Digitales TKB-Update 2022: Intensive Diskussion über Sonderkonstruktionen

Nicht normgerecht, aber extrem gut

Die Technische Kommission Bauklebstoffe setzte mit ihrem "TKB-Update" bereits das zweite Jahr in Folge auf eine digitale Kommunikationsform mit der Bodenbranche. In der diesjährige Ausgabe standen Sonderkonstruktionen im Fokus. In zwei Vorträgen und einer ausführlichen Podiumsdiskussion wurde diese Abweichung von der Normausführung von allen Seiten beleuchtet.

Was haben elastische Parkettklebstoffe, eine Verlegung Belag auf Belag und eine Absperrung bei zu hoher Estrich-Restfeuchte gemeinsam? Alle drei sind Beispiele für frühere und aktuelle Sonderkonstruktionen, also handwerkliche Ausführungen entgegen der Normung. Die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) wählte Sonderkonstruktionen in diesem Jahr als Schwerpunktthema. Mehr als 100 Teilnehmer wählten sich beim TKB-Update 2022 über die Webseite www.klebstoffe.com ein, es wurde live aus dem Ardex Studio-One in Witten übertragen. Der TKB-Vorsitzende Dr. Norbert Arnold gab zunächst einen Überblick über die Aktivitäten der TKB (siehe großer Kasten am Ende dieses Artikels). Zur Einführung in die Thematik Sonderkonstruktionen informierte der Baurechtsanwalt Carsten Seeger erst über die juristische Bewertung von Sonderkonstruktionen, ehe Dr. Frank Gahlmann, technischer Geschäftsführer bei Stauf, die praktische Ausführung von Sonderkonstruktionen beleuchtete. Als Höhepunkt gab es eine Podiumsdiskussion, die verschiedene Ansichten über Sonderkonstruktionen offenbarte.

Juristische Bewertung
von Sonderkonstruktionen

Der Baurechtsanwalt Carsten Seeger widmete sich der juristischen Bewertung von Sonderkonstruktionen. Gleich zu Beginn machte er deutlich: "Es gibt bei Sonderkonstruktionen keine Patentlösung." Die Herausforderung des Handwerkers bestünde darin, ein zweckentsprechendes und dauerhaft funktionstaugliches Werk zu garantieren. Ist dies nicht der Fall, spricht man von einem Mangel, so Seeger. In diesem Zusammenhang sind die anerkannten Regeln der Technik konkludent (d. h. schlüssig) mit vereinbart. "Das ergibt sich aus § 633 Absatz 2 Nummer 2 BGB und aus der VOB § 13 Absatz 7 Nr. 3a. Beide Vertragstypen kommen im Baurecht vor, nämlich der BEB- und der VOB-Vertrag", erläuterte der Rechtsanwalt.

Für den Fall, dass der Handwerker von einer üblichen Normkonstruktion abweichen will, produziert er juristisch gesehen automatisch einen Mangel. "Normgerecht heißt, den anerkannten Regeln der Technik entsprechend. Die Rechtsprechung ist hier sehr streng: Es wird nur nach der Abweichung zwischen Ist- und Soll-Zustand geguckt", begründete Seeger. Der Jurist empfahl als einzige Möglichkeit, wenn ein Boden- oder Parkettleger von einer Normenkonstruktion abweichen wolle, eine Vereinbarung mit seinem Auftraggeber zu treffen. Nur auf diese Weise vermeidet der Handwerker seine Haftung. Die dafür notwendige Vereinbarung ist eine sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung nach unten. Man einigt sich damit auf eine Unterschreitung des gewöhnlichen Standards. Die Beschaffenheitsvereinbarung nach unten hat zwei Elemente: Die Risikoaufklärung des Auftraggebers und seine Risikoübernahme. Dies kann übrigens nicht in den AGBs des Handwerkers und auch nicht in seinem Angebotsschreiben erfolgen, weil dies dem Warnhinweis-Charakter nicht entsprechen würde.

Die Hürden werden von Gerichten sehr hoch angesetzt, so die Erfahrung von Carsten Seeger. Wichtig ist: Der Auftraggeber muss intensiv aufgeklärt werden. Ihm muss der Sachverhalt ausführlich geschildert werden, warum die Leistung in Form einer Sonderkonstruktionen erfolgt und welche Risiken dadurch entstehen. Die Risikoaufklärung muss allumfassend sein und dabei den Sachverhalt schildern sowie das Schadensszenario aufzeigen. Der Auftraggeber muss in diesem separaten Schreiben bestätigen, dass er die Risiken verstanden hat und übernehmen will. Erforderlich ist die Schriftform, eine E-Mail reicht nicht, das Schreiben muss handschriftlich unterschrieben sein. Der richtige Adressat ist ausschließlich der Auftraggeber - ein Architekt oder Bauleiter reicht nicht aus.

