ter Hürne: Bernhard ter Hürne im Interview

"Unser Weg ist die Wertigkeit"

Alle Augen sind derzeit nach Südlohn gerichtet, wo ter Hürne in der Krise eine Unternehmenskonjunktur erlebt. Wie geht das, wollte Parkett Magazin wissen und sprach mit Bernhard ter Hürne über Millionen-Investitionen, Mehrwert-Konzepte und Steve Jobs-Momente.

Parkett Magazin: Herr ter Hürne, als wir am letzten Tag der BAU miteinander sprachen, haben Sie ein ausgeprochen positives Fazit für Ihr Unternehmen gezogen. Hat sich das auch im Nachgang bestätigt?

Bernhard ter Hürne: Ja, die BAU war für uns ein Erfolg auf ganzer Linie und hat sich auch wirtschaftlich sehr gelohnt. Viele sagen, das sei keine Ordermesse. Für uns schon: Wir konnten täglich Abschlüsse für die neuen Sortimente tätigen.

Wenn Sie Zahlen haben möchten: Wir haben 27 % mehr Umsatz auf der Messe direkt geschrieben als auf der Vorveranstaltung 2023. Und wir reden dabei über einen Umsatz in relevant siebenstelliger Höhe. Wir hatten 20 % mehr Kundenbesuche - also nicht Einzelkunden, sondern Kundengruppen. Und wir hatten 46 % Neukontakte, plus weitere 6 %, die auf unserer Zielkundenliste standen, also insgesamt 52 %. Das heißt, über die Hälfte der Messebesucher, mit denen wir ernsthafte Gespräche geführt haben, sind neu für uns.

Dafür war die Bestandskunden-Dimension geringer. Es haben sich wohl doch viele Händler aus dem deutschsprachigen Raum gesagt, wenn die Türenbranche fehlt, Bodenbeläge nicht vollständig vertreten sind und auch der Markt gerade nicht so gut läuft, kann ich mir die Reise zur BAU sparen.

Aber wie gesagt: Für uns war das Messeergebnis auf Basis dieser Zahlen sensationell. Wir wachsen aktuell sehr dynamisch, gerade auch im Kontext der Umsetzung unserer neuen Produktkonzepte. Die spüren wir im Auftragseingang, wenn auch noch nicht im Umsatz.

Auf Ihrem Messestand war kein Produkt älter als zehn Monate. War das - plus die gute Standplatzierung - der Grund für Ihre derzeitige Erfolgssträhne? Oder was machen Sie anders oder besser als andere?

Ich denke, die BAU war ein Stück weit erstmal nur ein Kulminationspunkt. Wir haben uns vorher auch schon angestrengt. Und man kann das auch gar nicht nur an den Messe-Neuheiten festmachen.

Das vergangene Jahr war für uns durchaus anstrengend, wie für jeden anderen auch. Wir hatten einen leichten Rückgang geplant und lagen dann knapp 7 % unter Vorjahr. Das war sehr herausfordernd, weil zugleich die Kosten für die Logistik, die Maut, für Personal und Material gestiegen sind und bei uns noch steigende Abschreibungen hinzukommen. Kosten weitergeben ging nur sehr begrenzt, aber wir konnten dem mit einer hohen Kostendisziplin begegnen.Wir haben sogar trotzdem im Personal zugelegt und sind damit wahrscheinlich eines der wenigen Unternehmen in der Bodenbelagsbranche, das mit mehr Mitarbeitern aus dem Jahr 2024 hinaus- als hineingegangen ist.

Und in zwei Bereichen haben wir 2024 überhaupt nicht gebremst: neue Sortimente und Neukunden. Deshalb hat unsere Entwicklung seit dem Jahresstart 2025, nämlich, dass wir im Umsatz in einer Dimension um die 15 % wachsen, eigentlich mehr mit diesen Themen aus 2024 zu tun als mit der BAU selber. Die Dynamik, die sich zusätzlich aus der Messe ergibt, kommt eigentlich erst noch.

Wenn Sie mich fragen, was wir besser machen als andere, kann ich das nicht beantworten, weil wir nicht komparativ unterwegs sind. Wir konzentrieren uns stark auf uns und das, was wir tun. Und wir fragen uns intensiv - und das nicht erst seit heute, sondern schon die ganzen letzten Jahre - was der Konsument wirklich sucht, wie er sich orientiert und ob wir mit unseren Antworten, die wir ihm darauf geben, unseren Handelspartnern ein verständliches, übersichtliches Gesamtkonzept bieten, das sie mit Marge erfolgreich umsetzen können.

Zudem sind wir als Organisation sehr flach und marktnah organisiert, und dementsprechend auch mit einer hohen Geschwindigkeit in der Umsetzung dessen unterwegs, was wir am Markt sehen.

