W. Classen GmbH & Co. KG

"Hybridboden ist für Classen eine ganz neue Kategorie"

Classen bringt erstmals einen Hybridboden auf den Markt. Die Kombination aus Laminatboden und Polypropylen-Designbelag verfügt auch über ein neues Verlegesystem. Wir haben mit Patrick Pohl, Leiter des Produktmanagements und des Designcenters, über die Neuentwicklung gesprochen.

BTH Heimtex: Im Sommer 2025 wird Classen mit einem Hybridboden in eine neue Produktkategorie einsteigen. Was zeichnet ihn aus?

Patrick Pohl: Der Boden besteht aus drei Schichten: Einem schalldämmenden XPS-Trittschall, einer Trägerplatte aus nachwachsenden Rohstoffen sowie einer abriebfesten Deckschicht aus Polypropylen und einem hoch-kratzfesten Soft-Touch-Lack. Die Oberfläche ist warm und fühlt sich weich an, ist aber gleichzeitig sehr resistent. Der Belag ist dank der Oberfläche um 20 % leiser als Laminat, außerdem ist er auch noch wasserresistent.

Zum Jahresbeginn haben wir den Hybridboden erstmals auf der BAU vorgestellt. In der Zwischenzeit haben wir intensiv an der Finalisierung des Produktes gearbeitet, sodass es nun fertiggestellt ist und in unsere Produktionsprozesse integriert werden kann. Bevor wir die finale Markteinführung bekannt geben, arbeitet unser Marketing aktuell noch an den letzten Zügen unserer Marken- und Werbestrategie für das Produkt.

BTH Heimtex: Was macht den Boden so besonders?

Pohl: Er verbindet zwei unserer Kernkompetenzen: Laminat und Designboden aus Polypropylen. Wir bringen die Vorteile von beiden in einem Produkt zusammen und schaffen eine weitere PVC-freie Alternative. In unserem HDF-Werk in Baruth stellen wir die Trägerplatte her und veredeln sie dann in Kaisersesch. Das wertet das Laminat deutlich auf und bringt es dadurch in die neue Kategorie der Hybridböden.

BTH Heimtex: Neu ist auch das Verlegesystem?

Pohl: Das ist das Duoloc-Verlegesystem, für das wir ein Patent angemeldet haben. Neu daran ist, dass es damit für den Installateur zwei Verlegemöglichkeiten gibt: als Angle-Angle bzw. Klicksystem oder mit Schlagsystem. Es ist eine gute Ergänzung zu unserem Megaloc, dem klassischen Push-Down-System, mit dem nach wie vor ein Großteil unserer Produkte funktioniert. Aufgrund der geringen Stärke des Hybridbodens funktioniert unser Megaloc-System bei diesem nicht. Da Angle-Angle-Systeme bei Designböden eine weitverbreitete Lösung und dem verarbeitenden Handwerk bekannt sind, haben wir das neue Verlegesystem Duoloc entwickelt.

BTH Heimtex: An welche Zielgruppe richten Sie sich mit dem Hybridboden?

Pohl: Ob Privat oder Objekt, da sind wir nicht festgelegt. Er könnte in privaten Haushalten oder Mehrfamilienhäusern ausgelegt werden. Allerdings hat der Boden die Nutzungsklasse 33 und Abriebklasse AC 6, also eine hohe Abriebbeständigkeit, und könnte daher auch in gewerblichen Objekten liegen. Preislich schließt der Hybridboden die Lücke zwischen herkömmlichen PVC-Böden und unserer hochwertigen, aber teureren PVC-freien Alternative Ceramin. Wir reagieren damit auf die stark gestiegene Nachfrage nach PVC-freien Bodenbelägen, nähern uns mit dieser Alternative aber preislich stärker an PVC-Bodenbeläge an. Unser Ziel ist es, nachhaltige Lösungen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und eine Alternative für umweltbewusste Verbraucher zu schaffen.

BTH Heimtex: Welche Dekore wird es geben?

Pohl: Zunächst wird es die klassische Landhausdiele geben, in Holzoptiken. In der Zukunft können wir das noch weiter ausbauen, zum Beispiel auf Fliesenoptiken.

BTH Heimtex: Sie verwenden Digitaldruck für die Dekore - warum?

