Wilkenburger Teppich-Scheune bei Hannover
Die Billigpreis-Schiene ist tabu
Die Heimtextilien-Vertriebs-Organisation (Hevo) betreibt Bodenbelagsfachgeschäfte im Raum Hannover und stellt dabei jeweils einen anderen Aspekt in den Vordergrund: Warenauswahl, handwerkliche Kompetenz oder Musterpräsentation. Die Wilkenburger Teppich-Scheune etwa setzt auf die größtmögliche Auswahl und zeigt auf einem alten Gutshof Teppichrolle an Teppichrolle. Die Billigpreis-Schiene ist für das Decor-Union-Mitglied jedoch tabu.
Teppichverkauf im Hühnerstall - in der Ortschaft Hemmingen bei Hannover an der Tagesordnung. Dort nämlich betreibt die Hevo-Zentrale eines ihrer drei Fachgeschäfte. Die "Wilkenburger Teppich-Scheune" ist in einem alten Gutshof untergebracht, der auch heute noch als solcher genutzt wird. Auf etwa 2.500 qm findet der Besucher eine große Auswahl an Bodenbelägen.
Den Schwerpunkt haben die Hevo-Inhaber Siegfried Donabauer und Peter G. Schröder (beide 53) in diesem Fachmarkt auf Teppichböden gelegt, die etwa 70% des Umsatzes ausmachen. "Das ist unser Schwergewicht im Sortiment, unsere Kernkompetenz", sagt Donabauer.
Drei Fachmärkte mit unterschiedlichen Schwerpunkten haben Donabauer und Schröder eröffnet; hier in der Teppich-Scheune lautet das Motto: Vielfalt zeigen! Deshalb gibt es auf dem rustikalen Gutshof auch keine durchgestylten Verkaufsräume, sondern Waren, Waren, Waren, so weit das Auge reicht. "Die Kunden sollen gleich sehen, dass sie gar nicht mehr woanders hinzugehen brauchen, wo hier doch alles vorhanden ist", meint Donabauer.
Und in der Tat, überall sieht man Teppichböden, vorherrschend aufgerollt auf Paternostern, ergänzend aber auch in Form von Mustern.
"Hier in der Teppich-Scheune sind wir Rollenanbieter" bekennen Donabauer und Schröder. Stückweise kaufen sie nicht zuletzt wegen des Preisvorteils ein. "Es wäre unklug, wenn wir das nicht so betrachten würden". In den Teppichbodenrollen steckt ein gut Teil ihres Kapitals - und das muss bewegt werden.
Drei Filialen, drei Konzepte
In der Garbsener Teppich-Scheune und noch konsequenter bei Hevo Ambiente in Gehrden werden völlig andere Konzepte als in Hemmingen gefahren. In Garbsen steht ein rund 650 qm Verkaufsfläche umfassendes und damit sehr großes Fachgeschäft mit einem Minimum an Warenbevorratung; dafür wird um so mehr mit Musterpräsentationen im Studio gearbeitet.
Zu 95% wird hier Teppichboden verkauft, der Rest ist CV. In der Dienstleistung arbeitet man mit Subunternehmern zusammen. Drei Mitarbeiter sind im Geschäft. Mit Hevo Ambiente in Gehrden schließlich wird ein Geschäft geführt, dass außen wie innen seinen hohen Gestaltungsanspruch demonstriert. Im Vordergrund steht klar die handwerkliche Dienstleistung. Auf 450 qm Fläche sind hier Studios für Teppichboden, Parkett, Gardinen und Sonnenschutz eingerichtet. "In Gehrden sprechen wir ein anderes Publikum an", erläutert Donabauer, der hauptsächlich in diesem Hochwert-Geschäft anzutreffen ist. Neben vielen Kleinobjekten wie Arztpraxen und Ladengeschäften versucht man, in die Wohnungen der gutbürgerlichen Klientel zu kommen.
Sohn André Donabauer (23) bringt hier seine Fähigkeiten als Parkettlegermeister und Raumausstatter ein. Fünf Mitarbeiter - darunter ein zweiter Bodenlegermeister - sind mit von der Partie.
Marketing mit Markenware
Zurück zur Wilkenburger Teppich-Scheune. Unübersehbar sind hier die Logos bekannter Lieferanten. Allen voran Vorwerk, Fletco, Domo, Tretford und Tarkett. Sie strahlen Kompetenz und Qualität aus. Und auch weil der Begriff "Teppich-Scheune" einen negativen Beigeschmack haben könnte, wird mit den bekannten Markennamen geworben. Allerdings: So weit, dass auch die Artikelnamen der Hersteller übernommen werden, geht man nicht. Schon aus Gründen des Vergleichs werden sie durch Eigennamen ersetzt.
Der Einkauf läuft über die Decor-Union. Neben dem vorherrschenden Produkt Teppichboden gehören auch CV-Beläge, Fertigparkett und Laminat zum Sortiment. Aber auch Kautschuk-Beläge, Schmutzfang-Artikel, Kokos-Sisal, Linoleum und Zubehör werden angeboten.
Nicht zu vergessen die abgepassten Teppiche: Orientware, Handtuft, Bordürenteppiche und andere Herstellungsarten, alles beziehen die Betreiber über die Kooperation.
Einen Mitnahmemarkt gibt es auch, jedoch räumlich getrennt und beileibe nicht im Discount-Genre. Hier finden sich Teppichböden für ca. EUR 9/qm.
