Ernst Dieckmann, Wulff: Sind lose liegende textile Bodenbeläge die Zukunft?

"Bodenbeläge wird es immer geben, fragt sich nur welche"

Schwerbeschichtungen für lose liegende textile Bodenbeläge aus dem Hause Wulff sind längst Realität. Geschäftsführer Ernst Dieckmann vertritt die Auffassung, dass der Endverbraucher bei Bodenbelägen keine Gerüche mehr akzeptiert. Sind konventionelle Klebstoffe ein Auslaufmodell? Wie sieht eine Verlegung "von morgen" Ihrer Meinung nach aus?

Ein Beitrag von Ernst Dieckmann

Textile Bodenbeläge bestehen zu 20 Gewichtprozent bei Nadelvliesbelägen und zu 70 Gewichtsprozent bei den SL-Fliesen EasyLift aus Klebstoffen. Diese Klebstoffe haben unter Fachleuten den Namen Kaschierung, Klebestrich oder Schwerbeschichtung, sind aber von der Bindemittelbasis her Klebstoffe. Da Wulff nun schon seit über 13 Jahren Klebstoffe produziert, die "sehr emissionsarm" bis "emissionsfrei" sind, war es logisch, dass wir uns auch mit der Entwicklung von Teppichboden-Beschichtungssystemen befassen, die frei von störenden Gerüchen sind. Patentierte Schwerbeschichtungen wurden in unserem Hause entwickelt. Nach dem Motto: Was nützt ein geruchsneutraler und sehr emissionsarmer Wulff-Klebstoff wie Multi-Coll, wenn der zu verklebende Teppichboden unangenehm riecht. Genauso nützt ein geruchsneutraler Teppichboden nichts, wenn ein Klebstoff unangenehm riecht.

Mit führenden Belagherstellern wie Halbmond (führend in der Drucktechnik), Girloon (führend in der Velours-Webtechnologie), Vebe (einer der größten Nadelvlieshersteller) sowie Findeisen (bekannt für innovative Produkte) haben wir gemeinsame Systeme entwickelt, die den Anspruch "sehr emissionsarm" und "frei von störenden Gerüchen" erfüllen. Die eingesetzten Beschichtungen und Faserbinder beruhen auf der Wulff Multi-Coll-Technologie.

Maßänderungen - Schrumpfen und Wachsen fixierter oder verklebter Beläge

Dass elastische und textile Bodenbeläge unter schwankenden klimatischen Bedingungen schrumpfen und wachsen, muss als Materialeigenschaft akzeptiert werden. Es bleiben nur zwei Wege offen, entweder wird der Belag durch Beschichtungssysteme bezüglich der Maßänderung verbessert oder ein Klebstoff muss die Kräfte so abfangen, dass die Risiken von Fugenbildung minimiert werden. Nach der gültigen Norm DIN EN 1903 gibt es für elastische Beläge Anforderungen an den Klebstoff. Bei textilen Belägen gibt es keine Anforderungen an den Klebstoff. Nur hoch scherfeste Klebstofffe können die Risiken von Nahtschrumpf minimieren.

Wir haben die Maßänderungen von textilen Bodenbelägen nach DIN EN 986 untersucht. Bezogen auf lose liegende oder fixierte Teppichböden wäre es ideal, wenn bei allen Prüfzyklen die Werte < 0,2 % = 2 mm/m liegen würden. Nach der Anforderung nach DIN EN 1307 sind Teppichböden lose auslegbar nach der Prüfnorm EN 986. Wichtig wäre jedoch diese Anforderung bei der zweistündigen Lagerung bei einer Temperatur von 60C zu erzielen. Oder sind fixierte Fliesen als Klebefliesen einzustufen? Dann müsste der zulässige Schrumpf < 0,4% = 4 mm/m sein.

Bei nüchterner Betrachtung dieser Werte muss jedem Fachmann klar sein, dass Fixierungen überhaupt nicht in der Lage sind, derartige Maßänderungen abzufangen. Die Werte des unverlegten Teppichbodens unter 0,2 % = 2 mm/m zu bringen, ist eine Aufgabe, der wir uns gemeinsam mit der Belagsindustrie stellen wollen. Wichtig bei diesen Messungen ist jedoch die Messung "2 Stunden bei 60C". Dieses sind Temperaturen, die durchaus am Objekt vorkommen können. Die in der Norm vorgegebene Unterwasserlagerung mit anschließender Trocknung kommt meiner Ansicht nach einem Wasserschaden gleich.Diese Anforderung soll scheinbar eine Nassreinigung simulieren. Hier schlagen wir jedoch eine andere Prüfung vor, in dem man den verklebten oder fixierten Belag tatsächlich einer Sprühextraktionsreinigung aussetzt und dann im verklebten oder fixierten Zustand misst, welche Maßänderungen der Belag mit macht.

Ist der Belaghersteller sich bezüglich Maßänderungen nicht sicher, ob verklebt oder fixiert werden soll, sollte er in Prospekten bzw. Merkblättern auf mögliche Fugenbildung bei bestimmten Temperaturen oder Feuchtbelastungen hinweisen. Der Belaghersteller könnte auch, wenn der Belag die Werte < 0,2% nach DIN EN 986 (gilt nur für die Prüfung Unterwasserlagerung/Trocknung) nicht erfüllt, eine Trockenreinigung vorschreiben.

