"Hermanas" im Münchner Westend

Tatort Kazmairstraße

Monika Baumgartner ist Schauspielerin. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie zwei linke Hände hätte. Gern packt sie mit an oder berät Leute bei der Wohnungseinrichtung. Was liegt näher, als diese Neigung auch beruflich zu nutzen? Gemeinsam mit ihrer Schwester Waltraud Wäscher führt sie in München einen klassischen Raumausstatterbetrieb mit einem breiten, dekorativen Sortiment. Zielgruppe ist die nähere und weitere Nachbarschaft im Viertel - und ein wenig natürlich auch die Kollegenzunft.

Eine stille Straße im Westend, einem traditionellen Münchner Viertel. Vor verschlossener Tür steht eine Frau, wartet. Hinter der hohen Mauer auf der gegenüberliegenden Straßenseite sind zwitschernde Vögel zu hören, von fern Kinderstimmen. Eine ältere Dame nähert sich, erklärt dem jungen Mädchen - vielleicht ihre Enkelin? - an ihrer Seite: "Die dekorieren hier immer so schön, weißt du".

Dann öffnet sich die Tür von innen, ein bekanntes Gesicht heißt die wartende Frau willkommen und es wird schnell klar, dass hier kein Krimi gespielt wird. Auch wenn Schauspielerin Monika Baumgartner gerade mitten im Dreh für einen neuen "Tatort" ist oder im Volkstheater die Maria in "Jagdszenen aus Niederbayern" spielt, das Drehbuch des Lebens hat für die Münchnerin außerdem eine sehr handfeste Rolle vorgesehen: Gemeinsam mit ihrer Schwester Walraud Wäscher betreibt sie den am 6. Dezember 1996 eröffneten Raumausstattungsbetrieb Hermanas, das ist der spanische Begriff für "Schwestern".

Beide sind vom Fach: Monika Baumgartner als "Fachkauffrau für Raumausstattung", ihre Schwester als Raumausstatter-Meisterin. Waltraud Wäscher hat das Handwerk spät, aber von der Pike auf gelernt. Erst mit 41 Jahren hat die kaufmännisch ausgebildete Computerfachfrau umgesattelt und den Beruf der Raumausstatterin erlernt.

Ein Weg mit Hürden, angefangen bei der Lehrstellensuche, - "in diesem Alter" bekam sie immer wieder zu hören, gab aber nicht auf - , bis zur Gründung des Betriebs und der damals obligatorischen Meisterprüfung. "Montag bis Donnerstag im Laden, Freitag Meisterschule, am Wochenende haben wir gemeinsam über den Berichtsheften gesessen." Der Meisterbrief stammt vom 20.6.2000 - und für Waltraud Wäscher ist es schon ein wenig bitter, dass er heute zur Führung des Betriebs nicht mehr nötig wäre.

Wie kommt eine Schauspielerin dazu, sich um das Einrichten fremder Wohnungen zu kümmern? "Ich bin immer schon ein handwerklicher Typ gewesen", beschreibt Monika Baumgartner ihre Passion. Später hat sie mit ihrem früheren Mann sogar ein Bühnenbau-Unternehmen geführt und dort gehämmert, gebohrt und sogar die Lkws gefahren. Aber Hermanas, betont sie, "gäbe es nicht ohne meine Schwester". Die beiden sind sich nur privat eng verbunden, sondern auch im Geschäft ein harmonisches Team, bei dem Arbeitsteilung herrscht. Monika Baumgartner ist die emotionale, über Produkte gut informierte Beraterin, die auch gerne und so oft es geht, im Laden steht."Für einen Drehtermin bin ich schon mal ein paar Tag weg, aber ansonsten, wenn ich abends Theater spiele, lässt sich die Arbeit prima miteinander verbinden." Waltraud Wäscher geht in's Detail, weiß was umsetzbar ist und schiebt bei seltsamen Kundenwünschen auch schon mal einen Riegel vor: "Das mache ich nicht. Die Sache muss ein Gesicht haben."

Als Glücksfall sehen es beiden an, dass ihnen der Laden in der Kazmairstraße angeboten wurde. Vorhangstoffe wurden hier vorher schon verkauft, aber nach 34 Jahren war "die Zeit des braunen Teppichbodens endgültig vorbei". Die Schwestern möbelten das kleine Ladengeschäft komplett neu auf, wobei auf den 75 Quadratmetern zunächst auch noch die Werkstatt hier Platz finden musste.

