Das besondere Objekt: ColoRex Plus bei Siemens in Berlin
Technischer PVC-Fliesen-Belag schützt vor elektrischen Ladungen
Bei Siemens in Berlin werden elektronische Bauteile für Sicherheits- und Brandmeldeausrüstungen gefertigt. Dazu gehören Videoüberwachungssysteme, Brandmelder und Evakuierungszentralen z.B. für Shoppingcenter. Um die empfindlichen Bauteile vor Schmutz und unerwünschten elektrischen Ladungen zu schützen, sind besondere Bedingungen erforderlich. Man spricht von einem EGB-Bereich (Elektro gefährderte Bauelemente) oder in Englisch ESD (Elektronic Static Sensitive Devices). Es liegt nahe, dass auch der neue Bodenbelag bei Siemens ganz besondere Eigenschaften erfüllen musste. Mit ColoRex Plus von Forbo fand man schließlich einen technischen PVC-Fliesenbelag, der die hohen Anforderungen dauerhaft erfüllt.
Als die alte Bodenkonstruktion bei Siemens in Berlin nicht mehr die erforderlichen ESD-Werte in Bezug auf die Ableitung der elektrischen Spannungen brachte, musste ein neuer Bodenaufbau gefunden werden. Die Vorgaben des anspruchsvollen Kunden waren hoch: Staubfreiheit, schnelle und geräuschlose Verlegung und Einbau während der laufenden Produktion. Zunächst holte Siemens-Produktionsleiter Mads Andersen Referenzen von Kollegen aus anderen Werken ein. Da das Siemens-Werk in Wetzlar gute Erfahrungen mit ColoRex Plus gemacht hatte, kam Andersen mit Forbo ins Gespräch.
Was ist ColoRex Plus?
Bei ColoRex Plus handelt es sich um einen technischen Fliesen-Belag aus PVC, bei dem die Leitfähigkeit über die gesamte Nutzungsdauer garantiert wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass er nicht verklebt werden muss, sondern lose verlegt und zusätzlich verschweißt werden kann und sich so als Bodenbelag "aus einem Guss" darstellt. Sollte einmal eine Beschädigung entstehen, kann jede einzelne Fliese ausgetauscht werden. So lange der Untergrund eben ist, sind für die Verlegung von ColoRex Plus auch keine weiteren Untergrundvorbereitungen zu treffen. Die einzelnen Fliesen-Elemente sind mit einem patentierten, unsichtbaren Schwalbenschwanzsystem ausgestattet, das für eine feste Arretierung sorgt.
Mit der Verlegung von ColoRex Plus bei Siemens wurde der Berliner Verlegebetrieb Maltec beauftragt. Maltec ist bundesweit tätig und beschäftigt 40 Mitarbeiter, darunter 8 Bodenleger sowie Maler und Trockenbauer. Das Fachunternehmen gehört zu der Handwerksgruppe Philipp Mecklenburg, die bundesweit mit 1.800 Mitarbeitern aufgestellt ist, wobei jeder Handwerksbetrieb eigenständig bleibt.
Die Verlegung von ColoRex Plus verlief völlig unproblematisch. Eine Schulung kurz vor der Verlegung machte die Verleger fit für den Spezial-Belag. Der ursprüngliche Plan, täglich 500 qm zu verlegen, war bereits am ersten Tag hinfällig: Die Bodenleger waren schlicht und einfach zu schnell. Maltec-Bauleiter Wilfried Ludwig und Jürgen Fuchs, bei Forbo verantwortlich für die Produktgruppe ColoRex, waren häufig in Berlin vor Ort. Sie begleiteten die Verlegearbeiten. Darauf hatte Siemens besonders großen Wert belegt. Die Verlegung durfte die laufende Produktion nicht beeinträchtigen. Eine längere Unterbrechung der Produktionsabläufe war nicht möglich, weil der Auf- und Abbau einzelner Maschinen zu aufwendig und zu kostenintensiv gewesen wäre. Zudem ließ es die gute Auftragslage nicht zu, dass eine Produktionsstraße über längere Zeit stillstand.
Wenn in diesem Objekt ein konventioneller Bodenbelag zum Einsatz gekommen wäre, so hätten Staubwände errichtet werden müssen, weil die Gefahr bestand, dass die Lüftungsanlage den Staub, der beispielsweise beim Fräsen entsteht, an anderer Stelle in der Produktionshalle verteilt. Eine normale Untergrundvorbereitung und die Verklebung des Bodenbelages hätte die Demontage der Maschinen und einen längeren Produktionsausfall nach sich gezogen. So wurden kleinere Maschinen einfach versetzt, der Belag verlegt und die Maschinen wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückgesetzt. Um größere Maschinen, die besonders präzise eingestellt waren und nicht bewegt werden durften, wurde der Belag herum verlegt. An den ausgeschnittenen Stellen wurde anschließend mit transparentem Silikon verfugt.
