Dr. Norbert Arnold, Uzin Utz: Einschätzungen zur Zukunft von Verlegewerkstoffen

Klebstoffe und Spachtelmassen was verlangt der Markt, wo geht die Entwicklung hin?

Verlegewerkstoffe sind nach dem Belag selbst die bedeutendste Materialgruppe für den bodenverlegenden Handwerker. Allerdings hängt ihre Einsatzhäufigkeit sehr stark von der Art des zu verlegenden Belags ab. Laminat wird praktisch ausschließlich schwimmend verlegt, wegen der höheren Ansprüche an die Ebenheit oft jedoch auf gespachtelten Flächen. Schwimmende Parkettböden, die etwa die Hälfte der Parkettflächen ausmachen, werden bei ausreichender Ebenheit des Estrichs direkt, bzw. in Verbindung mit einer Dämmunterlage, auf diesen schwimmend verlegt. Textilbeläge werden etwa in der Hälfte der Fälle vollflächig verklebt und die elastischen Beläge PVC/CV, Linoleum und Kautschuk werden praktisch immer auf gespachtelten Untergründen verlegt und vollflächig verklebt.

Ein Beitrag von Dr. Norbert Arnold

Nachfolgend sind die aktuellen Marktanforderungen an Klebstoffe und Spachtelmassen, sowie wichtige Entwicklungstrends beschrieben. Grundierungen werden bewusst nicht behandelt; ihr Einsatzbereich ist so vielfältig, dass er den Rahmen des vorliegenden Beitrags sprengen würde.

Klebstoffe

Klebstoffe für textile Beläge: Für das Verkleben von Textilbelägen ist der Einsatz wässriger Dispersionsklebstoffe heute das gängige Verfahren. Es gibt jedoch noch immer einige wenige hartnäckige Verwender von lösemittelhaltigen Klebstoffen. Ihr Anteil dürfte sich allerdings im unteren einstelligen Prozentbereich bewegen. Nicht zuletzt dank der intensiven Bemühungen der Gemeinschaft für Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe e. V. (GEV), die dieses Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert, sind sehr emissionsarme EC1-Dispersionsklebstoffe für Textilbeläge heute Standard. Zunehmend verlangt der Markt insbesondere im Segment Health and Care auch Produkte, die die ohnehin schon niedrigen Restemissionen von EC1-Produkten unterschreiten. bzw. beim Einsatz der unterschiedlichen Rohstoffgruppen Einschränkungen unterliegen. Solche Anwendungen machen allerdings nur dann Sinn, wenn alle übrigen Baustoffe und die spätere Einrichtung in einem ganzheitlichen Konzept berücksichtigt werden.

Zunehmend gewinnt auch der Brandschutz an Bedeutung. Bisher stehen Zulassungen für im System mit Bodenbelägen geprüfte Klebstoffe, bzw. objektbezogene Systempüfungen im Vordergrund. Mit der aktuell verpflichtend gewordenen CE-Kennzeichnung von Bodenbelägen und der damit zwingend verbundenen Klassifizierung des Brandverhaltens erhält dieses Thema weiteres Gewicht.

Die meisten Klebstoffhersteller arbeiten kontinuierlich an der Verbesserung der technischen Eigenschaften ihrer Produkte. Aus Verarbeitersicht stehen dabei die gute Verstreichbarkeit, ein kräftiger Fadenzug und der möglichst universelle Einsatz der Produkte im Mittelpunkt. Darüber hinaus bilden auf spezielle Beläge oder Einsatzbedingungen, z. B. im Klinikbereich, optimierte Produkte eine wichtige, weil Kompetenz vermittelnde Nische.

Derzeit gewinnen selbstliegende Fliesen und SL-Bahnenware an Bedeutung. Die Hauptanforderung an Fixierungen für diese Anwendung ist leichte Wiederentfern-/Wiederaufnehmbarkeit und Objekteignung. Für die Klebstoffhersteller bedeutet dies vor allem durch ein breiteres Einlegefenster die Anwendungssicherheit ihrer Fixierungen noch weiter zu erhöhen.

Klebstoffe für elastische Beläge: Die elastischen PVC/CV-, Linoleum- und Kautschukbeläge werden heute überwiegend mit Dispersionsklebstoffen verlegt, wobei die EC1-Klassifizierung nicht die gleich hohe Bedeutung wie bei Textilbelägen erreicht. Der Hochlast- und feuchtigkeitsbeanspruchte Bereich bleibt überwiegend den 2K-Reaktionsharz-Klebstoffen vorbehalten.

Den Marktanforderungen folgend sind schnellere Klebstoffe mit möglichst harter Riefe ein Entwicklungsschwerpunkt. Neue Beläge und Belagsarten wie Polyolefin- oder Polyurethan-Beläge erfordern eine entsprechende Anpassung des Haftspektrums bzw. der Anwendungsbedingungen an die veränderten Materialeigenschaften. Dem in jüngster Zeit stark zunehmende Einsatz von PUR-Versiegelungen auf PVC- und vor allem Linoleum- und Kautschukbelägen wird überwiegend durch eine Anpassung der Anwendungsbedingungen für bestehende Klebstoffe Rechnung getragen.

