Fünf Fragen an Hans-Jörg von Rhade
"Verarbeiterknappheit ist eine Herausforderung"
Die Wärmedämmung von Fassaden ist zur Erreichung der Klimaziele unverzichtbar. Für die Umsetzung sind Profi-Handwerker nötig. Hans-Jörg von Rhade, Geschäftsführer der Farbenfabrik Südwest Lacke+Farben in Böhl-Iggelheim, ist sicher, dass sie in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Der Markt verschiebe sich schließlich vom Neubau zur Renovierung.BTH Heimtex: Wie entwickelt sich die Nachfrage nach Fassadendämmung?
Hans-Jörg von Rhade: Der Markt für Fassadendämmung in Deutschland ist 2022 mit rund 36 Mio. m
2 in etwa stabil geblieben. In Anbetracht der hohen Verunsicherung durch den Ukrainekrieg und die damit verbundenen Energie- und Wirtschaftsfragen ist das eine recht erfreuliche Entwicklung, auch im Vergleich zum Bautenanstrichmittel-Markt, der sich volumenmäßig mit entwickelte.
Welche Materialien werden überwiegend nachgefragt?
Nach wie vor dominiert EPS mit rund 55 %, das hat aber in den vergangenen Jahren abgenommen. Steinwolle mit circa 27 % hat ebenso wie die Holzweichfaserplatte mit circa 13 % Marktanteil in den letzten Jahren stark zugenommen. Alle übrigen Dämmstoffe wie XPS, PU, Phenol oder Naturfaser spielen eine untergeordnete Rolle.
Treiben die Förderungsprogramme der Bundesregierung die Nachfrage nach Wärmedämmung an oder wird abgewartet, weil die Situation noch unsicher ist?
Neben der zunehmenden Ausrichtung im Gebäudebau Richtung Nachhaltigkeit und Energieeinsparung spielen Förderprogramme sicher eine große Rolle. Man mag sich an die extreme Nachfragesteigerung bei Auslaufen der Eigenheimzulage 2006 erinnern. Darüber hinaus benötigt der Durchschnittsverbraucher die Fördergelder auch rein pekuniär: Die Baukosten sind extrem gestiegen und nur unter Schwierigkeiten aus eigener Tasche zu bezahlen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wirken Fördergelder allerdings noch nicht sehr stark, da die Gesamtsituation noch unsicher ist.
Für Handwerker könnte die Wärmedämmung ein lukratives Geschäft sein. Stehen genug Handwerker zur Verfügung, die die Materialien auch kenntnisreich verarbeiten können?
Auch bei der Wärmedämmung ist die Verarbeiterknappheit eine Herausforderung. Handwerkliche Berufe kommen erst allmählich wieder in den Fokus der Jugend, und derzeit gehen viele Verarbeiter aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand. Wir haben aber dennoch den Eindruck, dass wir für den normalen Renovierungs-/Dämmzyklus ausreichend Handwerker finden, zumal viele tatsächlich erkennen, dass Dämmung im Wohnbau lukrativ sein kann und die Nachfrage im Neubau sinkt. Dementsprechend stehen der Renovierung mehr "Hände" zur Verfügung.
Welche Rolle kommt der Fassadenfarbe im Zusammenspiel mit dem WDVS zu?
Auch wenn Fassadenfarben im Rahmen der Wärmedämmung nicht zulassungsrelevant sind, so spielen diese doch eine besondere Rolle zum Schutze eines WDVS. Nicht nur, dass sie die Gebäudehülle/das WDVS vor Bewitterung im Allgemeinen und vor Feuchtigkeit im Besonderen langfristig bewahren, sondern sie sind vor allem auch ein wesentliches Gestaltungselement und der Abschluss des Hausbaus. Deshalb ist gerade hier auf höchste Qualität zu achten.
aus
BTH Heimtex 05/23
(Wirtschaft)