Messerundgang Abgepasste Teppiche

Heimtextil und Domotex zeigen abgepasste Teppiche

Die Heimtextil hat mit dem Format Carpets & Rugs den abgepassten Teppich ins Visier genommen. Wer sich für die Neuheiten interessierte, musste sich also zwischen Frankfurt und der Domotex in Hannover entscheiden. Oder beide Messen besuchen - das haben wir getan.

Der Messe-Januar 2024 war für Teppichliebhaber und Einkäufer eng getaktet, aber auch für einige Aussteller, die auf mehrere Messen präsent waren: Zuerst die Heimtextil in Frankfurt (9. bis 12.), dann die Domotex in Hannover (11. bis 14.) gefolgt von der Kölner Möbelmesse (14. bis 18.) und der Maison & Objet in Paris (18. bis 22.). Besonders spannend waren die ersten beiden Veranstaltungen. Auf der Heimtextil gab es mit im neuen Format Carpet & Rugs vor allem ein breites Angebot an Maschinenwebteppichen zu sehen. Die Domotex war im Bereich der handgefertigten Teppiche gewachsen.

Heimtextil mit neuem Format
Carpets & Rugs

In Frankfurt ist man glücklich mit der Entwicklung des neuen Formats Carpets & Rugs, das nach langer Pause seit Ende der 1980er-Jahre nun wieder zurück auf der Heimtextil ist. Die Teppiche haben ihre neue Heimat in der Halle 5.1 gefunden, wo insgesamt 100 Aussteller Neuheiten zeigten. Bereits im Foyer lud die großzügige Carpet Lounge mit Exponaten der Aussteller die Besucher zum Relaxen ein. Diese Ruhezone wurde gut angenommen und stimmte auf das Thema ein.

Die Teppichhalle war klar strukturiert. Zu sehen gab es auf der linken Seite handgefertigte Ware - fast ausschließlich aus den Herstellerländern, allen voran aus Indien -, rechts fanden die Produzenten von Maschinenwebware ihr Zuhause, räumlich getrennt durch einen mit Teppichboden gestaltetem Boulevard in der Hallenmitte.

Maschinenwebteppiche
mit interessanten Strukturen

Die ganz großen Anbieter von Maschinenwebteppichen waren größtenteils mit einem Stand in Frankfurt vertreten, einige konzentrierten sich gar auf die Heimtextil, unter anderem die belgischen Hersteller Ragolle, Verbatex, Vanhoutte und Broucks, Festival aus der Türkei sowie die spanische Firma Universal. Die ägyptische Oriental Weavers Group und der türkische Maschinenweber Merinos hatten im Vergleich zur Domotex - wo beide parallel auch Aussteller waren - deutlich kleinere Stände, die aber trotzdem das Portfolio der Unternehmen abbildeten.

Besonders ins Auge fiel der 640 m große Stand von Ragolle, der prominent an der Stirnseite der Halle platziert war und das volle Sortiment der Belgier offerierte. Gefragt waren wasch- und faltbare und damit besonders online-taugliche Produkte, gemischte Strukturen mit 3D-Effekt durch Cut, Loop und Schrumpfgarne. Bei den Farben zählt Ragolle seit je her zu den Trendsettern, in diesem Jahr sah man stärkere Grün- und Brauntöne und hier und da Einsprengsel in einem warmen Pfirsichton.

Apropos Trends: Auf Heimtextil und Domotex überwog bei den meisten Ausstellern eine natürliche Farbrange, vor allem Beigetöne bis zu Weiß und Grau. Weiter im Kommen sind eine Optik "wie handgefertigt" und extra feine Zwei-Millionen-Punkte-Ware. Klar im Mittelpunkt stehen moderne dekorative Einrichtungsteppiche, die die Kollektionen preislich nach unten abrunden. Die Themen Nachhaltigkeit, Recycling und Kreislauffähigkeit schwangen bei allem immer ganz selbstverständlich mit, waren aber nicht ausschließlich im Fokus.

Handgefertigte Teppiche
im Naturlook

Bei den handgefertigten Teppichen kam ein Großteil der Anbieter in Frankfurt aus Indien und China, auf den Ständen sah man einen Mix aus Web-, Loom- und Knüpfware in einer hellen und natürlichen Farbgebung. Bekannte Namen waren beispielsweise The Rug Republic und Global Overseas.

Die Heimtextil-Bilanz von Katrien Vandenbroucke, CEO bei Ragolle: "Zum Debüt hier in Frankfurt haben wir uns bewusst mit unserer gesamten Kollektion präsentiert, was sich als die richtige Strategie herausgestellt hat. Der Stand war durchgehend gut besucht und wir haben viele neue weltweite Kontakte gewonnen - von Europa bis Übersee, von Asien bis Skandinavien." Und das Resümee von Raghav Gupta, Director E-Commerce bei The Rug Republic: "Wir sind zurückgekommen, weil wir in dem neuen Konzept durchaus Potenzial gesehen haben. Und ich muss sagen, wir sind mehr als positiv überrascht."

