Decor-Union Mitglied Pesa trotzt Wind und Wetter
Ladengestaltung ist alles
Ansprechende Dekoration, Flexibilität, Service und Konzentration auf die eigenen Stärken: so lautet die Erfolgsformel des Fachgeschäfts Pesa in Hamburg. Trotz schwieriger Branchenlage gelingt es den Hanseaten immer wieder, die Oberhand zu gewinnen - und gute Umsätze zu erwirtschaften.
Dem Fachgeschäft Pesa in Hamburg bläst seit seiner Gründung durch Erwin Pretzel 1923 immer mal wieder eine steife Brise um die Nase - und das nicht nur wegen des stürmischen norddeutschen Klimas. Schließlich ist es alles andere als einfach, im Bereich Wohnprodukte über Jahrzehnte erfolgreich ein Unternehmen zu führen. Doch Dirk Pretzel, der jetzige Inhaber und Enkel des Firmengründers, lässt sich so leicht nicht unterkriegen. So ist er beispielsweise erst im Februar 2002 mit seinem ganzen Geschäft umgezogen. "Die Miete für unseren Laden im Elbe-Einkaufszentrum war uns zu teuer geworden", bekennt er freimütig.
Als der Umzug beschlossen war, galt es, bezahlbare Räume in der Nähe des alten Standorts zu finden. Das gelang in einem Eckhaus an einer stark frequentierten Ausfallsstraße - fünf Autominuten vom ehemaligen Pesa-Geschäft entfernt. Dort ließ man die Wahl zunächst durch eine Standort- und Kaufkraftanalyse der Kooperation Decor-Union absichern, der Pesa als Profi-Fachgeschäft angehört. "Wir haben den Vorteil, dass wir in der Gegend seit vielen Jahren bekannt sind", erläutert Pretzel. So sei es gelungen, den Kundenstamm größtenteils an den neuen Standort mitzunehmen. "Einen völligen Neuanfang hätten wir nämlich nicht gemacht."
Gut sichtbar und offen nach außen
In seiner exponierten Lage ist das Fachgeschäft am neuen Standort nicht zu übersehen. Was hier angeboten wird, zeigen deutlich die vertikalen Spannbanner an der Fensterfront. Großflächige Piktrogramme stellen das Angebot dar: Bodenbeläge, Gardinen, Jalousien, Tapeten, Farben und Service. Für die Gestaltung war der Hamburger Innenarchitekt Frank Plehn verantwortlich. "Dank ihrer kräftigen Kontrastfarben sind die Spannbanner auch aus größerer Entfernung gut zu sehen", sagt Plehn, "insbesonsdere bei Dunkelheit, da werden sie nämlich von einem Lichtkasten aus beleuchtet." Damit ist Pesa das erste Geschäft der Decor Union, das das im 2002 erschienenen Weissbuch vorgeschlagene Erscheinungsbild konsequent umgesetzt hat.
Das Fachgeschäft hat eine Verkaufsfläche von 170 qm; durch die 18 m lange Fensterfront fällt viel Licht ins Innere. Gleichzeitig bietet sie schon von außen Einblick in nahezu jeden Winkel des Ladens. Als "Prototyp des offenen Fachgeschäfts" bezeichnet Plehn sein Objekt deswegen gern. Der Innenraum wird durch helle Farben bestimmt, die die Räume größer erscheinen lassen, als sie sind. "Zu uns kommen Kunden und sagen: Oh, ihr habt euch hier vergrößert! Dabei hatte unser altes Geschäft eine rund 20% umfangreichere Fläche", berichtet Inhaber Pretzel.
Optisch, aber auch funktionell wichtige Elemente der Ladengestaltung sind die drei Deko-Kojen, bei Decor-Union "Show-Rooms" genannt. Auf kleiner Fläche werden hier Interieurs mit Produkten des Sortiments gestaltet. Pretzel hat die Erfahrung gemacht, dass so etwas die Kunden besonders anspricht. "Manchen Stoff, der da dekoriert war, haben wir wie geschnitten Brot verkauft". Einer dieser Show-Rooms ist dem Sonnenschutz vorbehalten; zusätzlich gibt es noch einen Sonnenschutz-Shop von Teba.
Ungewöhnliche Sortimentsverteilung
Allein 34% seines Umsatzes tätigt Pesa mit Sichtschutz- und Beschattungselementen. Rechnet man noch die 19% für Stoffe dazu, dann haben die Produkte rund ums Fenster einen Umsatzanteil von mehr als der Hälfte. Diese Sortimentsgewichtung ist ungewöhnlich und folgt sicher nicht dem Lehrbuch - aber sie funktioniert. "Im Fensterbereich sind wir eben ausgesprochen kompetent", meint Pretzel. "Die Kunden honorieren die ausführliche Fachberatung und den Service der Verarbeitung."
Ansonsten ist Pesa Vollsortimenter. Die knappe andere Umsatzhälfte verteilt sich auf Teppichboden (12%), Hartbeläge (4%), Farben und Zubehör (8%), Tapete (4%), Dienstleistungen (17%) und Sonstiges (2%). Die Produkte werden überwiegend bei den Listungslieferanten der Decor-Union bestellt. Pretzel hat keine Scheu, seine Umsätze zu nennen: Im ersten Geschäftsjahr nach dem Umzug waren es 650 Mio. EUR brutto, also monatlich 318 EUR pro qm. Damit hat Pretzel die eigenen Erwartungen übertroffen und liegt dazu deutlich über dem Branchenschnitt.
