Anmerkungen von Wiljo Schumacher, Holzsachverständiger und technischer Holzkaufmann

Barfußdiele Unwort des Jahres


Richtig betrachtet ist schon der Begriff Unwort falsch. Den Philologen schaudert's, denn auch ein Unwort ist sehr wohl ein Wort. Gemeint ist das Wort für einen Begriff, der eine irreführende oder gar falsche Aussage beinhaltet, wofür sich das "Unwort" eingebürgert hat. Der Duden relativiert das Unwort zum unschönen, unerwünschten Wort.

Ebenso verhält es sich mit der Barfußdiele. Gemeint ist jenes Brett, das in allen möglichen und unmöglichen Holzarten mit verschiedenen Oberflächenprofilen Verwendung findet für Parkettroste, Terrassendecks und Gartenpodeste. Barfußdiele genannt, wenn die Oberfläche dergestalt profiliert ist, dass es sich wohlig angenehm barfuß darüber gehen lässt. Dies ist der Fall bei dem extra für dieses Bedürfnis entwickelten flach breiten Riffelprofil. Sehr wohl lässt sich auch über ein glatt gehobeltes Brett schreiten. Besonders reizvoll wirken spitz geriffelte Oberflächen oder scharfkantig gerillte auf die blanke Fußsohle, weil die Reflexzonen angeregt werden. Man befindet sich praktisch auf einem Heilpfad.

Was soll also der Begriff Barfußdiele, wenn es sich erwiesenermaßen auf allen hölzernen Bodenbelägen trefflich laufen lässt, selbst bei großer Hitze, was den Vorteil gegenüber Stein und Sand ausmacht.

Als irreführend erweist sich die Barfußdiele im wahrsten Sinne des Wortes; denn wer barfüßig über diese schlurft, zieht sich mit Sicherheit Splitter in die Füße. Dies geschieht vor allem dann, wenn die rechte Brettseite nach oben liegt, bei der die Holzfaser herausläuft. Folglich erfordert das Barfußgehen über Holz eine zivilisierte Gangart, Laufkultur. Da diese jedoch nicht unweigerlich vorausgesetzt werden kann oder muss, wird es zu Klagen kommen. Und wen triff die Schuld? Auf keinen Fall das Holz. Mit Sicherheit aber den, der den unsinnigen Begriff Barfußdiele verwendet und damit Eigenschaften zusichert, die missverstanden werden.

Und noch etwas zum Thema geriffelte oder gerillte Brettoberfläche, manchmal leichtsinnigerweise auch Anti-Slip-Profil genannt. Solange Holz nass ist, besteht Rutschgefahr - genauso wie bei Stein- und Keramikfliesenböden. Das sind Tatsachen, die zum allgemeinen menschlichen Erfahrungsschatz zählen. An dieser Rutschgefahr bei nassem Holz ändern auch die gerillten und geriffelten Profile nichts. Vielmehr haben sie gegenüber der glatt gehobelten Brettoberfläche den Nachteil, dass das Regenwasser je nach Verlegeart und Richtung des Gefälles länger auf der Oberfläche bleibt und sich Moose und Algen viel hartnäckiger festsetzen können. Einziger Vorteil liegt im Kaschieren der Oberfläche. Dadurch fallen bei Nadelhölzern massive Druckstellen weniger auf. Andererseits geht das natürliche Erscheinungsbild des Holzes, seine individuelle Textur und seine unvergleichliche Maserung verloren.
aus Parkett Magazin 03/07 (Bodenbeläge)