Tapetenfabrik Gebr. Rasch übernommen. "Das sichert die Zukunft unseres Unternehmens", sind die Geschäftsführer Dr. Frederik Rasch und Michael Schlingmann überzeugt.
BTH Heimtex: Der belgische Zusammenschluss von Designern und Herstellern von Wanddekorationen The Wallfashion House, zu dem auch Grandeco gehört, hat die Mehrheit an Gebr. Rasch übernommen. Wie schwer fiel Ihnen dieser Schritt? Immerhin führen Sie den 1897 gegründeten Tapetenhersteller schon in fünfter Generation.
Dr. Frederik Rasch: Emotional hat uns das schon sehr bewegt, denn die Transaktion ist eine Art Neubeginn in der Geschichte des Unternehmens. Aber die Entscheidung war nötig, um in den kommenden Jahren zu wachsen und die mittelfristige Zukunft zu sichern. Wir als Familie sind froh, dass wir nun einen Gesellschafter im Unternehmen haben, der Profi ist, die Herausforderung des Marktes kennt und investieren wird. Und Rasch bleibt mit einem signifikanten Anteil am Unternehmen sowie der heutigen Geschäftsführung auch weiterhin selbstständig. Das war uns wichtig. Alles in allem fühle ich mich nun extrem wohl in diesem neuen Team und bin deutlich gelassener als vor einem Jahr, als viele die Zukunft betreffende Fragen noch nicht beantwortet waren.
BTH Heimtex: Welche Faktoren haben dazu geführt, dass Sie Gebr. Rasch unter das Dach von The Wallfashion House geführt haben?
Rasch: Die Entscheidung ist vor dem Hintergrund eines sich sehr schwierig entwickelnden Markts in den vergangenen Jahren gefallen. Es begann mit der Annexion der Krim im Jahr 2014. Wir waren schon ein Jahr später nicht mehr in der Lage, von unserer ukrainischen Produktionsstätte Sintra aus den russischen Markt zu beliefern. Mit den rückläufigen Exportmöglichkeiten in die Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) und insbesondere Russland hat die ganze Branche einen Markt verloren, über den sie lange die Verluste im Westen kompensieren konnte. Zwar waren die Rückgänge in den großen europäischen Märkten Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen, Belgien und Holland von 2015 bis 2019 noch überschaubar, wir als Rasch konnten sogar unsere Marktanteile erhöhen. Aber mit der Pandemie kam der nächste Schock, denn das ganze Marktumfeld verschlechterte sich. Rohstoffe wurden teuer, weshalb wir unsere Preise erhöhen mussten, was den Absatz nicht gerade förderte. 2020 standen wir dann vor extrem großen Herausforderungen.
BTH Heimtex: Wie haben Sie zum damaligen Zeitpunkt versucht, den Herausforderungen zu begegnen?
Rasch: Wir haben uns schon vor Jahren die Frage gestellt, wohin die Branche geht und wie wir auf den kontinuierlichen Rückgang in den großen Märkten Europas bei gleichzeitigem Wegfall Russlands als Absatzmarkt umgehen können. Wir überlegten zum einen, was zu tun ist, damit Tapete wieder attraktiver und damit begehrenswert wird. Zum anderen beschäftigten wir uns mit der Konsolidierung und diskutierten darüber, ob es richtig ist, auf die eigenen Stärken zu bauen und der Konsolidierung passiv zu begegnen - oder ob es besser wäre, aktiv zu reagieren. Dafür gab es drei Möglichkeiten: Wir übernehmen einen Wettbewerber und konzentrieren die Produktion an unserem Standort, wir verkaufen das Unternehmen oder suchen nach Partnerschaften.
BTH Heimtex: Warum entschieden Sie sich für die Partnersuche?
Rasch: Uns als Familienunternehmen war das Risiko zu groß, einen Wettbewerber zu übernehmen. Alle Hersteller waren und sind doch in einer ähnlichen Situation wie wir und leiden unter Rückgängen. Ein Verkauf kam auch nicht in Frage. So blieb als einziger Ausweg eine Partnerschaft.
BTH Heimtex: Weshalb fiel in diesem Prozess die Wahl auf The Wallfashion House?
