12. Dresdener Herbstseminar des Sachverständigen Heinz-Dieter Altmann
Estrich, Fliesen und Naturstein immer im Verbund betrachten
Bei der Besetzung der Referenten seines 12. Herbstseminars bewies der Sachverständige Heinz-Dieter Altmann auch in diesem Jahr wieder ein glückliches Händchen. So wurden aktuelle Themen zu Estrich, Fliesen und Naturstein spannend vorgetragen. 60 Teilnehmer aus Industrie, Handwerk und Sachverständigenwesen nutzen die hervorragend organisierte Veranstaltung zum Gedankenaustausch.
Das Dresdener Herbstseminar des Sachverständigen Heinz-Dieter Altmann begann mit dem Thema Verfärbungen bei Naturwerksteinbelägen. Die Chemikerin Claudia Steiner, Anwendungstechnikerin bei Mapei, erklärte, dass die Vermeidung von Verfärbungen und Farbänderungen eine der wichtigsten Anforderungen bei der Verlegung von Naturwerksteinen sei.
Verfärbungen von Naturwerksteinen
Das häufigste Problem auf der Baustelle ist und bleibt der Eintrag von Feuchtigkeit. Auch bei Verfärbungen von Naturwerksteinen ist dies die Ursache Nummer eins. Aus diesem Grund betonte Steiner, dass man sich bei Naturwerksteinen nicht auf Verfärbungen durch eisenhaltige Mineralien beschränken dürfe. Gerade gefragte Hartgesteine weisen nämlich eine hohe Wasseraufnahme auf.
Verfärbungen stellen sich je nach Gesteinsart selten vollflächig dar, sondern meistens als räumlich begrenzter Fleck. Diese Flecken weisen in der Regel farbliche, manchmal auch stoffliche Abweichungen vom allgemeinen Erscheinungsbild auf. Für diese vielfältige Problematik gibt es vier hauptsächliche Ursachen:
- Schmutzeintrag an der Oberfläche,
- Eintrag von Fremdstoffen wie Kalk, Polymere in die Kapillarporen des Gesteins,
- Reaktion färbender Minerale im Gestein mit Inhaltstoffen der Luft, Wasser und Reinigungsmitteln und
- Eintrag färbender Substanzen aus dem Verlegesystem
Einige Gesteinsarten wie eine Vielzahl von Marmoren, Gneisen und Kalksteinen sowie die zur Zeit bevorzugten metamorphen Hargesteine mit einer hohen Kapillaraktivität weisen ein Gefahrenpotential im Hinblick auf Verfärbungen auf. Durch den Trend zur Reduzierung der Plattendicken wird dieses Gefahrenpotetial erhöht. Auch bei verfärbungsempfindlichen Naturwerksteinen hat sich die Zusammenarbeit mit den Mörtel- und Reinigungsmittellieferanten bewährt, um die zur Anwendung kommenden Materialien auf den Belag und die spätere Nutzung abzustimmen.
Tradititonelle Trassmörtel senken das Gefahrenpotential von Verfärbungen aufgrund von Wechselwirkungen mit färbenden Bestandteilen im Gestein. Jedoch nicht immer bieten diese Mörtelsysteme ein ausreichendes Sicherheitspotential. Die zeitgemäße, innovative Entwicklung von leistungsfähigen schnellerhärtenden und schnelltrocknenden Klebesystemen, gegebenenfalls auf Weißzementbasis, bietet auch für dies materialspezifische Besonderheit die Möglichkeit einer dauerhaften, schadensfreien Verlegung.
Neben der Beachtung einer ausreichenden Trockenheit der Unterkonstruktion und der Wahl eines geeigneten Verlegesystems muss bereits bei der Auswahl des Naturwerksteins dieser auf die spätere Nutzung abgestimmt sein. Auch die Weitergabe von Reinigungs- und Pflegeanweisungen an den Bauherrn ist wichtig für einen dauerhaft schönen Belag.
