Serie Berufsschulen: Jobelmann-Schule Stade

Schule und Handwerk ziehen an einem Strang

Mit verschiedenen Aktionen, wie einem jährlichen Fußballturnier und dem Berufsbildungsdialog kümmern sich die Berufsschullehrer der Jobelmann-Schule in Stade um gute Beziehungen zum regionalen Parketthandwerk. Eine Vielzahl der norddeutschen Parkettleger haben ihr Handwerk in den länderübergreifenden Stader Fachklassen gelernt. Deshalb kommen viele gerne zu den gemeinsamen Veranstaltungen nach Stade. Dass Schule und Handwerk nach wie vor an einem Strang ziehen, zeigt sich bei der Entwicklung des Lernfeld-Unterrichts, der Gründung eines Förderfonds und den überbetrieblichen Lehrgängen.

Projektbezogener Unterricht ist seit Änderung der Ausbildungsordnung das große Thema an den Berufsschulen in Deutschland. Auf Initiative des ehemaligen Bundesinnungsmeisters Dieter Große und des Oberstudienrat Karl Remmert wurden hierfür in den 90er Jahren mit dem Stader Modell und später mit dem gemeinsam mit der Universität Bremen durchgeführten Modellversuch ELKo die Grundlagen gelegt. Damals kümmerte man sich u.a. erstmals intensiv um eine genaue Abstimmung der Inhalte von überbetrieblichen Lehrgängen und Berufsschulunterricht, beispielsweise in Form von gemeinsam geplanten und durchgeführten Kundenaufträgen.

Soziale Kompetenzen wichtig

Seither werden die Parkett- und Bodenleger, nicht nur in Norddeutschland, nach der so genannten Lernfeld-Methode unterrichtet. 13 Lernfelder gibt es, deren Inhalte sich möglichst nah am Ablauf in der Praxis orientieren (siehe Kasten). Dabei sind die Unterschiede zwischen den beiden Ausbildungsberufen gar nicht groß. Ungefähr zwei Drittel der Lehrinhalte für Parkett- und Bodenleger stimmen überein.

Die rund 200 Auszubildenden in Stade müssen bei den meisten Lernfeld-Aufgaben zunächst ein Aufmaß machen, die Verlegung planen, dann die Materiallisten erstellen und die Kosten der Arbeiten kalkulieren, ehe das Ergebnis dem potenziellen Kunden präsentiert wird. Sehr praxisnah vermitteln die Fachlehrer so das nötige Fachwissen. Von ähnlich großer Bedeutung ist dem Lehrerteam "die Verbesserung der Handlungskompetenz und der kommunikativen Fähigkeiten der Berufsschüler", sagt Studienrat Jörg Kock. Ohne diese sozialen Kompetenzen sei heute kaum mehr ein Handwerker in der Lage, seinen Beruf erfolgreich auszuüben.

Darüber hinaus legt man in Stade Wert darauf, dass jeder Lehrling im Rahmen seiner Berufsausbildung möglichst einmal ein reales Praxisprojekt vom Anfang bis Ende plant und durchführt. Verwirklicht werden Objekte von Kunden aus dem gemeinnützigen Sektor, wobei überbetriebliche Ausbildung und Berufsschule ineinander greifen. Bei Bedarf wird auch der 1998 gegründete Förderfond Parkett und Fußbodentechnik ins Boot geholt. Verlegewerkstoffhersteller Thomsit und die Parkettproduzenten Boen Deutschland, Gunreben und Oldenburger Parkettwerk unterstützen in diesem Kreis gemeinsam die Parkettlegerschule Nord mit Referenten, Sachspenden und finanziellen Mitteln.

"Praxis ist der beste Lehrmeister"

Eine möglichst praxisnahe Ausbildung ist an der Jobelmann-Schule wichtiges Ziel. "Die Praxis ist häufig der beste Lehrmeister", ist sich Berufsschullehrer und Fachbuchautor Remmert sicher. Entsprechend fordert er, dass sich die Berufsschulen regelmäßig über den tatsächlichen Ausbildungsbedarf Gedanken machen. So sollte aus seiner Sicht wesentlich häufig auch mit Zweischichtparkett gearbeitet werden, da diese Parkettart in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat.

