Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) beleuchtet zementäre Schnellestriche

Zwei Wege verkürzen die Belegreife

Möchte man die Wartezeiten beim Einsatz von Zementestrichen verkürzen, so werden häufig "Schnellestriche" als Alternative zu üblichen Zementestrichen betrachtet. Unter dem Begriff "Schnellestriche" werden dann "beschleunigte" Zementestriche und Schnellzementestriche zusammengefasst, was für den Anwender irreführend ist und den unterschiedlichen Eigenschaften der beiden Produktgruppen nicht gerecht wird. Die Autoren Dr. Norbert Arnold (Vorsitzender TKB, Uzin Utz) und Dr. Jörg Sieksmeier (TKB-Mitglied, Ardex) bringen Licht ins Dunkel.

Im TKB-Merkblatt 14 [1] wurden 2015 erstmals eindeutige Definitionen für die beiden Produktgruppen Schnellzemente und Zementestriche mit Estrichzusatzmitteln eingeführt. Diese haben sich bis heute bewährt, wobei offensichtlich bei vielen Anwendern, und insbesondere auch bei Planern, immer noch erhebliche Unsicherheiten festzustellen sind. Nach TKB-Merkblatt 14 werden "beschleunigte" Estriche durch Zugabe von Estrichzusatzmitteln (EZM) zu Normalzementestrichmörteln auf der Baustelle hergestellt. Der Zusatz, der als "Beschleuniger" bezeichneten EZM, bewegt sich dabei meistens im Bereich von 0,5 bis 3 % bezogen auf den Normalzementgehalt. Schnellzementestriche (SZE) hingegen bestehen aus einem Spezialbindemittel, dem Schnellzement (SZ) und der Gesteinskörnung. Baustellenüblich sind dabei Mischungsverhältnisse von 1:4 bis 1:6 sowie der Wasserzugabe nach Herstellerangabe.

Auch wird in diesem Merkblatt festgestellt, dass die Zusammenfassung der beiden Produktgruppen unter der Bezeichnung Schnellestriche irreführend ist. Mitausgelöst durch die Einführung der KRL-Methode wurden mittlerweile weitere Untersuchungen zum Trocknungsverhalten von Zementestrichen mit EZM durchgeführt und publiziert [2]. Sie bestätigen durchweg die Angaben im TKB-Merkblatt 14. Dieser Kenntnisstand ist ebenfalls in die überarbeitete Ausgabe der DIN 18560-1 [3] vom Februar 2021 eingeflossen - dort werden jetzt wasserreduzierende Estrichzusatzmittel (EZM) und Schnellzemente separat voneinander aufgeführt.

Nachfolgend ist der heutige Wissensstand zu den wesentlichen Eigenschaften und Unterschieden zwischen Zementestrichen mit wasserreduzierenden EZM (sogenannte "beschleunigte" Zementestriche) und Schnellzementestrichen zusammenfassend beschrieben. Ziel ist es dabei, anschaulich darzustellen, wie die Leistung dieser beiden Produktgruppen einzuschätzen ist und auch wo ihre Einsatzgrenzen liegen.

Normung

Nach DIN EN 13813 [4] sind für Estrichmörtel "Bindemittel, Zuschläge, Zusatzstoffe und Wasser zu verwenden, die nachweislich für Estrichmörtel und Estrichmassen geeignet sind." Weitergehende Festlegungen, z. B. über die Art der Bindemittel oder Zusatzstoffe werden dort nicht getroffen.

Das Trocknungsverhalten und der Feuchtegehalt eines Estrichmörtels sind dort weder bei den Eigenschaften zur Klassifizierung noch bei den besonderen Eigenschaften aufgeführt. Unter "Sonstige Eigenschaften" wird dort ausgeführt: "Wenn ein Hersteller besondere Eigenschaften eines Estrichmörtels, die von dieser Norm nicht erfasst sind, deklariert, muss er das zur Beurteilung dieser Eigenschaften angewendete Verfahren, das am Anwendungsort gültig ist, angeben."

