Heinz-Dieter Altmann: Wie hat sich der CAF in den vergangenen 10 Jahren entwickelt?
Entwicklungstendenzen im Estrichmarkt und bei Calciumsulfatestrichen
In der 1. FussbodenTechnik im Jahr 1997 wurde unter dem Titel "Akzeptanz des Calciumsulfatestrichs wird weiter steigen" über damals aktuelle Tendenzen im Estrichmarkt berichtet. Der Artikel befasste sich neben der Rohstoffsituation bei den Calciumsulfatbindemitteln auch mit der technischen Umsetzung des Fließestrichverfahrens. FussbodenTechnik hat den Sachverständigen Heinz-Dieter Altmann nach dem aktuellen Stand befragt.
Ein Beitrag von Heinz-Dieter AltmannZu der technischen Umsetzung des Fließestricheverfahren kann nur noch ergänzt werden, dass sich in dieser Zeit die technischen Möglichkeiten, vor allem in Bezug auf die Misch- und Pumpenleistungen der an den Silos befindlichen Maschinentechnik, deutlich verbessert haben. Das Zwei-Kammer-Silo-Verfahren hat sich leider nicht in der erwarteten Art durchgesetzt (siehe Grafik), was aber auch mit dem Konkurs des größten Anbieters zusammenhängt.
Gut entwickelt hat sich der Einsatz der so genannten Mixmobile, die einerseits vom Estrichleger selbst genutzt werden, mit denen andererseits aber auch dem Estrichleger als Kunden ein einbaufertiger Mörtel frei Schlauchende in der gewünschten Festigkeitsklasse bereitgestellt wird.
In der Schweiz z.B. hat diese Art der Mörtelbereitstellung eine absolut marktbeherrschende Stellung inne, weil die Vorzüge ganz klar auf der Hand liegen:
- der Lieferant übernimmt die komplette Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle
- der einbaufertige Mörtel wird vor Ort computergesteuert und nach Bedarf hergestellt, Fahrzeiten entfallen
- der Estrichleger benötigt keinerlei Technik, noch nicht einmal den Förderschlauch
- die gesamte Logistik liegt beim Mörtellieferanten
- es entstehen keine Abfälle
- der Estrichleger baut den Estrich ein, d.h. er wickelt seine Baustelle selbst ab.
Auch bei der stofflichen Seite gibt es Positives zu berichten, denn die Qualität der am Markt befindlichen Bindemittel, Werktrocken- oder Werkfrischmörtel hat sich durchgehend auf hohem Niveau stabilisiert. Das hat mehrere Gründe:
- Die Hersteller haben erkannt, dass es sich beim Fußboden um ein sehr sensibles Bauteil handelt, bei dem Fehler in der Regel mit Nutzungsausfall und zum Teil recht großem finanziellen Aufwand einhergehen
- Die Anforderungen aus der Normung, es sei hier an DINEN13813 "Estrichmörtel und Estrichmassen; Eigenschaften und Anforderungen" (Stand 01/2003) erinnert, und der Qualitätssicherung beim Hersteller selbst sind wesentlich straffer und effizienter geworden
- Es gibt interne Normen für die Calciumsulfatbindemittel, z.B. DIN EN 13454-1 "Calciumsulfat-Binder, Calciumsulfat-Compositbinder und Calciumsulfat-Werkmörtel für Estriche; Begriffe und Anforderungen" (Stand 01/2005) und DINEN13454-2 "Calciumsulfat-Binder, Calciumsulfat-Compositbinder und Calciumsulfat-Werkmörtel für Estriche; Prüfverfahren" mit Stand 03/2004, die DIN 4208 "Anhydritbinder" (Stand 04/1997) ersetzt haben
- Die Estrichnorm DIN 18 560, Teil 2 (04/2004), gibt für die Calciumsulfat-Fließestriche (CAF) deutlich höhere Werte für die Bestätigungsprüfung als für die konventionell eingebauten Estriche vor.
Letzterer Fakt ist auf die Hartnäckigkeit des Bundesverbandes Estrich und Belag zurückzuführen, weil damit für den Planer und den Verarbeiter eine größere Produktsicherheit gegeben ist. Denn bis zu dieser Zeit wurde oftmals so argumentiert: Wir liefern einen hochfesten Fließestrich. Die Estrichdicke kann deshalb, z.B. bei Heizestrichen auch die Rohrüberdeckung, reduziert werden. Sobald dann aber Probleme aufgetreten sind, d.h. die zugesicherte Biegezugfestigkeit im Rahmen einer Bestätigungsprüfung nicht erreicht worden ist, dann wurde auf die wesentlich geringeren Anforderungen in der alten Estrichnorm, die vom Grund her für konventionelle Estriche gemacht war, verwiesen.
Biegezugfestigkeitsklassen und Estrichdicken definiert
Die Einteilung in Biegezugfestigkeitsklassen und die Vorgaben für die Estrichdicken in den Tabellen 1 bis 4 im Teil 2 vonDIN 18560 haben klare Vorteile:
- Der Planer kann anhand der Tabellen die unterschiedlichen Estriche vergleichen und seine Fußbodenhöhen in Abhängigkeit von der zu erwartenden Belastung planen
- Der Bauleiter kann, wenn die Höhen nicht ausreichend sind, ganz schnell entscheiden, welche Veränderungen in der Biegezugfestigkeitsklasse die Anforderungen an den Fußboden trotz verringerter Einbaudicke sichern
- Der Estrichleger hat die Möglichkeit, auf Probleme am Bau qualifiziert hinzuweisen.
