Heimtextil-Messerundgang Tapeten
Ein Hauch von Zuversicht wehte durch Halle 9
Nach einem von starken Nachfragerückgängen geprägten Jahr 2022 setzen die Tapetenanbieter mit nachhaltigen Wandbelägen auf das laufende Jahr. Zwar kamen nur wenige von ihnen zur Heimtextil, die aber zeigten sich in unerwartet guter Stimmung - trotz anhaltend schwieriger Wirtschaftslage. Im Trend liegen wohngesunde Tapeten in natürlichen Farben, florale Muster, Strukturen und der neue Japandi-Stil.Corona, Ukraine-Krieg, Lieferengpässe und Inflation - die Tapetenanbieter haben schwierige Zeiten hinter sich. Und die Unsicherheit ist nach einem verheerenden Jahr mit starken Absatzrückgängen nach wie vor groß. Daher wagten nur wenige deutsche Aussteller, in teure Stände zu investieren und ihre Neuheiten auf der Messe Heimtextil in Frankfurt zu präsentieren. Aber die, die gekommen waren, verbreiteten nüchternen Realismus und zeigten sich in recht aufgeräumter Stimmung mit einer verhaltenen Portion Zuversicht. Angesichts des überraschend guten Zulaufs in Halle 9 und der sich leicht verbessernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen war ihr Aufatmen förmlich zu hören - wenn auch noch sehr leise.
Fokus auf Hochwertigkeit
Das abgelaufene Jahr, das von schwacher Nachfrage geprägt war, ist für die Tapetenanbieter weitgehend abgehakt. Die Akteure, die in Frankfurt anzutreffen waren, stellen die Weichen für die Zukunft. Ralf Taubert, Inhaber der Hohenberger Manufaktur für Tapeten in Eger, setzt auf hochwertige Tapeten. Mit dieser im vergangenen Jahr eingeleiteten Neuausrichtung erzielt er nach eigenen Angaben bereits Erfolge und will diesen Weg deshalb konsequent weiter gehen. Zudem bedient er mit seinen Produkten, die frei von PVC und Lösemitteln sind, den Nachhaltigkeitstrend.
Den nimmt auch Ullrich Eitel, der Inhaber der Marburger Tapetenfabrik in Kirchhain, auf. Er stellte seine Kollektion Wohn!gesund vor, deren Tapeten komplett frei von PVC sind und mit wasserbasierenden Farben hergestellt werden. Sie enthält unter anderem mit Terra den ersten Wandbelag aus Lehm. Der Grundstoff für diese patentierte Tapete wird in der Nähe des Firmenstandorts gewonnen. Er ist gesundheitlich unbedenklich, kann energieeffizient gewonnen werden und wirkt sich durch seine feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften positiv auf das Raumklima aus. Eine weitere, von Eitel selbst entwickelte Neuheit, ist die Tapete Celsius. Sie reflektiert die Wärmestrahlen. Das heißt, in einem mit Celsius tapezierten Raum, der nur auf 19 Grad geheizt wird, empfinden Menschen eine Temperatur von 21 Grad. Damit trägt Celsius zur Senkung der Heizkosten bei.
Nachhaltigere, ökologisch Produkte produzieren -
das ist die Maxime der deutschen Tapetenhersteller, die ihre Neuheiten diesmal statt in der lichtdurchfluteten Halle 3 in Halle 9 präsentierten. Die meisten waren der Messe ferngeblieben, um angesichts sinkender Absätze Kosten zu sparen. Für die Marburger Tapetenfabrik und die Hohenberger Tapetenmanufaktur der falsche Weg. Sie zeigten Flagge und betonten die Wichtigkeit der Heimtextil für die Branche. Allerdings hatten sie alle mit einer deutlichen Verkleinerung ihrer Stände auf die derzeitige wirtschaftliche Situation reagiert. "Wir haben den Stand um die Hälfte auf rund 110Quadratmeter verkleinert", sagte Eitel. "Wir sind damit aber sehr zufrieden. Der Stand bietet wie bisher Raum für alle Themen, ist jedoch kompakter, übersichtlicher und gemütlich."