Wenn ich dann noch über Sortimente nachdenke, sind wir zum Beispiel sehr effizient, was die SKU-Zahlen anbetrifft und wollen auch effektiv bleiben. Zum einen, um den Entscheidungsprozess für den Konsumenten so einfach wie möglich zu halten und zum anderen, um unsere Handelskunden mit Themen wie effizienter Kapitalbindung und vor allem Verfügbarkeit zu überzeugen.

Das sind die Bausteine unserer Grundkonzeption, die wir mit einer hohen Stetigkeit, Konsequent und Schnelligkeit betreiben. Daneben bleiben wir unserer strategischen Orientierung treu, handeln langfristig und verbindlich, sind nachvollziehbar für unsere Partner und kaufmännisch fair. Und in den Zeiten, die wir gerade erleben, sind das doch Dinge, die in Teilbereichen bei dem einen oder anderen in Frage stehen. So erlaubt uns die Summe der Umstände eine unternehmenseigene Konjunktur.

Da klingt ganz stark eine hohe Kunden- und Marktorientierung durch. Sie suchen die Nähe erst auf der BAU im Januar und kurz darauf mit einer elfwöchigen Hausmesse. Das macht sonst keiner. Zu teuer, zu aufwendig etc. Salopp gefragt: Warum tun Sie sich das an?

Wir sind ein Produzent, auch ein marktrelevanter Produzent. Aber unsere Kreativität beschränkt sich nicht nur auf das, was wir selbst herstellen, sie geht weiter. Und unser Geschäftsmodell basiert darauf, etwas zu entwickeln und in strategischen Partnerschaften umzusetzen und genauso, etwas zu entwickeln und in der eigenen Fertigung umzusetzen. Aus dieser Verbindung entsteht Geschwindigkeit. Und dann aus diesen beiden Quellen ein sinnvolles Gesamtangebot für unsere Handelspartner zu schaffen, in dem die einzelnen Komponenten miteinander einen Mehrwert darstellen, ist eine Herausforderung, aber auch ein Geheimnis.

Dieses Thema Innovationskraft bedingt eine stetige und sinngetriebene Erneuerung der Sortimente. Das bedeutet eine stramme Taktung. Dafür brauchen wir regelmäßig Plattformen wie eine gute Messe, um mit unseren Kunden schnell und effizient Sortimentskonzepte umsetzen zu können. Gleichzeitig können wir damit neue Partner von unserer Innovationskraft überzeugen.

Das schafft man mit einer Hausmesse nicht in gleicher Form. Aber es gibt auch Sortimente, die strategisch wichtig nur im Kontext einer Hausmesse ausreichend intensiv den nötigen Kontext bekommen. Und deshalb ist auf der einen Seite unser Geschäftsmodell der Kernantrieb, warum wir uns gerade so dynamisch bewegen, auf der anderen Seite gibt es eine Notwendigkeit, sich extern zu zeigen und im Rhythmus zu bleiben. Und eben nicht auf die Bremse zu treten, wenn das Umfeld schwieriger wird.

Sie verhalten sich damit genau konträr zu den meisten Wettbewerbern, die aufgrund der Kaufzurückhaltung des Endverbrauchers ihre Entwicklungstätigkeit zurückfahren.

Der Konsument ist das eine, aber lassen Sie uns mal über den Handel nachdenken. Was erlebt der? Einen schwierigen Markt - schon 2023, 2024 auch und 2025 wird es auch nicht einfacher, im deutschsprachigen Raum wohl erst 2026. Also schaut er sich seine Lieferanten an und überlegt, wie er mit weniger sein Geschäft effizienter gestalten kann. Und welche sind dann attraktiver? Die, die bremsen und sparen? Oder die, die dynamisch nach vorne gehen, die innovativ sind, mit denen er Perspektiven für die Zukunft sieht?

Wahr ist natürlich, dass wir in einem hochdynamischen Markt mit neuen Sortimenten erstmal per se auf eine viel stärkere Umsetzungsbereitschaft beim Handel treffen. Aber die strategische Relevanz der gerade stattfindenden Entscheidungen ist von der Tragweite her viel substanzieller. Wenn der Handel sich konzentriert, Effizienz sucht und uns dann als den Anbieter sieht, wo Zukunft geschaffen wird, neue Ideen kommen, neue Umsatzperspektiven generiert werden und sich deshalb für uns entscheidet - dann haben wir etwas richtig gemacht.

