Qualitätskriterien für hochwertige Oberflächen und ein gesundes Raumklima

Innenfarbe ist nicht gleich Innenfarbe

Alleine auf dem deutschen Markt existieren mehrere hundert Produkte, die als Innenfarben bezeichnet werden. Im Großen und Ganzen handelt es sich dabei um weiße oder getönte Beschichtungsstoffe, die für den Einsatz in Wohnungen, Büros, Schulen etc. bestimmt sind. Es gibt eine Vielzahl von Kriterien, die sich vor allem beim Auftragen der Werkstoffe und der Qualität des fertigen Anstrichs vor- oder nachteilig bemerkbar machen. Doch welche Möglichkeiten hat der Verarbeiter, um eine für seine Zwecke optimale Beschichtung zu erkennen? Rudolf Kolb, Caparol-Technik, ist dieser Frage auf den Grund gegangen.

Optimales Deckvermögen, gutes Reinigungsverhalten, hohe Strapazierfähigkeit, tuchmatte Optik - diese Eigenschaften werden den Innenwandfarben häufig bescheinigt. Doch nicht immer entsprechen diese Aussagen den Erwartungen. Um solche Merkmale technisch zu untermauern, wurde bereits im November 2001 die DIN EN 13 300 eingeführt. Sie enthält Kriterien für wasserhaltige Beschichtungsstoffe im Innenbereich und erlaubt eine qualitative Zuordnung dieser Produkte. Die Norm teilt die Farben nach vorgesehener Anwendung und Bindemitteltyp ein und definiert folgende Eigenschaften zur Unterscheidung:

Nassabriebbeständigkeit

Die Nassabriebbeständigkeit beurteilt die Dauerhaftigkeit der Beschichtung bei wiederholter Reinigung. Die Materialien werden in Klassen von 1 bis 5 eingestuft, wobei Stufe 1 die größte Nassabriebbeständigkeit hat. Die im Malerhandwerk altbekannten Begriffe "waschbeständig" und "scheuerbeständig" der alten DIN 53 778 werden somit durch die Nassabriebklassen ersetzt. Die seither waschbeständigen Innenfarben entsprechen der Nassabriebklasse 3, die scheuerbeständigen Innenfarben der Klasse 1 oder 2.

Bei scheuerbeständigen Farben handelt es sich in der Regel um hochwertige und bindemittelreiche Beschichtungsstoffe, die glänzende, seidenglänzende, matte oder stumpfmatte Oberflächen aufweisen. Diese Produkte werden häufig als Latexfarbe bezeichnet. Dabei ist der Begriff Latexfarbe kein Qualitätsmerkmal und wird in keiner Norm beschrieben oder definiert. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Kunststoffdispersionsfarben, bei denen der Anstrich die Nassabriebklasse 2 oder 1 erfüllt, als Latexfarben ausgelobt.

Kontrastverhältnis (Kontrastlöschung)

Beim Kontrastverhältnis geht es um das Deckvermögen der Beschichtung im Verhältnis zu ihrer Ergiebigkeit. Innenfarben werden in eine von vier Klassen eingestuft: Klasse 1 hat das höchste Deckvermögen, Klasse 4 das geringste. Bei zwei Farben derselben Klasse entscheidet über das bessere Kontrastverhältnis, mit welchem Produkt sparsamer gearbeitet werden kann (Materialkosten). Grundlage ist ein geringerer Verbrauch beziehungsweise die in der DIN EN 13 300 in Quadratmetern pro Liter angegebene höhere Ergiebigkeit. Hoch deckend und dabei extrem ergiebig sind zum Beispiel Produkte wie "Capa Maxx" oder "Indeko-plus" von Caparol. Mit einem Kontrastverhältnis von Klasse 1 bei einer Ergiebigkeit von acht Quadratmetern pro Liter gehören sie zu den am besten deckenden Beschichtungen mit einer hohen Reichweite oder einem geringen Verbrauch.

Glanzabstufungen

Die DIN EN 13 300 kennt vier Glanzabstufungen: glänzend, mittlerer Glanz, matt und stumpfmatt. Für Beschichtungsstoffe der Kategorie "mittlerer Glanz" dürfen die bekannten Begriffe "seidenmatt" und "seidenglänzend" beibehalten werden. Der Glanz einer Beschichtung kann das plastische Profil des Untergrundes wie Relief-, Prägetapete und Glasgewebe-Wandbeläge optisch stärker hervorheben. Der daraus resultierende Effekt kann jedoch störende Untergrund- und Strukturungleichmäßigkeiten sichtbar werden lassen.