Klar, dass die Hauptumsatzbringer Sonnenschutz und Stoffe einen gebührend großen Teil der Verkaufsfläche für sich einnehmen. Doch diese Logik zieht sich nicht stringent durchs ganze Programm: Während die Farbe rund 20% der Ladenfläche beansprucht, trägt sie doch nur mit 8% zum Umsatz bei. Umgekehrt verhält es sich beim Teppichboden, der an seinem Umsatzanteil gemessen eine geringe Fläche einnimmt. Was auch damit zu tun hat, dass ausschließlich über Muster verkauft wird: Eine etwa 3 m hohe und 8 m lange Tebo-Bibliothek signalisiert Vielfalt. Manche Produkte brauchen eben mehr Präsentationsfläche, andere weniger. Das ist laut Pretzel nur individuell zu bestimmen: Flexibilität lautet die Devise.
Pesa kommt mit einem kleinen Mitarbeiterteam aus. Im Laden kümmern sich zwei bis drei Personen um Beratung und Verkauf, Dirk Pretzel eingeschlossen. Den Außendienst bilden eine Dekorateurin, ein Bodenleger sowie ein Bodenleger als Subunternehmer, der aber vier Tage in der Woche fest für Pesa arbeitet. Eine ca. 150 qm große Filiale in Wedel/Hostein wird als Ein-Mann-Betrieb geführt.
Durch Service-Bonus dem Wettbewerb voraus
Zur Eröffnung des neuen Geschäfts Anfang 2003 gab Pesa seinen Standortwechsel in zahlreichen Anzeigen bekannt. Das Fachgeschäft kann seine Kunden auch direkt ansprechen: Pesa verfügt über rund 5.500 gespeicherte Adressen; etwa zweimal jährlich werden Mailings verschickt. Die Gegend ist gut bürgerlich, mit vielen Einfamilienhäusern und überdurchschnittlich hoher Kaufkraft. Das spürt Pretzel an den nachgefragten Produkten und dem in Anspruch genommenen Service.
Bei den Teppichböden etwa zeichnet sich ein Trend zur höherwertigen Ware ab. "Seit wir hier sind, spüren wir Aufwind, sowohl mengen- als auch qualitätsmäßig", sagt er. Früher lag die Schallgrenze noch bei 30 EUR/qm, jetzt ist das eine gute Durchschnitsspreislage. Das erhöht die Wertschöpfung: Etwa 95% aller verkauften Teppichböden werden auch von Pesa verlegt - eine Traumquote. Ähnlich bei den Stoffen: Die dekoriert Pesa zu rund 70%; nähen lässt man in einem Fremdatelier.
Natürlich muss sich auch Pesa mit Wettbewerbern auseinandersetzen. Bei Stoffen sind es die Raumausstatter, bei Bodenbelägen die Maler. Außerdem ist der Teppichriese Kibek in Elmshorn nur eine gute halbe Autostunde entfernt. "Manchmal werden wir mit Kibek-Preisen konfrontiert", sagt Pretzel. "Dabei stellen wir immer wieder fest: Auch die verschenken nichts." Und wenn der Preis gleich ist, dann gibt eben oft die persönlichere Atmosphäre und Beratung im Fachgeschäft den Ausschlag.
Weil sowohl Gardinen, Sonnenschutz und Bodenbeläge dekoriert, angebracht oder verlegt werden müssen, erhalten die Pesa-Mitarbeiter oft Zutritt zu den Wohnungen ihrer Kunden. "Und wenn wir erst einmal drin sind, haben wir meistens gewonnen", bringt es Pretzel auf den Punt. Die Kunden erhalten sowohl für Bodenbeläge als auch für die Gardinen ein verbindliches Angebot mit allen Kalkulationspunkte. Bei den Bodenarbeiten etwa sind auch das Aufnahmen der Altware, Abfahren und Entsorgen im Paket zu Festpreisen enthalten. "Dann wissen sie genau, womit sie zu rechnen haben, und dieses Gefühl der Sicherheit ist heute wichtiger denn je."
Noch ein Wort zur Farbe: In diesem Segment steht bei Pesa die Brillux-Farbmischmaschine im Mittelpunkt - passend zum stark auf Brillux zugeschnittenen Sortiment. Und da diese Marke kaum in Baumärkten zu finden ist, braucht Pesa den Wettbewerb mit den DIY-lern auch nicht zu scheuen.
"Unser Umsatz steht und fällt mit der Ladengestaltung", sagt Pretzel. "Natürlich hängt er in starkem Maße auch von der Leistungsbereitschaft unserer Mitarbeiter ab, von ihrer Flexibilität und von ihrem Können". Das so oft schon totgesagte Fachgeschäft für Wohnprodukte hat also noch eine Chance. Pesa ist ein gutes Beispiel dafür.
aus
BTH Heimtex 11/04
(Handel)