Rasch: Wir kamen irgendwann auch mit der Geschäftsleitung von The Wallfashion House ins Gespräch. Hinter dem Unternehmen steckt der Private Equity Fonds Down2Earth. Schon nach den ersten Gesprächen waren wir davon überzeugt, dass es sich bei den Vertretern von The Wallfashion House um ausgewiesene Tapetenexperten handelt, die sich sehr gut auf dem Markt auskennen, und die die gleiche Sprache sprechen wie wir. Dazu kommt, dass der Fonds aus strategischen Investoren besteht, die die Schwäche des Marktes als Chance verstehen. Er verfolgt die Buy-and-building-Strategie. Das heißt, der Fonds bündelt gute Unternehmen der Branche und entwickelt dadurch in der Konsolidierung die nötige Stärke für die Zukunft. Wir als Familie wären nicht in der Lage gewesen, die notwendigen Investitionen zu tätigen, um auch noch über 2030 hinaus bestehen zu können. Wir brauchen den starken Verbund und die Investitionsmittel, über die der Fonds verfügt.
BTH Heimtex: Welche Voraussetzungen gab es für den Zusammenschluss?
Rasch: Es gibt viele Spielarten einer solchen Partnerschaft: Minder- oder Mehrheitsbeteiligung, unabhängige Strategien für die einzelnen Unternehmen oder Integration. Der Fonds wollte eine Mehrheitsbeteiligung und darüber die Konsolidierung aktiv gestalten, wir wollten ein selbstständiges, unabhängiges Unternehmen bleiben, das von der aktuellen Geschäftsführung unter Beteiligung der Familie weiter entwickelt wird. Auf diese Lösung verständigten wir uns in einem nur sechs Monate dauernden Prozess. Mittlerweile verfügen wir über eine breite Vertrauensbasis untereinander und wir als Familie sind überzeugt davon, auf Augenhöhe mit unseren belgischen Partnern die Zukunft unseres Unternehmens sichern zu können.
BTH Heimtex: Wie passt der Abbau von mehr als 100 Stellen auf rund 300 in der Gruppe ins Konzept?
Rasch: Wir sind heute auch durch den Stellenabbau ein restrukturiertes Unternehmen, das sich dem Markt angepasst hat. Unsere Struktur war vorher auf 15 bis 20 Mio. Rollen pro Jahr ausgelegt, jetzt brauchen wir eine für nur noch 9 bis 13 Mio. Das ist die Folge der Marktentwicklung. Wir haben über den Personalabbau hinaus mit unseren Partnern Synergien identifiziert, die uns stärker machen. So war der Zusammenschluss für alle Beteiligten die richtige Entscheidung.
BTH Heimtex: Rasch und Grandeco sind die beiden Tapetenhersteller im Verbund The Wallfashion House. Wie teilen Sie sich künftig die Märkte auf?
Rasch: Rasch und Grandeco sind in vielen der großen Märkte entweder Nummer eins oder Nummer zwei. The Wallfashion House wird dadurch mit einem Umsatz von 150 Mio. EUR europäischer Marktführer. Beide Unternehmen wollen in einem rückläufigen Markt ihre Position ausbauen. Rasch ist sehr stark in Deutschland, nach A.S. Création die Nummer zwei. In Russland ist Grandeco stärker und wird dort wegen unserer Ausrichtung auf unser Werk in Sintra, das weiterhin im Besitz der Familie Rasch ist, wohl auch dominierend bleiben. In Frankreich sind beide gleich gut vertreten. Unser gemeinsames Ziel ist es, in allen Märkten als jeweils unabhängige Player weiter zu wachsen. Voraussetzung dafür ist, dass beide Unternehmen selbstständig agieren und ihre Marke nicht verwässern.
BTH Heimtex: Sie haben sich Wachstum auf die Fahnen geschrieben. Wie wollen sie das erreichen?
Rasch: Unser gemeinsames Hauptziel ist, dass Rasch seine führende Position in Deutschland noch weiter stärkt. Das erreichen wir nur über Verdrängung und damit die Gewinnung von Marktanteilen. Wir haben die Transaktion vorgenommen, um für diesen Verdrängungswettbewerb gewappnet zu sein. Eine Strategie von Grandeco für Deutschland erarbeiten wir in den kommenden Monaten. Grandeco ist ein Partner, den wir dabei unterstützen werden, in Deutschland stärker Fuß zu fassen. Es bleibt aber bei unabhängigen Teams, Kollektionen und Strategien.
Michael Schlingmann: Die Unabhängigkeit von Rasch zeigt sich nicht nur darin, dass die Designabteilung am Standort Bramsche bleibt. Wir entwickeln Designs auch auf den Märkten in Polen, Frankreich und Großbritannien. Das zeichnet uns aus.
BTH Heimtex: Werden die Kollektionen künftig stärker spezialisiert?