Teppiche gab es in Frankfurt aber nicht nur im Bereich Carpets & Rugs zu sehen. In Halle 3.1 präsentierte das Deco Team Wohnkonzepte aus der Feder von Innenarchitektin Miriam Medri. Die beteiligten Firmen waren um die Fläche herum gruppiert, so auch Paulig mit seinen Handwebteppichen und den Knüpfteppichen der Marke Makalu. Des Weiteren konnte man überall Teppiche als Teil des Gesamtsortiments einzelner Hersteller und Lieferanten finden sowie vermehrt in der Asian Selection in den Hallen 5.0, 6.0 und 10 sowie in der Asian Excellence in Halle 6.1.

Domotex bleibt
wichtigste Messe
für abgepasste Teppiche

Im Vorfeld gab es viel Gerede um die Bedeutung der Domotex. Im Anschluss dürfte für die meisten Besucher feststehen, dass sie aktuell die wichtigste Messe für abgepasste Teppiche ist. Nur hier gibt es einen umfassenden Überblick über alle Produktsegmente und Herstellungsländer. Trotzdem muss auch ganz klar gesagt werden, dass es große Lücken bei den maschinengewebten Teppiche gab.
Positiv wiederum entwickelte sich das Segment Carpets & Rugs in den Hallen 2 und 3. Hier waren vor allem die Importeure und Großhändler handgefertigter Teppiche zu finden. Sie belegten eine deutlich größere Fläche gegenüber dem Vorjahr, in dem die Halle 3 geschlossen blieb.

In Halle 2 hatte Bloggerin und Trendexpertin Holly Becker in Kooperation mit Farbenhersteller Caparol Icons und dem Concept Store by Möbel Staude sechs Raumszenarien aufgebaut, die das Zusammenspiel von Farbe und Design auf Böden und Wänden sowie mit Teppichen, Leuchten, Accessoires und Polstermöbeln zeigten. In diesem Areal gab es außerdem Moodboard-Workshops von Einrichtungs- und Trendexperten für Interessierte Besucher.
Handgefertigte Teppiche
in großer Bandbreite

Bei den handgefertigten Teppichen bot die Domotex das vertraute Bild mit vielen Teppichstapeln und Einkäufern beim lebhaften Absortieren. Die Vielfalt der afghanischen Teppichkunst spiegelten in Halle 2 Unternehmen wie ABC Italia, Bo Tepp, Satar, Akbar Trading und Sadiq auf ihren Ständen mit Knüpfware und Kelims. Das Angebot reichte von klassischen roten Afghan-Teppichen über traditionelle Muster in modernen Wohnfarben bis hin zu anspruchsvoller modern gemusterter Ware. Weiter sehr beliebt sind die zeitgemäßen Interpretationen der antiken Mamluk-Teppiche mit ihrem typischen Kaleidoskop-Muster. Auch bei den Flachgeweben gab es viel zu entdecken.

Ein weiteres Herstellungsland, das immer wieder Trends bei Knüpfteppichen setzt, ist Marokko. 2024 waren die Originale allerdings nicht auf der Messe zu finden und überließen so das Feld den Anbietern von marokkanisch inspirierten Teppichen, vor allem aus Afghanistan und Indien. Ebenso fehlten viele Firmen aus der Türkei, die größtenteils bereits im Dezember 2023 auf der Carpet Flooring Expo CFE in Istanbul ausgestellt hatten.

Umfangreicher als im Vorjahr war das Angebot an Teppichen aus dem Iran, unter anderem bei Ipek, North Carpet, Rezas sowie einigen Exporteuren aus dem Land selbst. Neben den klassischen Knüpfteppichen - von nomadisch bis fein - und Flachgeweben gab es Teppiche im Vintage-Stil und auch moderne Ware mit wohnlich-eleganten Dessins in gedeckten natürlichen Farben bis vereinzelt lebhaft-bunt zu sehen. Kaum sichtbar dafür waren iranische Loribaft. Vor allem, weil relevante Anbieter nicht auf der Messe vertreten waren.

Einen großen Bereich nahmen die Stände der Anbieter antiker Teppiche ein. Der spezielle Basar-Atmosphäre dieses Bereiches mit einer breiten Auswahl von dekorativ bis bedeutenden Sammlerstücken lockten die Kenner an. Besonders die Rückkehr von namhaften italienischen Spezialisten wie Farzin Mollaian sorgte für ein hohes Niveau.

