Parkett und Laminatböden im Reich der Mitte

"Nichts ist einfach in China"

Das chinesische Wirtschaftswachstum schlägt alle Rekorde - seit 25 Jahren wächst das Bruttoinlandsprodukt jährlich im hohen einstelligen Prozentbereich. Neben den Global Playern machen sich verstärkt mittelständische Unternehmen aus Europa fit für den Zukunftsmarkt China - auch aus der Parkett-, Laminat- und Verlegewerkstoffindustrie. Gegenüber ParkettMagazin haben sie über ihre Erfahrungen in China berichtet. Pontus Forssell, Leiter der Bona-Division Asia Pacific, brachte es stellvertretend für viele Unternehmen auf den Punkt: "Nichts ist einfach in China."

Seit Jahren gilt China als der Wachstumsmotor der globalen Wirtschaft. In fast allen Industriezweigen haben chinesische Produzenten mittlerweile Fuß gefasst, mit teilweise beträchtlichen Marktanteilen. Dass die Handelsströme aber nicht nur in eine Richtung laufen müssen, haben viele internationale Konzerne in den letzten Jahren entdeckt und seither den wachsenden chinesischen Inlandsmarkt im Visier.

Das internationale Interesse beschränkt sich derzeit allerdings noch auf einen kleinen Teil der 1,2 Milliarden Einwohner der Volksrepublik China: das Marktforschungsunternehmen Price Waterhouse Coopers (PwC) schätzt die langsam wachsende Konsumentenschicht mit mittlerem Einkommen auf ungefähr 100 Millionen Menschen. Bis 2010 erwarten die Experten eine Vervierfachung dieses Marktsegments. Zudem verfügen bereits heute 500.000 Chinesen über ein Jahreseinkommen von mehr als einer Million US-Dollar, erklärt das auf China spezialisierte Beratungsunternehmen JLJ Group.

Starkes Markenbewusstsein

Die neue chinesische Mittelschicht gibt sich laut PwC "sehr markenbewusst". Luxusmarken, Unterhaltungselektronik sowie Autos und Wohnungseinrichtungen stünden weit oben auf dem Einkaufszettel dieser neuen kaufkräftigen Verbraucher. Laminatboden- und Parketthersteller wie Egger, die Krono-Gruppe, Berry, Balterio und Hamberger haben sich deswegen schon vor ein paar Jahren nach China aufgemacht, ebenso wie führende Produzenten der Verlegewerkstoffindustrie.

Eines ist allen gemein: Sie versuchen in China mit ihrer international bekannten Marke zu punkten. "Wenn die Chinesen wissen, dass Unternehmen in Europa und Nordamerika mit Marken erfolgreich sind, dann sind diese Produkte sehr schnell auch in China gefragt", erklärt Forssell von Bona. Und ein anderer Marktbeobachter geht - augenzwinkernd - sogar so weit: "Das Einzige, was wir haben und die nicht, sind unsere Marken."

Auf die Fragen, welche Hölzer, Oberflächendesigns und Formate die chinesischen Architekten und Bauherrn bei Parkett und Laminatböden bevorzugen, wird zumeist mit Blick auf den amerikanischen Markt geantwortet: "Dunkle Böden mit einer dicken, glänzenden Lackschicht." Einen "chinesischen Stil" gibt es offensichtlich noch nicht bzw. scheint sich nur langsam zu entwickeln. Design war in der Volksrepublik bis vor fünf Jahren kein Thema.

Wahl des Partners ist entscheidend

Wie in vielen Schwellenländern ist es auch in China wichtig, den richtigen Partner zu finden, weiß Jan Fuglsang, heute für Vito in Skandinavien verantwortlich, aus seiner jahrelangen Fernost-Erfahrung. Entsprechend bemühten sich auf der Domotex Asia 2007 etliche Auslandsverantwortliche europäischer Unternehmen, die richtigen Ansprechpartner zu treffen - nicht nur bei den chinesischen Produzenten, sondern auch bei den lokalen Handelsagenturen. Gute persönliche Kontakte und langjährige Partner sind insbesondere in China das A und O, betont auch Ruud Steenvoorden, der seit langer Zeit als China-Experte für den großen niederländischen Parkettimporteur Fetim tätig ist und sich darüber hinaus in der Föderation der Europäischen Parkettimporteure (EFPI) engagiert.

