40 Jahre MZE

Vom Handwerker zum Einrichter

MZE feiert in diesem Jahr 40 jähriges Bestehen. Wir haben mit Vertriebsleiter Helmut Stauner über vier Jahrzehnte Verbandshistorie, über Möbelkultur, Marktveränderungen und den Glauben an die Stärke von Handwerk und Mittelstand gesprochen.

Als Dr. Richard Gehse im Jahr 1985 den Möbel-Zentral-Einkauf - kurz MZE - gründete, war der deutsche Einrichtungsmarkt fragmentiert. Mehr als 30 Verbände buhlten um die Gunst von rund 12.000 Möbel- und Einrichtungshäusern. Während der Markt von Großflächen dominiert wurde, hatte Gehse ein anderes Ziel und entschied sich ganz bewusst für die (sehr) kleinen, inhabergeführten Häuser. Er wollte keinen Verband für den Massenmarkt, sondern ein Netzwerk für die Spezialisten. Für die kleineren, oft handwerklich geprägten Betriebe, die Einrichten als Berufung verstanden und nicht als Volumengeschäft.

Gehse, ein analytischer Kopf mit kaufmännischer Expertise und Erfahrung aus seiner Zeit als Geschäftsführer des Deutschen Möbel Verbands (DMV, heute: Europa Möbel-Verbund, EMV) erkannte früh, dass die Zukunft nicht bei den Einrichtungs-Giganten liegt, sondern bei den Spezialisten, die ihren Kunden zuhören. Statt auf Quadratmeter zu setzen, wollte er Qualität, Beratung und Persönlichkeit stärken. Damals ein mutiger Schritt gegen den Trend, heute ein zukunftsweisendes Konzept.

Verband für
inhabergeführte Fachbetriebe

"Wir waren von Anfang an ein Verband für inhabergeführte Fachbetriebe", sagt Vertriebsleiter Helmut Stauner. Er kam 1999 zu MZE und wurde schnell zu einer tragenden Säule in der strategischen Entwicklung. Was damals fast romantisch anmutete - Handwerker mit Herzblut, inhabergeführte Fachgeschäfte mit Persönlichkeit - war in den Jahrzehnten danach oft vom Marktgeschehen bedroht. Die Jahre 1980 bis 2010 beschreibt Stauner als Ära der Giganten. "Die großen Häuser mit 30.000 bis 40.000 m Verkaufsfläche und ihrer enormen Werbekraft haben über Jahre den Ton angegeben. Viele kleinere Möbelhäuser litten unter dem enormen Druck - nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in ihrer Wahrnehmung."
Doch was sich jahrzehntelang wie ein unausweichlicher Strukturwandel anfühlte, hat sich in den letzten zehn Jahren gewandelt. Eine Wende, die für viele überraschend kam, aber nicht für MZE. Der eigentliche Wendepunkt war für Stauner der Eintritt von XXXLutz in den deutschen Markt: "Lutz hat die Spielregeln verändert. Nicht durch noch größere Auswahl, sondern durch rigorose Kostenführerschaft. Das hat die Profitabilität des Großflächengeschäfts infrage gestellt - und damit Raum geschaffen für neue Konzepte." Ein betriebswirtschaftlicher Segen für den österreichschen Möbelriesen, aber eine Zäsur für die Branche. "Die Premiumflächen der großen Häuser haben damit an Relevanz verloren. Und mit dem Rückzug dieser Flächen ist wertvolles Marktvolumen im Hochwertbereich zurück in den Fachhandel gewandert. Eine Riesenchance für die Mittelständler", analysiert Stauner.

Rückkehr der Individualität

Der Markt beginnt, sich zurückzudrehen. Weg vom Massengeschäft, hin zu individueller Beratung und maßgeschneiderten Einrichtungslösungen. "Der Kunde will keine anonymen Hallen, sondern kompetente Partner, die zuhören und gestalten können", sagt Stauner. Ein Trend, der in Österreich bereits früher sichtbar war und dort zur Gründung zahlreicher mittelständischer Studios geführt hat. Viele dieser Betriebe haben einen handwerklichen Ursprung, und genau das ist ihr Vorteil.

Heute zählt MZE allein in Österreich 165 Partnerbetriebe. "Alle mit Persönlichkeit und viele mit eigener Werkstatt oder Manufaktur", so Stauner. Für ihn steht fest: Diese Entwicklung wird auch in Deutschland weiter an Fahrt aufnehmen. Und MZE ist bereit dafür.