Wie funktioniert die Verlegung von ColoRex Plus?
Bevor die Verlegung beginnen kann, müssen die Fliesen 48 Stunden am Verlegeort akklimatisiert werden, damit der Belag keine Spannungen aufbaut. Die ColoRex Plus Fliesen werden dank des Schwalbenschwanzsystems einfach ineinander gesteckt und mit einem Gummi-Hammer leicht ineinander geschlagen. Zum Schneiden kommt eine Stanze, alternativ bei schwierigeren Schnitten eine Stichsäge zum Einsatz. Da die Beläge 1 cm stark sind, können Sie nicht mit dem Verlegemesser geschnitten werden. Eine Untergrundvorbereitung ist bei ColoRexPlus nicht notwendig, solange der Untergrund die übliche Ebenheit aufweist. Bei Siemens diente der vorhandene Zementestrich mit Epoxibeschichtung als Verlegeuntergrund. Die Bodenleger mussten nur den Schmutz entfernen, die Kupferbänder für die Leitfähigkeit verlegen und darauf wurde ColoRex Plus installiert.
Im nächsten Schritt wurde der Belag mit einer PVC-Schweißschnur verschweißt, so wie man es auch von anderen elastischen Bodenbelägen kennt. Bauleiter Wilfried Ludwig: "Wir hatten zwei Schweißautomaten und drei Handschweißgeräte im Einsatz, schließlich mussten 16,5 km verschweißt werden." Drei Bodenleger waren permanent mit dem Verschweißen beschäftigt. Abschließend wurde der Belag mit einer Einscheibenmaschine poliert.
Was muss besonders beachtet werden?
Für den Bauleiter von Maltec war vor allem die Baustellenorganisation bei Siemens wichtig: "Bei einem solchen Objekt muss man vorher genau festlegen, wo die Platten gelagert werden, wo man mit der Verlegung beginnt, welche Verlegerichtung eingehalten werden muss und in welchen Bauabschnitten verlegt wird." In Berlin wurde in punkto Baustellenorganisation nichts dem Zufall überlassen. Durch die exakte Planung blieben böse Überraschungen aus und die Verlegung ging zügig voran.
Was tun bei Beschädigungen?
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, mit Beschädigungen umzugehen: Entweder wird die beschädigte Platte ausgetauscht oder repariert. Obwohl die Platten fest arretiert sind, kann jede einzelne Platte mit einem Plattenheber aus dem Schwalbenschwanzsystem herausgeklopft werden und über die Diagonale nach oben herausgehoben werden. Bei kleineren Beschädigungen kann ColoRex Plus auch materialgleich repariert werden. Dazu wird ein Materialstreifen direkt auf die beschädigte Stelle geschweißt und mit einem Viertelmondmesser abgestoßen. Abschließend muss die reparierte Stelle geschliffen werden.
Was hat es mit dem Schwalbenschwanzsystem auf sich?
Auf das patentierte, industrie-geeignete Schwalbenschwanzsystem ist man bei Forbo durchaus ein wenig stolz. "Das Wichtigste ist der technische Rücken mit einer Bienenwabenstruktur, die einem genau berechneten System folgen", erklärt Jürgen Fuchs. Jede Wabe ist mit einem Steg ausgestattet, der wie ein Kanal nach außen führt. Auf diese Weise entsteht unter den Waben eine leichte Hinterlüftung. Das ist z. B. bei einem sensiblen Magnesiaestrich wichtig, wenn sich unter dem Belag Feuchtigkeit sammelt und ein Zersetzungsprozess beginnen könnte. Die Verbindung zwischen den Fliesen wird durch die Zapfen des Schwalbenschwanzsystems mit jeweils einem Positiv und einem Negativ hergestellt. Die Zapfen verfügen über einen kleinen Anker/Adapter, der für die extrem feste Arretierung zwischen den Fliesen verantwortlich ist und so die Querleitfähigkeit garantiert.
Wie feucht darf der Estrich unter ColoRex Plus sein?
Die Anforderungen an einen neuen Estrich sind weniger streng als bei anderen Belägen. Durch den hinterlüfteten Rücken des Belages kann dort die Luft zirkulieren. Forbo würde (nach Rücksprache) die Freigabe erteilen, auch wenn der Estrich noch nass ist. Man kann also ohne Übertreibung sagen, dass ein neuer Estrich schneller belegreif ist mit ColoRex Plus. Es ist zudem nicht erforderlich, den Estrich abzusperren.
Wie funktioniert die Leitfähigkeit?
