Unilin Holding NV
Unilin will viel investieren und langfristig profitieren
Nachhaltigkeit wirtschaftlich denken - so lautet die Devise des neuen Unilin-CEO Wim Messiaen und seines Vorgängers Bernard Thiers. In einem Interview mit der belgischen Tageszeitung De Tijd sprachen sie über Herausforderungen und Chancen für das Unternehmen.Der eine kommt, der andere geht; beide zusammen gaben der belgischen Tageszeitung De Tijd ein Interview: Wim Messiaen ist seit Februar 2024 der neue CEO bei Unilin Flooring. Er übernimmt das Staffelholz von Bernard Thiers, der nach 40 Jahren im Unternehmen - seit 2010 als CEO - in den Ruhestand eintritt, aber in beratender Funktion tätig bleibt.
Der westflämische Konzern Unilin (Umsatz 2023: rund 2,8 Mrd. EUR) produziert Bodenbeläge, Dämmstoffe und Holzpaneele und gehört seit 2005 zum US-amerikanischen Bodenbelagsriesen Mohawk (Umsatz 2023: 10,3 Mrd. EUR). Seit 2015 ist auch der Vinylbodenhersteller IVC Teil von Unilin.
Unilin profitiert von Dämmstoffsparte
2023 schlug bei Mohawk aufgrund hoher Abschreibungen mit Umsatzverlusten zu Buche (-400 Mio. EUR); der Geschäftsbereich Unilin erzielte als einziger ein positives Betriebsergebnis (70 Mio. EUR). "Bodenbeläge und Möbelplatten laufen auf dem europäischen Markt aufgrund des starken Rückgangs im Baugewerbe nicht gut", äußert sich Thiers gegenüber De Tijd. "Aber an der Dämmung wird nicht gespart."
Besser sei es um den US-Markt bestellt, der weniger stark unter dem Einfluss von Krieg und hohen Energiepreisen stünde. Auch Australien und das Vereinigte Königreich liefen gut. Und China? "Unsere Exporte dorthin haben sich im letzten Jahr praktisch halbiert", erklärt Thiers im Interview - vor Ort würden günstigere Bodenbeläge produziert.
Apropos Produktionskosten: Die seien in Belgien deutlich höher als in Frankreich und Deutschland. In beiden Ländern würden die Energiepreise durch den Staat niedrig gehalten; zusätzlich fließe in Frankreich zu rund 70 % günstiger Atomstrom. "Hoffnungsvoll stimmt, dass Europa - nach China - am schnellsten auf erneuerbare Energien umsteigt", äußert sich der neue Unilin-CEO Wim Messiaen gegenüber der Tageszeitung und fordert zur Überbrückung Atomstrom als Ergänzung. Würde die Industrie nicht ausreichend unterstützt, besteht laut Thiers die Gefahr, "dass wir hier in Europa superleistungsfähige, nachhaltige Fabriken haben, die überteuerte Produkte herstellen" - mit der Konsequenz, dass sich europäische Verbraucher für Waren aus Ländern entschieden, in denen Nachhaltigkeit kaum eine Rolle spielte.
Wachstum von
jährlich 10 Prozent angestrebt
Messiaen sieht Recycling und Kreislaufwirtschaft jedoch auch als Möglichkeit, wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben: "Recycelte Rohstoffe kosten nicht nur weniger, sie sind auch lokal verfügbar. Zunächst müssen wir eine Menge Geld investieren, aber langfristig gewinnen wir." Auch hier dürfe man aus wirtschaftlicher Sicht nichts überstürzen. In fünf Jahren will Unilin/IVC Vinylbeläge fast vollständig aus recyceltem PVC herstellen.
Dem Fachkräftemangel wirkt Unilin durch eine sehr umfangreiche Ausbildungs- und Umschulungstätigkeit an der eigenen Bildungseinrichtung entgegen. Die Zukunftspläne der Belgier sind ambitioniert: Messiaen strebt ein jährliches Wachstum von 10 % an, zur Hälfte organisch, zur Hälfte durch Übernahmen. In Polen will man 40 Mio. EUR in ein großes Werk für Dämmplatten investieren, hießt es in De Tijd.
aus
BTH Heimtex 04/24
(Wirtschaft)