Dieser Verweis lenkt den Blick direkt auf die DIN 18560. Im Teil 1 der Normenreihe DIN 18560 [3] wird unter Punkt 5.6 der Feuchtegehalt aufgeführt: "Der Feuchtegehalt ist ein Kriterium zur Beurteilung der Belegreife eines mineralisch gebundenen Estrichs. Die Messung des Feuchtegehalts erfolgt über die Calciumcarbid-Methode (CM-Methode)." Weiterhin heißt es: "Der Wasseranspruch von mineralisch gebundenen Mörteln kann durch Zusatzmittel reduziert werden. Ein exakter Belegreife-Zeitpunkt kann jedoch nicht vorhergesagt werden. Estriche mit definiertem, frühem Belegreife-Zeitpunkt sind durch die Verwendung von geeigneten Bindemitteln (z. B. Schnellzemente) herstellbar." Somit lassen sich aus den für Estrichmörtel bzw. Estriche maßgeblichen Normen folgende wesentliche Aussagen über Schnellzementestriche und Zementestriche mit EZM treffen:

-Schnellzemente sind, sofern vom Hersteller dafür ausgelobt, zur Herstellung von Zementestrichen geeignete Bindemittel.

-Entsprechendes gilt für vom Hersteller als geeignet ausgelobte Zusatzmittel.

-Ein exakter Belegreife-Zeitpunkt kann für Estriche mit EZM nicht vorhergesagt werden.

-Ein definierter Belegreife-Zeitpunkt ist durch Einsatz geeigneter Schnellzemente erreichbar.

Portlandzement-basierte
Estrichmörtel

Bereits 2002 wurden vergleichende Daten zum Trocknungsverhalten von "beschleunigten" Zementestrichen publiziert [5]. Damals wurde festgestellt, "die Trocknungsbeschleunigung ergibt sich ausschließlich aus dem reduzierten Anfangswassergehalt" und "die Kurven der Zusatzmittel zeigen den gleichen prinzipiellen Verlauf wie die Kurven der Nullestriche". Diese Ergebnisse wurden in einer weiteren IBF-Untersuchung 2016 [6] sowie durch die in [2] publizierten Untersuchungen bestätigt. Zusammen mit den Ergebnissen aus den physikalischen Untersuchungen zur Hydratation von "beschleunigten" Zementestrichen ergibt sich somit, in Übereinstimmung mit den Feststellungen in [1], ein konsistentes Bild für das Verhalten von portlandzement-basierten Estrichmörteln:

-Der Hydratationsverlauf und damit das Trocknungsverhalten ist in Zementestrichmörteln mit und ohne "Beschleuniger" nahezu identisch.

-EZM in "beschleunigten" Zementestrichmörteln reduzieren deren Anmachwasserbedarf,

-die Hydratation der "beschleunigten" Zementestrichmörtel bleibt davon unbeeinflusst,

-die Wartezeit bis zur Belegreife ist bei "beschleunigten" Zementestrichen gegenüber solchen ohne "Beschleuniger" verkürzt,

-eine verlässliche Voraussage des Zeitpunkts der Belegreife ist bei diesen Estrichmörteln nicht möglich,

-Zementestriche ohne EZM und "beschleunigte" Zementestriche sollten hinsichtlich des CM-Grenzwerts für die Belegreife gleich beurteilt werden,

-die Trocknung der portlandzement-basierten Estrichmörtel ist stark abhängig von deren Dicke und vom Baustellenklima und

-für die Berechtigung erhöhter Belegreifgrenzwerte "beschleunigter" Zementestrichen gibt es keine publizierten Belege.

Estrichmörtel mit
ternären Schnellzementen

Für die Zusammensetzung ternärer Schnellzemente aus den drei Basiskomponenten Portlandzement, Aluminatzement und Sulfatspender gibt es eine Vielzahl herstellerspezifisch unterschiedlicher Rezepturen. Dementsprechend sind bisher auch keine systematischen Untersuchungen des Trocknungsverhaltens von Estrichmörteln mit SZ-T als Bindemittel, die die gesamte Produktgruppe umfassen, publiziert worden. Aus den oben erwähnten Faktoren lassen sich dennoch folgende Charakteristika für das Trocknungsverhalten ableiten:

-Die Hydratationsgeschwindigkeit ist wesentlich höher als bei portlandzement-basierten Estrichen mit und ohne EZM,

-der Anteil an Überschusswasser im angemischten Estrichmörtel ist relativ gering,

-die Trocknung erfolgt überwiegend "von innen heraus" und die Trocknung über die Estrichoberfläche ist nur von untergeordneter Bedeutung,

- aufgrund der hohen Hydratationsenergie ist die innere Trocknung nur wenig temperaturabhängig,

-Estrichdicke und Raumklima spielen bei der Trocknung dieser Estrichmörtel nur eine untergeordnete Rolle und

-Aussagen zur Belegreife sind nur anhand der produktspezifischen Herstellerangaben möglich.

