FEB Fachverband der Hersteller elastischer Bodenbeläge e.V.

FEB-Mitgliederversammlung liefert Wissen für anspruchsvolle Zeiten

Steigende Zinsen, sinkende Neubauvorhaben, gefühlte Dauerkrise - ist wirklich alles so schlimm? Die Mitgliederversammlung des FEB sollte den Mitgliedern dabei helfen, "der Realität ins Auge zu sehen, ohne den Mut zu verlieren": durch intensive Netzwerkarbeit und fundierte Fachvorträge.


"Herzlich willkommen in dieser anspruchsvollen Zeit" - mit diesen Worten begrüßte der Vorsitzende Volkmar Halbe die Anwesenden auf der Mitgliederversammlung des Fachverbandes Elastische Bodenbeläge (FEB). Anspruchsvoll ist die Situation durch mehrere Faktoren, die auch die Wirtschaft stark beeinflussen: Wohnungsknappheit, Altersarmut, Baukrise, Krieg, das Erstarken von Randparteien, künstliche Intelligenz und Datenmanipulation, Fachkräftemangel, Inflation, erhöhte Zinsen und vieles mehr. Ein Problem folge dem nächsten; seit drei Jahren verbreite sich das Krisen-Gefühl. Das Ziel des Verbandes ist es laut Halbe, "Übersicht in die Wirrungen" zu bringen und die Mitgliedsunternehmen dabei zu unterstützen, sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen. Dabei helfen sollten auch die fünf Fachvorträge während der Tagung (siehe Kästen).

Seit vielen Jahren stand der FEB für immer neue Absatzrekorde. Im schwierigen Baujahr 2023 hingegen verzeichneten die neun Hersteller, die in Deutschland zusammen für einen Marktanteil von 91 % bei elastischen Belägen stehen, erstmals seit 20 Jahren einen Absatzrückgang von 15,5 % in der Region D/A/CH. In den ersten drei Quartalen 2023 haben sie 36,2 Mio. m2 elastische Bodenbeläge abgesetzt. Davon entfallen rund 33,07 Mio. m2 auf Deutschland (-15,7 % im Vergleich zum Vorjahr), 1,85 Mio. m2 auf Österreich (-15,4 %) und 1,32 Mio. m2 (-12,1 %) auf die Schweiz. Im dritten Quartal hat sich die Negativentwicklung abgeschwächt.
Auf der Tagesordnung standen außerdem Personalien. Bernhard Grewing, der viele Jahre die Anwendungstechnik bei Forbo Flooring und anschließend bei Windmöller leitete, wurde in den Ruhestand verabschiedet. Im FEB war er in jeder Arbeits- oder Projektgruppe vertreten, brachte seine jahrelange Erfahrung und sein enormes Wissen ein.

Eine Veränderung gibt es im Vorstand: Vorstandsmitglied Tilo Höbel verließ zum 1. Oktober 2023 seine Position als General Manager D/A/CH bei Tarkett und wird dadurch auch im FEB-Vorstand abgelöst. Seine Nachfolge hat inzwischen Michael Stein von Gerflor angetreten.

Zum Tod von Jörg Schütten, Leiter der Anwendungstechnik bei Objectflor, legte die Mitgliederversammlung eine Schweigeminute ein. Schütten hatte sich in der Verbandsarbeit - vor allem im technischen Arbeitskreis - besonders engagiert.

Es folgen fünf Fachvorträge zu aktuellen Themen:


Martin Langen (B+L Marktdaten)
Bodenwelten - Zahlen, Daten, Fakten

Über die enorme Verunsicherungen am Markt wurde in Köln viel gesprochen. Martin Langen, Geschäftsführer von B+L Marktdaten und Dauer-Referent beim FEB, lieferte zusätzliche Fakten. Der Fachmann für Bauprognosen verriet: "Der Rückgang der Wohnungsbaugenehmigungen ist kein rein deutsches Phänomen." Im ersten Halbjahr 2023 schrumpften diese nicht nur in der Bundesrepublik (-30 %), sondern auch in Frankreich (-28 %), Polen (-35 %) und den Niederlanden (-17 %).

