Estrichleger verzeichnen mangelhafte Estrichoberflächen
Eignen sich CEM II und CEM IIIZemente für auf Baustellen hergestellte und eingebaute Estriche nach DIN 18560?
Die Frage, ob sich CEM II und CEM III Zemente für auf Baustellen hergestellte und eingebaute Estriche nach DIN 18560 eignen, beschäftigt derzeit sowohl die Estrichleger als auch die Zusatzmittelindustrie und den spezialisierten Estrichhandel. Christoph Bauschen, Verkaufsleiter Bodensysteme bei Wego Systembaustoffe, fasst die bisherigen Erkenntnisse zusammen.
Estrichleger sind von den im Markt kursierenden Aussagen und Vermutungen zu CEM II und CEM III Zementen stark verunsichert. Die mit der begonnen Umstellung von CEM I auf CEM II bzw. CEM III Zemente einhergehenden technischen Gefahren werden im Markt nicht ehrlich angesprochen und diskutiert. Die Zementindustrie rechtfertigt die Umstellung von CEMI auf CEM II bzw. CEM III mit ökologischen Aspekten. Die Argumente des Klimaschutzzieles der Bundesregierung und die Reglementierung der Kohlendioxidemissionen werden dazu genutzt, den Verkaufspreis klinkerreicher CEM I Zemente stärker anzuheben als den klinkerarmer CEM II Zemente (Kompositzemente).
Die Zusatzmittelindustrie verkauft ihre Produkte weiterhin ohne aktiv darauf hinzuweisen, dass fast alle Zusatzmittel gemäß Herstellerangaben nur beim Einsatz des CEM I Zements die zugesicherten Eigenschaften zuverlässig erreichen. Teils aus Unwissenheit, teils aus Gründen des Preisvorteils favorisiert der Estrichleger beim Kauf CEM II jedoch und CEM III Zemente. Somit nimmt er unkalkulierbare Risiken auf sich. Das Ergebnis ist: Die Qualität des Estrichs und damit das Image des gesamten Gewerks werden im Laufe der Zeit darunter leiden.
Allen Beteiligten ist vorzuwerfen, dass sie aufgrund von Unwissenheit, Preisvorteils-, Umsatz-, Tonnage- und Ertragsdenken nicht bereit waren, sich den daraus resultierenden Problemen frühzeitig zu stellen. Selbst die Estrichlegerverbände weigerten sich bis vor kurzem, sich mit eindeutigen Aussagen zu positionieren. Der Estrichleger als letztes Glied der Kette wird die Konsequenzen tragen müssen, wenn die Beteiligten nicht schnellstmöglich eine Lösung herbeiführen.
Was passiert beim Einsatz von CEM II Zementen?
Die Qualität eines Zementestrichs wird maßgeblich von der Zementmenge, der Zementart, der Wasserzugabe (Wasser/Zement-Wert) sowie den Zusatzmitteln bestimmt. Aufgrund der geringeren Dicke, der schwierigen Verdichtung auf weicher Dämmung, dem auf Trocknung optimierten Porengefüge und der fehlenden Nachbehandlung sind Estriche wesentlich anspruchsvoller und kritischer als z.B. massige Betonplatten.
Bei einem CEM II B darf ein Drittel des reaktiven Klinkers durch puzzolanische/latent hydraulische Materialien, z.B. Flugasche oder Hüttensand, oder auch nicht reaktiven Kalkstein ersetzt werden. Damit der Zement die von der Zementnorm geforderte Festigkeit erreicht, muss der verbleibende reaktive Klinker deutlich feiner aufgemahlen werden.
Welches Wunderzusatzmittel kann sich automatisch auf solch verschiedeneMaterialien einstellen?
Damit die den CEM II und CEMIII Zementen beigefügten, latent hydraulischen Materialien zur Festigkeitssteigerung wesentlich beitragen können, müssen die hergestellten Bauteile durch eine deutlich verlängerte Nachbehandlungsprozedur möglichst lange feucht gehalten werden. Im Gegensatz zum Beton, werden schwimmende Estriche in der Praxis nicht nachbehandelt, so dass die, dem Zementklinker zugemahlenen Stoffe, insbesondere an der Oberfläche, nicht zum Festigkeitsaufbau des Zementsteins beitragen. Konsequenterweise dürfte zur Bestimmung des Wasser/Zement-Wertes bei Estrichen nur der reaktive Zementklinker herangezogen werden. Darüber hinaus weisen Kompositzemente, aufgrund ihrer Feinheit, einen erhöhten Wasseranspruch auf. Bei der Verwendung von CEMIIB Zementen erhöht sich, bei gleicher Konsistenz, der Wasser/Zement-Wert (bezogen auf den Zementklinker) von 0,5 auf 0,8.