Pohl: Digitaldruck ist ein großer Trend in der Bodenbelagsbranche und wir haben uns in der Industrie in den letzten Jahren in diesem Bereich einen deutlichen Vorsprung herausgearbeitet. In Baruth decken wir damit schon ein Drittel unserer Kapazität ab, in Kaisersesch bedrucken wir ausschließlich digital. Wir haben damit nicht nur Designvorteile, es hat sich auch gezeigt, dass wir wesentlich effizienter in der Produktion sind. Wir heben uns mit dem Digitaldruck von herkömmlichen Böden mit Zylinderdruck ab. Denn wenn man klassische Designs von anderen Anbietern betrachtet, sieht man - besonders bei rustikalen Dekoren - immer wieder die gleiche Diele in kurzen Abständen. Das kann störend wirken. Mithilfe des Digitaldrucks können wir unseren Kunden eine höhere Dielenvielfalt anbieten.

BTH Heimtex: Was bedeutet das konkret?
Pohl: Während klassische PVC-Böden meist sechs bis acht verschiedene Dielen haben, haben wir bei unserem Designboden 36. Damit sind wir also sehr gut aufgestellt.

BTH Heimtex: Strukturieren Sie auch digital mit dem DLE+-Verfahren (Digital Lacquer Embossing, A.d.R.)?

Pohl: Wir arbeiten noch mit einer klassischen All-Over-Holzstruktur, weil die sehr authentisch aussieht. DLE+ könnte in Zukunft eine Möglichkeit sein, aktuell ist es aber noch nicht vorgesehen, da wir uns mit diesem System noch in der Einführungsphase befinden.

BTH Heimtex: Sie sagten, der Boden sei wasserresistent?

Pohl: Ja, wir werden mit dem ISO 4760 Test, dem Prüfverfahren für die Feuchtigkeitsbeständigkeit schwimmend verlegter Laminatböden, 100 Stunden erreichen. Dies schaffen wir einerseits dadurch, dass wir verhindern, dass Wasser in die Platte eindringt, mithilfe der Polypropylen-Kunststofffolie, welche die Fase ummantelt. Die schützt nicht nur die Oberfläche, sondern auch die Fuge. Andererseits verhindern wir, dass die Platte quillt, da die Trägerplatte quellvergütet ist. Dadurch kann der Hybridboden auch in Feuchträumen verlegt werden.

BTH Heimtex: Wie ordnet sich der Hybridboden in das bestehende Sortiment bei Classen ein?

Pohl: Es ist für uns eine komplett neue Kategorie. Es ist kein Laminat, da der Boden keine Melamin-Oberfläche hat und unter der Normierung EN 16511 läuft. Wir haben in den letzten Jahren in den USA die Eco-Resiliant-Böden kennengelernt und steigen mit unserem Hybridboden nun in diese Kategorie ein. Allerdings nutzen wir unsere Kompetenzen aus beiden Werken und machen ihn so nachhaltig wie möglich.

BTH Heimtex: Wie meinen Sie das?

Pohl: Er ist, wie alle unsere Produkte, natürlich Chlor- und PVC-frei; außerdem enthält er keine Weichmacher. Weiterhin besteht die Trägerplatte aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen. Und sogar die Verpackung ist nachhaltig.

BTH Heimtex: Inwiefern?

Pohl: Wir verzichten auf Kunststoff und verwenden Karton, wodurch die Verpackung einfacher recycelt werden kann. Außerdem bestehen die Kartons oft selbst aus recycelten Materialien. In den letzten Jahren haben wir uns immer intensiver mit dem Thema Verpackung auseinandergesetzt und auch viel hinein investiert. Unsere Verpackungslinien haben wir inzwischen komplett umgerüstet und können jetzt alle Produktabmessungen ohne Folie verpacken - von der Fischgrätdiele bis zur Langdiele. Das ist aber auch etwas, was unsere Kunden immer stärker nachfragen: Sie wollen keinen nachhaltigen Boden kaufen, nur um dann vor einem Berg Plastikmüll zu stehen.

BTH Heimtex: Nachhaltigkeit ist für Classen insgesamt ein zentrales Thema. Vor zwei Jahren wurde dafür eine eigene Abteilung geschaffen.