Elastische Beläge an der Wand und in feuchtigkeitsbelasteten Bereichen sind mittlerweile etabliert. Durch ein im Januar 2006 veröffentlichtes Merkblatt des Bundesverbandes Estrich und Belag e. V. existiert jetzt auch ein dokumentierter Stand der Technik für diese Anwendung.

Während auf der Fläche lösemittelbasierte Produkte praktisch bedeutungslos sind, sind sie bei der Sockel- und Profilverlegung als lösemittelhaltige (Neoprene-)Kontakt-Klebstoffe immer noch dominant. Hier liegt der Entwicklungsfokus der Klebstoffhersteller auf der Bereitstellung technisch gleichwertiger Produkte auf Wasserbasis, bzw. dem Forcieren des Einsatzes von Trockenklebern und Klebebändern.

Klebstoffe für Parkett: Der seit 2 bis 3 Jahren zu beobachtende starke Rückgang des Marktanteils der lösemittelbasierten Kunstharz-Klebstoffe setzt sich fort; die Marktanteile der Reaktionsharz- und Kunstharz-Klebstoffe dürften sich mittlerweile stark gegenseitig annähern. Bei den Reaktionsharz-Klebstoffen legen insbesondere die 1K-PUR- und MS/MSP-Klebstoffe wegen ihrer Anwenderfreundlichkeit zu. Ebenso zeichnet sich ein Trend zu härter eingestellten Produkten ab. Auch weichmacherfreie Produkte sind mittlerweile im Markt erhältlich. MS/MSP-Klebstoffe erhalten einen zusätzlich Schub, weil sie zukünftig laut überarbeiteter TRGS 610 offiziell als Ersatz für lösemittelhaltige Produkte gelten werden. Darüber hinaus unterstützt die zunehmende Endverbrauchersensibilität, verbunden mit einer gesteigerten Bereitschaft die eigenen Interessen letztendlich auch vor Gericht durch zu setzten, den Druck auf die Kunstharzklebstoffe. Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Trends werden lösemittelbasierte Klebstoffe in wenigen Jahren nur noch Randprodukte darstellen. Auch die umwelt- und anwenderfreundlichen Dispersionsklebstoffe bergen noch reichlich Entwicklungspotenzial. Zielrichtung sind hier vor allem bessere Verstreichbarkeit und verbreiterte Anwendungsmöglichkeiten hinsichtlich Holzarten und Formaten.

Gewichtig ist auch der Trend, Klebstoffe abgestimmt auf definierte Versiegelungssysteme zu empfehlen. Der Verleger hat den Vorteil, dass er häufig nur einen Ansprechpartner und gleichzeitig eine durchgängige Gewährleistung von der Untergrundvorbereitung bis zum fertigen Parkettboden hat.

Über alle Klebstoffgruppen hinweg setzt sich der Trend zu schnelleren Produkten und Systemen ungebrochen fort. Bei den Produktpaletten vieler Hersteller ist eine Polarisierung, hin zu universell einsetzbaren Klebstoffen einerseits und optimal auf einen speziellen Anwendungsbereich ausgerichteten Spezialprodukten andererseits, erkennbar. Der Systemgedanke gewinnt nicht zuletzt durch die ungebrochen fortschreitende Regulierung durch Normen und Richtlinien - Stichworte sind Brandschutz, REACH, CE-Kennzeichnung u. a. - weiter an Gewicht.

Die Anstrengungen zur Substitution der noch verbliebenen lösemittelhaltigen Produkte gehen verstärkt weiter. Der vermehrte Einsatz von Trockenklebstoffen unterstützt diesen Trend. Gleichzeitig werden Trockenklebstoffe zunehmend in der Fläche und damit in direkter Konkurrenz zu den konventionellen Klebstoffen, verwendet. Dabei wirkt mit, dass mittlerweile ebenfalls ein merkblattgestützter Stand der Technik erreicht ist (IFR-Merkblatt "Trockenklebstoffe für die Fußbodentechnik").

Spachtelmassen

Für die Herstellung von Spachtelmassen werden überwiegend mineralische Rohstoffe verwendet. Der Verarbeiter erwartet von qualitativ hochwertigen Produkten ein möglichst konstantes Eigenschaftsbild. Ein Kriterium, das sich im Markt noch nicht durchgängig im erwarteten Umfang abbildet. Häufig finden sich auf den Baustellen Bedingungen, die nicht den Laborbedingungen im Herstellerwerk entsprechen. Hier sind die Leistungsreserven der Produkte gefordert, ein Trend, der sich zukünftig noch verstärken dürfte. Die stetige Produktverbesserung ist daher ein permanentes Feld der Entwicklungsanstrengungen der Hersteller.