Insofern denken wir da anders. Vielleicht haben wir auch den Vorteil, dass grundlegende Entscheidungen bei uns schon viel weiter zurückliegen. Deshalb segeln wir zwar auf dem gleichen Ozean wie die anderen, inmitten hohen Wellengangs und eines bedrohlichen Sturms, der vielleicht auch das eine oder andere Schiff zum Kentern bringt, aber wir ziehen unsere strategischen Schritte uneingeschränkt weiter durch und spüren diesen Sturm mittlerweile als Wind in unseren Segeln. Eine Krise oder schwierige Rahmenbedingungen sind genau das Umfeld, wo aus den Prozessen, die währenddessen stattfinden, die Zukunft definiert wird. Und da wollen wir der attraktivste Gesprächspartner für den Handel sein.

Deshalb bewerte ich nicht, was der Konsument macht, sondern was wir mit dem Handel umsetzen können und wie der Handel aus der Zusammenarbeit mit ter Hürne profitieren kann.

Wie lange liegen diese grundlegenden Entscheidungen zurück?

Wir denken strategisch grundsätzlich in Fünf-Jahres-Plänen. Dahinter steht eine darüber hinausgehende Vision, wo wir längerfristig hinwollen - auf Basis des eben beschriebenen klaren Geschäftsmodells, was wir tun, mit wem wir das tun und wie wir das tun. Diese grundlegende Entscheidung war damals, dass wir Mehrwert wollen und nicht die Kostenführerschaft; dass wir besser werden müssen, innovativer, dass wir uns mit Produkten befassen, die nicht jemand gleich kopieren kann und das auch noch billiger. Also innerhalb eines strategischen Porter-Modells (Modell des US-amerikanischen Ökonoms Michael Porter zur Wettbewerbsanalyse und Positionierung, Anm.d.Redaktion) darüber nachzudenken, wie man Angebote schafft, die dem Konsumenten Nutzen bringen und zugleich Barrieren beinhalten, die nicht jeder überwinden kann. Das ist der strategische Hintergrund, warum wir zum Beispiel Hywood machen oder den Bereich Wand-Decke dynamisieren.

Wir befinden uns in einem Prozess, der 2018, 2019 gestartet ist und liegen derzeit gut. Da muss man als Unternehmer auch dankbar sein, wenn man seine grundlegenden strategischen Überzeugungen nicht korrigieren muss, weil sie gut gedacht waren, von unseren Kunden und Partnern mitgetragen werden und auch in einer schwierigen Wetterlage funktionieren. Im Moment denken wir bis 2030 und zeigen auf der Hytime ein ganz klares Bild, wo wir dann stehen wollen.

Das heißt, diese strategischen Überlegungen wurden nicht erst durch die Erfahrungen in der Corona-Zeit beeinflusst?

Sicher hat Corona einiges beeinflusst, aber uns auch in vielen Bereichen, mit denen wir uns vorher schon befasst haben, in die Karten gespielt. Die Zielsetzung unserer Positionierung ist, führend im Bereich wohngesunder Böden/Produkte zu sein und dafür auch erkannt zu werden. Wohngesunde Produkte sind der eine Kern unserer Positionierung, der andere ist, dass wir unsere Produkte immer mit einem Mehrwert im Vergleich zum Durchschnitt versehen wollen - auch auf der B2B-Ebene.

Aber im Zentrum steht die Wohngesundheit. Da hat die Corona-Pandemie direkt in die Kasse eingezahlt, auch wenn sie nicht direkt mit dem Thema Wohnen zu tun hatte, aber sie wirkte sich auf das Wohnen aus, weil die Menschen einerseits mehr zuhause waren und sich andererseits mit ihrer Gesundheit befasst haben.

Und gleichzeitig haben wir überlegt, Stichwort Mehrwert, wie wir Parkett besser machen können, gesünder, erlebbarer - das sind genau diese Kernausrichtungen, die sich nun mit den Investitionen manifestieren. Wir können nun Dinge umsetzen, die uns vorher nicht möglich waren.

Wie entstehen diese Überlegungen und Zielsetzungen? Sind sie alle made by Berhard ter Hürne?

Nein, wir sind keine One-Man-Show. Das sind nicht nur meine Gedanken, sie entstehen im Austausch, extern wie intern. Es ist wichtig, eine gemeinsame strategische Identität, Verständnis für unser Geschäftsmodell und unsere Positionierung zu schaffen, und zusammen zu überlegen, was wir auf dieser Strecke bis 2030 noch machen können und wollen. Und uns befruchtet auch der Zugang von neuen Menschen. Es ist immer erfrischend, neue Gedanken mit in die Diskussion aufzunehmen.

Das klingt alles überlegt, folgerichtig und konsequent. Trotzdem fragen sich in der Branche manche: Wie macht Bernhard ter Hürne das? Wie finanziert er Millionen-Investitionen und kauft auch noch seinen Bruder aus?