Pohl: Ja, das ist ein wichtiger Teil unserer Philosophie und wir sehen uns da als einen Branchenvorreiter in der Entwicklung umweltfreundlicher Bodenbeläge. Unser Motto lautet nicht umsonst "Floors for a better tomorrow". Die Nachhaltigkeitsabteilung spielt eine strategische Rolle in der nachhaltigen Transformation von Classen. Sie sammelt und verwaltet zentrale Kennzahlen und Reportings zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit. Dadurch stellen wir sicher, dass die Geschäfts- und Unternehmensführung wirtschaftliche Entscheidungen auf einer fundierten Basis und im Einklang mit unseren Nachhaltigkeitszielen treffen können.

BTH Heimtex: Julie Quervel führt diese Abteilung, ist seit Januar 2025 aber Geschäftsführerin bei Classen Holz Kontor.

Pohl: Trotzdem leitet sie auch weiterhin die Nachhaltigkeitsabteilung, gemeinsam mit meinem Vorgänger Sebastian Wendel, der außerdem innerhalb der Classen-Gruppe für die strategische Geschäftsentwicklung verantwortlich ist. Das Team wurde zudem um einen zusätzlichen Mitarbeiter ergänzt, da viele Aufgaben anfallen.
BTH Heimtex: Welche Rolle spielt Kreislauffähigkeit bei Classen?

Pohl: Auch das ist natürlich ein wichtiges Thema für uns. Unsere Produktionsprozesse sind darauf ausgelegt, so viel wie möglich wiederzuverwenden. Zum Beispiel werden fehlerhafte Dielen sofort automatisch aussortiert und im Produktionsprozess wiederverwendet. Unser Ceramin Boden hat außerdem einen hohen Anteil an Post-Consumer-Material, also dem Kunststoff, den man auch im gelben Sack findet. Und der Bodenbelag ist zu 100 % recycelbar.

BTH Heimtex: Auf welche anderen Produkte konzentrieren sie sich aktuell neben dem Hybridboden?

Pohl: Parallel zur Entwicklung des Hybridbodens arbeiten wir an beiden Standorten an weiteren Neuentwicklungen: Unser selbst entwickelter Ceramin-Boden ist natürlich weiterhin eines unserer Highlight-Produkte. Dafür haben wir gerade das Zertifikat Cradle to Cradle Material Health bekommen. Wir haben in den letzten zehn Jahren viel in ihn investiert - nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Energie. Aktuell arbeiten wir in Kaisersesch deshalb an der Einführung des DLE+-Verfahrens und treiben Ceramin Looselay und Ceramin Lay voran. In Baruth, unserem Laminatwerk, setzen wir auf den Ausbau der wasserresistenten Kategorie, die Erweiterung des Fischgrät-Sortiments sowie die Weiterentwicklung der Synchronoberflächentechnologie.

BTH Heimtex: Sie haben auch die Zusammenarbeit mit I4F vertieft und das Drop-Lock-System für Ihre PP-basierten Produkte qualifiziert. I4F erhält die Rechte zur Lizensierung der PP-Technologie. Warum stärken Sie diese Partnerschaft?

Pohl: Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren in allen Patentbelangen mit I4F zusammen. Für uns ist es der ideale Partner um unsere eigenen Entwicklungen für den gesamten Markt nutzbar zu machen und damit die gesamte Branche zu nachhaltigeren Lösungen zu bewegen. Damit wollen wir unsere Vision unterstützen, den Bodenbelagsektor nachhaltiger, fortschrittlicher und wirtschaftlich effizienter zu gestalten.

BTH Heimtex: Classen war in diesem Jahr bereits auf der BAU in München und der Surfaces in Las Vegas vertreten. Halten Sie am Konzept Messe fest?

Pohl: Unser Fokus liegt auf diesen beiden Messen, die für uns am relevantesten sind, abgesehen von kleineren Lokal- oder Hausmessen. Gerade die BAU hat sich dem Thema Bodenbelag sehr geöffnet und uns in diesem Jahr wieder bestätigt, dass es die richtige Entscheidung war, dort zu sein. Die Messen sind für uns auch eine zeitliche Orientierung für die Einführung von neuen Produkten. Bei den Flanders Flooring Days waren wir im letzten Jahr das erste Mal und werden dieses Jahr wieder dort vertreten sein.