Sonderkonstruktionen -
Bewertung für die Praxis

Dr. Frank Gahlmann, technischer Geschäftsführer bei Stauf, beschäftigte sich mit der praktischen Ausführung von Sonderkonstruktionen, die er persönlich eigentlich lieber Sonderausführungen nennen würde. Die Technische Kommission Bauklebstoffe hat aktuell das Merkblatt 20 über Sonderkonstruktionen überarbeitet. Zur grundsätzlichen Bedeutung sagte Dr. Gahlmann: "Sonderkonstruktionen sind nichts Exotisches, sondern gehören zum täglichen Brot des Boden- und Parkettlegers." Sie seien zwar nicht normgerecht, funktionieren aber extrem gut.

Für die Industrie und auch für die Branche insgesamt, haben Sonderkonstruktionen hinsichtlich technischem Fortschritt eine große Bedeutung: "Sonderkonstruktionen bleiben nicht ewig Sonderkonstruktionen, sondern gehen regelmäßig in Regelausführungen über", berichtete Dr. Gahlmann. Als Beispiel nannte er elastische Parkettklebstoffe, die elf Jahre den Status Sonderkonstruktion trugen, bis sie die Regel wurden.

Ein weiteres, weit verbreitetes Beispiel sind Estriche, die eine zu große Restfeuchte aufweisen. Sie werden seit Jahrzehnten mit Epoxi-, Polyurethan-, Silan- oder Dispersionsgrundierungen grundiert und dadurch die Wasserdiffusionsrate auf ein verträgliches Maß reduziert. So erlangt man eine frühere Belegreife des Estrichs und kann die Bodenbeläge vorzeitig verlegen. Elastische Parkettklebstoffe sind ein Beispiel für die Weiterentwicklung neuer Klebstoffgenerationen, die erst nach elf Jahren von einer Sonder- zu einer Normausführung wurden.

Als drittes Beispiel stellte der Referent die Neuverlegung von Bodenbelägen auf Bestandsböden, wie keramischen Fliesen und Naturwerkstein, vor. So lasse sich der Ausbau der Bestandsbeläge vermeiden - man spare sich Zeit, Ärger und Staub. Die Verlegewerkstoffe, die dabei zum Einsatz kommen, sind füllende Grundierungen oder Spachtelmassen. Es gebe außerdem die Möglichkeit, auf verschiedene Arten von Nutzböden elastische und textile Böden mit Trockenkleber direkt zu kleben. Das funktionere aber nur, wenn keine Hoch-Tief-Strukturen bestehen, weil der Trockenkleber diese nicht auffangen kann.

Dr. Gahlmanns Fazit: Sonderkonstruktionen werden regelmäßig ausgeführt und sind keineswegs exotisch. Es gibt Verlegefälle, in denen ein normgerechtes Arbeiten nicht möglich ist, oder es vom Auftraggeber aus Kostengründen oder aus Zeitdruck nicht gewünscht wird. Sonderkonstruktionen sind intelligent und treiben den technischen Fortschritt voran.


Podiumsdiskussion zu Sonderkonstruktionen
"Ist jeder Altuntergrund nicht
automatisch eine Sonderkonstruktion?"

An der Podiumsdiskussion nahmen der TKB-Vorsitzende Dr. Norbert Arnold, Dr. Frank Gahlmann (technischer Geschäftsführer Stauf), Ulrich Engels (Geschäftsführer eines Handwerksbetriebs), Ralf Wollenberg (Handwerker und Sachverständiger) sowie Klaus Winkels (Geschäftsführer Recht beim Industrieverband Klebstoffe) und Baurechtsanwalt Carsten Seeger teil. Gleich die erste von FussbodenTechnik gestellte Frage erhitzte die Gemüter der Podiumsdiskussion: Ist jeder Altuntergrund nicht normgerecht und damit automatisch eine Sonderkonstruktion?

Ralf Wollenberg: Darüber haben wir im Vorfeld auch schon sehr intensiv diskutiert und sind konträrer Meinung. Ich persönlich meine, es ist täglich auf tausenden von Baustellen gelebte Praxis, dass auf Altuntergründe verlegt wird. Auf Böden, die noch mit Klebstoff- und Spachtelmassenresten behaftet sind. Nach entsprechender Vorarbeit funktioniert das aufgrund der Verlegewerkstoffe auch hervorragend. Aber ich muss mir anhören, das wäre nicht normgerecht. Ich bin da anderer Meinung.