Verbundabdichtungen in Nassbereichen
Volker Aderhold, Leiter der Anwendungstechnik bei Sopro Bauchemie, referierte zur Schnittstellenproblematik zwischen Zentralverband des Bauwerks (ZDB) und dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt). Aderhold beschrieb, dass das allgemein bauaufsichtliche Prüfzeugnis (adP) vom DIBt und das ZDB-Merkblatt Widersprüchlichkeiten und Fehler aufweisen. Als Beispiel nannte er die Verbundabdichtungen unter Fliesen- und Natursteinbelägen. Nach dem ZDB-Merkblatt ist der private Bereich mäßig belastet, der öffentliche Bereich gemäß adP grundsätzlich hochbelastet. Diese Einteilung sei insofern widersprüchlich, als Balkon- und Terrassenflächen die höchstbelasteten Flächen seien und bei Schäden im Spitzensegment rangierten.
Ein weiteres Problem besteht darin, wie Hotels oder auch Seniorenwohnheime zu deklarieren sind - privat oder öffentlich? Aderhold schlug vor, die verschiedenen Belastungen zu definieren, jedoch unabhängig von einer Einteilung in private und öffentliche Nutzung. Nach Aderholds Informationen wird das ZDB-Merkblatt aufgrund der anhaltenden Kritik in Kürze überarbeitet. Der Referent rief dazu auf, dass die zuständigen Verbände besser miteinander kommunizieren müssten, denn Boden- und Fliesenleger bräuchten ein Regelwerk, das durchschaubar und nicht widersprüchlich sei.
Erfahrungen mit Thomsit Best Fertig-Estrich
Volker Schlosser erläuterte Funktion und Einsatzgebiete mit Thomsit bzw. Ceresit Best Fertig-Estrich. Die Idee, einen Fertig-Estrich auf den Markt zu bringen, entstand aufgrund der Nachteile nasser Estrichsysteme. Im Vergleich zu konventionellen Estrichen ist der Fertigestrich schnell verlegereif, er bringt keine Feuchtigkeit ins Objekt und er ist genauso beständig wie ein Zementestrich. Nach Schlossers Erfahrungen gibt es mit dem Best Fertig-Estrich keinerlei Einschränkungen in Bezug auf Nutzlasten einzelner Bodenbeläge. Dies sei nicht verwunderlich, das der Fertig-Estrich genau wie ein konventioneller Zementestrich aus Wasser, Zement und mineralischem Zuschlag bestünde - nur dass er sofort belegereif sei.
Als aktuelles Beispiel schilderte Schlosser ein bemerkenswertes Referenzobjekt. In der Schrammenhalle in München wurde der Best Fertig-Estrich erstmalig als Hohlraumboden verlegt. Immer 4 Platten mit einer Stärke von 2 cm wurden mit Epoxidharzkleber verbunden und dann auf Stützfüße gestellt. Darüber kam eine zweite Lage Fertigestrich in einer Sonderanfertigung von 2,3 cm Dicke. Die zweite Lage wird direkt als Nutzschicht verwendet, weil der Bauherr diese besondere Optik favorisierte.
Auf Nachfrage der Zuhörer, welche Norm denn für Fertigestriche gelte, sagte Schlosser: "In Anlehnung an die DIN 18560." Seminarleiter Heinz-Dieter Altmann betonte, dass man wissen müsse, dass es sich um eine Sonderkons-truktion handelt.
Der zweite Referent Steinmetzmeister Hans-Jörg Bonk schilderte Ausführungsbeispiele von Terrassen und Balkonen mit Fertigestrich. Als Vorteile nannte er hohe Festigkeiten bei geringer Einbauhöhe, kein Schüsseln oder Schwinden sowie auch auf schlechten Untergründen von Terrassen und Balkonen einsetzbar. Für die Verarbeitung seien Geräte wie Winkelschleifer und Steinspalter ideal.
