Fachhandelsring GmbH

Boden, Raumakustik und Erfahrungsaustausch beim FHR

Fußboden-Objekttagung und Tag der Raumakustik: In Kassel begrüßte und informierte der FHR zahlreiche Mitglieder. Auch die Industrie war vor Ort.

Gleich doppelt lohnte sich für zahlreiche Mitglieder des Fachhandelsrings (FHR) die Reise zum Tagungshotel La Strada in Kassel. Auf dem Programm standen im November der Tag der Raumakustik und die Fußboden-Objekttagung. Einige der rund 250 FHR-Lieferanten aus den entsprechenden Produktbereichen nutzten das Umfeld, den Teilnehmern ihr Angebot vorzustellen: Mit dabei waren Bauwerk Parkett, Forbo Flooring, Infloor Girloon, Lofec, Objectflor, Tarkett, Uzin, Weitzer Parkett und Windmöller. In einem eigenen Vortrag schilderte Jürgen Schneider vom Heizungsfolien-Anbieter Lofec, wie FHR-Betriebe bei Bodenbelagsverkauf und -verlegung ein Zusatzgeschäft mit den Kohlefaser-Flächenheizungssystemen des Unternehmens machen können. Mit der Zusatzqualifikation "Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten" dürfen auch Nicht-Elektriker elektrische Fußbodenheizungen einbauen; der FHR bietet entsprechende Schulungen an.

"Es besteht
akuter Handlungsbedarf"

Für Geschäftsführerin Sabine Wiegand war das Jahr 2023 der turbulenteste Abschnitt, den sie in ihrer langen Zeit beim des FHR erlebt habe. "Die akuten Themen schlagen in der Verbundzentrale in Harthausen früher auf, als sie am Markt spürbar werden; entsprechend zeitig können wir reagieren", erklärte sie. Akuten Handlungsbedarf gebe es etwa in Sachen Green Deal der EU. Hier stünden einige Verordnungen bevor, die die Baubranche stark beträfen.

Basierend auf Daten aus den Verbundgruppen und Gesprächen mit der Industrie siedelt die FHR-Geschäftsführung den Rückgang des Marktes bei aktuell etwa 20 % an. Einbrüche gebe es zurzeit beim Großhandel (rund -8%) und vor allem auf der Großfläche bzw. in der DIY-Branche (bis zu -50 %). Der Fachhandel mit Handwerk stünde wiederum recht gut da; gerade der Bereich Renovierung zeige sich stabil, zum Teil sogar wachsend. Allerdings trieben Geschäftsschließungen und Nachfolgeprobleme die Branche um, vor allem bei Raumausstatterbetrieben. Das bedeutet aber auch, dass Kunden auf der Suche nach neuen Dienstleistern sind: eine Chance für aktive Betriebe, denen Wiegand ans Herz legt, gegebenenfalls neue Produktbereiche aufzunehmen, um mehr Einrichtungsleistungen aus einer Hand anbieten zu können.

Beim Online-Marketing will der FHR seine Mitglieder stärker und aktiver unterstützen; für Anfang 2024 ist ein umfangreiches Projekt geplant. Dafür hat sich die Verbundgruppe den Marketing-Profi Boris Ignatzi als Head of E-Business an Bord geholt.

Nachhaltiges Bauen: "ESG-Kriterien so früh wie möglich anwenden"

In seinem Fachvortrag zur Nachhaltigkeit in der Baubranche wies Matthias Schäpers von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) auf relevante Themen im Zusammenhang mit der EU-Taxonomie hin und nannte die ESG-Kriterien (Environmental, Social and Corporate Governance - Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) "ein echt scharfes Schwert". Er empfiehlt, diese Kriterien so früh wie möglich anzuwenden; der DGNB-Materialpass für Gebäude würde immer stärker genutzt. Für die energetische Sanierung könne man sich mit bis zu 70 % fördern lassen. Allerdings stellt das seit 2023 geltende Förderprogramm "Klimafreundlicher Neubau" hohe Anforderungen an Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Wohngesundheit. Der FHR ist seit 2023 Mitglied der DGNB. Ein Hinweis von Sabine Wiegand: "Immer mehr Endverbraucher werden mit KfW-Förderkrediten bauen und nach entsprechenden Produkten fragen."

In Zusammenhang mit dem Thema nachhaltiges Bauen verteilte der FHR einen Sonderdruck der durch den SN-Verlag erstellten Übersicht "Nachhaltigkeit - Siegel und Zertifikate" an alle Anwesenden.