Das normale Angebot wird in soliden Mittelpreislagen bis zu ca. 35 EUR/qm präsentiert. "Discount findet bei uns nicht statt", sagt Schröder. "Bei uns stehen die Beratungsqualität und die Problemlösung im Vordergrund". Dafür sorgen acht Mitarbeiter.
Die gekaufte Ware wird in Hannover und Umgebung innerhalb von 24 Stunden angeliefert. Zum Service gehören Verlegung und Entsorgung, Ketteln, Geräteverleih und so manches mehr.
Die Inhaber sind beide gelernte Betriebswirte, sind also kaufmännisch ausgebildet. Trotzdem haben sie ihre Erfahrungen in punkto Sortimentsauswahl erst in der Praxis gemacht. Früher wurden zum Beispiel auch Farben und Tapeten geführt.
Bis man erkannte, dass die Verzettelung auf zu viele Produkte nichts bringt. "Wir wollen nicht das Spiel der Baumärkte betreiben, die von jedem etwas bieten", so Donabauer. "Wir konzentrieren uns auf das, wovon wir etwas verstehen - und das sind Bodenbeläge."
Persönliche Kundenansprache statt Gießkannenprinzip
Im Jahre 2002 konnten Donabauer und Schröder ein Umsatzplus von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielen, 2003 waren es immerhin fünf Prozent. Und wenngleich die beiden mit dem Ergebnis von 2003 nicht ganz zufrieden sind, so liegt man damit doch deutlich über dem Branchenschnitt. Woher kommt das? Was wird hier anders gemacht?
"Wir stellen uns so dar, wie wir sind. Unseren Werbebriefen sehen die Empfänger an, dass wir sie selbst geschrieben haben, und nicht eine Agentur", sagt Donabauer. "Bei uns ist alles handgemacht. Das ist unser Prinzip".
Von Beilagenwerbung nach dem Gießkannenprinzip halten Donabauer und Schröder wenig. Gut, zum diesjährigen WSV wurde auch eine Beilage gestreut. Doch nach Meinung der Betreiber sind die Zeiten vorbei, da Beilagen wesentliche Kaufimpulse auslösen. Stattdessen werden Mailings an Kunden und solche, die es werden sollen, versandt: "Persönliche, zielgerichtete Werbung also."
In der Weihnachtszeit stand die Aktion Christbaumverkauf im Mittelpunkt, der vor der Wilkenburger Teppich-Scheune stattfand. Dabei erhielt jeder Käufer einen Gutschein in Höhe von 5 EUR. Die Resonanz war riesengroß. Und nicht wenige nutzten den Besuch zu einem Rundgang durch den Fachmarkt. "Über eine solche Aktion können wir erreichen, dass die Menschen den Weg zu uns finden, auch einen Blick in die Hallen werfen und über die Auswahl staunen", sagt Donabauer. Dieses positive Gefühl bleibt nach seiner Überzeugung erhalten und schafft langfristig Bindungen.
Zu Ostern gab es dann den Eierverkauf, der Jahr für Jahr durchgeführt wird, stets vorbereitet mit einem Mailing. Es werden frische Landeier (nicht aus Massentierhaltung) der Handelsklasse A eingekauft und fast zum Einkaufspreis 30-stückweise an die Interessenten abgegeben. Beim letzten Mal wurden ca. 18.000 Eier verkauft. So stellt man Kontakte her und baut Barrieren ab. Die Kunden überwinden ihre Schwellenangst, und es entsteht eine positive Beziehung - die Grundlage für eine langfristige Partnerschaft.
Donabauer und Schröder denken auch an ein Sommerfest, zu dem vor allem Familien mit Kindern kommen können. Dazu lassen sich die Ressourcen des Gutshofs mit seinem Tierbestand nutzen. Die Kinder dürfen dann die Pferde und Ziegen streicheln und füttern, vielleicht sogar reiten. Derweil haben die Eltern Zeit für einen Rundgang durchs Geschäft. Im Vordergrund soll nie die Absicht des Kaufens stehen. "Das ergibt sich früher oder später von selbst", meinen die Betreiber.
Sorgfältig geführte Kundenkartei
Mailings für solche Aktionen bedingen eine gut geführte Kundenkartei. In Hemmingen ist das eine PC-gesteuerte Datenbank, aufgeteilt in etwa 10.000 Stammkunden und ca. 30.000 Noch-nicht-Kunden, sprich: Interessenten. Beide Gruppen werden je nach Bedarf getrennt oder zusammen angesprochen.
Man weiß sehr genau, dass eine Adresse nur dann etwas wert ist, wenn sie auch gepflegt wird. Und so werden alle nach einem Versand eingehenden Retouren aus der Kartei gestrichen. Die sämtlich von den eigenen Mitarbeitern vorbereiteten Aussendungen werden nach inhaltlichen und regionalen Gesichtspunkten selektiv vorgenommen. Die Streuung erfolgt über den privaten Verteiler City-Post oder durch die Post selbst.
Die Inhaber versuchen mit Ideen und viel Kreativität, ihre Kunden an sich zu binden. Von Standort zu Standort mit unterschiedlichen Mitteln, je nach Lage und Charakter der Geschäfte. Mit allen drei Geschäften versucht man, die Marktführerschaft zu erreichen.
Und über allem steht der Grundsatz: Preismarketing wird nicht betrieben! Wohl gibt es schon mal Rabatte, aber nur als Ausnahme. Donabauer und Schröder können und wollen sich nicht über den Niedrigpreis profilieren, denn es geht - wie beschrieben - auch anders.
aus
BTH Heimtex 06/04
(Handel)