Appell an Mitbewerber
Auch mit der neuen Halle hatten die Unternehmen keine Probleme. Wenn nur wenige Aussteller kämen, könne die Messe für diese nicht auch noch die besten Flächen vorhalten, meinten Eitel und Taubert übereinstimmend. Beide appellierten an den Wettbewerb, die Heimtextil im nächsten Jahr wieder zu unterstützen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sie demontiert wird", mahnte der Inhaber der Marburger Tapetenfabrik, der Ende dieses Jahres den Staffelstab an seinen Sohn Paul abgeben will und von der BTH Heimtex mit dem Ehrenpreis für sein Lebenswerk geehrt wurde. Er zeigte sich mit der Besucherfrequenz auf der Messe zufrieden. Trotz der geringen Ausstellerbeteiligung in der Tapetenhalle war das Interesse an den mitgebrachten Kollektionen groß, auch wenn bei weitem nicht alle wichtigen Einkäufer auf der Heimtextil gesichtet wurden. Dennoch: Die Bilanz fällt viel versprechend aus und lässt hoffen, dass die Branche der Bedeutung der Messe im kommenden Jahr gerecht wird. Denn immerhin bietet sie ein wichtiges Branchenforum und gibt einen Ausblick auf die Trends, wovon sowohl Aussteller als auch Händler profitieren. In diesem Jahr sind mehr denn je nachhaltige Produkte angesagt, oft in Erdfarben und in Grün. Blumen- und Blättermuster sind ebenso ein Must-have wie der Japandi-Stil. Und Digitaldruck wird immer beliebter.
| Cornelia KüselHohenberger Manufaktur für Tapeten
Umsatzzuwachs
im Hochwertbereich
Ralf Taubert, Inhaber der Hohenberger Manufaktur für Tapeten in Hohenberg an der Eger, sieht eine Lösung für die derzeitige Absatzkrise der Tapetenbranche im hochwertigen Bereich. "Hier haben wir im vergangenen Jahr einen Umsatzzuwachs von 1,2 Mio. EUR erzielt", betonte er. Zwar hat auch sein Unternehmen unter der Nachfrageschwäche gelitten. Das liegt nach Tauberts Angaben aber vor allem daran, dass der Umsatz mit günstigeren Tapeten um 1,8 Mio. EUR gesunken ist. "Wir werden deshalb das hochwertige Geschäft weiter forcieren", meinte er.
Taubert sieht die Hohenberger Manufaktur für die Zukunft gut aufgestellt. Er begründet dies mit der Neuausrichtung mit drei neuen Kollektionen, dem kompletten Verzicht von PVC und Weichmachern bei der Herstellung, ausgefeilter Technik und einem hoch motivierten Team.
Die Hohenberger Manufaktur hat mit 80 % eine hohe Exportquote. Wichtigste Abnehmer sind vor allem Frankreich, Großbritannien und Südamerika. Aber auch der deutsche Markt entwickle sich positiv. "Wir haben im vergangenen Jahr 540 neue Kunden in Deutschland dazu gewonnen", sagte Taubert und verwies auf die lösemittelfreien und allergikergeeigneten Wandfarben als weiteres Geschäftsfeld. "In schwierigen Zeiten haben wir in diesen Bereich viel investiert."
Kritik übte Taubert daran, dass viele Hersteller der Messe fernblieben. "Es wäre ein gutes Zeichen gewesen, wenn sich Wettbewerber aus dem In- und Ausland gezeigt hätten", ist er überzeugt. Auch für den Handel hat Taubert einen Ratschlag: Er müsse Tapete wieder als wertvolles Produkt sichtbarer machen. Für die überzeugende Präsentation werde allerdings mehr Platz als bisher benötigt.
Marburger Tapetenfabik
Export ist die Hoffnung
"2022 war ein enttäuschendes Tapetenjahr." Mengenmäßig sei das Minus erheblich gewesen. Seine Erwartungen an das laufende Jahr sind ebenfalls nicht hoch, zumindest das erste Halbjahr hält Eitel für schwierig. Dennoch präsentierte sich das ganze Team recht gut gelaunt. Schließlich präsentierte die Kirchhainer Kreativschmiede neue Kollektionen, die Design mit Funktionalität verbinden.
