Heimtextil-Messerundgang Tapeten

Tapetenbranche trotzt den Herausforderungen

Die Stände waren kleiner, dafür die Zahl der Aussteller höher als auf der Heimtextil 2023. Mit neuen Kollektionen und teils neuen Geschäftsfeldern starteten die Tapetenanbieter ins neue Jahr und stießen damit auf großes Interesse. 2024 wird wieder schwierig, aber die Tapete hat Chancen, hieß es. Im Trend liegen Glanz, Blumen und ein warmer Pfirsichton.

Die Tapetenhalle wartete mit einer Überraschung für die Besucher der Heimtextil auf. Nachdem 2023 nur wenige Hersteller vertreten waren, zeigten in diesem Jahr mit der Marburger Tapetenfabrik, A.S. Création, Hohenberger Manufaktur, Komar und Essener/Schmitz Tapeten-Import fast alle wesentlichen deutschen Anbieter ihre neuen Kollektionen - und teils auch neuen Geschäftsfelder. Erismann und Gebr. Rasch fehlten, wobei Rasch zumindest mit einem Stand seiner ukrainischen Tochter Sintra präsent war.

Nach zwei katastrophalen Jahren sendeten die Aussteller unisono die Botschaft aus: Die Tapete verliert durch Akzentwände und offene Bauweise zwar an Volumen, aber sie bleibt als wichtiges Einrichtungsprodukt am Markt. Trotz dieser positiven Einschätzung ist allen klar, dass 2024 ein weiteres Jahr voller Herausforderungen wird, auf die die Anbieter mit verschiedenen Maßnahmen und Investitionen reagieren müssen.

Neue Marken,
neue Geschäftsfelder

So setzt A.S. Création nicht nur seine Kampagne mit der neuen Kollektion "Stories for Life" fort, sondern hat auch ein neues Geschäftsfeld entwickelt. Die Gummersbacher bieten zusätzlich zu ihren Tapeten passende Farben und Keilrahmen an. Bei Erfurt & Sohn aus Wuppertal soll das Spezialpapier-Sortiment breiter aufgestellt werden, der Fototapetenhersteller Komar hat die neue Marke k’moor für das Objekt aus der Taufe gehoben.

Diese Investitionen zeigen deutlich auf, dass die Branche ihr Produkt für zukunftsfähig hält. Das unterstreicht besonders die Marburger Tapetenfabrik. Sie steckt bis 2025 rund 15 Mio. EUR in die Logistik und den Maschinenpark.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Sparmaßnahmen. Aufgrund der hohen Kosten für den Messeauftritt und die Umsatzeinbrüche der vergangenen zwei Jahre hatten die Unternehmen ihre Präsentationen in Frankfurt teils deutlich verkleinert. Der Messestand von A.S. Création schrumpfte beispielsweise von ehemals 260 auf 160 m.

Nachhaltigkeit im Fokus

Bei der Konstruktion legten die Gummersbacher viel Wert auf Nachhaltigkeit, ohnehin einer der Schwerpunkte der Messe. Alle Module des Stands sind auf zehn Jahre angelegt, innen spiegelte viel Grün die nachhaltige Ausrichtung wider. Auch die Hohenberger Manufaktur setzt auf ökologische Standards. Ihre Tapeten sind frei von PVC, Lösemitteln und Weichmachern. Wie fast alle Anbieter sieht das Unternehmen aus Hohenberg an der Eger Chancen vor allem im Hochwertbereich.

Die hohe Qualität war durchweg bei allen Ausstellern sichtbar. Darüber kristallisierten sich bei einem großen Angebot ein paar Strömungen heraus. Grün, Dschungel und erdige Töne bleiben. Neu sind die Pantone-Farbe des Jahres 2024 Peach Fuzz, ein sanfter Pfirsichton, sowie neu interpretierte florale Muster und viel Glanz, auch durch Glasperlen wie in der Kollektion Eclectic by Felix Diener der Marburger Tapetenfabrik und Tesoro der Hohenberger Manufaktur für Tapeten.

Die Messe in Frankfurt einte die Branche nach der coronabedingten Pause zur Freude aller wieder und kann darauf hoffen, dass die Aussteller im kommenden Jahr möglicherweise in noch größerer Zahl dabei sein werden. Das positive Feedback jedenfalls stimmt positiv. "Die Messe gewinnt an Präsenz für die Tapete. Das ist gut für die Branche", sagte Ullrich Eitel, geschäftsführender Gesellschafter der Marburger Tapetenfabrik in Kirchhain. Er leitete den Generationswechsel ein: Sein Sohn Paul ist neuer Geschäftsführer des Familienunternehmens, das er zusammen mit Alexander Kubsch und Wolf Kappen leitet.