Bei anderen Belägen wird die Leitfähigkeit über den Klebstoff sichergestellt, bei ColoRex Plus funktioniert die Querleitfähigkeit über das Schwalbenschwanzsystem des Belages. Der Belag leitet also nicht nur über die Kupferbänder, sondern auch über den Belag selbst. Die Bestandteile Ruß und Graphit im Belag sorgen für konstante Leitfähigkeit. Die Ableitung erfolgt über schwarze Adern nach unten und die Kupferbänder lassen die Ladungen zum Potenzialausgleich abfließen.
Wie wird ColoRex Plus gefertigt?
Bei der Produktion von ColoRex Plus wird keine Bahnenware, sondern ein so genanntes Fell gefertigt. Dieses Fell wird anschließend in Chips der Größe 10 x 10 cm geschreddert. Die Chips werden mit einer leitfähigen Flüssigkeit ummantelt, in eine Form gelegt und 2 x 25 Minuten bei 180C bzw. bei 120 C gepresst. Hieraus entsteht ein Block mit 14 mm Stärke, aus dem dann die einzelnen Platten gespalten werden. Das führt zu einer völlig homogen Oberfläche, die porenfrei, rissfrei und besonders dicht ist - eine zusätzliche Beschichtung ist nicht erforderlich.
Im zweiten Schritt wird der Belag mit der Rückenkonstruktion verbunden. Dafür wird der 2mm dicke ColoRex - den Forbo seit 40 Jahren herstellt - in einer speziellen Form maschinell mit Druck hinterspritzt. Dieses Material besteht aus Vinyl, wobei der Rücken zusätzlich mit Ruß und Graphit zum besseren Leiten der Ladungen angereichert ist. Forbo legt Wert darauf, dass Rücken und Belag materialgleich sind. Da ColoRex Plus in Objekten wie Pharma-Produktionen oder Reinraum-Fertigungen zum Einsatz kommt, können keine minderwertigen Trägermaterialien eingesetzt werden, da diese ausgasen und beispielsweise Ablagerungen auf Platinen verursachen könnten. Durch die Fertigung als Blockpressung kommen nur geringste Mengen Weichmacher zum Einsatz; sie sind lediglich zur Einbindung der Farben erforderlich.
Objekt-TelegrammObjekt: Siemens, Berlin
Aufgabenstellung: Leitfähiger Bodenbelag in einer EGB-Fertigung während laufender Produktion verlegen
Bodenbelag: Forbo ColoRex Plus
Größe Fliese: 608 x 608 mm
Farbstellung: Montblanc und Quarz
Umfang: 4.900 qm Untergrund Zementestrich mit Epoxibeschichtung
Verarbeitungszeit: viereinhalb Wochen
Verleger: Maltec, Berlin
Beratung: Jürgen Fuchs, Key Account Manager ColoRex
Bodenbelags-Info: Forbo Flooring GmbH
Steubenstraße 27
33100 Paderborn
Tel. 0 52 51/ 18 03 -0
Internet: www.forbo-flooring.de
3 Fagen an Mads Andersen,Produktionsleiter Siemens, Berlin
FussbodenTechnik: Was hat den Ausschlag für ColoRex Plus gegeben?
Mats Andersen: Unser Hauptargument war natürlich, dass wir den Bodenbelag im laufenden Betrieb verlegen konnten. Wir können es uns nicht leisten, 14 Tage oder einen Monat lang unsere Fertigung lahm zu legen und alles auszuräumen. Für uns war es wichtig, eine Lösung ohne Schleifen zu finden. Wir haben in den letzten 4 Wochen fast 5.000 qm verlegen lassen und eine Produktionsunterbrechung vermieden. Forbo ColoRex Plus ist eine super Lösung.
FT: Welche Rolle spielten die besonderen Bedingungen in Ihrer Fertigung?
Andersen: Es handelt sich zwar nicht um Reinraum-Bedingungen, aber bei uns gibt es natürlich empfindliche Bauteile, die keine Staubbelastung und schädliche elektrische Ladungen erlauben. Unsere Fertigung bezeichnet man als EGB-Fertigung. Zum Schutz der Bauteile müssen Ladungen vom Menschen über Schuhwerk, Kittel und Armbänder abgeleitet werden. Dazu leistet auch der Fußboden seinen Beitrag. Wir liegen weit unter den vorgegeben Grenzen.
FT: Wie wird in Ihrem Werk gereinigt?
Andersen: Dort, wo wir mit dem Reinigungswagen nicht hinkommen, wird mit dem Wischmopp per Hand gereinigt. In den Bereichen, wo der Reinigungswagen eingesetzt wird, lassen wir den Belag verschweißen. Bei den übrigen Flächen ist dies nicht erforderlich.
aus
FussbodenTechnik 01/08
(Referenz)