Klaus Winkels: Jede Baustelle ist anders, sagt man. Insofern müssten doch die Gerichte langsam darauf kommen, dass so etwas wie ein normgerechtes Arbeiten selten möglich ist, sondern eigentlich immer Improvisationskunst gefragt ist. Ist da das normgerechte Arbeiten nicht eigentlich ein viel zu hoher Anspruch?

Ulrich Engels: Der Handwerker übernimmt einen Job und bei all den DIN-Normen, die sicherlich richtig sind, stellt sich für ihn die Frage: Welches Risiko übernehme ich mit einem Auftrag? Es bleibt immer das Unternehmerrisiko übrig. Da geht die Schere auseinander, die tägliche Erfahrung lehrt es uns: Letztendlich ist das Resultat der abgelieferten Arbeit entscheidend. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Dinge erst aufploppen, wenn es Probleme gibt.

Wollenberg: Die Frage ist einfach, wer definiert die Norm? Die DIN 18365 Bodenbelagarbeiten, an der ich mitgearbeitet habe - das sind wenige Sätze. Über die Spezialprobleme der genannten Sonderkonstruktionen gibt es keine Aussagen. Die Norm wird aber kommentiert, taucht zerstückelt in Merkblättern auf, wird von Sachverständigen und Industrievertretern sowie vereinzelt auch von Handwerkern kommentiert, und das wird dann als Stand der Technik hervorgehoben und definiert. Aber das ist eigentlich nicht Stand der Technik. Aus meiner Sicht ist Stand der Technik das, was draußen passiert.

Winkels: Das heißt, es geht um die Interpretationshoheit der technischen Anforderungen. Wer beschreibt denn das? Das ist doch das, was auch in Merkblättern passiert.

Dr. Norbert Arnold: Wir überarbeiten im Moment einige Merkblätter und haben uns das wirklich vertieft angeguckt. Bei uns verstärkt sich immer mehr der Eindruck, dass sich die DIN 18365 im Grunde auf neu erstellte Untergründe bezieht. Wir haben eine Norm, die beschreibt neue Untergründe. Wir wissen doch, es ist unser Geschäft als Verlegewerkstoffhersteller, dass 90 % der Untergründe Altuntergründe sind. Wir reden über 10 vielleicht 20 % der Untergründe, das sind die neuen und die geben die Norm vor. Dann stellt sich die Frage, wie gehen wir damit um?
Carsten Seeger: Anerkannte Regeln der Technik heißt: wissenschaftlich abgesegnet, aber auch in der Praxis umgesetzt. Dann muss es in der DIN-Norm 18365 auch definiert werden. Wenn Sie im Normenausschuss sitzen, sollte es dort umgesetzt werden. Jeder Sachverständige verweist natürlich auch gerne auf die Norm. Sie wissen, wie gerne Gerichte Normen zitieren. Ich finde es schade, wenn ich einen Sachverhalt aus der Fußbodentechnik aufbereite, dass sich viele Gerichte leider nicht die Mühe machen, sich mit diesen Einzelheiten zu beschäftigen.

Engels: Ich statte viele Neubauten aus und selbst da ist es mit der Norm schwierig, weil man als Unternehmer unter Erfolgs-, Zeit- und Kostendruck steht. Wenn man einen großen Bau nach Norm ausbauen würde, gebe es ein großes Hurra auf der Baustelle. Die Regel ist: Die Handwerker arbeiten über- und untereinander. Alles wird dem Fertigstellungstermin untergeordnet. Also steht man immer mit einem Bein vor Gericht.

Dr. Frank Gahlmann: Wenn ich das Beispiel von den elastischen Parkettklebstoffen nochmal zitieren darf. Es hat elf Jahre gedauert, bis sie nicht mehr Sonderausführung waren. Fast so langsam ist dann auch die Normung. Zu dem Zeitpunkt, als sie dann genormt wurden, hatten sie bereits einen Marktanteil von fast 50 %. Das Ganze war also sehr überfällig. Die Annahme, dass die Normen den Stand der Technik abbilden, ist ja schon das erste Problem, das wir haben. Und dann eben die Zeitschiene, wann Normen aktualisiert werden - das ist das zweite Problem. Das spricht der Baustellenpraxis massiv entgegen.