Stefan Gauger von A.S. Création hob hervor: "Es ist wichtig, dass die Branche zusammenhält und die Hersteller auf der Messe Flagge zeigen." Die Heimtextil sei ein guter Start ins neue Jahr. Matthias Häusler verwies auf die persönlichen Kontakte, die für Aussteller und Kunden wertvoller seien als virtuelle.

Dass sie die Heimtextil für eine wichtige Plattform halten, können die Unternehmen im kommenden Jahr wieder unter Beweis stellen. Dann findet die Messe vom 14. bis 17. Januar in Frankfurt statt.
| Cornelia Küsel


A.S. Création
Farben erweitern
das Sortiment

Auch der Marktführer muss sich gegen sinkende Umsätze stemmen. Das macht A.S. Création nicht nur mit einem Strukturierungsprogramm, sondern auch mit zielgerichteter Werbung, neuen Tapeten und zusätzlichen Geschäftsfeldern. Wie Marketingleiter Stefan Gauger und der Vorstandsvorsitzende Tim Herder - seit 1. Januar 2024 im Amt - sagten, bietet das DAX-Unternehmen zu seinen Tapeten nun auch passende Farben und Keilrahmen an.

Zwar erwartet Herder auch für dieses Jahr keinen deutlichen Umsatzschub. Aber A.S. Création werde moderat wachsen. "Wir hoffen, dass die Talsohle durchschritten ist und sind überzeugt davon, dass die Tapete eine Daseinsberechtigung hat", meinte Gauger. A.S. Création habe sich auf veränderte Rahmenbedingungen und reduzierte Volumina eingestellt, die sich unter anderem aus dem Trend hin zu nur noch einzelnen Akzentwänden und offenem Wohnen mit weniger Wandfläche ergäben. Es bringe nichts, alten Zeiten hinterher zu trauern.

In Frankfurt wendete sich der Gummersbacher Tapetenhersteller insbesondere an eine jüngere Zielgruppe und präsentierte sein neues Konzept "Stories of Life", das außer Wandbelägen einen Film enthält sowie ein Content-Paket für B2B einschließlich Präsenz in den sozialen Medien. Großkunden ist nach Ansicht Herders klar, dass sie intensiver auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und individuelle Lösungen am PoS erbringen müssten.

Auf der Messe kam das Konzept gut an, wie Gauger und Herder hervorhoben. Beide unterstrichen die Bedeutung der Heimtextil, auf der die ganze Branche Flagge zeige. "Wir glauben an die Messe", betonte der Marketingleiter. Er habe den Eindruck, dass der Kunde es vorziehe, an zentraler Stelle eine komplette Übersicht zu erhalten, den persönlichen Kontakt zu haben und die Tapeten anfassen zu können. "Die ersten beiden Messetage waren schon vor Beginn der Heimtextil komplett ausgebucht." Und Tim Herder ist sicher: "Die Messe legt den Grundstein für Wachstum."


Erfurt & Sohn
Mit neuen Produkten
in die Zukunft

Erfurt & Sohn hat sich auf der Heimtextil vor allem auf DIY-Produkte konzentriert, auf der Messe Farbe, Ausbau & Fassade (FAF) im April in Köln will das Wuppertaler Familienunternehmen seinen Fokus auf die Profi-Schiene legen.

In Frankfurt zeigte Erfurt unter anderem das überarbeitete Vlies-Sortiment. Die neuen Strukturvliese bestehen zu 100 % aus recyeltem Material. "Die Flächen für Tapeten im Baumarkt werden aufgrund allgemein geringerer Nachfrage kleiner. Und die müssen wir uns mit neuen Produkten sichern", erläuterte Marketingleiterin Jutta Böttcher.

Nach Auskunft von Geschäftsführerin Felicitas Erfurt-Gordon hat Erfurt & Sohn den Umsatz 2023 gegenüber dem Vorjahr trotz der Krisen nahezu gehalten. Zugelegt hätten vor allem die Klima-Tec-Produkte. "Im Bereich Spezialpapiere werden wir uns breiter aufstellen und individuelle Lösungen anbieten", betonte Erfurt-Gordon. Durch Investitionsmaßnahmen und neue Produkte sehe sich das Unternehmen für die Zukunft gewappnet. Dabei setzt der Hersteller auch weiterhin auf die Rauhfaser als Zugpferd. "Die hat sich in Krisen als widerstandsfähig erwiesen", hob die Geschäftsführerin hervor. Schließlich handele es sich um ein wohngesundes Produkt, das sich insbesondere für Kinderzimmer eigne.