Entkopplungen unter harten Belägen
Zur Wirksamkeit von Entkopplungen unter harten Belägen sprach der Sachverständige Dipl.-Ing-Arch. Günter Marx. Unter Entkopplungssystemen versteht man Schichten zwischen Belag und Verlegefläche, welche die Aufhebung bzw. Verhinderung einer schubfesten Verbindung im Sinne einer physikalischen Abkopplung herbeiführen soll.
Je nach Art und Eigenschaft können mit Entkopplungsystemen Zielsetzungen wie Verbesserung der Trittschall- und Wärmedämmung sowie ein Dampfdruckausgleich verfolgt werden. Marx wies darauf hin, dass Entkopplung-systeme bis heute nicht geregelt sind, obwohl sie seit 20 Jahren erfolgreich eingesetzt werden. Marx engagiert sich deshalb in einem neu gegründeten ZDB-Arbeitskreis, der sich dieser Thematik angenommen hat und ein Merkblatt erarbeiten will.
Die Beständigkeit von harten entkoppelten Belägen, wie z.B aus keramischen Fliesen oder Platten, Natur- oder Betonwerkstein, ist abhängig von der Dicke und Elastizität der Entkopplungsschicht. Weitere Faktoren sind die Dicke und Biegezugfestigkeit der Oberbelagsmaterials sowie die Festigkeit des Mörtels.
Marx betonte, dass nicht jedes Entkopplungssystem für jeden Anwendungsfall geeignet sei. Aus diesem Grund sei der Einzelfall zu prüfen. Hinzu kommt, dass Entkopplungssysteme nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, sondern Sonderkonstruktionen sind. Für den Verarbeiter hat dies zur Folge, dass Entkopplungsysteme vertraglich extra vereinbart werden müssen.
Dazu Marx: "Wegen der damit verbundenen Werkvertrags-rechtlichen Konsequenzen ist deshalb dringend eine entsprechende Beratung des Auftraggebers und eine Vereinbarung des Einsatzes zu empfehlen." Wichtig ist: Das Gesamt-System muss für den Anwendungsbereich und die dort zu erwartenden Beanspruchungen geeignet sein.
Ursachen für Estrich-Risse
"Müssen Risse in Betonbodenplatten und Industrieestrichen anders bewertet werden, als Risse in schwimmenden Estrichen?". Dieser Frage widmete sich Seminarleiter Heinz-Dieter Altmann. Er führte aus, dass Risse mannigfaltige Ursachen haben können.
Es müsse deshalb bei der Bewertung immer zuerst nach der Ursache geforscht werden, ehe Aussagen zur Auswirkung und vor allem zur Sanierung gemacht werden können.
Ursachen für Risse können Schwindspannungen sein. Schwindspannungen entstehen durch Wasserabgabe während des Abbindens als Frühschwinden und während der Erhärtung/Austrocknung als Trocknungsschwinden. Beim Frühschwinden von Betonbodenplatten entstehen wegen deren Dicke sehr oft Krakelee- und Netzrisse. Beim Trocknungsschwinden meist Trennrisse, bei schwimmenden Estrichen und Estrichen auf Trennschicht meist nur Trennrisse. Möglichkeiten zum Gegensteuern sind:
- Zementgehalt reduzieren
- Wasser-/Zementwert durch Zusatzmittelzugabe möglichst niedrig halten
- geeignete Zuschläge/Gesteinskörnungen mit stetiger Sieblinie verwenden
Als weitere Riss-Ursache nannte Altmann Feuchteunterschiede. Bei Feuchteabgabe an der Oberfläche verkürzt sich diese und das Bauteil schüsselt. Während eine Schüsselung als solche meist nicht zu Rissen führt, kommt es bei Belastung zum Bruch.
Weitere Riss-Ursachen sind:
- Temperaturdifferenzen; Können thermisch bedingte Längenänderungen nicht über Fugen kompensiert werden oder gibt es Zwängungsspannungen, kommt es zu Verformungen und Rissen.
- Spannungen durch Belastung; Sind die Bauteile (hier besonders Estriche auf Dämmschichten) unterdimensioniert oder werden sie dynamisch oder partiell zu hoch belastet, kommt es zu Rissen, z.T, auch zum Durchstanzen.