Winkels: Wir haben auf der einen Seite das Judiz, was das Rechtsgefühl beschreibt. Auf der anderen Seite gibt es den Handwerker, der natürlich ein gewisses Risikogefühl hat, weil er sich sicher ist: Mit der Lösung kann ich in dieses Gewerk hineingehen. Hat man ein Bautagebuch, gibt es eine Norm, ist einfach die Beweislage in dem Moment besser, in dem etwas schief geht. Deshalb ist es letztendlich immer der Handwerker, der wissen muss: Welches Risiko kann ich eingehen?

Wollenberg: Zu dem Fall, den Dr. Gahlmann vorhin geschildert hat: Trockenklebstoffe auf einem festliegenden PVC-Belag zu verwenden. Die Norm sagt nichts über Klebstoffe. In der Norm gibt es einen Satz, der heißt: Zu klebende Unterlagen und Bodenbeläge sind vollflächig zu kleben. Da steht nichts von Nass, Haft- oder Trockenkleber. Wie ich das hinkriege, ist doch mir überlassen. Also lässt die Norm sehr viel zu. Die um die Norm herumgebauten Regelwerke, die schränken uns allerdings ein.

Dr. Arnold: Dem stimme ich voll zu. Es wird ja oft unterstellt, dass ein Untergrund normgerecht sein muss, aber es gibt keine Norm, die den Untergrund definiert. Das eine ist das Risiko, aber das andere ist auch die Qualifikation und die Art des Gegenübers, des Vertragspartners. Ist das jetzt ein gewerblicher, ist das Generalunternehmer oder ist das ein Privatmann? Wie ist das, wenn ein Schreiner ein Parkett verlegt und einen Holzbauingenieur als Auftraggeber hat? Da kann ich unterstellen, dass er Ahnung vom Fach hat, aber möglicherweise weiß er mehr als ein Generalunternehmer. Das muss der Handwerker auch abschätzen.

Seeger: Die Gerichte schätzen das so ein, dass ein Verbraucher ein Verbraucher bleibt. Es ist egal, welche Sachkenntnis er hat. Es kommt wirklich nur auf den Status Verbraucher an. Da will die Rechtsprechung einheitlich sein.
Dr. Gahlmann: Ich würde Herrn Wollenberg fragen wollen: Was hilft Ihnen denn außer der Norm? Es gibt Technische Merkblätter von der TKB, vom BEB und es gibt Kommentare. Was hilft Ihnen, um Rechtssicherheit in ihrer täglichen Arbeit zu erlangen?

Wollenberg: Ich muss wissen, was möglich ist. Was ist am Markt, was kriege ich über den Außendienst der Verlegewerkstoffhersteller und als Informationen über Fachzeitschriften? Aber man muss sich hier mal die normale Situation vorstellen: Ich habe ein Bauvorhaben, mache meine Estrichfeuchtemessung und stelle fest, der Estrich ist noch zu feucht für eine Belegung ohne Sperrgrundierung. Da fragt der Bauherr mich doch: Der Umzugswagen ist bestellt, was kannst Du mir anbieten? Und dann sage ich ihm eine Lösung. Diese Sonderkonstruktionen sind ja Problemlöser und das muss ich dem Kunden ja auch kommunizieren und das will ich ja auch nicht verschweigen. Ich mache das ja nicht umsonst, sondern ich kriege auch Geld dafür. Für mich sind solche vielleicht nicht ganz regelgerechten Ausführungen natürlich auch immer die Möglichkeit, einen Zusatzgewinn zu generieren.

Dr. Gahlmann: Was ich nie verstehen werde ist, dass man auf der einen Seite dem Handwerker zu Recht die Fachexpertise zuschreibt. Er ist gefordert zu sagen, was nicht geht. Er ist gefordert, die Sonderausführung zu definieren, Maßnahmen vorzuschlagen, Risiken zu beschreiben und Grenzen aufzuzeigen. Das darf er alles in voller Verantwortung. Und wenn er dann ausführt, heißt es: Das ist aber nicht normgerecht. An der Stelle wird seine Expertise nicht beachtet. Das scheint mir ein interessanter Widerspruch zu sein.

Winkels: Die Expertise wird dem Handwerker mit Sicherheit zugeschrieben, keine Frage. Aber, wenn es zum Konfliktfall kommt, dann ist ja etwas schiefgegangen, an welcher Stelle auch immer. Das heißt, der Konfliktfall sagt, dass die Expertise, die man grundsätzlich unterstellen kann, in Frage gestellt wird. Weil es ja schief gegangen ist. Deshalb wird dann die Frage nach der Haftung gestellt.