Meist mehrere Handelspartner

Die meisten europäischen Produzenten vertreiben auf Grund der großen Entfernungen in China ihre Produkte über mehrere regionale Handelsagenturen. Den chinesischen Handelspartnern wird dann ein großräumiger Gebietsschutz gewährleistet. Zudem haben viele europäische Unternehmen eine kleine Niederlassung in Peking, Shanghai oder Hongkong, von wo aus die Handelsagenturen unterstützt werden und größere Objekte direkt bearbeitet werden. Arjen Veltman vom Bambusspezialisten Moso: "Ohne eigene Leute vor Ort ist es schwierig, in China ein gutes Geschäft zu machen."

Einen etwas anderen Weg geht Balta/Balterio, belgischer Hersteller von Laminatböden und textilen Belägen: Die Belgier vertreiben ihre Produkte in China mit Hilfe eines einzigen Partnerunternehmens, berichtet Yves Bastiaens, Regional Direktor Asia. Der einheimische Partner betreibt über China verteilt 150 Shops, in denen Balterio- bzw. Balta-Böden verkauft werden. Die kleinen Ladengeschäfte sind in vielen Einkaufszentren in der Nähe der Ballungsräume zu finden, die sich ausschließlich auf den Bau- und Einrichtungsbedarf spezialisiert haben - eine Besonderheit des chinesischen Einzelhandels.

Während die europäischen Parkett- und Laminatbodenhersteller mit Interesse auf die Entwicklung des Hochbaus und des Lebensstils der Chinesen blicken, schauen die Verlegewerkstoffkonzerne aus Europa vor allem auf die expandierende Parkett- und Laminatbodenproduktion vor Ort. Verlässliche Zahlen sind in China Mangelware, dennoch gibt es verschiedene Schätzungen. So geht der Verband der Europäischen Laminatfußbodenhersteller davon aus, dass jährlich rund 230 Mio. qm Laminatböden in China produziert werden. Die seit Jahren stetig steigenden chinesischen Produktionszahlen haben dazu geführt, dass sich die Exporte der europäischen Laminatbodenhersteller nach Asien kontinuierlich verringern, weil die heimischen Anbieter das Inland und angrenzende Regionen versorgen.

Verlässliche Zahlen zur chinesischen Parkettproduktion sind ebenfalls Mangelware. Mehrere Marktbeobachter, auch aus den Reihen der Föderation der Europäischen Parkettindustrie (FEP), schätzen die Produktion in China derzeit auf rund 100 Mio. qm +/- 10%, jeweils zur Hälfte Mehrschichtparkett und Massivparkett. Produziert wird oft mit Holzbearbeitungsmaschinen aus Deutschland, Japan und Italien, was den Anlagenherstellern seit Jahren gute Wachstumsraten beschert.

Übers Industriegeschäft in den Markt

Die großen Industrielackhersteller wie Treffert und Klumpp bedienen schon seit Jahren in China ansässige Parkett- und Laminathersteller. Auch die Bona, Loba und Woca Denmark sind zunächst über das Industriegeschäft nach China gekommen. In letzter Zeit entwickelt sich zunehmend ein Markt für Reinigung und Pflege sowie für bauseits versiegelte oder geölte Parkettböden. Während früher in China ausschließlich "herausgerissen und neu verlegt" wurde, werden jetzt Böden gelegentlich auch renoviert, inklusive schleifen und neu versiegeln, heißt es bei Bona. Aktuelles Thema sind angesichts der Olympischen Spiele 2008 in Peking derzeit Sportböden, denen auf der Domotex Asia 2007 erstmals ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet war. In chinesischen Objekten werden Parkettböden in der Regel genagelt. Parkettklebstoffe gewinnen nur langsam an Bedeutung, erklärt Michael Karl, Vertriebsleiter Fernost der Uzin Utz AG. Für den Ulmer Verlegewerkstoffkonzern sind deswegen Spachtelmassen, die vor allem für elastischen Bodenbeläge eingesetzt werden, wichtige Produkte für China.

Chinesische Hersteller drängen nach Europa

Wie rasant sich auf der anderen Seite die Handelsströme von China nach Europa entwickeln, zeigt sich jedes Jahr auf der Domotex in Hannover. Die Zahl der Aussteller aus China steigt stetig und die immer professioneller werdende "Chinatown" auf dem Messegelände hinterlässt in deutschen Handelshäusern ihre Spuren. Stellvertretend für viele China-Kenner meint Jürgen Früchtenicht, Berater bei Amorim und EFPI-Experte: "Die chinesischen Produkte sind schon seit einiger Zeit in Ordnung. Nun beginnen sich auch Design und Marketing westlich zu orientieren."