Ja, das waren schon einige Millionen an Investitionen: Von 2021 bis heute 15 Mio. EUR in die Technik, dazu kommen noch die Gebäude. Und wenn ich auf die Strecke 2025 bis 2030 schaue, wird die Zahl noch etwas größer werden. Das ist eine relevante Größenordnung, aber wir hatten auch Nachholbedarf. Deshalb ist unsere Abschreibungsdimension gar nicht so groß. Und wir sind als Unternehmen sehr gesund, stark in der Substanz und unverschuldet.

Wenn Sie das Gesellschafterthema ansprechen: Da kommt es auch darauf an, wie man so etwas innerhalb der Familie regelt. Mein Bruder und ich haben bei unserem Start eine gute Grundlage dafür geschaffen, wie wir vernünftig miteinander um- und auseinander gehen können, wenn der eine oder andere mal etwas anderes möchte. Das haben wir meinem Vater versprochen und auch so gehalten.
Die eigentlichen Investitionen, sprich in Technik und Betriebsgebäude etc., müssen wir letztlich über unseren Cash-flow und die Ergebnisse tragen. Das hat bisher auch sehr gut funktioniert.

In den für uns dunklen Tagen 2013 bis 2015 haben wir uns tiefgreifend sanieren müssen und dabei viele neue Prinzipien entwickelt, die sicherstellen, dass wir die Kosteneffizienz, die wir uns damals erarbeitet haben, auch nachhaltig erhalten. Das tut an vielen Stellen auch oft weh, wir haben eine gewisse Leidenskultur im Unternehmen. Wobei das nicht bedeutet, dass unsere Mitarbeiter frustriert sind, sondern ein gewisses gemeinsames Verständnis besteht, dass wir nicht überall in Vorleistung gehen können. Dank dieser Effizienz können wir uns diese Investitionsprogramme leisten - ohne fremdes Eigenkapital. Und die Bankfinanzierungen halten sich im Rahmen der langfristig von mir angestrebten Eigenkapitalquote von > 30 bis 50 %.

Man muss auch sehen: 15 Mio. EUR von 2022 bis 2025 sind knapp 4 Mio. EUR pro Jahr. Das ist gar nicht so abgedreht. Aber in der Taktung und Konsequenz zu bleiben und damit immer auch einen relevanten Neuanteil zu schaffen, das spürt man dann schon am Markt.

Macht es auch etwas aus, dass Sie andere Entscheidungen getroffen haben als andere, vielleicht auch mutiger oder früher?

Andere Entscheidungen auf jeden Fall. Ich glaube auch mutige Entscheidungen und vielleicht auch früher. Aber da fehlt noch ein ganz wichtiger Aspekt und das ist marktnah. Marktnähe kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Marktnähe entsteht, indem man beim Kunden ist, beim Lieferanten ist und das auch in der Führungsstruktur abverlangt. Das sind nicht nur Bernhard ter Hürne, Torsten Nienhaus und Hendrik Voss, das sind viele Menschen, die mit ihrem Engagement sicherstellen, dass wir Marktnähe abbilden können.

Dann hat man viele Resonanzkörper im Unternehmen und es entsteht Durchlässigkeit. Man vermeidet, dass Ideen gegen eingebaute Decken laufen oder gar nicht erst auf die Umsetzungsebene gelangen. Und: Niemand kann einem etwas vormachen, wie das in größeren Organisationen schon mal vorkommen kann.

Nochmal zurück zu den Investitionen. Sie sagten eben, sie eröffnen Ihnen Möglichkeiten, die Sie vorher nicht hatten. Welche?

Das ist zunächst das Zusammenspiel von Basisfunktionen, die mit Qualität zu tun haben. Da reden wir zum einen über das Thema Formatierungsqualität, zum anderen über die Verpackungsqualität. Das dritte und absolutes Zentrum ist die Oberfläche. Und zwar nicht nur im Sinne von Lack oder Öl, sondern vor allem der dreidimensionalen Erlebbarkeit. Dieses Verständnis von Oberfläche bringen wir bei Hywood und Parkett schrittweise an den Markt und glauben, dass wir damit den Erwartungen und Zielsetzungen der Konsumenten besser gerecht werden als der Marktdurchschnitt. Gleichzeitig wollen wir unsere Produkte durch höhere Materialstärken, Verlegefreundlichkeit, bessere Erlebbarkeit, Formatigkeit etc., also Mehrwert in vielerlei Aspekten, positiv beim Verbraucher adressieren und in der Wertigkeit erhöhen.