Terra ist eine Tapete, die aus dem natürlichen Grundstoff Lehm hergestellt wird, der aus einer nahen Lehmgrube stammt. Dieser erste Wandbelag auf Lehmbasis, der in einem von der Marburger Tapetenfabrik patentierten Druckverfahren hergestellt wird, sorgt für ein gesundes Raumklima. Er ist frei von Weichmachern, künstlichen Aufhellern sowie anderen umwelt- und gesundheitsbelastenden Substanzen. Eine weitere Neuheit ist die Wärmeenergie einsparende Tapete Celsius. In einem damit tapezierten, auf 19 Grad beheizten Raum, fühlt es wie 21 Grad an.
"Wir erwarten von der Messe Heimtextil Impulse", betonte Eitel. Da Russland und die Ukraine als Abnehmerländer keine Perspektive seien, hofft er auf andere potenzielle Märkte im Ausland. "Wir arbeiten daran." Der Export sei die Hoffnung des Unternehmens. Derzeit liegt die Exportquote bei 55 bis 60 %.
Enttäuscht reagierte Eitel auf das Fernbleiben des überwiegenden Teils der deutschen Tapetenindustrie. "Das ist eine schlechte Außenwirkung." Die Weltleitmesse mit starker Präsenz werde gebraucht. Wenn die in Zukunft nicht mehr gegeben sei, sinke das Interesse an der Tapete noch weiter.
Eitel zeigt, wie sich die Kosten für den Messeauftritt senken lassen. Der Stand des Unternehmens wurde um die Hälfte auf rund 110m verkleinert. Trotz dieser geringen Größe konnte das Familienunternehmen alle Neuheiten attraktiv vorstellen.
Zum Ende des Jahres wird Eitel die Führung der Fabrik an seinen Sohn Paul übergeben und auch seine beiden Töchter Constanze und Katharina werden sich weiterhin einbringen.
Wallpaper Competence
"Wir haben eine Leidenschaft für Tapete"
Hinter der Wallpaper Competence stehen die Unternehmen Follmann, Sügravo, Kämmerer, M-Design und SPGPrints. Sie geben jährlich einen Kalender heraus, in dem sie ihr technisches Know-how für die Tapetenindustrie unter Beweis stellen. "Wir stehen hier für die Heimtextil und setzen Zeichen für die Tapete", sagte Oliver Wenk, Geschäftsführer des Walzenherstellers Sügravo in Lörrach. Er kritisierte die nur geringe Beteiligung der Tapetenbranche an der Heimtextil. Das gebe ein "schlechtes Bild" ab. Auch die Zulieferer der Tapetenindustrie hätten schwere Zeiten hinter sich. Darauf müsse mit noch mehr Flexibilität reagiert werden. "Vielleicht gehen die Unternehmen dann aus einer Neuausrichtung gestärkt hervor", hofft Wenk. Für alle Unternehmen der Wallpaper Competence gelte: "Wir haben eine Leidenschaft für Tapete und wollen das Produkt nicht sterben lassen."
Schmitz/Essener
"Renovierung
wird verschoben"
Nach Auskunft Christian Schmitz hat er die selbst gesteckten Vertriebsziele mit seinen beiden Tapetenverlagen Essener Tapeten-Import und Schmitz Tapeten-Import in Essen nicht ganz erreicht. Dennoch sei er zufrieden. "Die Ziele waren sehr ehrgeizig", sagte er und erläuterte den Grund für die bescheidene Nachfrage. "Die Tapete ist ein Produkt, auf das der Verbraucher in schwierigen Zeiten zunächst verzichten kann." Das bedeute nicht, dass er auf die Renovierung verzichte, er verschiebe sie aber. Nun hofft Schmitz, der seine Neuheiten statt auf der Heimtextil in einem benachbarten Hotel präsentierte, auf das laufende Jahr. Aber auch 2023 werde die Branche vor Herausforderungen stellen. "Wir müssen einfach realistisch sein." Um die Probleme anzugehen, setzt Schmitz auf eine klare Kosten- und Vertriebsstruktur. Die beiden Verlage kommen in diesem Frühjahr mit jeweils vier Kollektionen auf den Markt.
aus
BTH Heimtex 02/23
(Wirtschaft)