IFH Köln
So werden Innenstädte wieder lebendiger
Die deutschen Innenstädte stehen nicht erst seit gestern vor großen Herausforderungen. Die Anforderungen wandeln sich, die Motive für den Gang in die Innenstadt bekommen neue Schwerpunkte. Vor diesem Hintergrund sind Kommunen, Handel und Immobilienwirtschaft gleichermaßen gefordert, Ideen zur langfristigen Belebung der urbanen Zentren zu entwickeln.
Geeignete Werkzeuge schafft aktuell das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt "Stadtlabore für Deutschland: Leerstand und Ansiedlung", in dem das Handelsforschungsinstitut IFH Köln mit 14 Modellstädten zusammenarbeitet. Das Konzept beruht auf einer digitalen Plattform für ein nachhaltiges Ansiedlungsmanagement, das von den Kommunen gesteuert wird, in das aber alle Innenstadtakteure eingebunden sind.
"In vielen Stadtzentren herrscht wenig Leben. Wir müssen uns fragen: Was fehlt den Menschen vor Ort?", beschreibt Dr. Eva Stüber eine Kernfrage des Innenstadt-Problems. Eine Bestandsaufnahme auf Basis der Befragung von 10.000 Personen zwischen 18 und 69 Jahren im Mai 2022 ergab, dass lediglich 17 Prozent der Befragten echte Innenstadtmuffel sind und 22 Prozent nur kommen, wenn sie ein bestimmtes Ziel haben. Aber: 40Prozent der Konsumenten würden sich selbst als verhinderte Innenstadtfans beschreiben und stellen damit das größte Potenzial für die Innenstadtaktivierung. Was würde sie also motivieren, sich häufiger auf den Weg in die City zu machen? Laut Umfrage sollten folgende Nutzungskonzepte im öffentlichen Raum selbstverständlich sein: Verweilzonen (51 %), E-Ladestationen (34 %), Trinkwasserbrunnen (30 %), Spielplätze (27 %) und WLAN sowie digitale Lademöglichkeiten (27 %).
Zur Umfrage gehörte ebenfalls die Skizzierung der idealen Innenstadt: Diese besteht aus einer Mischung aus Shopping (28 %), alltäglichem Einkauf (19 %), Essen und Ausgehen (17 %) und weiteren Angeboten wie Arbeiten und Lernen (16 %), Kunst und Kultur (5 %) oder Austausch und Begegnung (5 %). "Hierbei zeigt sich, dass shoppen und einkaufen weiterhin einen entscheidenden Stellenwert haben werden. Allerdings sind die Anforderungen ganz andere. Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird eine noch größere Rolle spielen", erläutert Stüber.
LautDr. Julian Petrin, Gründer vonurbanista, einem Unternehmen für Stadtentwicklung und urbane Zukunftsstrategien, ist die menschen- und nutzerzentrierte Innenstadt das Konzept der Zukunft: "Es ist entscheidend, den Wandel nicht nur aus der Fachbrille zu betrachten, sondern den Fokus stärker auf die Bedürfnisse der Besuchenden zu lenken. Ein Schlüssel könnten hybride Orte sein, die für mehr als eine Sache stehen."
Dabei wird die Durchmischung der Nutzungsbausteine sowie die Vielfalt einen entscheidenden Faktor darstellen, weiß auchTanja Kohnen, Referentin desDeutschen Städtetages: "Eine Innenstadt, die zum Verweilen einlädt, ist das erklärte Ziel. Mit Handel, Gastronomie, Kultur und Freiräumen. So bleibt die Innenstadt auch in Zukunft ein Ort für das Zusammentreffen von Menschen."
aus
Haustex 11/22
(Wirtschaft)