Bindemittel: Bei den Bindemitteln für Spachtelmassen ist Zement nach wie vor dominant. In den neuen Bundesländern ist allerdings der Anteil von calciumsulfatbasierten Produkten, bedingt durch langjährige Verwendergewohnheiten, deutlich höher als in den alten Länder. Eine der hervorstechenden Eigenschaften von calciumsulfatgebunden Produkten ist, dass sie praktisch spannungsfrei aushärten (allerdings bei schichtdickenabhängig deutlich verlängerten Trockenzeiten). Dieser Vorteil kommt insbesondere in der Renovierung z. B. auf labilen Untergründen zur Geltung. Da der Renovierungsanteil im Vergleich zum Neubau immer noch zunimmt, legen calciumsulfatgebundene Spachtelmassen daher tendenziell beim Marktanteil zu. Epoxidharz- und Polyurethan-gebundene Spachtelmassen haben sich als problemlösende Nischenprodukte etabliert. Aufgrund ihres vergleichsweise hohen Preisniveaus werden sie allerdings auf Anwendungen beschränkt bleiben, bei denen sie ihre ausgeprägten Vorteile wie Elastizität und hohe Zugfestigkeit voll einbringen können.

Selbstverlaufende Spachtelmassen: Die meisten Hersteller bieten ein Hauptprodukt auf Zementbasis mit möglichst breitem Anwendungsspektrum an. Da die Anwenderpräferenz durch mehrere zum Teil gegenläufige Anforderungen gebildet wird, z. B. durch den Wunsch nach hoher Festigkeit bei gleichzeitig guter Schleifbarkeit und hoher Saugfähigkeit, wird stetig an der Optimierung eines möglichst "runden" Eigenschaftsbilds gearbeitet. Durch die Anwendung der DIN EN 18813 (Estrichmörtel und Estrichmassen) auf Spachtelmassen können Spachtelmassen jetzt über ihre Festigkeiten einheitlich klassifiziert werden. Dies erlaubt dem Anwender eine schnelle Voraborientierung, wenn er unterschiedliche Produkte aus den Sortimenten der Hersteller vergleichen will. Allerdings nutzen erst wenige Hersteller die CE-Kennzeichnung, weil sie mit kostenintensiven Brandversuchen verbunden ist.

Durch Einsatz der neuen, so genannten Superverflüssiger auf Basis von Polycarboxylatethern gelingt es, die Verlaufseigenschaften weiter positiv zu verändern und gleichzeitig Casein als Verflüssiger zunehmend zu ersetzen. Auch Leichtfüllstoffe werden bereits eingesetzt, wobei die Oberflächeneigenschaften dieser Produkte vorwiegend zum Einsatz unter keramischen Fliesen führen. Analog zu den Klebstoffen sind schnelle Produkte (im Sinne von früh belegereif) zunehmend gefragt. In einigen Fällen kann auch durch intelligente Kombination von definierten Systemkomponenten die Zeit bis zur Belegereife erkennbar verkürzt werden. Darüber hinaus wird angestrebt, einen möglichst großen Schichtdickenbereich mit nur einem Produkt abdecken zu können. Staubarme Produkte sollen die Arbeitsbedingungen weiter verbessern.

Standfeste Spachtelmassen: Eine schnelle Belegereife ist auch hier ein wichtiges Entscheidungskriterium und damit auch wichtiges Entwicklungsziel. Die Belegereife sollte darüber hinaus möglichst unabhängig von den aufgebrachten Schichtdicken sein. Der zunehmende Einsatz von Leichtfüllstoffen reduziert das Eigengewicht der Produkte, dadurch lassen sich an der Wand bei einmaligem Auftrag höhere Schichtdicken erzielen.

Spachtelmassen sind eine seit über 40 Jahren erfolgreich eingesetzte Gruppe von Verlegewerkstoffen. Trotz ihres hohen Reifegrads und des anerkannt hohen Qualitäts- und Leistungsspektrums wurden in jüngster Zeit eine Vielzahl neuer Produkte eingeführt. Es steckt also nach wie vor enormes Potenzial in dieser Produktgruppe. Das TKB-Merkblatt Nr. 9 "Technische Beschreibung und Verarbeitung von Bodenspachtelmassen" gibt dem Anwender fundierte Hinweise zu dieser Produktgruppe. Es wird zur Zeit komplett überarbeitet. Auch dies ist ein weiterer Indikator für die ungebrochene Entwicklungsdynamik dieser Materialien.

Ausblick

Klebstoffe und Spachtelmassen sind eine bewährte und hochentwickelte Gruppe von Materialien für das bodenverlegende Handwerk. Mit ihrer Hilfe gelingt es die vielfältigsten Probleme am Boden zu lösen. Nicht zuletzt als Konsequenz kontroverser Diskussionen in der Vergangenheit, können sie heute aus ökologischer Sicht im Baubereich eine Vorreiterrolle für sich beanspruchen. Die jüngsten Neuentwicklungen zeigen, dass über den bereits erreichten, hohen Leistungsstand hinaus noch enormes Entwicklungspotenzial vorhanden ist. Es bleibt spannend.
aus FussbodenTechnik 06/07 (Handwerk)