Am Ende hilft die Verzahnung zwischen Theorie und Praxis den Betrieben und Schulen gleichermaßen. Deswegen pflegt das Lehrerkollegium seine guten Kontakte zum norddeutschen Fußbodenbau-Handwerk. Zum Beginn des Schuljahres findet in Stade jedes Jahr ein Berufsbildungsdialog statt, bei dem die Lehrlingswarte aller beteiligten Innungen Gelegenheit bekommen, sich mit den neuen Lehrlingen des ersten Lehrjahres bekannt zu machen und sich mit den Berufsschullehrern auszutauschen. Zum Schuljahresende wird zudem eine gemeinsame Freisprechungsfeier und ein Fußballturnier organisiert, bei dem neben den Klassenmannschaften der Parkett- und Bodenlegerlehrlingen des ersten Lehrjahrs auch eine Mannschaft aus Betriebsinhabern, Mitarbeitern der Ausbildungsbetriebe, Obermeistern, Lehrlingswarten und Berufsschullehrern antritt.

Die Parkettlegerschule Nord ist erst auf Wunsch des norddeutschen Parketthandwerks entstanden: In den 80er Jahren hatten die fünf Parkettlegerinnungen Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen-West, Lüneburg-Stade und Hannover die Gründung einer Bundesländer übergreifenden Ausbildungsklasse in Stade vereinbart. Da das Einzugsgebiet groß ist, startete die Beschulung der Lehrlinge schon 1984 im Blockunterricht mit Internatsunterbringung. Hier bot sich das Berufsbildungszentrum des Handwerks (BBZ) in Stade mit seinem Internat an, so dass sowohl der Berufsschulunterricht als auch die überbetriebliche Ausbildung von Beginn an im BBZ stattfanden.

Eigenes Schulgebäude

Noch heute sind Parkett- und Bodenleger in den Räumen des BBZ am Heisterbusch und nicht im Stader Berufsschulzentrum untergebracht. Die Fachgruppe Parkett & Bodenbelag ist heute der einzige Nutzer des Gebäudetraktes der ehemaligen Meisterschule Sanitärtechnik. "Für uns ist die räumliche Situation ideal", schwärmt Remmert. Kein Wunder, denn den Fußboden-Auszubildenden stehen mit drei großen Klassenräumen, zwei Werkstätten direkt neben den Klassenräumen und einer Werkstatthalle von 250 qm ausreichend Platz auch für großflächige Übungen innerhalb des Lernfeldunterrichtes zur Verfügung.

Dass die Handwerkskammer schon seit geraumer Zeit nach einem Käufer für das ehemalige Berufsbildungszentrum sucht, beunruhigt die Fachlehrer nicht ernsthaft. "Sollten wir hier Schwierigkeiten bekommen, dann gibt es immer noch das Berufsschulzentrum selbst", erklärt Studienrat Patrik Zimmermann.

Überbetriebliche Lehrgänge für alle

Seit mehr als 25 Jahren leitet Dieter Große bereits die überbetrieblichen Lehrgänge für die Handwerkskammer. Jeder Parkett- und Bodenlegerlehrling - egal, ob der Ausbildungsbetrieb selbst diese Arbeiten durchführt oder nicht - muss während seiner Berufsausbildung zusätzlich zum Berufsschulunterricht drei bzw. zwei Mal jeweils für eine Woche zum überbetrieblichen Lehrgang nach Stade kommen. Dort werden die Lehrlinge in der Werkstatt unterrichtet in "Historische Böden/Einfärben von Parkett" (Parkettleger), Maschinenkurs (Parkett- und Bodenleger) sowie in der "Verlegung von Teppich, Linoleum- und PVC-Bodenbelägen" (Parkett- und Bodenleger). Die Kundenaufträge, die in den Lehrgängen durchgeführt werden, sind in enger Absprache im Berufsschulunterricht geplant und werden dort auch abschließend bewertet.

Derzeit werden in Stade pro Jahrgang zwei Parkettleger- und eine Bodenleger-Klasse unterrichtet. Auf Grund des immer stärker werdenden Interesses am noch jungen Ausbildungsberuf des Bodenlegers könnte aber schon bald eine zweite Bodenlegerklasse eingerichtet werden. Ab 32 Auszubildenden ist eine Klassenteilung notwendig.