Zusammenfassung

Jeder Teppichboden "arbeitet" anders. Eine Wulff Beschichtung garantiert eine enorme Verbesserung des Liegeverhaltens bei bestimmten Belagskonstruktionen. So müssen bei einem Cross Over getufteten Belag zusätzlich Stabilisierungsmaßnahmen z.B. durch ein Glasgelege als Einlage getroffen werden. Bei der alternativen Verlegung - sprich lose, Haftgitter oder Fixierung/Rutschbremse - muss man folgende Belagsarten unterscheiden:

Bahnenware

Meiner Ansicht nach kann eine Bahnenware nur als Veloursware alternativ verlegt werden, denn bei Schlingenware muss der Verleger durch die Nahtgasse schneiden. Eine exakt gerade getuftete Schlingenware wäre die Voraussetzung für eine alternative Verlegung (Rücksprache beim Belaghersteller). Die durch Ausspannen auftretenden Kräfte kann keine Fixierung abfangen, selbst weichen nicht scherfesten Klebstoffen fällt dies schwer (wie wir aus Reklamationen wissen). Zusätzlich müsste der Verleger den Belag in eine Fixierung frisch einlegen, um ihn überhaupt ausspannen zu können. Eine zweite Falle, denn frisch eingelegt heißt "schlecht" verklebt und schlechte Wiederaufnahme.

Was bleibt ist eine hoch maßstabile Veloursqualität als alternativ verlegbare Bahnenware mit einer Wulff-Rückenbeschichtung ausgestattet, am besten verlegt auf Haftgitter oder auf Rutschbremsen.

Fliesenware

Bei Fliesenware gibt es wie ausführlich vorgenannt eine Anforderungsnorm. Ob diese in allen Punkten erfüllt werden, muss der Belagherstellern beantworten. Die mit der patentierten Wulff-Rückbeschichtung z.B. Halbmond EasyLift (schwarzer Rücken) geprüften Qualität lassen sich auf Wulff Rutschbremsen wie z.B. HL 1 (abgetrocknet) gut wiederaufnehmen. Rutschbremsen sind grundsätzlich nicht wasser- und feuchtefest. Auch aus diesem Grunde sollte auf eine Nass-/Feuchtreinigung des Belages verzichtet werden.

Ein Blick in die Zukunft

Bodenbeläge wird es immer geben, fragt sich nur welche. Im Privatbereich sehen wir, dass der Endverbraucher immer mehr weg vom Teppichboden hin zu "Klick-Klack-Systemen" geht. Mit Sicherheit liegt dieses am fest verklebten Teppichboden, dem dann zusätzlich oft noch ein Emissionsproblem angedichtet wird. Der Teppichboden hat in der Regel kein Emissionsproblem, sondern oft - leider zu oft - ein Geruchsproblem.

Die bisherigen Argumente der Verantwortlichen in dieser Branche, der typische Neugeruch sollte nach 4 bis 6 Wochen verschwinden, ist nicht akzeptabel. Keine heiratswillige Frau wird bei einem übel riechenden Mann das Argument akzeptieren "Warte man 4 bis 6 Wochen, dann ist der unangenehme Geruch bei mir verschwunden!" Das gleiche gilt natürlich auch bei Fußboden-Klebstoffen. Aber im privaten Wohnbereich will man natürlich auch verlegte textile Beläge leicht wieder auswechseln. Also brauchen wir einen hoch maßstabilen geruchsneutralen, lose oder alternativ verlegbaren textilen Bodenbelag. Daran arbeiten wir im Hause Wulff mit zunehmenden Erfolg.

Objektbereich: Büro, Hotel

Im Hotel oder Bürobereich ist der textile Bodenbelag nach meiner Ansicht das einzig Wahre. Will ein Bauherr Nadelvliesbeläge, müssen diese fest verklebt werden. Dieses gilt auch für Webwaren und viele andere textile Konstruktionen. Lose liegenden Teppichfliesen werden an Bedeutung gewinnen, allein durch die Doppelboden-Konstruktion.

Damit sind wir schon heute im Hause Wulff erfolgreich hinsichtlich der Entwicklung eines Ersatzstoffes für z.B. Bitumen unter der Bezeichnung Wulff Mastermelt/Hotmelt-Teppichrücken-Beschichtungs-System. Sicher der Weg für die Zukunft.

Objektbereich: Krankenhäuser

Auch für diesen Bereich ist der verklebte Bodenbelag, wie Kautschuk, PVC oder Linoleum nicht mehr wegzudenken. "Richtig" kleben ist nach wie vor noch die sicherste Methode, Bodenbeläge mit hohem Maßänderungs-Problem am Boden zu halten. Wie aber "richtige" Klebstoffe auszusehen haben, hat die Bodenbelagsbranche noch nicht begriffen. Statt dessen "versteckt" man sich hinter Begriffen wie "Wartungsfugen bei aufgehenden Nähten".

Ein Klebstoff muss eine hohe Schwerfestigkeit aufweisen. Hierzu kann die Prüfung nach DIN 281 herangezogen werden. Ein Klebstoff muss eine hohe Weichmacherbeständigkeit bei PVC-Belägen aufweisen (Prüfung nach DIN EN 1903 ohne Vortemperung). Ein Klebstoff sollte eine Schälfestigkeit > 1 N am 3. Tag aufweisen. Dieses ist jedoch nicht allein klebstoffabhängig, sondern hängt auch sehr von der Benetzungsfreudigkeit des Belagrückens ab. Zum Beispiel sind ungeschliffene PVC-Beläge in der Regel schlechter durch Dispersionsklebstoff zu benetzen als geschliffene Rücken. Ungeschliffene Kautschuk-Rücken sind unserer Ansicht nach überhaupt nicht mit Dispersionsklebstoffen fachgerecht zu verkleben. Nach meiner Meinung wird auch ein elastischer Bodenbelag, der in Krankenhäusern dadurch auffällt, dass er schrumpft, langsam aber sicher durch andere Belagsarten ersetzt.
aus FussbodenTechnik 06/07 (Bodenbeläge)