Insbesondere bei Flächen mit hohen Verkehrs- und Einzellasten muss die Tragfähigkeit des Estrichs sowohl durch die größere Schichtdicke als auch über die ausreichende Biegezugfestigkeit und die Verdichtung des Estrichmörtels über den gesamten Estrichquerschnitt sichergestellt werden. Ohne qualitätssteigernde Zusatzmittel wird dies nicht zuverlässig erreicht. Für die Wechselwirkung zwischen Zusatzmitteln und Zement ist die Oberflächenladung des Zementkorns von entscheidender Bedeutung. Durch Zugabe von ebenfalls elektrisch geladenen Füllstoffen wird die Wirkung des Zusatzmittels gestört. Besonders bei Kompositzementen CEM II B/M mit sehr unterschiedlichen Anteilen an Beimahlungen sind umfassende Vorprüfungen unerlässlich.
"Konformitätsnachweis gemäß DIN 18560-1"
Daher muss, wie bei Beton üblich, die Eignung einer Estrichrezeptur vor der Verlegung vom Hersteller nachgewiesen und mit einem Konformitätsnachweis gemäß DIN 18560-1 dokumentiert werden. Die Verleger sollten auf Änderungen bei den Ausgangsstoffen sensibel reagieren und möglichst bei einem bewährten und baustellenerprobten System bleiben.
Es ist dringend erforderlich, dass sich alle Beteiligten diesen technischen Problemen sofort stellen. Sie müssen aktiv nach Lösungen suchen, die es den Estrichlegern ermöglichen, risikofrei eines der meist belasteten Bauteile im Gebäude zu erstellen. Die Sicherheit bei der Erstellung einer Estrichrezeptur muss wieder gewährleistet werden.
Der Autor: Christoph Bauschen ist Verkaufsleiter Bodensysteme bei WeGo Systembaustoffe.CEM I, CEM II und CEM III - Zementarten und ihre BezeichnungenZemente werden nach der Zusammensetzung in folgende 3 Hauptarten unterteilt:
CEM I Portlandzement
CEM II Portlandkompositzement
CEM III Hochofenzement
Die Hauptarten CEM II und CEM III sind weiter unterteilt, wobei die Hauptbestandteile eingerenzt werden. Als Hauptbestandteile sind in Tabelle 1 der Norm DIN EN 197-1 aufgeführt:
Portlandzementklinker (K)
Hüttensand (S)
natürliches Puzzolan (P)
kieselsäurereiche Flugasche (V)
gebrannter Ölschiefer (T)
Kalkstein (L)
Die Hauptbestandteile eines Portlandkompositzementes sind aus der Bezeichnung zu entnehmen, z.B. enthält ein Portlandkalksteinzement als Hauptbestandteile Portlandzementklinker und Kalkstein. Außer den Hautbestandteilen dürfen alle Zementarten bis 5% Nebenbestandteile (z.B. Füller oder andere Hauptbestandteile) sowie Calciumsulfat und Zementzusatzmittel enthalten.
Die Kurzbezeichnung der Zementarten enthält die Hauptart (CEMI, CEM II bzw. CEM III). Bei der Hauptart CEM II darüber hinaus die Buchstaben A und B für den Anteil an Portlandzementklinker (A > 80% Portlandzementklinker; B > 65% - 79% Portlandzementklinker). Hinzu kommt der Buchstabe für den 2. Hauptbestandteil bzw. bei Portlandflugaschehüttenzement für die beiden weiteren Hauptbestandteile. Bei der Hauptart CEM III darüber hinaus die Buchstaben A und B für den Anteil an Hüttensandgehalt(A < 65% Hüttensand, B < 66% Hüttensand).
aus
FussbodenTechnik 05/07
(Handwerk)