Dem Handwerk ein Zuhause geben

Während der Markt schrumpft, wächst MZE strategisch und differenziert. Ursprünglich als Möbelverband gegründet, hat sich dieser längst zu einem interdisziplinären Netzwerk entwickelt und vereint heute fünf Unternehmensbereiche unter einem Dach: Wohnen, Schlafen, Küche, Raumdesign und seit 2025 auch das Handwerk. Der jüngste Bereich heißt "Werkraum". Er ist mehr als eine organisatorische Erweiterung. Mit Werkraum richtet sich MZE gezielt an alle Tischler- und Scheinerbetriebe mit Ausstellung in Deutschland. "Ein längst überfälliger Schritt, mit dem wir dem Schreinerhandwerk endlich die Bühne geben wollen, die es verdient", erklärt Stauner. "Wir brauchten ein klareres Profil und eine klare Ansprache, um in diesem Bereich wachsen zu können. Rund 112 Tischlereien und Schreinereien sind bereits bei MZE organisiert, bislang jedoch anderen Bereichen wie Küche oder Schlafen zugeordnet. Mit Werkraum erhalten sie nun ein eigenes Zuhause - mit eigenem Auftritt, eigenem Schulungskonzept und spezifischer Betreuung." (Siehe hierzu auch Kasten auf Seite 88.)

In Deutschland gibt es rund 5.000 Tischler- und Schreinerbetriebe mit Ausstellung. Ein enormes Potenzial und ein wichtiger Baustein für die Zukunft. "Wir glauben an die gestalterische Kompetenz des Handwerks. Viele dieser Betriebe haben das Potenzial, sich als führende Einrichter in ihrer Region zu positionieren. Ihnen fehlt oft nur die strategische Unterstützung im Marketing, beim Themen wie Digitalisierung und Sortimentserweiterung. Genau hier setzt Werkraum by MZE an. Es geht darum, die Tradition zu bewahren und gleichzeitig die Zukunft aktiv zu gestalten", erklärt Stauner.

Digitalisierung als Werkzeug

Ein zentraler Bestandteil dieser Unterstützung ist die Digitalisierung. Ein Thema, mit dem sich MZE schon seit langem intensiv beschäftigt. Früh wurde hier investiert, sowohl in Technik als auch in Köpfe. Dass der Verband eine große Affinität zu technischen Neuerungen hat, liegt quasi in der Familie: Unter der Leitung von Geschäftsführer Rüdiger Gehse, studierter Informatiker/Programmierer und Sohn des Gründers, wurde eine Digitalabteilung aufgebaut, die heute 16Mitarbeitende zählt. Für einen Verband dieser Größe ein echtes Alleinstellungsmerkmal und zugleich Indikator für den Stellenwert, den dieses Thema bei MZE hat.

"Wir sehen Digitalisierung als Werkzeug", sagt Stauner. "Unsere Mitglieder sollen nicht überfordert, sondern befähigt werden." Denn viele inhabergeführte Betriebe kämpfen weniger mit fehlender Motivation als mit Ressourcenknappheit. Der Mangel an Zeit, Know-how oder Personal bremst digitale Vorhaben aus. Hier bietet MZE konkrete Hilfen: von Webseiten-Konzepten über Social-Media-Strategien bis zu PoS-Tools, die Verkaufsprozesse smarter machen.

Das Ziel: Den Wert des stationären Fachhandels sichtbar machen. "Kunden kaufen nicht bei uns, weil wir die größte Auswahl haben", sagt Stauner. "Sie kommen, weil sie Vertrauen in die Menschen haben - und das muss heute digital erlebbar sein auf Webseiten, in Social Media, in Google-Bewertungen aber auch durch smarte Tools am PoS."

Der Verband als Kompass
in Zeiten des Umbruchs

Dass der Markt dennoch unter Druck steht, ist offensichtlich. Die Zahl der Geschäftsaufgaben steigt. Nicht etwa, weil keine Kunden mehr kommen, sondern weil Nachfolger fehlen. Vielerorts gelingt der Generationswechsel nicht. Und das bei gleichzeitig steigenden Anforderungen: Digitalisierung, E-Rechnung, Social Media, verändertes Konsumverhalten - all das verlangt nach neuen Kompetenzen, neuen Strategien, neuen Konzepten. Auf der anderen Seite steigen auch die Kosten permanent, was nicht immer mit einem Anstieg der Renditen einhergeht, so dass die Erträge weniger werden.

"Viele Unternehmer stehen heute vor einem Berg aus Aufgaben. Wenn dann womöglich noch Personalprobleme dazu kommen, fragen sie sich, ob sie nochmal investieren oder lieber früher aufhören sollen", so Stauner. Die Rolle des Verbandes in dieser Situation? Klare Orientierung geben. Und Perspektiven aufzeigen, wie Zukunft gelingen kann.