Rasch: Wir sind Vollsortimenter. Unsere großen Kunden wie Decor-Union oder VFG erwarten von uns ein umfangreiches Sortiment, also Preiseinstieg, Designkollektionen, Uni-Programme, überstreichbare Ware. Das heißt, wir können uns nicht spezialisieren. Damit würden wir unser Profil, das die Kunden von uns erwarten, verlieren.
BTH Heimtex: Wie unterscheiden sich Grandeco und Rasch?
Rasch: Grandeco ist besonders erfolgreich mit sehr wertiger Handelsware und verfügt über ein fantastisches Uni-Programm, das in West- und Osteuropa fest platziert ist. Zudem hat Grandeco mit Innovationen im Bereich der digital gedruckten Vinyltapten eine führende Rolle. Rasch ist dagegen ein modischer Allrounder. Von uns erwartet man zusätzlich eine ästhetische Handschrift, die zeitgemäß ist und darüber hinaus einen Schritt weiter geht. Wir waren immer der Hersteller mit den größten Investitionen in Design und neue Mustertapeten. Das erwartet der Handel auch weiterhin von uns. Es gibt kaum einen Punkt, an dem wir die Strategie verwässern. Anpassung gibt es nur an tatsächliche Synergien.
BTH Heimtex: Wo gibt es Synergien?
Schlingmann: Unter anderem im Einkauf. Man kann in der Kooperation Mengen bündeln und Rohstoffe standardisieren. Weiterhin geht es bei gemeinsamen Investitionen um wichtige Themen wie EU Green Deal und Nachhaltigkeit. Jedes Unternehmen ist gesetzlich gezwungen, sich in diese Richtung zu entwickelt. Stichworte sind energetische Transformation, nachhaltige Produkte, weniger Energieverbrauch. Mit The Wallfashion House zusammen können wir Stärken bündeln und Themen gemeinsam weiter entwickeln. Auch beim Trend Individualisierung können wir voneinander profitieren. Der Markt verlangt nach kleineren Losgrößen pro Design, die mit neuen, teuren Drucktechnologien hergestellt werden müssen. In diese großen Lösungen können wir nun trotz schrumpfenden Marktes investieren. Insgesamt führen wir das beste aus zwei Welten zusammen.
BTH Heimtex: Wird es im Zuge der Transaktionen zu Verschiebungen in den Vertriebskanälen kommen? Rasch ist derzeit in allen vertreten, von der Fläche über den Groß- bis hin zum Facheinzelhandel.
Rasch: Es wird keine Veränderungen geben. Das bedeutet, dass Rasch auch weiterhin nicht im Discount vertreten sein wird. Bei Grandeco müssen wir abwarten. Persönlich bin ich der Meinung, dass das wertige Sortiment der Belgier im Fachgroß- und -einzelhandel Chancen hat.
BTH Heimtex: Private Equity Unternehmen wollen schnell Geld sehen. Könnte es daher auf längere Sicht wieder zu einer Trennung von Rasch und The Wallfashion House kommen, wenn die Umsätze nicht stimmen?
Rasch: Das Prinzip von Private Equity ist, in Branchen zu gehen, in denen die Fondsmanager Möglichkeiten der Wertsteigerung sehen. Wir als Familie halten ja immer noch wesentliche Anteile an unserer Firma und sehen auf lange Sicht auch die Chance, mit wechselnden Partnern der Private-Equity-Branche zusammen das Unternehmen zu entwickeln. Ein möglicher Exit der Partner würde von daher für uns kein epochales Ende bedeuten, er wäre lediglich ein Teil der Entwicklungsgeschichte. Wir als Familie planen aber auf keinen Fall, weder aus dem Unternehmen noch aus der Branche auszusteigen. Wie gesagt, für uns war die Transaktion ein schwieriger, aber richtiger Schritt.
BTH Heimtex: The Wallfashion House hält die Mehrheit an Rasch. Besteht die Gefahr, dass das Familienunternehmen eines Tages komplett übernommen wird?
Rasch: Die größte Gefahr in unserer Branche ist die Marktentwicklung. Wir haben in dieser schwierigen Situation einen Schritt gewählt, der uns zugute kommt. Aber kein Mensch kann ausschließen, dass ein Unternehmen wie Rasch auch mal zu 100 % verkauft wird. Das aber zeichnet sich im Moment überhaupt nicht ab.
BTH Heimtex: The Wallfashion House hat lediglich die Mehrheit am operativen Geschäft übernommen. Die Firmengebäude bleiben in Familienhand. Erhalten Sie dafür Miete?