Jobelmann-Schule in Kürze

Jobelmann-Schule
Berufsbildende Schulen Stade
Gewerbliche, hauswirtschaftliche und sozialpädagogische
Fachrichtungen
Glückstädter Straße 15
21682 Stade
Tel: 04141/492-100
Fax: 04141/492-125
www.jobelmannschule.de

Schulleiter: Oberstudiendirektor Rainer Albers
Schülerzahl: ca. 2.500 Schüler
Kollegium: ca. 130 Lehrkräfte

Außenstelle Parkett & Bodenbelag:
Heisterbusch 10
21682 Stade
Tel: 04141-544597 bzw.
04141-492101 (Sekretariat)
Fax: 04141-544597
E-Mail: parkettlegerschulenord.bbs@t-online.de

Lehrerkollegium Parkett & Bodenbelag: Jörg Kock, Karl Remmert, Patrik Zimmermann
Angeschlossene Innungen: Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen-West/Bremen, Lüneburg-Stade, Hannover

Parkettleger-Auszubildende im Schuljahr 06/07:
- 41 (1. Lehrjahr)
- 37 (2. Lehrjahr)
- 39 (3. Lehrjahr)

Bodenleger-Auszubildende im Schuljahr 06/07:
- 30 (1. Lehrjahr)
- 29 (2. Lehrjahr)
- 21 (3. Lehrjahr)

Lernfelder der Rahmenlehrpläne für den Berufsschulunterricht

Lernfelder Parkettleger:
- Einrichten einer Baustelle
- Einbauen eines Dielenbodens
- Verlegen eines Bodens aus Mehrschichtparkett
- Prüfen und Vorbereiten eines Baustellenestrichs
- Verlegen eines Parkettbodens
- Behandeln der Oberfläche eines Parkettbodens
- Verlegen eines Holzpflasterbodens
- Verlegen eines elastischen Bodenbelages
- Verlegen eines textilen Bodenbelages
- Einbauen eines Fertigteilestrichs
- Herstellen einer Sonderkonstruktion
- Gestalten eines Fußbodens
- Instandhalten und Instandsetzen eines Fußbodens

Lernfelder Bodenleger
- Einrichten einer Baustelle
- Prüfen und Vorbereiten eines Baustellenestrichs
- Verlegen eines Kunststoffbelages
- Verkleben eines textilen Bodenbelages
- Verlegen eines Linoleumbelages
- Verlegen eines Korkbelages
- Verlegen eines textilen Bodenbelages
- Verlegen eines Mehrschichtparketts
- Verlegen von Mehrschichtelementen
- Einbauen eines Fertigteilestrichs
- Herstellen einer Sonderkonstruktion
- Gestalten eines Fußbodens
- Instandhalten und Instandsetzen eines Fußbodens


Fast 40 neue Boden- und Parkettleger in Norddeutschland
An der Jobelmann-Schule in Stade werden die Parkett- und Bodenlegerlehrlinge aus allen norddeutschen Bundesländern ausgebildet. Die Gesellenprüfung 2007 vor dem Prüfungsausschuss der Innung Lüneburg-Stade bestanden in diesem Jahr 25 von 27 teilnehmenden Parkettleger-Auszubildenden.

Mit besonders guten Leistungen taten sich hervor:
1. Tobias Badel, gleichzeitig Landessieger Mecklenburg-Vorpommern (Ausbildungsbetrieb Jürß in Probst Jesar)
2. Rouwen Shaw, gleichzeitig Landessieger Hamburg (Ausbildungsbetrieb Shaw in Hamburg)
3. Dominik Blumenthal, gleichzeitig Landessieger Niedersachsen (Ausbildungsbetrieb Lampe in Ankum).

Die Bodenleger-Abschlussprüfung 2007 vor dem Prüfungsausschuss der Handwerkskammer Lüneburg-Stade absolvierten 14 der 18 Teilnehmer erfolgreich. Die Klassenbesten waren:
1. Albert Hammer (Ausbildungsbetrieb Schmidt in Harsefeld)
2. Sven Meyer (Ausbildungsbetrieb Higgen in Esens)
3. Andreas Tabel (Ausbildungsbetrieb Schmidt in Harsefeld)
aus Parkett Magazin 04/07 (Wirtschaft)