Eine entscheidende Rolle spielt hier das hohe Zinsniveau, das durch die Europäische Zentralbank angesetzt wurde, um die Inflation niedrig zu halten. Wie geplant, sanken die Erzeugerpreise der Industrie - um 12,6 % gegenüber 2015. Auch die Großhandelspreise liegen deutlich unterhalb Vorjahresniveau, was sich letztlich auf die Verbraucherpreise auswirken werde. Im vierten Quartal 2023 sieht Langen keine besonders dramatischen Mengenrückgänge, zumal die Branche auf schlechtere Vorjahresbasisdaten blicke. Wichtig zu beachten hierbei: "Das Forderungsmanagement muss an die Kunden und Kundeskunden weitergetragen und sehr ernst genommen werden."

Für 2024 wird eine Inflationsrate von 2 bis 2,5 % prognostiziert, bei steigenden Löhnen - das pusht die Kaufkraft enorm. Entsprechend sei mit einer Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Februar oder März zu rechnen. Der gestiegene Ölpreis falle weniger stark ins Gewicht: Er sei im Vergleich zu 2022 nicht besonders hoch.

Dass jetzt grundsätzlich das Geld zum Bauen fehle, hält Langen für Unfug. Gerade seit 2020 sei "enorm viel gespart worden". Trotzdem empfiehlt er, Marketingmaßnahmen zunächst zurückzuhalten und 2024 voll durchzustarten. Bis Ende 2023 sei auch geklärt, dass die EU ihre Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden herunterfährt: Ursprünglich war geplant, dass diese ab 2030 ein strenges Mindestmaß erfüllen müssten.


Dr. Jacqueline Lemm und Dr. Andreas Zoega (TFI)
Bauprodukterichtlinie und Vorteile elastischer Beläge

"Elastische Beläge haben viele Vorteile - die gilt es noch stärker herauszustellen", so lautet die Aussage von Dr. Andreas Zoega, Leiter der Prüfstelle und Bauphysik beim TFI Aachen, dem Institut für Forschung, Prüfung und Zertifizierung für Bauprodukte für den Innenraum. Erstens haben sie eine positive Auswirkung auf Tritt- und Raumschall, zweitens punkten diese Beläge mit ihrem geringen Wärmedurchlasswiderstand. Der sei insbesondere bei Fußbodenheizungen und gerade beim Einsatz von Wärmepumpen von Vorteil: Hier erhöhe sich der Wirkungsgrad enorm, so Zoega.

Die neue TFI-Leiterin Dr. Jacqueline Lemm erörterte, was über die revidierte Bauprodukteverordnung der EU bisher bekannt ist, die im Dezember 2023 in einer EU-Sitzung beschlossen werden soll. Ziele bestehen darin, Wachstums- und Beschäftigungspotenzial des Bausektors freizusetzen, das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern, Umweltziele zu fördern und ein hohes Umweltschutzniveau anzustreben.

Bei den Umweltzielen steht unter anderem das so genannte Building Information Modeling im Fokus. Dabei gilt es, durch eingebaute Datenchips den Überblick zu behalten, welche Produkte aus welchen Materialien wo verbaut sind - um sie dann zurückholen zu können und etwas Neues daraus zu machen. Stärker noch als das Recycling stehen hier Wiederaufbereitung und Reparatur im Fokus; insgesamt geht es um die sogenannten 7 R: Rethink, Reduce, Reuse, Repair, Refurbish, Recover, Recycle. Nur Produkte, die hier verschärften EU-Vorgaben genügen, erhalten in Zukunft das CE-Label; andere werden im EU-Binnenmarkt nicht zugelassen.

"Bereits beim Produktdesign sollten sich Hersteller Gedanken über diese Themen machen, die auch in den Ausschreibungen eine entscheidende Rolle spielen werden", so die Empfehlung des TFI. Ganz konkret lautet die Frage: Wie lassen sich die angebotenen Bodenbeläge reparieren, aufarbeiten oder erneut einsetzen? Am 7. Februar 2024 soll es ein FEB-Blitzlicht zu diesem Thema geben.

"Alle bisherigen Normen bleiben erhalten", erklärte Zoega. Ratsam sei es jetzt, so weit wie irgend möglich kritische Stoffe wegzulassen, Material einzusparen, die 7 R zu berücksichtigen. "Auch mit einer Lebenszyklusanalyse, dem Produktpass Nachhaltigkeit des TFI oder einer Environmental Product Declaration (EPD) ist man jetzt schon gut vorbereitet." Der CE-Newsletter des TFI informiert weiterhin aktuell.