Das alles betrifft den Sortimentsbereich "Powered by Nature". Wir wollen auf diesem Weg bis 2030 natürlich auch den anderen Bereich "Inspired by Nature", wo wir nicht mit Holz in der Oberfläche arbeiten, in der Leistungsfähigkeit noch weiter nach vorne bringen und darin investieren.

Nicht zu vergessen den Servicegrad mit dem gesamten Thema Logistik. Ende 2024 haben wir die Fertigwarenlogistik um 5.000 m2 erweitert, diesen Monat werden wir einen Bauantrag für die Süderweiterung um 4.500 m2 stellen, um den gesamten Rohwarenbereich aus dem jetzigen Werk auslagern zu können und damit die Voraussetzungen für die nächsten Schritte bei "Inspired by Nature" und die Vollintegration der Wertschöpfungskette von Hywood zu schaffen. Als letzter Schritt folgt dann 2030 in der Osterweiterung das neue Hochregallager. Das ist unser Masterplan bis 2030.

Auf der Hytime reden jetzt erstmal über die Themen Produktqualität und Verbindung aus Oberflächengüte und dreidimensionaler Oberfläche, für die wir eine Führungsrolle im Echtholzbereich in Anspruch nehmen. Warum? Das sagt die Verbraucherstudie der FEP (Verband der europäischen Parketthersteller, Anm.d. Redaktion): Womit entscheiden Konsumenten, wenn sie echtes Holz kaufen? Den Fingerspitzen! Da rangiert die dreidimensionale Produkterfahrung ganz weit oben und nimmt weiter an Bedeutung zu.

Sie gehen offen damit um, dass Sie nicht alle Ihre Produkte in Eigenregie produzieren, legen aber großen Wert darauf, als Parketthersteller wahrgenommen zu werden. Warum?

Zwei Gründe: Zum einen ist die Auseinandersetzung mit natürlichen Materialien und wie man daraus attraktive Produkte macht, ein Kernantrieb, wenn man sich über das Thema Wohngesundheit positioniert. Da sind wir ganz schnell bei Parkett, unserem wichtigsten Produktionsfeld.

Zum anderen, vielleicht ein eher marketinggetriebener Grund, ist Parkett die Königsdisziplin der Hartbodenbeläge und steht in der Wertigkeitswahrnehmung der Konsumenten ganz weit oben. Wenn ter Hürne dort als ein führender Player wahrgenommen wird, wird die Wertigkeit auch auf die anderen Produkte übertragen.

Aus unserem langjährigen Verständnis von Holz und der Leistungsfähigkeit im Parkettbereich entsteht auch ein Mehrwert für die anderen Produkte. Wir setzen uns mit dem Material auseinander, mit Sortierungen, mit jedem einzelnen Holzmerkmal - und das spiegelt sich eben in der Natürlichkeit unserer Dekore für den Sortimentsbereich "Inspired by Nature" wider, wie uns übrigens immer wieder Kunden bestätigen.

Wie hoch sind Ihre Parkettkapazitäten?

Wir könnten insgesamt knapp 3 Mio. m2 produzieren. Wobei wir derzeit wie die gesamte Branche unterausgelastet sind. Allerdings sind wir aktuell im Zweischicht-Bereich ausgelastet, auch deshalb, weil wir für andere Hersteller im Lohn fertigen dürfen. Und nun muss sich zeigen, wie sich die Antidumping-Zölle auf die Kapazitäten in Europa auswirken. Und auch wie sich der Parkettabsatz nach der Zäsur 2023/2024 entwickelt, wenn wir etwas weniger eingeschränkt von exogenen Faktoren sind. Ich glaube nach wie vor, dass wir am Fuße des Zeitalters des Holzes stehen.

Die Parkettbranche ist aus Kostengründen Richtung Osten abgewandert. Wir nicht, wir sind hier. Wir müssen über High Tech funktionieren und über Effizienz, weil der Lohnfaktor bei uns mindestens doppelt so hoch ist wie anderswo. Wobei die Lohnquote in der Parkettfertigung heute deutlich unter 8 % liegt. Von daher ist das gar nicht mehr der wesentliche Antrieb, sondern mehr die Technologie und das Know-how.

Stichwort Lohnfertigung: Klaus Brammertz warb auf den FEP-Tagungen immer für mehr Kooperation auf Produktionsseite innerhalb der Parkettindustrie. Das wäre doch gerade in nachfrageschwachen Zeiten wie aktuell sinnvoll, um eine bessere Auslastung zu erzielen...

Es funktioniert ja auch im Kleinen, aber lassen Sie es mich so sagen: Wir sind in der Branche nicht unbedingt das Epizentrum strategischer Kooperation. Wir stoßen hier an Grenzen, auch an Grenzen, die mit der Maschinentechnologie und sich daraus ergebenden Kapazitäten zusammenhängen.

