Kleiner Fehler - Großer Schaden: Vereinbartes Verlegemuster des keramischen Fliesenbelags missachtet

Drittelverband gewünscht, aber nicht ausgeführt

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es im wahrsten Sinne um einen kleinen Fehler in einem Drittelverband, der jedoch große optische Auswirkungen hatte.

Ein Fliesenleger-Meisterbetrieb erhielt den Auftrag, in einer Kindertagesstätte sämtliche Fliesenarbeiten an Böden und Wänden auszuführen. Hierbei wurden im Leistungsverzeichnis die jeweiligen Verlegemuster festgelegt. Gemäß Kundenwunsch sollte der fertige Fußboden mit einer Steinzeugfliese im Format 30 x 60 cm im Drittelverband verlegt werden. Beim Drittelverband ist der Versatz auf ein Drittel der Plattenlänge definiert. Demzufolge wäre der Versatz des Fliesenmusters mit 20 cm festgelegt.

Nach Aussagen der Bauleitung und des Bauherrn wurde sehr großer Wert auf das optische Erscheinungsbild der Fliesenverlegung gelegt. Allerdings war der Fliesenverleger mit der Verlegetechnik überfordert, die ein sehr genaues Arbeiten und gründliche Planung erfordert, lautete die nachträgliche Einschätzung der Beteiligten. Aufgrund von optischen Beeinträchtigungen, entschied sich die Bauleitung, die Flächen von einem Sachverständigen begutachten zu lassen. Bereits beim ersten Begehen stellte dieser fest, dass vielfach das Verlegemuster nicht eingehalten worden war.


Schaden

Nichteinhaltung des vertraglich vereinbarten Verlegemusters

Der Sachverständige nahm sämtliche Flächen mit dem gewünschten Fliesenbelag in Augenschein. Die Überprüfung der insgesamt 43 Räume ergab, dass in 38 Räumen das vereinbarte Fliesenmuster nicht eingehalten worden war.


Ursache

Mangelnde Sorgfalt bei
Ausführung des Drittelverbands

Als Ursache ist die fehlerhafte Verlegung des Drittelverbands festzuhalten. Gemäß den Verlegevorschriften für Fliesenbeläge wird gefordert, dass Fugen fluchtrecht zu verlegen sind. Dies gilt auch bei der Verlegung im Verband. Im Drittelverband muss jede dritte Fuge fluchtgerecht zur vorherigen Fuge verlegt werden. Die Norm DIN 18352:2016-09 beschreibt diesen Passus wie folgt:

3.2.1.2 Fliesen, Platten und Mosaik sind lotrecht, fluchtrecht und waagerecht oder mit dem angegebenen Gefälle unter Berücksichtigung des angegebenen Höhenbezugspunktes anzusetzen oder zu verlegen.

Die Ausgabe der DIN 18352:2019-09 führt diesen Passus nicht mehr. Demzufolge ist fraglich wie dieser Aspekt aktuell zu werten ist.

Die Herausforderung in diesem Bauvorhaben bestand wie so häufig im zeitlichen Verzug der Fertigstellung und aus technischer Sicht in den verbauten Abdichtungen in den Bädern. Beim Rückbau des Fliesenbelags würde die Gefahr bestehen, dass sämtliche Dichtbänder beschädigt werden. Dies würde wiederum dazu führen, dass die erste Reihe der Wandfliesen ebenfalls entfernt werden müsste, um das neue Dichtband gemäß DIN18534 "Abdichtung von Innenräumen" einzulegen.

Als weitere Schwierigkeit hierbei wurde erkannt, dass vielfach Trockenständerwände mit Gipskartonplatten verbaut wurden, die beim Rückbau beschädigt und zusätzlich saniert werden müssten. Demzufolge war der Rückbau hinsichtlich der Faktoren Zeit und technischer Problemstellungen nicht möglich.

In diesem Fall ist die Zuordnung für die Schadensursache sehr eindeutig. Allein der Fliesenleger trägt die Verantwortung. Aufgrund der Tatsache, dass ein Rückbau der Fliesen - vor allem in den Bädern und Waschräumen - einer Kernsanierung gleichgekommen wäre, wurde vom Bauherrn der Rückbau nicht gefordert.


Verantwortlichkeit

Fliesenfachbetrieb haftet
und muss Kosten übernehmen

Für den Fliesenlegerbetrieb war dieser kleine Fehler ein sehr teurer Schaden, denn der Nachlass für den Auftraggeber wurde den notwendigen Sanierungskosten gleichgestellt. Dieser Fall zeigt eindrucksvoll, dass es manchmal nicht nur um technische Normen oder Regelwerke geht, sondern dass vermeidbare Unachtsamkeiten des Verlegers sehr kostspielig werden können.
Drittelverband gewünscht, aber nicht ausgeführt
Foto/Grafik: Kuntner
Das Verlegmuster ist sehr schön erkennbar. Die gelben Hilfslinien zeigen den perfekten Drittelverband am Verlegmuster.
Drittelverband gewünscht, aber nicht ausgeführt
Foto/Grafik: Kuntner
Auch hier ist der Fehler im Verband deutlich erkennbar.
Drittelverband gewünscht, aber nicht ausgeführt
Foto/Grafik: Kuntner
Auf den ersten Blick liegt ein korrekter Drittelverband vor.
Bei genauerer Betrachtung jedoch stört das Auge etwas –
die Abweichung wird deutlich.
Drittelverband gewünscht, aber nicht ausgeführt
Foto/Grafik: Kuntner
Hier einer der wenigen Räume, in denen bis auf die letzte Reihe der Drittelverband eingehalten ist.
Drittelverband gewünscht, aber nicht ausgeführt
Foto/Grafik: Kuntner
Der Autor
Gutachter Georg Kuntner ist von der HWK Mannheim
Rhein-Neckar-Odenwald öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk.

In den Rotwiesen 25 69242 Mühlhausen
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aus FussbodenTechnik 02/25 (Wirtschaft)