- konstruktive Ursachen; Typisch für solche Schäden sind falsch angelegte oder zu spät geschnittene Fugen oder Fehler im Unterbau
- materialbedingte Ursachen; Art und Feinheit des Zementes, wenig geeignete Gesteinskörnungen und Zusatzstoffe wie Filteraschen
- baustellenbedingte Ursachen: Zugluft und zu frühe Benutzung, unterschiedliche Dicken, Einspannungen und Risse im Unterbeton
Bei den Bezeichnungen für Risse sind die Begriffe Mikrorisse, Haarrisse, Abrisse oder Verbundrisse und Konstruktionsrisse laut Altmann veraltet. Heute spricht man von Krakelee-Rissen, Netzrissen und Trennrissen.
- Krakelee-Risse
sind feine Oberflächenrisse mit geringer Tiefe und kleiner Maschenweite. Sie treten bei Benetzung mit Wasser oder Imprägnierung deutlich hervor. Krakelee-Risse entstehen in den ersten Stunden nach dem Einbau. Sie begründen keinen technischen Mangel, da sie die Tragfähigkeit und die Gebrauchstauglichkeit nicht beeinträchtigen.
- Netzrisse
haben gegenüber Krakelee-Rissen größere Maschen und Rissweite. Sie können bei Verbundestrichen bis zum Unterbeton reichen und sich im Laufe der Zeit noch ausweiten. Sie begründen keinen technischen Mangel.
- Trennrisse
teilen das Bauteil, d.h. den Betonboden oder den Estrich. Sie verlaufen gerichtet, können sich aber auch verzweigen. Sie begründen keinen technischen Mangel, wenn sie die Gebrauchstauglichkeit und die Dauerhaftigkeit nicht beeinträchtigen. Trennrisse weisen oftmals auf falsche Fugeneinteilung, zu spätes Schneiden von Fugen oder andere konstruktive Mängel hin. Sie dürfen erst saniert werden, wenn die Ursachen dafür ermittelt und abgestellt wurde.
Risse sind in großflächigen Betonbauteilen, wie es Betonböden nun einmal sind, auch bei sorgfältigster Planung und Ausführung nicht sicher zu vermeiden. Sie lassen deshalb nicht zwangsläufig auf ein Abweichen vom Stand der Technik schließen.
Bei Betonböden mit Hartstoffeinstreuungen und vor allem hochfesten Industrieestrichen muss erfahrungsgemäß, auch bei bester Nachbehandlung, wegen der höheren Zementmengen an der Oberfläche mit Krakelee-Rissen gerechnet werden.
Altmann betonte: "Unter Fachleuten setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass es besser ist, mit feinen Rissen zu leben, als deutlich mehr Fugen anzulegen, weil schmale Risse wesentlich unempfindlicher sind als breite Fugen."
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Risse in Betonbodenplatten bzw. Industrieestrichen durchaus akzeptabel sind, wenn sie die Dauerhaftigkeit nicht beeinträchtigen. Optische Anforderungen sind gesondert zu bewerten. Schwimmende Estriche werden in der Regel mit den unterschiedlichsten Bodenbelägen versehen und kaum direkt genutzt.
Risse werden deshalb, egal mit welcher Breite als Mangel eingestuft, weil sie den Belag bezüglich Optik und Dauerhaftigkeit negativ beeinflussen können.
Bei Rissen im Estrich muss der Boden- und Parkettleger Bedenken anmelden, "weil eine schadensfreie Verlegung der Bodenbeläge nicht erwartet werden kann". Ein fachgerecht sanierter Estrich ist dann aber ein "mangelfreier" Estrich.
Altmann fasste zusammen: "Risse bei schwimmenden Estrichen können mit unterschiedlichen Ursachen auftreten - so lange sie vor der Verlegung des Oberbelags kraftschlüssig verschlossen werden, ist dies unproblematisch."
aus
FussbodenTechnik 05/05
(Handwerk)