Aus meiner Sicht ist die größere Verbesserungschance, dass wir uns alle mehr anstrengen sollten, den Mehrwert von Parkett zu kommunizieren und weniger über den Preis zu vermarkten. Manche meinen vielleicht, darüber gewinnen zu können. Aber selbst bei den Kostenführern sieht man nicht wirklich attraktive Zahlen und Ergebnisse. Wir haben ein tolles Produkt - aber ein massives Vermarktungs- und Verkaufsproblem.

Wobei man da auch weiterblicken muss als nur auf die Industrie. Wie gut sind wir in der gesamten Wertschöpfungskette dabei, Mehrwert zu verkaufen? Wie viele wirklich gute Parketthändler gibt es? Sie zeichnen die ja immer mit dem Parkett Star aus, und unsere strategische Zielrichtung ist, bei diesen Unternehmen, mit dem was wir tun, noch eine viel stärkere Resonanz zu erzeugen. Da möchten wir uns mit den Schrittfolgen, die wir jetzt machen, einschließlich der Hytime, noch ganz anders einbringen und verankern, denn dort fühlen wir uns zuhause.

Zumindest schaffen wir es jetzt im Verbund mit dem HDH, relevant Werbung für Holz zu machen. Immerhin schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Aber wir müssten alle viel mehr Leistung für die Vermarktung von Parkett und Echtholzböden erbringen, um den Mehrwert dieser Produkte und ihre Werthaltigkeit vom Verbraucher dann auch bezahlt zu bekommen.

Neben Parkett setzen Sie auch sehr stark auf Hywood. Ist das keine Konkurrenz? Wie positionieren Sie die beiden Produkte nebeneinander?

Wir setzen auf beide Produkte, damit hier am Standort eine Perspektive für ein Gesamtvolumen im Bereich Holz entsteht, die eine hohe Leistungsfähigkeit darstellt und Wettbewerbsfähigkeit langfristig abbildet. Das verbindet Parkett und Hywood.

Und was unterscheidet sie? Der Konsument möchte Holz - so nah an der Natur, wie es geht, und zwar durch und durch samt Träger. Laut der FEP-Studie gibt es jedoch viele Menschen, die ihre Customer Journey mit Holz starten, sich dann mit den Anforderungen im Alltag auseinandersetzen, im Zuge dessen den Gebrauchswert versus dem Material Holz abwägen - und schon sind viele nicht mehr bei Parkett. Aber Hywood deckt das durch überlegenen Gebrauchswert ab - sehr überzeugend und in Teilbereichen sogar überlegen im Vergleich zu anderen Bodenbelagskategorien.

Insofern denken wir auch hier wieder vom Markt her und vom Konsumenten. Was will welche Konsumentengruppe? Parkett und Hywood sprechen eine ganz unterschiedliche Klientel an. Das muss man begreifen und in der gesamten Kette konsquent umsetzen. Von daher kannibalisieren sie sich nicht.

Und dadurch, dass Hywood stark technologie- und patentgetrieben ist, gibt es Eintrittsbarrieren für andere Anbieter. Das kann nicht jeder mal eben so nebenher machen.

Deshalb gehen wir beide Wege. Denn wir können in zehn Jahren nicht leistungsfähig im Parkettbereich sein, ohne dass wir es bei Hywood sind.

Darko Pervan sprach uns gegenüber vor einigen Jahren mal von einem Potenzial für Woodpowder-Böden wie Ihrer Hywood-Range von 1 Mrd. m2. Das war schon sehr euphorisch, oder?

Ich messe das Potenzial dieser Böden an den Präferenzen der Konsumenten. Laut der FEP-Studie sagen europaweit über 50 % der Konsumenten, dass sie Holzböden präferieren, über 35 % beabsichtigen am Anfang der Customer Journey, einen Holzboden zu kaufen und meinen damit auch wirklich einen Holzboden, kein Holzdekor. Bei einer Gesamtmarktgröße in Europa von 1 Mrd. m2 sind das 350 Mio. m2 und dazu kommen noch 1 Mrd. m2 aus dem Objektbereich, wo die Perspektive für Woodpowder-Böden noch einmal eine ganz andere ist. Aber die Kategorie existiert noch nicht wirklich und es ist noch eine Menge harter Arbeit nötig, sie zu schaffen.

Wir haben vor drei Jahren auf der Hytime Hywood vorgestellt und einen großen Erfolg damit erzielt, der auch Raum geschaffen hat, für die Dinge, die wir heute machen können. Wir haben allerdings auch Lehrgeld bezahlt.