Durch die definierten Biegezugfestigkeitsklassen kommen auch die Vorteile der Calciumsulfat-Fließestriche bezüglich der erforderlichen Dicken ganz deutlich zum Tragen. Aufpassen muss der Estrichleger immer dann, wenn ein Calciumsulfatestrich als "CA in fließfähiger Konsistenz" angeboten wird, weil dann nach Meinung des Lieferanten nicht die Klassifizierung CAF greifen würde, sondern im Rahmen einer Bestätigungsprüfung nur die Werte für einen CA zu erwarten sind, d.h. die Estrichdicken müssen dann auch auf das Niveau eines CA angehoben werden. Das ist aber diversen Unterlagen in dieser Deutlichkeit nicht zu entnehmen.
Auch in der Bewertung der Calciumsulfatestriche zur Belagverlegung, speziell zum Problem der Oberflächenbehandlung und Vorbereitung, gibt es am Markt gravierende Fortschritte. Das leidige Thema Anschleifen/Abschleifen ist schon lange nicht mehr die Hauptursache für Unstimmigkeiten zwischen Estrich- und Bodenleger. Bei Parkettlegern hat sich inzwischen die Meinung durchgesetzt, dass ein gut eingebauter Calciumsulfat-Fließestrich ein idealer Untergrund für die Parkettverlegung ist. Auch die Fliesenleger haben die Vorteile der Calciumsulfatestriche wegen ihres reduzierten Fugenanteils und der guten Ebenheiten, speziell bei Fließestrichen, schätzen gelernt.
Das technische Regelwerk hat sich ebenfalls erweitert, weil die Industrieverbände (z.B. Industriegruppe Estrichstoffe auf Calciumsulfatbasis, kurz IGE) auf eine gute Information der Verarbeiter gesetzt haben. Allein vom BEB wurden in den letzten Jahren folgende Hinweisblätter überarbeitet oder herausgegeben:
- Beurteilen und Vorbereiten von Untergründen; Verlegen von elastischen und textilen Bodenbelägen, Schichtstoffelementen (Laminat), Parkett und Holzpflaster; Beheizte und unbeheizte Fußbodenkonstruktionen (02/2002)
- Hinweise zur Planung, Verlegung und Beurteilung sowie Oberflächenvorbereitung von Calciumsulfatestrichen (04/2004)
- Hinweise zur beschleunigten Trocknung von Calciumsulfatestrichen (01/2007)
- Höher belastbare Calciumsulfatestriche im Gewerbebau (01/2007)
- Hinweise für die Zeit nach der Verlegung von Calciumsulfatestrichen (10/2007)
Abschließend noch einige Bemerkungen zur Marktentwicklung:
1. Der Estrichmarkt hat von etwa 1995 (rund 150 Mio. Quadratmeter) bis heute (rund 100 Mio. Quadratmeter) ca. ein Drittel an Volumen verloren. 2003 nahm der Neubau noch etwa 2/3 und die Renovierung ca. 1/3 des Marktvolumens ein. Diese Verhältnis wird sich in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch in Richtung Renovierung/Sanierung verschieben.
2. Der Marktanteil der Calciumsulfatestriche, bezogen auf den Gesamtestrichmarkt, lag im Jahr 2000 bei etwa 29 %, davon entfielen ca. 6 % auf konventionelle Calciumsulfatestriche. Der Marktanteil der Zementestrich betrug damals etwa 52 %
3. Im Jahr 2003 lag der Marktanteil der konventionell eingebauten Zementestriche bei den Mörtelestrichen bei 59,0 %. Der Marktanteil der Calciumsulfatestriche betrug 32,4 %, wobei der konventionell verlegte Calciumsulfatestrich ca. 7 % ausmachte.
4. 2005 hatten die Zementestriche bei den Mörtelestrichen einen Marktanteil von 56,8 %, die Calciumsulfatestriche 37,6 %, davon der konventionell eingebaute 9,8 %.
5. Die aktuellsten Markdaten von 2006 stammen vom Industrieverband Werkmörtel e.V. (IWM) und sind im Detail der Grafik zu entnehmen. Der Anteil Zementestrich (Baustellen-Estrich) reduziert sich nach dieser Erhebung auf 51,3 %, der Anteil der Calciumsulfatestriche steigt auf 39,3 %
Das ist insgesamt eine erfreuliche Entwicklung, die immer noch viel Luft für die weitere Entwicklung der Calciumsulfatestriche hat. Interessant ist auch die Verteilung der Marktanteile innerhalb der Calciumsulfatestriche:
- die Baustellenmischung für den konventionellen Anhydritestrich stabilisiert sich bei knapp 10 %
- der Anteil des Werktrockenmörtels aus dem Silo lag 2005 bei 13,1 %, 2006 aber nur noch bei 12,4 %
- der Werkfrischmörtel aus dem Betonmischer legte von 10,2 % (2005) auf 14,1 % zu (2006).
Wenn man über die letzten 10 Jahre dass Fazit zieht, dann haben sich neben den Verbesserungen bei Produktqualität und Technik auch die Marktanteile der Calciumsulfatestriche erhöht. Die Entwicklung für die nächsten 10 Jahre bleibt also spannend, zumal sich im Zementbereich mit der Umstellung vom Portlandzement (CEM I) auf die Portlandkompositzemente, hier besonders in Richtung CEM II B-S-Zemente einige Unwägbarkeiten verbergen.
aus
FussbodenTechnik 06/07
(Handwerk)