In einem umfangreichen Vortragsteil mit Diskussion zum Thema Fußbodentechnik setzten sich der Sachverständige Richard A. Kille, Rechtsanwalt Martin Kuschel und FHR-Anwendungstechniker Ronald Schenk mit Besonderheiten rund ums Thema Untergrund auseinander.

Richard A. Kille:
Estrich-Erneuerung meist nicht nötig

"Wir können mit Blick auf die Zukunft nicht normengerecht arbeiten", urteilte Raumausstattermeister und Sachverständiger Richard A. Kille. Je nach Nutzung (Wohnbereich, gewerblich oder Klinik) habe ein Zementestrich normgemäß eine Nutzungserwartungszeit zwischen 25 und 50 Jahren. Wollte man die bestehenden Normen einhalten, müsste man viel häufiger neuen Estrich aufbringen. "Das ist meistens nicht nötig", so Kille. Mit Blick aufs Jahr 2024, für das mit einem Renovierungs-Anteil von 65 % und einem Neubau-Anteil von 35 % zu rechnen sei, wäre das auch nicht sinnvoll. Schleifen, Vorstrich, Spachtelmasse - das reiche meist aus, sei normativ aber nicht korrekt. Kille weist hier auf das Merkblatt 20 der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) hin, in der Sonderkonstruktionen genannt sind, etwa das Bearbeiten von Alt-Estrichen. Sollen solche Arbeiten durchgeführt werden, bedürfe es einer entsprechenden (schriftlichen) Vereinbarung mit dem Auftraggeber. Wichtig auch: "Wir müssen in Zukunft Bodenbeläge so verlegen, dass der Untergrund bei Rückbau erhalten bleibt."

Ronald Schenk:
Mit Haftungsfreistellungsauftrag
auf der sicheren Seite

Auch FHR-Anwendungstechniker Ronald Schenk wies in seinen "Berichten aus der Praxis" auf die TKB-Merkblätter hin, insbesondere auf das frisch überarbeitete TKB-Merkblatt 8 (Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen für Bodenbelag- und Parkettarbeiten). Die Merkblätter sind bei der TKB verfügbar, allgemein technisch anerkannt und praktisch bestätigt. Festgehalten ist hier beispielsweise, dass nur der Untergrund zu prüfen ist, nicht etwa die darunter liegenden Dämmschichten, Trennlagen oder Abdichtung - dies sei wiederum Sache des Auftraggebers, also der Bauleitung oder der Architekten. Schenk: "In 70 % aller Fälle bekommen wir keine Dokumentation des Unterbodens - fordern Sie diese an!" In den seltensten Fällen werde der Estrichleger in die Verantwortung gezogen - immer erst der Bodenleger.

Die TKB-Merkblätter bieten insgesamt hilfreiche Vorlagen, etwa auch für Formulierungen bei Bedenkenanmeldungen bei Abweichungen von den Normen; hier besteht dem Auftraggeber gegenüber Hinweispflicht. Soll der Auftrag trotz dieser Bedenken durchgeführt werden, ist das Handwerksunternehmen mit einer Haftungsfreistellungserklärung auf der sicheren Seite. Wichtig sei auch, bei der Übergabe eines jeden Objektes ein Abnahmeprotokoll anzufertigen. Das Fazit: Reden ist gut, schriftliche Vereinbarungen sind besser und letztlich sicherer für den Handwerker.

Martin Kuschel:
Aktuelles und Abnahme

Rechtsanwalt Martin Kuschel, spezialisiert auf Bau, Bauprodukte und Architektenrecht, griff in seinem Vortrag "Aktuelles und Abnahme" das Thema Vergabe- und Vertragsordnung für Bauordnungen auf, Anwendungsbereich: Vertragliche Bedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B). Die VOB/B ist kein Gesetz, sondern ein speziell für den Baubereich vorformuliertes Vertragswerk mit dem Charakter Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB). Daher gilt sie nicht automatisch, sondern nur dann, wenn sie explizit von einer der Parteien in den Vertrag geschrieben wird - andernfalls greift das Bürgerliche Gesetzbuch. Die öffentliche Hand muss die VOB als Auftraggeber allerdings zwingend in ihre Verträge einbeziehen.

Kuschels Empfehlung an Handwerksbetriebe: Diese sollten die VOB/B nicht von ihrer Seite aus in den Vertrag aufnehmen. Grundsätzlich gelten die AGB eines Vertrags uneingeschränkt für denjenigen, der sie in den Vertrag einbringt. Den Vertragspartner betreffen sie nicht, wenn dieser hierdurch unangemessen benachteiligt wird (Inhaltskontrolle). Die VOB/B ist zwar teilweise von dieser Inhaltskontrolle ausgenommen, jedoch nur dann, wenn sie unverändert in den Vertrag einfließt. Häufig nehmen Auftraggeber allerdings Änderungen vor und verlängern beispielsweise die Gewährleistungsfrist von vier auf fünf Jahre.