Rasch: Die Tapetenfabrik Gebr. Rasch, Rasch Polska in Stettin, die Vertriebsgesellschaften in Frankreich, Belgien, Holland, UK und die Teams in Polen, Russland und Shanghai sind Teil der Transaktion, also das komplette operative Geschäft. Nicht dazu gehören die Immobilien und die Tapetenfabrik Sintra in der Ukraine. Mieterin hier am Standort Bramsche ist die Tapetenfabrik, also das Unternehmen The Wallfashion House. Das zahlt für die Nutzung Miete an die Grundstücksgesellschaft.
BTH Heimtex: Die Transaktion war eine große Maßnahme zur Zukunftssicherung von Rasch. Sie haben aber vorher schon Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Wachstum zu erreichen. So stellen Sie die Mustertapeten für Graham & Brown her. Vermarkten Sie die Produkte auch?
Schlingmann: Graham & Brown hat seine Produktion in Großbritannien geschlossen und einen großen Teil auf Rasch verlagert. Wir produzieren deren Entwürfe nun im klassischen Lohndruck und schicken die fertigen Produkte an Graham & Brown, die diese unter ihrem Label vermarkten.
Rasch: Die Übernahme der Produktion von Graham & Brown war gut für uns. Dies zeigt, dass alle großen Player ihr Geschäftsmodell hinterfragen. Und die Entscheidung der Briten macht deutlich, dass der Mehrwert nicht in der Produktion, sondern im Design und in der Vermarktung liegt. Graham & Brown hat nach einem leistungsstarken Hersteller in Europa gesucht und die Rasch-Gruppe ausgewählt. Das hat auch für The Wallfashion House eine Rolle gespielt.
BTH Heimtex: Darüber hinaus ist Rasch neuer Lizenznehmer von Schöner Wohnen geworden, nach der Vertrag mit der Marburger Tapetenfabrik ausgelaufen war. Was reizt Sie an der Kollektion?
Rasch: Schöner Wohnen ist wahrscheinlich die wichtigste Marke für die Inneneinrichtung im mittleren Segment in Deutschland. Nachdem wir in den vergangenen Jahren viel Lizenzerfahrung gesammelt haben, haben wir die Marke Rasch wieder ins Zentrum unseres Handelns gerückt und beschlossen, nur dann eine Markenkooperation einzugehen, wenn sich daraus ein Mehrwert ergibt. Den sehen wir bei Schöner Wohnen, weil die Kollektion vor allem durch die Partnerschaft in der Farbe mit Brillux einen so hohen Stellenwert in der Innendekoration hat. Wir hatten Schöner Wohnen schon immer im Hinterkopf, es ist eine fantastische Marke mit viel Potenzial. Aber erst durch das Auslaufen des Vertrags mit der Marburger Tapetenfabrik bekamen wir die Chance, Lizenznehmer zu werden.
BTH Heimtex: Eine erste Tapetenkollektion Schöner Wohnen kommt demnächst auf den Markt. Wie war die Zusammenarbeit?
Rasch: Wir wurden von Schöner Wohnen überhaupt nicht eingeschränkt. Zwar haben wir die Moods von Schöner Wohnen genutzt, aber auch unsere eigenen Ideen und Impulse sind in die Kollektion mit eingeflossen. Die Tapeten sind aus einem sehr griffigen, kompakten Material, können also auch in beanspruchten Räumen eingesetzt werden. Ihre Designs sind wohnlich und zeitgemäß, bieten Tapeten für jeden Geschmack. Sie sind kommerziell, ohne banal zu sein.
BTH Heimtex: Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Endverbraucher wieder mehr zur Tapete greift?
Rasch: Der Zusammenschluss im Wallfashion House war eine Antwort auf die sich abzeichnende Konsolidierung im Markt. Der Endverbraucher wird hiervon wenig beeindruckt sein. Hier dürfen wir nicht nachlassen, mit attraktiven Produkten, innovativen Lösungen und zielgerichteter Kommunikation auf die Bedeutung der Tapete im modernen Wohnen aufmerksam zu machen.
| Die Fragen stellte Cornelia Küsel.Daten + Fakten Rasch
Tapetenfabrik Gebr. Rasch GmbH & Co. KG
Raschplatz 1
495653 Bramsche
Tel.: 05461/8 11-0
www.rasch.de
Geschäftsführender
Gesellschafter:
Dr. Frederik Rasch
Geschäftsführer:
Michael Schlingmann
Gegründet: 1897
Umsatz: 70 Mio. EUR
Mitarbeiter:
300 in der Gruppe
Muttergesellschaft:
The Wallfashion House
aus
BTH Heimtex 06/24
(Wirtschaft)