Vor zwei Jahren konnte die Werkstatt ins Hofgebäude verlegt werden - deshalb die Klingel vorn am Laden - und zwei Gardinennäherinnen angestellt werden. Außerdem teilen sich die "Hermanas" Arbeit und Kosten mit zwei selbstständigen Raumausstattern, die das Angebotsspektrum über die Fensterdekoration hinaus um Polstern und Bodenbelagsverlegung erweitrn.

Im Ladengeschäft wird das hochwertige textile Wohnen zelebriert. Rund 1.500 Musterschals hängen hier, etwa von Jab Anstoetz, Rasch Textil, Romo, Saum & Viebahn, Höpke, Sonnhaus, Ado, Fuggerhaus, Jane Churchill. Textile Bodenbeläge sind mit Vorwerk und Maiflor vertreten, außerdem natürlich der neuen FHR-Kollektion Creation Monika Baumgartner.

Bei Gardinenstangen und Sonnenschutz finden sich Namen wie Interstil, MHZ und Silent Gliss, komplettiert wird das Angebot von jeder Menge reich dekorierter Wohnaccessoires.

Alle zwei Monate werden die Fenster komplett neu dekoriert, "sonst beschweren sich die Leute". Die alte Münchner Wohngegend ist zur Zeit im Umbruch. Nach der Aufgabe des alten Messegeländes baut die Wohnungsgenossenschaft München-West vieles um oder neu. Junge Leute mit Kindern sind zugezogen und in manchen Häusern, Straßen "sind inzwischen drei, vier Stockwerke von uns ausgestattet".

"Die Westendler sind sehr treue Kunden", meint Monika Baumgartner, und sie schätzen es, dass sie bei uns betreut werden.Dass ein kleiner Laden teuer sein muss, stimme ja nicht, man könne so besser kalkulieren. Darüber wundere sich die eine oder andere Kundin nach ihrem Marsch durch die Geschäfte der gar nicht so fernen Innenstadt. Gern zitiert sie auch eine Frau, die sich nach eingehender Beratung wunderte: "Wissen Sie, dass Sie die erste sind, die richtig zuhört?".

Flexibel wie die Schwestern sind, können sie auch auf eine andere, schon vergangen geglaubte Einkaufseigenart eingehen: Frauen kaufen ein und lassen sich die Rechnung teilen: "Bevor es zuhause Krieg gibt", bekommt der Mann den vollen Betrag der neuen Raumausstattung gar nicht erst zu sehen.

Monika Baumgartner wirkt viel zu bodenständig und bescheiden, als dass sie mit ihrer Prominenz hausieren ginge. Aber eine Werbung bedeutet der Name natürlich doch. Und wie ein Who's Who der Theater- und Film-Szene liest sich die Liste der Kollegen, die sich gelegentlich bei den Hermanas beraten lassen: Wilfried Klaus, Tony Berger, Stephan Hunstein oder Lambert Hamel etwa, der kürzlich mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnete Kameraman Franz Rath und natürlich die beiden Tatort-"Kommissare" Udo Wachtveitl und Mirko Nemecz.

Wer sie im Schauspielerleben sehen möchte, hat zur Zeit einige Möglichkeiten: "Jagdszenen aus Niederbayern" von Martin Sperr im Volkstheater und den ganzen Juli über auf der größten Freilichtbühne Europas in Wunsiedeln.

Die TV-Sendetermine stehen noch nicht, aber es wird zur Zeit fleißig gedreht: für einen neuen "bayerischen" "Tatort" sowie einen Zweiteiler für das ZDF. Monika Baumgartner beschreibt den Film, der bis Juli in Prag gedreht wird, als eine "historische Liebesgeschichte".


Hermanas - das Unternehmen

Hermanas Innendekoration
Kazmairstr. 75
80339 München
Tel. 089/54 07 29 97
Fax: 089/540 11 00

Laden: 75 qm, Werkstatt (im Hinterhaus) 70 qm.
Inhaber: Monika Baumgartner, Schauspielerin, und Waltraud Wäscher, Raumausstatter-Meisterin

Mitarbeiter: zwei Gardinennäherinnen sowie, in Werkstatt-Zusammenarbeit, zwei selbständige Raumausstatter

Angebot: Gardinen, Vorhänge, Vorhangstangen und Schienensysteme, Möbelstoffe, Polsterei, Sonnenschutz, Bodenbeläge

Zielgruppe: Privatkunden, kleinere Objekte (Hotels, Goethe-Institut, Studentenwohnheime)

Service: Persönliche Beratung, auch vor Ort. Leitsatz, Kunden zu betreuen.
aus BTH Heimtex 06/04 (Handel)