Seit 2022 können Anbieter von Bodenbelägen über den "Produktpass Nachhaltigkeit" des TFI Aachen gegenüber Bauherren, Planern und Architekten belegen, welche Auswirkungen ein Produkt auf die Nachhaltigkeit eines Bauprojektes hat. Dazu werden die jeweiligen Qualitätsmerkmale den Kriterien von Zertifizierungssystemen von DGNB, LEED oder BREEAM zugeordnet.


Dr. Jens-Uwe Meyer (Keynote Speaker)
Künstliche Intelligenz und die Bodenbelagsbranche

"In einigen Jahren werden wir uns ein Leben ohne KI nicht vorstellen können", sagt KI-Experte Dr. Jens-Uwe Meyer und weist auf den Erweckungsmoment für die deutsche Gesellschaft hin: den 22. März 2020, den Tag des Lockdowns. "An diesem Tag hat Deutschland ein kollektives Update erfahren; das Corona-Virus hat uns geholfen, endlich umzusetzen, was lange schon nötig war." Als Gewohnheitstier neige der Mensch dazu, Bewährtes zu bewahren - es sei denn, die Umstände erfordern dringend ein Umdenken.

Kernaussage des Vortrages: KI bietet enorme Vorteile und birgt gleichzeitig Gefahren, etwa die prekäre Situation bei der Datensicherheit. Von den Vorteilen kann die Bau- und auch die Bodenbelagsbranche laut Meyer durch eine enorme Effizienzsteigerung profitieren: KI lässt sich in Automatisierungsprozessen einsetzen, bei der Fehlererkennung (Bildanalyse), als automatisierter Bodenbelagsberater, der auf Basis genannter Kriterien Produkt- und Designvorschläge liefert. Dank KI lässt sich das Bauen automatisieren; Roboter übernehmen kräftezehrende und konzentrationsintensive Aufgaben wie das präzise Bohren von Löchern und beschleunigen diese um ein Vielfaches. "Rund 60 bis 70 % aller heutigen Jobs sind theoretisch automatisierbar", so Meyer. "Alte Tätigkeitsprofile verschwinden dabei, werden aber durch neue abgelöst." Kurz: Die "Botifizierung" der Gesellschaft stehe bevor.

Wie sollten Unternehmen nun verfahren? Ratsam sei es, nicht in wilden Aktionismus zu verfallen, sondern den Einsatz von KI anzugehen wie die Anschaffung einer neuen Maschine. Ganz gezielt, mit sehr konkreten Frage- und Aufgabenstellungen: Welche internen Prozesse lassen sich automatisieren? Wie würde das Unternehmen hiervon profitieren? Dann erst sollte man sich an die technische Umsetzung machen.


Felix Beilharz (Keynote Speaker)
"Wer die Generation Z nicht kapiert, verliert!"

Felix Beiharz ist Experte für Social Media Marketing, Keynote Speaker, Trainer und Dozent - und legt den Fokus auf die heute 18- bis 25-Jährigen: die Altersgruppe, die in wenigen Jahren die größte am Arbeitsmarkt mit entsprechend großer Kaufkraft sein wird. Viele Ältere blicken mit Unverständnis auf Sprache, Verhalten und Vorlieben der sogenannten Gen-Z. "Aber das ist völlig normal", so Beilharz. Schon auf altbabylonischen Steintafeln hätten ältere Generationen über "die Jugend von heute" und den bevorstehenden Untergang der Zivilisation geklagt. Seit es Menschen gibt, werde alles Neue erst mal als gefährlich eingestuft: der Tonfilm, das Fernsehen, die Digitalisierung. Sinnvoller als sich gegen Veränderungen zu stemmen sei es jedoch, sie zu verstehen und auf sie einzugehen.

Wichtig zu wissen: Fast alle Angehörigen der Gen-Z besitzen ein Smartphone und nutzen es intensiv: "Wenn etwas auf diesem Gerät nicht funktioniert, sind die meisten jungen Leute sofort draußen", so Beilharz. Und: Keine Generation hat mehr Social Media Accounts. Dabei werden Instagram, Snapchat und Tiktok am stärksten genutzt; Facebook ist eher etwas für ältere Semester. Kommuniziert wird in erster Linie über Messengerdienste wie Whatsapp oder Instagram-Nachrichten; Telefonieren ist weniger verbreitet, E-Mails verschicken die Jüngeren kaum.