BTH Heimtex: Zum Abschluss: Welche Trends beobachten Sie aktuell in der Branche?

Pohl: Neben Hybdridböden, dem Digitaldruck, Recycling und PVC-freien Böden verändern sich auch die Farbtrends. Vor fünf Jahren wollte jeder graue Böden haben, inzwischen geht es in die andere Richtung. Die Nachfrage nach Böden mit natürlichen, warmen Holzoptiken ist wieder sehr stark. Das beobachte ich weltweit, zum Beispiel auch in Nordamerika. Dort gibt es zwar immer noch eigene Trends, insgesamt sind die Böden aber doch eher europäisch inspiriert.

Die Fragen stellte Gesche Peters.



Cradle-to-Cradle-Zertifikat für Ceramin
Für den selbstentwickelten Bodenbelag Ceramin hat Classen im März 2025 das Zertifikat Cradle to Cradle Material Health in Bronze erhalten. Dafür wurde er auf Materialgesundheit und Umweltverträglichkeit hin überprüft, mit dem Ergebnis, dass der Belag frei von gesundheitsschädlichen Stoffen ist. Außerdem geht es bei Cradle to Cradle (auf deutsch "von der Wiege zur Wiege") darum, Kreislauffähigkeit auszuzeichnen. Dadurch, dass Ceramin aus recyceltem und recycelbarem Polypropylen besteht, kann man ihn nach seiner Nutzung wieder in den Produktionskreislauf einbringen - er ist also kreislauffähig.


Daten + Fakten Classen-Gruppe
W. Classen GmbH & Co. KG
Werner-von-Siemens-Str. 18-20
56759 Kaisersesch
Tel.: 02653/9 80-0
info@classen.de
www.classengroup.com

Geschäftsführung:
Dr. Hans-Jürgen Hannig
Stefanie Quervel
Matthias Gorecki
Marketing- und
Vertriebsleitung:
Céline Quervel
Leitung
Produktmanagement: Patrick Pohl
Umsatz 2022: 641,7 Mio. EUR
Beschäftigte: rund 2.000
Produktionsstandorte:
-Kaisersesch
(Zentrale und Ceramin-Produktion)
-Baruth
(Laminatproduktion)
-Rybnik/Polen
(Türenproduktion)
"Hybridboden ist für Classen eine ganz neue Kategorie"
Foto/Grafik: Classen
Im neuen Hybridboden kombiniert Calssen seine Kernkompetenzen: Laminat und Designboden aus Polypropylen. Er wird ab dem Sommer erhältlich sein.
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Foto/Grafik: Classen
Patrick Pohl
Produktmanagement Classen

Nachdem er im Jahr 2012 als Key-Account-Manager im Vertrieb von Classen angefangen hatte, ist Patrick Pohl Ende 2017 in das Produktmanagement gewechselt. Zunächst war er dort als Produktmanager tätig, seit 2020 leitet er die Abteilung und das Designcenter.
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Foto/Grafik: Classen
Fakten zum Hybridboden

Der Hybridboden wird schwimmend verlegt und besteht aus drei Lagen: 0,5 mm Deckschicht aus Polypropylen, 5,8 mm Trägerplatte aus Holz, 2,0 mm schalldämmender XPS-Trittschall-Schicht. Er hat eine Stärke von 7,8 mm und das Format 128,5 cm x 19,2 cm. Mit der Nutzungsklasse 33 und Abriebsklasse AC 6 ist er für die gewerbliche Nutzung zugelassen. Das Portfolio umfasst zwölf Dekore. Der Boden wird in Kaisersesch gefertigt, mit einer Classen-Trägerplatte aus Baruth.
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Foto/Grafik: Classen
Für den Bodenbelag Ceramin wird Rezyklat aus Post-Consumer-Materialien eingesetzt.
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Foto/Grafik: Classen
Der Hybridboden ist wasserresistent und kann daher auch in Feuchträumen zum Einsatz kommen.
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Foto/Grafik: Classen
Am Hauptsitz in Kaisersesch stellt Classen neben Ceramin auch den Hybridboden her.
aus BTH Heimtex 04/25 (Wirtschaft)