Klein, aber durchaus interessant war das Angebot bei den modernen Knüpfteppichen im obersten Preissegment. Neben einigen Ausstellern mit afghanischer und iranischer Ware in Halle 2 war dieses Segment in der wieder eröffneten Halle 3 zu sehen. Präsent waren hier die Paulig-Marke Makalu, das noch recht neue Hamburger Label m2Rugs von Marcel Müller und Theo Keller mit seiner Linie Theko de Luxe. Direkt aus den Ursprungsländern kamen etwa Jaipur Rugs, Sambhav und Turquoise Mountain. Auch der Carpet Design Award und der EUCA-Award wurde in diesem Umfeld vergeben.

Stark frequentiert waren Komplett- und Serviceanbieter mit Programm- und Lagerware wie Golze, OCI und Theo Keller. Ihr Vollsortiment mit umfangreichem Serviceprogramm richtet sich auch an die Bedürfnisse der Großfläche.

Ein Publikumsmagnet war die Rug Lounge in Halle 3: Golze 1873, Theko und die Teppichweberei Paulig hatten sich zusammengetan und exklusiv für ihre Kunden und Besucher eine gemeinsame Wohlfühlzone mit kostenlosen Getränken, Espressobar und Foodtruck zwischen ihren Ständen eingerichtet. Das Konzept ging auf, man hatte einen gastfreundlichen Ort mit ungezwungener Atmosphäre geschaffen, um eine Pause zu machen und gleichzeitig geschäftlich ins Gespräch zu kommen.

Sichtbar wohl fühlte sich Manfred Barfuss, dessen Marke Natur Pur zum Jahreswechsel zu Theko übergegangen war und auf deren Stand er alle Fragen zur kontinuierlichen Fortführung seiner Kollektion beantwortete. Golze 1873 stellte neben seinen Fußmatten und Teppichen aus der Astra-Kollektion die neuen Modelle für die Schöner-Wohnen-Kollektion vor. Einen Schwerpunkt setzte CEO Florian Müller mit einem Service am PoS mithilfe von QR-Codes am Produkt für eine weiterführende Beratung bis hin zum Kauf. Paulig stellte eine neue Baumwollkollektion mit asymmetrischem Muster vor und betonte seinen Custom-Order-Service.

Weitere Aussteller in Halle 3 waren unter anderem das niederländische Unternehmen Brink & Campman mit einer Vielzahl an Lizenzprodukten wie Laura Asphely und Marimekko sowie der österreichische Handwebteppich-Hersteller Tisca. Den größten Stand der Halle hatte zweifellos die Lalee-Gruppe, deren Obsession-Stand komplett mit seinem pastellig-bunten Fellboden ein nicht zu übersehender Eyecatcher war.

Hersteller und Exporteure aus den Ursprungsländern waren wie in den Vorjahren in Halle 4 zu finden. Gerade die indischen Anbieter handgefertigter Teppiche punkteten mit erschwinglichen Produkten mit einem zum Teil hohen Maß an Kreativität und Qualität und beispielhafter Präsentation.

Maschinenwebteppiche
als erschwinglicher Luxus

Das Segment der Maschinenwebteppiche war bis auf wenige Ausnahmen in Halle 5 zu finden. Damit war dieser Bereich auch im Vergleich zum Vorjahr deutlich geschrumpft. Denn auch wenn wieder mehr Aussteller aus dem Iran - mit zum Teil beeindruckenden Ständen - auf der Domotex vertreten waren, fehlten neben relevanten belgischen Anbietern wie Balta und Ragolle ein Großteil der türkischen Produzenten.

Zu sehen gab es dennoch viel. Allen voran bei der Oriental Weavers Group und ihren garnproduzierenden Tochterfirmen Mac und Efco. Der imposante Stand zeigte eine riesige Bandbreite von traditionellen und modernen Designs und Qualitäten für den Preiseinstieg wie für das hochwertige Maschinenweb-Sortiment. Abrundet wird das Programm von einem sehr breiten Angebot von Flachgeweben in Gobelintechnik und einer neuen Handtuft-Kollektion.

Ebenfalls in gewohntem Umfang vertreten war die Merinos-Gruppe, der größte Teppichhersteller der Türkei. Das vollintegrierte Unternehmen zeigte seine sehr umfangreiche Produktrange. Insgesamt beeindruckten abwechslungsreiche Designs mit 3D-Effekt, Cut- und Loop, Schrumpfgarnen. Wie bei fast allen Anbietern lag der Großteil der Entwicklungsarbeit bei günstigeren Kollektionen, wobei auch Merinos eine große Auswahl bei feinen Webteppichen hat. Sehr gefragt waren auch plüschige Fellteppiche in den bekannten Naturfarben.


Beate Boehm und Tim Steinert
Einen ausführlicheren Bericht können Sie in unserer
Schwesterzeitschrift Carpet Home 2/24 lesen.
aus BTH Heimtex 02/24 (Wirtschaft)