Essener Tapeten-Import/
Schmitz Tapeten-Import
Belebung
im Objektgeschäft

Wie alle Tapetenanbieter leidet auch Christian Schmitz, Inhaber von Essener Tapeten-Import und Schmitz, unter dem Nachfrage-Einbruch. Um Kosten zu sparen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, war er mit einem deutlich verkleinerten Stand auf der Messe, der dennoch Raum für eine professionelle Präsentation der neuen Tapeten gab.

Nach einem verhagelten 2023 ist Schmitz überzeugt: "Auch das neue Jahr wird wieder sehr anspruchsvoll." Aber er wolle nicht abwarten, wie sich die Branche allgemein entwickelt, sondern aktiv vorangehen. "Man muss nah am Kunden und sehr flexibel sein", ist seine Devise. Die Tapete habe zwar in der Krise an Bedeutung verloren, weil sie ein Deko-Produkt ist und damit kein Must-have. "Eine hochwertige Tapete wird aber immer ein wichtiges Accessoire in der Inneneinrichtung bleiben", betonte Schmitz.

Langfristig sieht der Verleger deshalb Licht am Ende des Tunnels, zumal bereits eine leichte Belebung im Objekt spürbar sei. "Und wenn Verbraucher die Tapete im Hotel oder im Restaurant sehen, kaufen sie sie auch für ihre eigenen Wände."


Hohenberger Manufaktur für Tapeten
Gegen den Trend um 10Prozent gewachsen

Ralf Taubert ist mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Hohenberger Manufaktur für Tapeten sehr zufrieden. "Wir haben gegen den Trend in der Branche ein Plus von 10 % erzielt", sagte der Inhaber des Unternehmens aus Hohenberg/Eger. Diesen erfolgreichen Weg will er fortsetzen und auch künftig "mit wohngesunden und schönen Produkten den Zeitgeist treffen". Taubert hatte entsprechend vier neue Kollektionen dabei, die wie die übrigen frei von PVC, Lösemitteln und Weichmachern sind und nachhaltig produziert werden.

Außer mit Wohngesundheit punktet die Hohenberger Manufaktur nach Angaben Tauberts auch mit der Möglichkeit, kleinere Mengen für die Kunden herzustellen. Dabei kombiniert die Fabrik die konventionelle Drucktechnik mit der digitalen. "Durch die kleineren Mengen benötigt der Kunde keine große Lagerhaltung und sein Risiko wird minimiert", erläuterte Taubert.

In Deutschland fragen nach seinen Angaben immer mehr Großhändler, Fachhändler und Verarbeiter die Tapeten aus Hohenberg nach. Doch ist das Unternehmen mit einer Quote von 70 % nach wie vor im Export sehr stark. Wie Taubert hervorhob, hat er sich aus dem Baumarkt mehr und mehr zurückgezogen. "Wir wollen uns langsam nach vorne bewegen und die Wertschätzung für unser Produkt erhöhen", beschreibt er sein Ziel. Das aber brauche Beratung, appelliert er auch an den Handel. Dieser erhält bei der Hohenberger Manufaktur nicht nur Tapeten, sondern auch passende Farben.


Komar
Neue Marke
für das Objekt

Eine neue Marke aufzubauen, ist ein mutiger Schritt. Der Fototapetenhersteller Komar aus Kolbermoor hat ihn gewagt und "k’moor" aus dem Boden gestampft. Das Label mit sehr hochwertigen Tapeten wendet sich an das Objekt. Zielgruppe seien Innenarchitekten und Planer, mit denen Raumkonzepte erarbeitet werden. "Wir wollen im übertragenen Sinne weg von der Stange und hin zu grenzenloser Individualität", sagte Geschäftsführer Matthias Häusler.

Insgesamt geht es Komar darum, allen Einkommensgruppen ein passendes Produkt anzubieten. Das werde durch die klassischen Kollektionen und die neue Marke erreicht. Deshalb geht der Geschäftsführer davon aus, dass es nach einem Umsatzminus im vergangenen Jahr jetzt wieder aufwärts geht. Doch auch mit 2023 sei er zufrieden gewesen, der Einbruch sei spürbar, aber nicht dramatisch gewesen. "Man muss die Zahlen immer mit dem Jahr 2019 vor Corona vergleichen. Von daher lief es im vergangenen Jahr normal", betonte Häusler.


