MZE
Nachhaltigkeit im Fachhandel – eine pragmatische Perspektive
Viele Fachhändler fragen sich, was der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen bedeutet? Sie sehen die Notwendigkeit, aber keinen klaren Ansatzpunkt. MZE Vertriebsleiter Helmut Stauner zeigt im Interview eine pragmatische Perspektive auf, die den Weg zu einem authentischen, nachhaltigen Geschäftsgebaren zeichnet.Frage: Welchen nachhaltigen Beitrag leistet die Industrie?
Helmut Stauner: Die Hersteller sind mit Blick auf "Nachhaltigkeit" aktuell sehr aktiv und bringen eine große Dynamik in unsere Branche. Das liegt auch an dem wachsenden Druck aus der Politik für nachhaltigere Produktionsverfahren und Produktzyklen. Deshalb wird in absehbarer Zeit das "nachhaltige Produkt" zum neuen Standard werden. Wir sehen bereits jetzt, dass die Auswahl nachhaltiger Produkte in allen Segmenten wächst.
Frage: Spielen Preise zukünftig keine Rolle mehr?
Stauner: Der Preis wird immer eine Rolle spielen. Natürlich werden besserverdienende Kundengruppen einfacher nachhaltige Produkte kaufen können als Menschen, die gerade so über die Runden kommen. Dabei ist aber zu bedenken, dass für den Fachhandel bereits heute die weniger preissensiblen Zielgruppen für dauerhaften Erfolg relevant sind. Es wird folglich auf einen Mittelweg hinauslaufen. Nachhaltige Produkte sind kostspieliger. Je mehr diese aber produziert und zum neuen Standard werden, umso mehr relativiert sich auch die Frage nach dem Preis.
Frage: Sind Zertifikate nötig?
Stauner: Aus Zertifizierungen rund um Nachhaltigkeit ist zwischenzeitlich ein großer Markt entstanden. Dabei steht häufig ein kommerzielles Interesse des Prüfinstituts hinter dem Verfahren. Die Bewertung von Umweltsiegeln ist schwierig, denn allzu oft steckt Greenwashing dahinter. Auch Verbraucher können den Wert einer Zertifizierung oft nicht einordnen. Deshalb ist eine Zertifizierung längst kein Muss und falls man diese durchführen will, sollte sie mit Bedacht ausgewählt werden.
Frage: Was können Händler konkret tun, um nachhaltiger zu werden?
Stauner: Ein Kunde, der den Fachhandel aufsucht, sucht nach der Primärtugend "Seriosität", beispielsweise in Form von Produktkompetenz und weitreichender Servicebereitschaft. Zusätzlich erwarten viele Verbraucher auch, dass der Fachhändler "nachhaltig" agiert. Nachhaltige Produkte und Marken sollen präsentiert werden und der Fachhändler soll dafür mit seinem Namen einstehen. Ich bin überzeugt, dass wir darauf vertrauen können, dass die Industrie zeitnah nachhaltige Produkte als neuen Standard definiert.
Aber der Fachhandel muss sich auch noch klarer zu anderen Vertriebsformen unserer Branche abgrenzen. Gegenüber dem Kunden muss klar formuliert werden, dass der Kauf im regionalen Fachhandel die nachhaltigste Form des Konsums ist. Beim Fachhändler können Kunden sicher sein, dass sie gut beraten werden und kein ökologisch unsinniger Umtausch nötig ist. Sie können darauf vertrauen, dass nachhaltige Lieferanten für kurze Lieferketten sorgen und auch der Lieferweg zu ihrem Heim kurz und ökologisch ist. Noch entscheidender, der Fachhändler bietet ein langlebiges Produkt - je länger die Lebensdauer, umso besser Ökobilanz. Auch Reparaturen und der Tausch von Komponenten sprechen für Fachhandelsqualität.
Diese Leistungen zu betonen, erscheint mir viel wichtiger als jedes Zertifikat. Bedenken wir dann noch den Faktor Mensch - also den Händler mit Mitarbeitern aus der Region und als Unterstützer regionaler Institutionen - dann sind Fachhandelsgeschäfte bereits heute nachhaltige Unternehmen.
aus
Haustex 01/23
(Wirtschaft)