Der Raumausstatterbetrieb hat laut Kuschel durch Einbeziehung der VOB/B von seiner Seite aus eher Nachteile. Ein Beispiel: "In der VOB/B habe ich als Auftragnehmer keine Sicherheit, wenn der Auftraggeber insolvent wird." Ein weiterer Nachteil: Beanstandet ein Auftraggeber während der Bauausführung vor der Abnahme Mängel, darf er laut VOB/B den Vertrag kündigen und das Bauvorhaben auf Kosten des Auftragnehmers anderweitig fertigstellen lassen. Kuschels Fazit: "Aus Auftragnehmersicht sind bei verhältnismäßig kleinen Aufträgen, wie sie im Raumausstatterbereich üblich sind, die Vorteile der VOB/B vernachlässigenswert gegenüber den vielen Nachteilen." Erst ab einem Auftragsvolumen von 2 Mio. EUR lohne sich die Aufnahme in den Vertrag.

"Die Abnahme ist mit
das Wichtigste am Bau"

Zentraler Moment eines Auftrags ist der Moment der Abnahme. Sie trennt zwischen Erfüllungsstadium und Gewährleistungsstadium. Vor der Abnahme muss der Handwerksbetrieb dafür sorgen, dass der Auftrag genau wie vereinbart umgesetzt wird. Der Auftragnehmer trägt also auch Sorge dafür, etwaige Missgeschicke zu beseitigen, selbst wenn er diese nicht verursacht hat - wenn etwa Maler Farbe über den noch nicht abgenommenen neuen Bodenbelag kippen. Die Gewährleistungspflicht beginnt mit der Abnahme. Kuschel: "Keine Abnahme, kein Fristbeginn!"

Und: Ab dem Moment der Abnahme liegt bei Mängelansprüchen die Beweislast beim Auftraggeber. Wird also ein Mangel festgestellt, muss der Auftraggeber beweisen, dass der Handwerksbetrieb diesen verursacht hat. Kann ein Sachverständiger dies nicht eindeutig feststellen, ist der Handwerksbetrieb aus dem Schneider. "Die Abnahme ist mit das Wichtigste am Bau", betont Kuschel.

Tag der Raumaukustik

Das Thema Raumakustik gewinnt an Bedeutung. Auf diesem Gebiet ist der FHR seit fünf Jahren mit einem Akustik-Konzept aktiv. Die Verbundgruppe bietet Weiterbildungen (Fachberater/in Raumakustik) mit abschließender Prüfung durch den TÜV Rheinland an, außerdem einen Messgerätekoffer und eine webbasierte Software, die vom raumakustischen Aufmaß bis zur fertigen Planung begleitet. Am Tag der Raumakustik nahmen FHR-Partner mit und ohne Raumakustik-Weiterbildung teil; auf dem Programm standen Statusberichte, praktische Teile wie das Messen von Nachhallzeiten im Raum sowie Informationen zu den Marketingaktivitäten.| Meike Stewen


Aktiv werden - 3 FHR-Tipps für den Fachhandel
1.Verordnungen rund um den Green Deal verfolgen

2.Das Thema Renovieren ist stabil oder wächst sogar

3.Mehr Leistungen aus einer Hand bieten


Vier Fingerzeige für Fußbodentechniker
1.Dokumentation des Unterbodens anfordern

2.Bei Abweichungen von den Normen Bedenkenanmeldungen einreichen

3.Abnahmeprotokoll bei der Übergabe verfassen

4.TKB-Merkblätter bieten hilfreiche Tipps und Vorlagen


Drei rechtliche Hinweise vom Anwalt
1.Die VOB/B gilt nur, wenn sie von einer der Parteien in den Vertrag geschrieben wurde.

2.Handwerksbetriebe sollten die VOB/B bei Auftragsvolumina unter 2 Mio. EUR nicht ihrerseits in den Vertrag aufnehmen.

3.Erst durch die Abnahme gilt ein Auftrag als umgesetzt.


Daten + Fakten FHR
Fachhandelsring GmbH
Am Pfaffensee 4
67376 Harthausen
Tel.: 06344 / 95 33-0
info@fhr-verbund.de
www.fhr-verbund.de

Gründer/Gesellschafter: Kurt Reichelt
Geschäftsführerinnen: Sabine Wiegand
Ann-Kathrin Schmidt
Mitglieder: ca. 750
Mitgliederstruktur: Fachhändler
Objekteure
Raumausstatter
Maler
aus BTH Heimtex 02/24 (Wirtschaft)