Dabei versteht sich MZE nicht als Mahner, sondern als Mutmacher und sieht in der Marktveränderung eine historische Chance für den gehobenen Fachhandel. Denn wenn sich der Handel weiter konzentriert, wird sich der Hochwertbereich aus den Großflächen zurückziehen und in die Hände der Spezialisten übergehen. Das könnten dann Raumausstatter, Tischlereien, Küchenfachhändler oder Bettenhäuser sein. Aber auch Einrichtungsstudios, die als Generalisten auf kleiner Fläche agieren. "Das ist unsere große Chance und sie kommt schneller, als viele glauben", sagt Stauner. "Deshalb müssen wir als Verband immer einen Schritt voraus sein und Konzepte entwickeln, die die Zukunft unserer Mitglieder sichern. Das ist unsere Aufgabe."

Motivation zur Selbständigkeit

Der Rückzug der Flächen verändert auch das Verständnis von Selbstständigkeit. Ein vollwertiges Einrichtungshaus auf 300 m? Früher undenkbar, heute ein realistisches Geschäftsmodell. Nicht, weil weniger ausreicht, sondern weil anders gedacht wird. Stauner bringt es auf den Punkt: "Der Kunde will nicht 350 Couchgarnituren sehen. Er will jemanden, der zuhört. Der versteht, was er braucht und der ihm dann die passende Lösung zeigt." Das sei keine Frage der Größe, sondern der Haltung.

Ein Beispiel: MZE-Mitglied Myr Deco & More aus Esslingen. Lange als klassischer Raumausstatter mit 110m unterwegs, wagte das Ehepaar Nicole und Mario Mayer im Herbst 2024 den Schritt zum ganzheitlichen Einrichtungshaus mit neuer Fläche (380 m), neuem Konzept und erweitertem Angebot inklusive Küche. Das Ergebnis: Volle Auftragsbücher und positives Kundenfeedback. "Ein mutiger Schritt, der zeigt, wie viel möglich ist, wenn man sich traut", sagt Stauner.

Die Zukunft gehört den Gestaltern

40 Jahre MZE. Eine Erfolgsgeschichte. Ja, aber vor allem: ein Zukunftsversprechen. Der Verband hat sich vom reinen Einkaufsverbund zu einem echten Kompetenznetzwerk entwickelt. Er gibt Orientierung, bietet Struktur und stärkt die unternehmerische Freiheit seiner Mitglieder.

MZE glaubt an die Kraft des Handwerks, an die Intelligenz des Mittelstandes und an das Potenzial der Individualität. Nicht als nostalgisches Ideal, sondern als realistische Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart. Oder, wie Helmut Stauner es formuliert: "Die Zukunft gehört nicht den Produktverkäufern, sondern den Problemlösern mit Persönlichkeit, die ihren Kunden zuhören können."
| Michaela Fischer



Daten + Fakten MZE
MZE Möbel Zentral Einkauf GmbH
Lohweg 31
85375 Neufahrn b. Freising
Tel.: 08165/95 26-0
info@mze.de
www.mze.de

Geschäftsführung:
Rüdiger Gehse
Vertrieb: Helmut Stauner
Gründungsjahr: 1985
Beschäftigte: 44
Unternehmensbereiche
(Anzahl Partnerbetriebe):
-Wohnen (150)
- Küche (150)
-Schlafen (200)
-Raumausstattung (165, davon 65 in der Fachgruppe "Der Textile Einrichter")
-Werkraum (seit 2025)
Vom Handwerker zum Einrichter
Foto/Grafik: MZE
Das eingespielte Raumdesign-Team mit Bereichsleiter Oliver Aster, Roman Betz (Einkauf), Christiane Jol (Assistenz) und MZE-Vertriebsleiter Helmut Stauner.
Vom Handwerker zum Einrichter
Foto/Grafik: MZE
Pionier mit Weitblick: Dr. Richard Gehse gründete den MZE 1985 als Gegengewicht zu den wachsenden Möbel-Großflächen.
Vom Handwerker zum Einrichter
Foto/Grafik: MZE
Persönliche Beziehungen sind bei MZE seit jeher wichtig. Im Bild: Geschäftsführer Rüdiger Gehse, Mitglied Peter Weinberger (Weinberger Einrichten) und Karin Gehse, Ehefrau des Gründers.
Vom Handwerker zum Einrichter
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In Neufahrn bei Freising, gut 25 Kilometer nördlich von München, ist MZE zu Hause.
Vom Handwerker zum Einrichter
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MZE hat frühzeitig in digitale Kompetenz investiert. Heute zählt das hauseigene Digitalteam 16 Mitarbeitende.
Vom Handwerker zum Einrichter
Foto/Grafik: MZE
Präsenz zeigen auf allen Kanälen: Ob als Besucher oder Aussteller – MZE ist auf Messen aktiv unterwegs. Der persönliche Austausch mit den Mitgliedern bleibt ein zentraler Erfolgsfaktor.
aus BTH Heimtex 05/25 (Wirtschaft)