Dr. Martin Schäfer (gibt Fragen der Zuschauer wieder): Von den Teilnehmern wird sehr intensiv immer auf das Verhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer eingegangen. Wir sind uns alle einig, dass Normen immer dem echten Stand der Technik hinterherhinken. Und warum? Weil die Verlegewerkstoffhersteller mit ihren Innovationen immer einen Schritt voraus sind und damit gute Lösungen anbieten. Wo ist die Rolle der Verlegewerkstoffhersteller? Der Bodenleger denkt sich in der Regel Sonderkonstruktionen nicht selber aus. Sie folgen den Empfehlungen der Bauchemie über eine technische Beschreibung in Produkten oder expliziten Aufbauempfehlungen. Wie ist das juristisch zwischen Auftraggeber, Auftragnehmer und Lieferant?

Seeger: Per se gibt es keine Mithaftung des Lieferanten, sondern man muss sie speziell mit einbeziehen. Deshalb müssen Individualvereinbarungen getroffen werden: Ja, wir stehen Dir bei, wenn es zu einem Haftungsfall kommt. Wenn wir den Lieferanten mit in die Haftung nehmen wollen, müssen wir eine Individualvereinbarung treffen, anders geht es nicht.

Engels: Im Vorfeld lassen wir von der Industrie Anwendungstechniker kommen, die eine Aufbauempfehlung und eine Verarbeitungsempfehlung schriftlich formulieren.

Dr. Arnold: Wir machen ja individualisierte Aufbauempfehlungen. Ich denke, das ist ja schon mal eine Absicherung. Das ist der Hinweis, dass ein Techniker auf der Baustelle war und sich das angeguckt hat. Damit geben wir ja schon mal eine Hilfe und wir legen Beweise nahe, dass wir mit im Boot sind.

Seeger: Wenn Hersteller neue Baustoffe auf den Markt bringen wollen, werden durchaus solche Vereinbarungen getroffen, weil man den Handwerker nicht im Regen stehen lassen möchte.
Dr. Arnold: Das stimmt. Es bestehen ja zwischen vielen Verlegewerkstoffherstellern und Handwerkern langjährige Lieferbeziehungen. Da gibt es auch ein Vertrauensverhältnis. Das ist die Basis, wenn mal etwas schief geht, dass man weiterhin zusammenarbeitet.

Dr. Schäfer (mit Zuschauerfrage): Ich würde mir einen praxistauglichen Tipp wünschen: Muss der Bodenleger mit einem Anwalt auf die Baustelle gehen?

Wollenberg: Es gibt in der Branche ganz viele langjährige Betriebe aus dem Parkett- und Bodenlegerhandwerk. Das heißt, die Suppe wird nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Gottseidank halten sich die Reklamationen und Beanstandungen, bei denen ein Rechtsbeistand hinzugezogen werden muss, zumindest in unserem Bereich in Grenzen.

Dr. Gahlmann: Der Handwerker hat meiner Meinung nach nur eine kleine Herausforderung, was die technische Ausführung von unseren Produkten angeht. Die technik-affinen Handwerker müssen darauf achten, das bei den Vereinbarungen die Dokumentationen wichtig sind. Wenn das beachtet wird, ist das Problem relativ gering. Also kann man auch ohne Anwalt auf die Baustelle gehen. Davon bin ich auf jeden Fall überzeugt
Nicht normgerecht, aber extrem gut
Foto/Grafik: Ardex
Das Highlight des TKB-Updates 2022 war eine Podiumsdiskussion. Dort tauschten sich Dr. Frank Gahlmann (Stauf und TKB-Mitglied), Ulrich Engels (Handwerker), Ralf Wollenberg (Handwerker und Sachverständiger), Klaus Winkels (Geschäftsführer Recht beim
Industrieverband Klebstoffe), Carsten Seeger
(Rechtsanwalt für Baurecht) und Dr. Norbert Arnold (Uzin Utz und TKB-Vorsitzender) aus.
Nicht normgerecht, aber extrem gut
Foto/Grafik: Ardex
Ralf Wollenberg (Mitte) vertrat die Ansicht, wenn es auf tausenden von Baustellen gelebte Praxis sei, dass auf Altuntergründe verlegt werde, könne dies keine Sonderkonstruktion sein. Links Ulrich Engels, rechts Klaus Winkels.
aus FussbodenTechnik 03/22 (Marketing)