Grundsätzlich sehe ich das Mengenpotenzial für ter Hürne für Hywood global signifikant höher als für Parkett, wo wir uns aber auch weiterhin im siebenstelligen Bereich bewegen wollen und müssen.

Anderes Thema, Stichwort Antidumping-Zölle auf chinesisches Importparkett. Wirken diese sich bereits aus?

Ja, natürlich. Eigentlich schon seit der zweiten Hälfte des letzten Jahres. Ich will das mal strukturieren: Über den VDP kennen wir den Marktanteil chinesischen Parketts in Deutschland: über 50 %. In Europa wird es in der Gänze nicht viel anders sein. Die FEP schätzt den europäischen Markt auf 88 Mio. m2, das bedeutet, über 40 Mio. m2 Parkett stehen zur Disposition.
Natürlich wird chinesisches Parkett nicht komplett vom Markt verschwinden. Vielleicht ein Drittel wird bleiben. Also werden sich fast 30 Mio. m2 neu verteilen. Bleibt dabei Parkett automatisch Parkett? Nein. Das entscheidet der Konsument. Der Konsument hat sich bislang für chinesisches Parkett in einer Kombination aus Produkt und Preis entscheiden. Diesen Faktor Preis gibt es nun nicht mehr. Davon werden sich andere Bodenbeläge Marktanteile abschneiden.

Welch besseres Umfeld kann man sich hier für ein Angebot wie Hywood vorstellen? Eine solche Herausforderung mit einem innovativen Produkt in ähnlicher Preispositionierung, aber mit einem höheren Gebrauchswert zu beantworten? Das ist eine Riesenchance - vielleicht auch für gesünder orientierte andere Optionen wie unseren PVC-freien Designbelag Avatara.

Und wenn es Parkett bleibt: Dann muss der Konsument mehr dafür bezahlen. Und wenn man mehr bezahlen soll, muss ein Produkt auch mehr überzeugen. Da stellt sich die Frage, wie weit es der europäischen Parkettindustrie gelingt, Parkett in seiner Erlebbarkeit, seiner Qualität aufzuwerten? Die chinesischen Parkettböden waren ja nicht nur einfach billig, sondern haben in Teilbereichen auch Attraktivitätsfelder besetzt, die sich mit europäischem Parkett gar nicht so einfach nachstellen lassen. Diese Wahrheit muss man sich auch gefallen lassen.

Grundsätzlich sind die Antidumpingzölle berechtigt; denn die Chinesen kaufen die gleiche Rohware, bezahlen sogar mehr dafür, nehmen uns das Rundholz weg, fahren es nach China und bringen es als fertiges Produkt zurück - das dann weniger kostet, als wir für das Material im Einkauf bezahlen. Über die Fertigung haben wir dann noch gar nicht gesprochen. Das wird mit den Antidumping-Zöllen nivelliert und das ist richtig so. Da bin ich voll mit an Bord.

Nur, was es dann letztlich für den Markt bedeutet, hat damit zu tun, wie gut wir als Parkettindustrie dafür sorgen können, dass ein bisheriger Parkettkäufer ein Parkettkäufer bleibt. Meine Einschätzung ist, dass der Parkettmarkt in Gänze durch dieses Thema erstmal eine Dimension von 10 bis 15 Mio. m2 verlieren wird. Ich glaube aber auch, dass die europäischen Parketthersteller gewinnen werden - wenn auch nicht jeder.

Nun meinen viele, bzw. das ist ja schon längst im Gange, dass die Chinesen als Ausweg ihre Produktionen verlagern - in andere asiatische Länder, nach Osteuropa - oder sich dort in bestehende Werke einkaufen....
Sicher gibt es in Osteuropa schon chinesische Strukturen. Diese Ausweichübungen in Südostasien sind aber ein Stück weit auch Pulverdampf. Dieser Schritt Antidumping-Zölle ist ja der erste von mehreren, die logischerweise erfolgen werden. Und das Klima in Südostasien ist nicht das gleiche wie in Nordchina, um Parkett auch qualitativ in einer kontrollierten Umgebungsfeuchte zu fertigen. Und: Die Subventionen des chinesischen Staates entfallen dort. Ich glaube, dass in China ein großer Block von Herstellern einfach verschwinden wird bzw. die Orientierung auf dem heimischen Markt sucht.

Beides wird keine wirklich prägende Dimension des Parkettmarktes in Europa sein. Wir kommen hier aus einer Welt von Überkapazitäten bzw. der Unterauslastung. Erst einmal wird der Wasserstand steigen, der längerfristige Wettbewerb dann jedoch dazu führen, dass sich auf der einen Seite Mehrwert durchsetzt und auf der anderen Kostenführung. Die spannende Frage ist doch, wie sich der Marktanteil von Parkett in den nächsten fünf Jahren entwickelt.