Marburger Tapetenfabrik
"Ich sehe mehr
Chancen als Risiken"

Felix Diener ist der Chefdesigner der Marburger Tapetenfabrik. Ihn rückt der Tapetenhersteller aus Kirchhain in diesem Jahr mit seiner Kollektion Eclectic in den Fokus. Mit neuen Tapeten sowie erheblichen Investitionen in Höhe von 15 Mio. EUR in die Logistik und den Maschinenpark bis 2025 sieht der geschäftsführende Gesellschafter Ullrich Eitel das Unternehmen gut aufgestellt für die Zukunft. Die wird nun maßgeblich von Sohn Paul gestaltet, der neuer Geschäftsführer im Team mit Wolf Kappen und Alexander Kubsch ist. Sein Vater will sich sukzessive aus dem operativen Geschäft zurückziehen und damit langsam den Generationswechsel vollziehen.

"Ich bin optimistisch, dass wir das tiefe Tal durchschritten haben und sehe mehr Chancen als Risiken", betonte Ullrich Eitel. Die Marburger Tapetenfabrik sei in der Lage, mit neuester Technik moderne und hochwertige Tapeten herzustellen, wie sie der Markt wünsche.

Von der Messe Heimtextil könne insgesamt für die Branche ein gutes Signal für das neue Jahr ausgehen. "Ich bin froh, dass wieder mehr Industrie vor Ort ist und sich professionell präsentiert", sagte Eitel. Die Präsenz sei wichtig. Sie werde vom Kunden erwartet, der auf der Messe Trends und Neuheiten sehen will.


Sintra
Optimismus bei
ukrainischer Rasch-Tochter

Die Tapetenfabrik Gebr. Rasch hat ein hartes Jahr hinter sich. Durch den starken Nachfragerückgang sieht sich das Familienunternehmen aus Bramsche zu einem erheblichen Personalabbau gezwungen. Geschäftsführer Dario Rasch ist aber sicher, dass "wir unsere Hausaufgaben machen und das Unternehmen wieder in Form bringen." Es habe schließlich schon mehrere Krisen überstanden. "Rasch ist eine bekannte Marke, der die Kunden vertrauen."

Mit einem Stand war Gebr. Rasch in Frankfurt nicht vertreten, sondern präsentierte sich lediglich mit der 2001 übernommenen westukrainischen Tochter Sintra auf der Heimtextil. Wie Rasch sagte, stünden die Chancen für Tapeten in der Ukraine trotz des russischen Überfalls gut. Ein Indiz dafür sei die hohe Rollenzahl von vier Millionen, die das Tochterunternehmen jedes Jahr produziere. Der Geschäftsführer wies darauf hin, dass Sintra ganz im Westen der Ukraine liege und nicht akut von den Kriegshandlungen bedroht sei. Die Fabrik könne also fast unbehindert produzieren. Sie agiere völlig eigenständig und unabhängig vom Mutterhaus in Bramsche. In einem Markt, der möglicherweise bald zur EU gehört, hat Gebr. Rasch also die Nase vorn, wenn der Krieg zwischen der Ukraine und Russland eines Tages endet und die Aufbauarbeit beginnt.


Sügravo/
Wallpaper Competence
Suche nach neuen
Geschäftsfeldern

Die Firmen der Tapetenbranche befinden sich infolge der starken Umsatzrückgänge im Überlebenskampf. Davon ist Oliver Wenk, Geschäftsführer des Walzenherstellers Sügravo in Lörrach überzeugt. Nach Ansicht von Vertriebsleiter Christoph Kirschner bleibt dem Unternehmen daher nichts anderes übrig, als den schwierigen Marktgegebenheiten mit der Entwicklung neuer Geschäftsfelder zu begegnen. "Dabei können wir mit Tradition und Fachwissen punkten", sagte er.

Wie Wenk betonte, ist die Digitaldrucktechnologie für das Unternehmen keine zusätzliche Bedrohung. "Digitaldruck ist nur ein Nischenprodukt", meinte er. Diese Technologie sei lediglich eine Ergänzung. Dennoch dürfe ein Walzenhersteller nicht darauf setzen, dass der Digitaldruck auf Dauer keine Gefahr darstelle; man konzentriere sich auch aus diesem Grund auf neue Geschäftsfelder.

Sügravo ist Teil der Initiative Wallpaper Competence, der auch die Firmen Follmann, Kämmerer, M-Design und SPGPrints angehören. Sie betrieben auf der Heimtextil einen gemeinsamen Stand. Was auffiel: Die Unternehmen boten keinen Tapetenkalender mehr an, der die Leistungsfähigkeit der beteiligten Firmen zeigte. Die Nachfrage war nach Angaben Wenks zu gering.
Tapetenbranche trotzt den Herausforderungen
Foto/Grafik: Hohenberger
Hohenberger Manufaktur
Das Interesse an den Tapeten der Hohenberger Manufaktur war groß. Der Stand hatte seinen Platz gleich hinter dem Eingang zur Tapetenhalle.
aus BTH Heimtex 02/24 (Wirtschaft)