Novellierte Gefahrstoffverordnung: Was Unternehmen wissen müssen
Neue Regeln für den Umgang mit Asbest
Die novellierte Gefahrstoffverordnung enthält wesentliche Änderungen für Tätigkeiten mit Asbest beim Bauen im Bestand. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) sowie die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) und weitere Branchenvereinigungen informieren über die Neuerungen.Seit 1993 sind Tätigkeiten mit Asbest in Deutschland grundsätzlich verboten. Die alte Gefahrstoffverordnung sah Ausnahmeregelungen lediglich für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten vor. Nicht geregelt waren bislang Tätigkeiten mit asbesthaltigen Baustoffen wie Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber beim Bauen im Bestand. Hier schafft die am 5. Dezember 2024 in Kraft getretene Gefahrstoffverordnung nun mehr Klarheit.
Ampel-Modell für Risikobewertung
Mit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung wird ein risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen eingeführt. Das Konzept definiert drei Risikobereiche:
• hohes Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung>100.000 Fasern/m
3)
• mittleres Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung < 100.000 Fasern/m
3)
• geringes Risiko (Asbest-Faserstaubbelastung < 10.000 Fasern/m
3)
Aufgrund der Farbgebung der Risikobereiche (rot, gelb, grün) wird das Maßnahmenkonzept auch "Ampel-Modell" genannt. Damit können Unternehmen für die Arbeit mit krebserzeugenden Gefahrstoffen die Schutzmaßnahmen risikobezogen festlegen. Je höher die Belastung am Arbeitsplatz ist, desto anspruchsvoller müssen die Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten sein. In der Praxis wird dieses Konzept bereits seit einigen Jahren über die Technische Regel für Gefahrstoffe 910 angewendet.
Was Unternehmen jetzt wissen müssen
Mit der neuen Gefahrstoffverordnung werden Tätigkeiten zur "funktionalen Instandhaltung" baulicher Anlagen im Bereich geringer und mittlerer Risiken legalisiert und dürfen mit entsprechenden Schutzmaßnahmen und den erforderlichen Qualifikationen ausgeführt werden. Tätigkeiten mit hohen Risiken sind weiterhin mit strengen Anforderungen verbunden und können nur von Fachfirmen mit Zulassung sicher durchgeführt werden. Handwerksbetriebe werden solche Arbeiten faktisch nicht ausführen.
Neu eingeführt wurde außerdem eine Stichtagsregelung: Demnach muss in allen Gebäuden, die vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurden, mit Asbest in den Baustoffen beziehungsweise der Bausubstanz gerechnet werden. Es wird eine Informations- und Mitwirkungspflicht des Veranlassers von Bauarbeiten eingeführt. Dieser muss dem beauftragten Unternehmen künftig alle ihm vorliegenden Informationen, im Wesentlichen Angaben zum Baujahr oder Baubeginn oder zur Schadstoffbelastung des Gebäudes, zur Verfügung stellen. Das Baujahr ist vom Unternehmen wiederum in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Ist die Sachlage nicht klar, muss das Bauunternehmen eine Erkundung in den Gebäuden durchführen lassen, um das Vorhandensein von Asbest zu klären.Entstehende Kosten gelten als besondere Leistung.
Für alle Tätigkeiten mit Asbest ist wie bisher auch weiterhin die Sachkunde für die aufsichtführende Person erforderlich, die während der Tätigkeiten ständig vor Ort anwesend ist. Neu ist die Sachkundeanforderung für Tätigkeiten mit potenziell asbesthaltigen Materialien. Dafür gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren. Arbeiten mit Asbest dürfen nur von Beschäftigten ausgeübt werden, die über Grundkenntnisse zu Asbest (Fachkunde) verfügen. Da die Anforderung an die Qualifikation der Beschäftigten neu eingeführt wird, gilt auch hierfür eine dreijährige Übergangsfrist.
Verboten bleibt die feste Überdeckung, Überbauungoder Aufständerungan Asbestzementdächern. Neu hinzugekommen ist ein Überdeckungsverbot für Asbestzementwand- und -deckenverkleidungen sowie asbesthaltige Bodenbeläge.
Weiterhin obligatorisch bleibt die formale unternehmensbezogene und objektbezogeneAnzeige der Tätigkeiten mit Asbest bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde sowie die Übermittlung einer Kopie an den zuständigen Unfallversicherungsträger.
BG Bau unterstützt bei der Umsetzung
Um die Anforderungen der neuen Gefahrstoffverordnung sicher und rechtskonform umzusetzen, stellt die BG Bau ihren Mitgliedsunternehmen unter anderem folgende Angebote zur Verfügung:
- Mit der Arbeitsschutzprämie"Schutzpaket für das Bauen im Bestand" fördert die sie mit bis zu 5.000 EUR die technische Grundausstattung, die für ein sicheres Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien erforderlich ist. Dazu gehören zum Beispiel Handmaschinen mit Absaugung, Bauentstauber, Luftreiniger oder Staubschutztüren sowie Schleusen.
- Mit dem E-Learning-Modul "Grundkenntnisse Asbest"können die Beschäftigten den theoretischen Teil der Grundkenntnisse im Lernportal der BG Bau erarbeiten. Die Branchenlösung soll zeitnah überarbeitet und in einen Leitfaden überführt werden, der eine praxistaugliche Vorgehensweise vorgibt.
- Weitere Informationen: www.bgbau.de/asbest.
aus
Parkett Magazin 02/25
(Wirtschaft)