Außerdem ist die Berufseinsteiger-Generation verstärkt bei Youtube unterwegs. Zukunftsorientierte Unternehmen stellen sich darauf ein und zeigen Youtube-Videos oder starten Whatsapp-Chats zum Thema Ausbildung im Unternehmen. Stichwort: "Snackable Content", also leicht konsumierbare Texte, Videos, Bilder oder sonstige Inhalte. In Sachen Kundenansprache mache die Baumarktkett Obi vieles richtig. Durch den neuen Youtube-Kanal mit Influencern und dem Motto "Mach mal mit Obi" sei der Baumarkt zur Trendmarke geworden. Junge Leute kaufen und vertrauen anders; sie orientieren sich an Empfehlungen in den Sozialen Medien und auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen. Sie bevorzugen flache Hierarchien; Nachhaltigkeit und eine ausgewogene Work-Life-Balance sind ihnen besonders wichtig. Personen zählen für sie mehr als Marken: Über beliebte Influencer lassen sich ganz ohne zusätzliche Werbung Produkte verkaufen und Interesse am potenziellen Arbeitgeber generieren.

Beilharz Empfehlung für Unternehmen: Auf der noch relativ jungen Plattform Tiktok lasse sich für Neueinsteiger am besten Reichweite generieren; Instagram etwa sei "schon zu groß".


Thomas Hülsmann (Vinylplus Deutschland)
Ergebnisse zum Thema PVC-Recycling

Thomas Hülsmann, Geschäftsführer von Vinylplus Deutschland, berichtete über die Fortschritte des Selbstverpflichtungsprogrammes der deutschen PVC-Industrie. Mit seinen 63 Mitgliedern repräsentiert der Verein die gesamte Wertschöpfungskette und beschreitet drei Pfade: erstens Kreislaufwirtschaft, zweitens Dekarbonisierung und Minimierung des Umweltfußabdrucks und drittens Koalitionen und Partnerschaften. Die Aktivitäten richten sich an den Regelungen zum European Green Deal aus. Dabei behalte Vinylplus den Überblick, vermittle das nötige Wissen und ermögliche ein gemeinsames Vorgehen. Einige Ergebnisse: 2022 konnten im Rahmen von Vinylplus 813.266 t PVC-Abfall recycelt werden, seit dem Jahr 2000 sind es 8,1 Mio. t. Die Sortierung und Sammlung der Abfallstoffe werden ständig verbessert. Vinylplus fördert seit 2000 insgesamt 31 Recycling-Projekte, etwa auch zur Herauslösung alter, problematischer Weichmacher und Stabilisatoren. Um diese Problematik in Zukunft zu vermeiden, wurde zusammen mit der gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation The Natural Step ein Tool zur Bewertung aktueller Rezepturen entwickelt.

Das Vinylplus Product Label für PVC-Bauprodukte wurde von der europäischen Akkreditierungsstelle als akkreditierbar eingestuft; die Vorstufe hierzu ist das Vinylplus Supplier Certificate für Additiv-Hersteller und Compoundeure.


Daten + Fakten FEB
FEB Fachverband der Hersteller elastischer Bodenbeläge e.V.
48165 Münster
Tel.: 0251 / 80 92 12
www.feb-ev.com

Mitglieder/Hersteller:
-Altro
-Amtico
-Forbo Flooring
-Gerflor
-Objectflor
-Project Floors
-Tarkett
-Unilin Flooring
-Windmöller

Hinzu kommen 32 Firmen und Verbände entlang der Wertschöpfungskette als Fördermitglieder oder Kooperationspartner.
Der FEB unterstützt bei:
-Produkt- und Anwendungstechnik
-Verbands(übergreifender) Netzwerkarbeit
-statistischen Markt- und Branchendaten
-dem Thema Nachhaltigkeit
-Positionierungsschärfe von Produkten (Kommunikation, Medienarbeit)
aus BTH Heimtex 01/24 (Wirtschaft)