Auch die Strapazier- und Reinigungsfähigkeit einer Beschichtung ist maßgeblich von ihrem Glanz abhängig. Dabei lassen sich matte Innenfarben, auch wenn sie der Nassabriebklasse 1 oder 2 entsprechen, nur bedingt reinigen, weil sie den Schmutz in ihrem Porengefüge einlagern. Um Verunreinigungen zu entfernen, muss die Oberfläche abgetragen werden. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass durch das Scheuern ein "Aufpolier-Effekt" entsteht. Um eine gute Reinigungsfähigkeit zu erzielen, sollten glänzende oder seidenglänzende Farben eingesetzt werden. Sie weisen eine dichte und glatte Oberfläche auf, die eine gute Reinigungs- und Strapazierfähigkeit bewirkt.

Maximale Korngröße

Die maximale Korngröße wird unterteilt in fein, mittel, grob und sehr grob. Strukturlose Beschichtungen, zu denen auch Innenfarben zählen, entsprechen der Korngröße fein. Zu der mittleren Korngröße gehören gekörnte Beschichtungen wie Streichputze. Feine und grobe Strukturputze entsprechen der Korngröße grob bzw. sehr grob.

Nach der Definition der DIN EN 13 300 können klassische Innenfarben also gut oder schlecht decken, glänzend oder stumpfmatt sein und unterschiedlich auf mechanisch Einflüsse reagieren. In zirka 80 % aller Fälle sind diese Produkte problemlos einsetzbar und erfüllen ihren vorgesehenen Zweck. Doch bei den übrigen 20 % werden Sonderlösungen verlangt, die den Einsatz von Spezialbeschichtungen erfordern.

Schimmelbefallene Oberflächen

Sofern bei einer Schimmelpilz-Sanierung die Feuchtigkeitsursache sicher abgestellt werden kann und die befallenen Bereiche erfolgreich vorbehandelt werden, lassen sich die Flächen mit herkömmlichen Dispersions- bzw. Dispersionssilikatfarben wie Caparol Indeko-plus oder Sylitol Bio-Innenfarbe beschichten. Ist das nicht der Fall, sollten Anti-Schimmelfarben mit Langzeit-Schimmelschutz wie Caparol Indeko-W als vorbeugende Maßnahme für den Anstrich verwendet werden. Diese Farben besitzen ein fungizides Depot, das eine Verhinderung bzw. Verzögerung eines (erneuten) Schimmelbefalls bewirkt.

Schutzfinish gegen Schreibeffekt

Sichtbare helle Spuren auf intensiv getönten Beschichtungen werden als Schreibeffekt bezeichnet. Diese Erscheinungsbilder entstehen bereits bei geringen mechanischen Belastungen z. B. Kratzen mit dem Fingernagel. Dabei handelt es sich um eine typische Materialeigenart aller matten Innenfarben. Ursache hierfür ist, dass matte Anstriche generell eine offenporige Oberfläche aufweisen. Durch das Kratzen werden die farbigen Pigmentteilchen verschoben und die helleren freigelegt, was eine Streifenbildung zur Folge hat.

Bislang konnte der Schreibeffekt nur durch den Einsatz glänzender, bindemittelreicher Beschichtungen vermieden werden. Seit neuestem bietet Caparol eine matte Innenfarbe an, die weitgehend beständig gegen den Schreibeffekt ist. Dabei handelt es sich um ein eingetöntes Schutzfinish mit der Bezeichnung Premium Color. Ermöglicht wird diese bislang einzigartige Eigenschaft durch den Einsatz spezieller Bindemittel und Füllstoffe auf Carbonbasis.

Streiflichtbelastete Flächen

Ansatzfreie Oberflächen sind bei groß dimensionierten Untergründen, die keine Struktur oder Unterbrechungen aufweisen, im Rollverfahren kaum möglich. Je nach Produktqualität und vorherrschenden Lichtverhältnissen, kann eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Rollstreifigkeit sichtbar werden. Dabei ist die Offenzeit (das Nassbleiben) der Farbe für die Entstehung der Rollansätze maßgeblich verantwortlich. Bei einer geringen Offenzeit wird das nasse Material in die bereits angetrocknete Fläche eingearbeitet. Es entstehen Überlappungen, die eine veränderte Struktur aufweisen und im Glanz variieren. Decken- und wandbündiger Lichteinfall verstärkt die optische Beeinträchtigung.

Für die Beschichtung von streiflichtbelasteten Flächen eignen sich besonders Innenfarben auf Siliconharzbasis wie Capa Silan. Diese Produkte bewirken eine längere Offenzeit und minimieren somit die Streifenbildung.
aus BTH Heimtex 04/09 (Sortiment)