Wir sind an einem Punkt in der Marktentwicklung, wo kluges Nachdenken und ein sich darauf aufbauendes Ausrichten richtig lohnt. Wir fühlen uns in dieser Hinsicht perfekt vorbereitet durch unsere Investitionen im Parkettbereich, der Chance Hywood und auch den Chancen für unsere Avatara- und Soya-Böden gegenüber herkömmlichen Designböden. Deshalb sind wir intensiv im Gespräch mit unseren Handelskunden - und es geht dabei nicht um den reinen Verkauf, sondern um strategische Chancen, ein Hand-in-Hand-Arbeiten und wie man einen lokalen Markt mit diesen Themen erreicht.

Und dann feiern gerade noch Paneele, ursprünglich mal Ihre Basis, ein Riesen-Comeback. Auf der BAU haben Sie Ihre neue Produktrange Living Walls gar als Gamechanger bezeichnet...

Ja, bei Paneelen haben wir eine lange Historie, eine hohe Glaubwürdigkeit und große Kompetenz. Wir spüren starkes Interesse unserer Handelsstrukturen an unseren Konzepten zum Thema Wand und Decke und ich freue mich sehr, dass in diesem Bereich so viel Dynamik herrscht. Living Walls war trotzdem etwas, was so vielleicht nicht erwartet wurde. Ich will mich nicht mit Steve Jobs vergleichen, aber vielleicht war es eine Art Steve Jobs-Moment, weil unerwartet und relevant.

Und noch ein Game Changer steckt darin: Wir haben das Produkt Akustikpaneele mit einer funktionalen Leistung optimiert. Das funktioniert aber nur mit einer gewissen Mindestqualität des Produktes, zum Beispiel, dass der aufkaschierte. PET-Filz mindestes 1.500 g/m2 stark ist und die Kaschierung nicht einfach geklebt, sondern getackert wird. Daraus entsteht eine Art Katalysator für uns, nicht nur auf Living Wallsl selbst bezogen, sondern auch in der Wirkung auf das dahinterstehende Sortiment in führender Qualität.

Ich bin stolz auf die technische Qualität unserer Akustikpaneele. Wir brechen die Kanten, wir schleifen sie, wir schleifen die Holzflächen und versiegelen die Oberflächen für UV-Schutz und Pflegefreundlichkeit. Wir beherrschen einfach die handwerkliche Bearbeitung von Holz. Und wir testen sorgfältig die Qualität unserer Akustikpaneele, wir untersuchen, was passiert, wenn sich ein Kind an ein Regal hängt und Klimmzüge versucht, wir investieren in Anmutung, Haptik, Materialität, Wertigkeit und Verpackung.

Viele versuchen, es immer billiger zu machen. Und unser Weg ist die Wertigkeit. Wir versuchen, es immer besser zu machen. Das ist der mühsamere Weg, aber er macht mehr Spaß. Und ich bin überzeugt, dass er sich am Ende auch bezahlt macht. Und beim Bessermachen entstehen auch Ideen, die man schützen kann.

Im Zentrum unserer Positionierung stehen die Themen Holz, Mehrwert und Wohngesundheit. Das alles decken wir mit Silent Design Akustikpaneelen und Living Walls ab, denn Akustik ist ein Gesundaskept, der sich um Wohlbefinden und angenehmes Raumempfinden dreht. Und nun haben wir ein im gestalterischen und akustischen Bereich wirksames Produktangebot mit einer Funktionsleistung ergänzt. Das macht, Sinn, das ist nutzenbringend, das erlaubt unseren Händlern eine Verdoppelung ihrer Marge bei der gleichen Verkaufsanstrengung. Das ist intelligent, effizient und passt sehr gut zur ter Hürne.

Das Gespräch führte Claudia Weidt


Bernhard ter Hürne, geboren 4. November 1965, verheiratet mit Celia ter Hürne, gemeinsam Eltern der Zwillinge Charles und Jenson, schloss bei Ostermann & Scheiwe eine duale Ausbildung zum Betriebswirt VWA ab, volontierte anschließend bei Danzer in Nordamerika und leistete dann Zivildienst in der Altenpflege. Danach absolvierte ter Hürne ein MBA-Studium in den USA, und startete in der Folge seine Karriere bei Procter & Gamble gefolgt von drei Jahren Investment Banking bei der Commerzbank. Ende 1994 trat er in die Geschäftsführung des von seinem Vater gegründeten Unternehmens ter Hürne ein, Bis 2024 führte er ter Hürne mit seinem Bruder Erwin, inzwischen ist er Alleingesellschafter.
aus Parkett Magazin 03/25 (Wirtschaft)