Thomas Allmendinger

Thomas Allmendinger: Schadensfall auf Fertigteilestrich brauchte drei Sachverständige


Der Bodenaufbau auf einer Fußbodenheizung bestand aus einer Splitschüttung, einem Fertigteilestrich, zur Versteifung aus einem vermeintlich 5 mm dicken Spachtelauftrag und einem 2,5 mm-Linoleumbelag. Bald kam es zu einer konkaven Schüsselung und der erste Sachverständige rückte an. Er maß und prüfte und kam zum Schluss: Der Feuchtegehalt ist in Ordnung, doch die Spachtelung nur 3,8 mm dick. Außerdem wurden die Randfugen mit Spachtelmasse verfüllt, was die Ausdehnung des Boden behindere. Das ließ der Bodenleger nicht auf sich sitzen und beauftragte einen eigenen Gutachter. Der nahm eine Probe aus dem Untergrund und befand den überwiegend aus Pappe bestehenden Trockenestrich für untauglich.

Wenn zwei Fachleute sich streiten, braucht es einen dritten. Als der nun das Corpus delicti in Augenschein nahm, hatte der Boden keine konkave Schüsselung mehr, sondern eine konvexe Wölbung. Wie das? Die Ränder, entdeckte der dritte Sachverständige, waren mit Silikon ausgefüllt und boten dem Boden ausreichend Dehnungsmöglichkeit. Als Problem wurde tatsächlich der Trockenestrich entlarvt. Gewissermaßen ein Schaden in zwei Phasen: Feuchte aus der Splitschüttung war zunächst in die Pappe-Platte gewandert, später hatte die Spachtelmasse den untauglichen Fertigteilestrich nach oben gezogen. Zementspachtelmassen, so die Erkenntnis, sind eben nie spannungsarm.
aus Parkett Magazin 06/22 (Wirtschaft)