Dennoch hätten zahlreiche Händler auf der Suche nach dem richtigen chinesischen Industriepartner Lehrgeld zahlen müssen. Ruud Steenvoorden rät deshalb zur Vorsicht: Viele Anbieter würden Produkte präsentieren, die noch gar nicht im regulären Betrieb produziert werden, sondern bislang nur aus Vorserien stammen.

China gilt heute als bedeutendster Exporteur von Parkettböden. Alleine die großen Handelshäuser der EFPI haben im vergangenen Jahr rund 11,5 Mio. qm Parkett (Mehrschichtparkettanteil 93%) importiert, wovon den EFPI-Schätzungen zufolge knapp die Hälfte der Importe aus China stammt. Die EFPI vereint zwar "nur" 65% des Gesamtimportes in ihren Reihen, gleichwohl gelten die EFPI-Zahlen als repräsentativ für den Gesamtmarkt. Entsprechend gehen die Experten der EFPI davon aus, dass jährlich rund 7,5 Mio. qm Mehrschichtparkett aus China nach Europa kommen.

Die meisten chinesischen Hersteller sind bis dato noch Zulieferer von Eigen- und Handelsmarken und profitieren im internationalen Wettbewerb insbesondere von ihren niedrigen Produktionskosten. Bisher gibt es mit Sihe Wood mit 90% Exportanteil und mit Chinafloors im Wesentlichen zwei chinesische Hersteller, die sich mit eigener Marke in Europa etablieren. Ungefähr 20 weitere Hersteller liefern ohne Marke oder unter Fremdlabel nach Europa, schätzt Früchtenicht.

Unterschiedliche Design-Ansprüche

Etliche chinesische Parkett- und Laminatbodenhersteller haben sich dem amerikanischen Markt verschrieben. Sie zeigten auf der Domotex Shanghai Böden ganz nach amerikanischem Geschmack: Eiche- oder Exotenböden, hochglänzend lackiert, oft vierseitig gefast und in schmaleren Abmessungen. Angepasst auf weltweit unterschiedliche Designvorstellungen gibt es laut China-Kenner Jürgen Früchtenicht drei unterschiedlich ausgerichtete Herstellertypen: Zum einen diejenigen, die nur den chinesischen Markt bedienen. Zum zweiten solche Hersteller, die Nordamerika beliefern, und schließlich jene Hersteller, die sich auf den europäischen Markt konzentrieren. Es gebe wohl kaum exportorientierte Hersteller, die sowohl den amerikanischen als auch den europäischen Markt gleichermaßen im Fokus haben.

Auch wenn die EFPI als europäische Handelsorganisation keine verbindlichen Aussagen zum Parkettimport in die USA und nach Kanada machen kann, so beobachten die Brüsseler den Wettbewerber doch sehr genau. Erst kürzlich habe der "USDA Agriculture Service" für das Jahr 2005 einen Import von Massiv- und Mehrschichtparkett aus China in einer Größenordnung von 9 Mio. qm genannt. Da Massivparkett in den USA noch immer mindestens die Hälfte des Verbrauchs ausmacht, schätzt die EFPI die jährlichen Importe in die USA auf 4,5 Mio. qm. Der europäische Verband schätzt, dass rund 50% des chinesischen Mehrschichtparkett-Exports nach Europa geht, 30% in die USA und nach Kanada und sich die restlichen 20% andere Länder wie Australien, Neuseeland, Japan, Korea, Indien und in geringen Mengen auch Afrika und Südamerika teilen.


Markteinstieg in China - Grundlagen klären

Das Beratungsunternehmen JLJ Group hat sich auf Unternehmen spezialisiert, die auf dem chinesischen Markt aktiv werden wollen - sei es mit einer eigenen Produktionsstätte oder mit einem Vertriebsbüro. JLJ rät seinen Kunden, zunächst grundlegende Fragen zu klären:

- Gibt es überhaupt einen Markt für die vorgesehenen Produkte/Dienstleistungen in China?
- Wie groß ist der Markt bzw. das Marktpotenzial für die Produkte?
- Gibt es möglicherweise behördliche Handelsbarrieren, die den Markteintritt erschweren?
- Was ist die beste Rechtsform für mein Unternehmen? Mit oder ohne Beteiligung eines chinesischen Partners? Ist Rechtsschutz gewährleistet?
- Wo in China sollte man sich ansiedeln?
- Welche Preise sind zu erzielen, wer sind die Kunden und welche sind die wichtigsten Vertriebs- und Verkaufswege? Welche Marketingaktivitäten sollten gestartet werden?
- Wie soll das Team vor Ort aussehen?
- Wie hoch sind die Kosten für den Markteintritt?
aus Parkett Magazin 03/07 (Bodenbeläge)