Zusammenfassung

Bei Zementestrich lässt sich die Wartezeit bis zur Belegreife auf zwei Wegen verkürzen: Zum einen durch den Einsatz von ternären Schnellzementen (SZ-T). Diese trocknen weitgehend unabhängig von Estrichdicke und Raumklima. Mit ihnen lassen sich definierte, frühe Belegreif-Zeitpunkte realisieren. Zum anderen durch den Einsatz von anmachwasserreduzierenden EZM (sogenannte "Beschleuniger"). Die Wartezeit bis zur Belegreife wird dadurch verkürzt. Ein exakter Belegreifzeitpunkt ist jedoch nicht vorhersagbar, und die Trocknungszeit ist stark dicken- und raumklimaabhängig. Diese Aussagen werden durch vorgestellten Untersuchungsergebnisse bestätigt und sind über die überarbeitete DIN 18560-1 auch in die Normung eingeflossen.

Eine Gleichsetzung der beiden Zementestricharten unter dem Begriff "Schnellestrich" wird diesen Tatsachen nicht gerecht. Für die Planung kann sie irreführend sein und sollte daher vermieden werden.

Hinweis: Der komplette Fachbeitrag kann über die Webseite des Industrieverbands Klebstoffe unter
www.klebstoffe.com abgerufen werden.


Die Autoren
Dr. Norbert Arnold ist Leiter der Technischen Sortimentsentwicklung bei Uzin Utz und Vorsitzender der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe.

Dr. Jörg Sieksmeier ist Leiter der Forschung und Entwicklung bei Ardex und Mitglied der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe.


Literatur
[1]TKB-Merkblatt 14, Schnellzemente und Zementestriche mit Estrichzusatzmitteln, 8-2015
[2]TKB-Bericht 8, Messgenauigkeit der hygrometrischen Feuchtemessung von Baustoffen nach der KRL-Methode, 5-2021
[3]DIN 18560-1, 02-2021, Estriche im Bauwesen - Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Prüfung und Ausführung
[4]DIN EN 13813, 01-2003, Estrichmörtel, Estrichmassen - Eigenschaften und Anforderungen
[5]Zusatzmittel für schnelle Belegreife - Anspruch und Wirklichkeit, Trocknungsbeschleuniger bergen viele Fehlerquellen, www.ibf-troisdorf.de/files/ZusatzmittelsfursschnellesBelegreifes_Er_.pdf
[6]IBF-Prüfbericht M 10/15-A, www.ibf-troisdorf.de/files/M10-15-AsBFSE.pdf
Zwei Wege verkürzen die Belegreife
Foto/Grafik: Uzin
Bei Zementestrich lässt sich die Wartezeit bis zur Belegreife auf zwei Wegen verkürzen: Zum einen durch den Einsatz von ternären Schnellzementen. Zum anderen durch den Einsatz von anmachwasserreduzierenden Estrichzusatzmitteln.
Zwei Wege verkürzen die Belegreife
Foto/Grafik: Uzin
Die Wartezeit bis zur Belegreife wird durch Estrichzusatzmittel und Schnellzemente verkürzt. Ein exakter Belegreifzeitpunkt ist jedoch nicht vorhersagbar – und die Trocknungszeit ist stark dicken- und raumklimaabhängig.
Zwei Wege verkürzen die Belegreife
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Unter dem Begriff "Schnellestriche" werden "beschleunigte" Zementestriche und Schnellzementestriche zusammengefasst, was für den Anwender irreführend ist.
Zwei Wege verkürzen die Belegreife
Foto/Grafik: Uzin
Zudosierung des Estrichzusatzmittels (EZM) zur Anmachwassereduktion: Bei dieser Estrich-Verarbeitungsart wird die Wartezeit bis zur Belegreife verkürzt. Ein exakter Belegreifzeitpunkt ist jedoch nicht vorhersehbar – und die Trocknungszeit ist stark dicken- und raumklima-abhängig.
aus FussbodenTechnik 05/22 (Wirtschaft)