Karsten Krause, ZVPF: Wie sollte sich das Berufsbild Bodenleger weiter entwickeln?
Eigenes Berufsbild Bodenleger war der richtige Weg
Die Bodenleger sind seit einigen Jahren ein selbstständiger Ausbildungsgang - Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus? War es der politisch richtige Weg, den Bodenleger als selbstständigen Ausbildungsgang zu verankern und woran muss noch gearbeitet werden? Krause wünscht sich beispielsweise, den Bodenleger aus der unteren Nische des "nur Gewerbetreibenden" herauszuholen und ihn zum vollstufigen Handwerker zu erklären.
Ein Beitrag von Karsten KrauseZunächst einmal möchte ich Ihnen auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich zu Ihrem Jubiläum "10 Jahre FussbodenTechnik" gratulieren. Wie Sie wissen, schätze nicht nur ich den Informationsgehalt dieser Zeitschrift überaus. Ihre Zeitschrift wird nach dem Posteingang meist sehr schnell und intensiv gelesen. Danach geht die Zeitschrift in den betrieblichen Umlauf und findet auch dort sehr großes Interesse.
Ihrem Wunsch entsprechend, möchte ich nun für die Jubiläumsausgabe einige Gedanken und Perspektiven, im Sinne einer Zwischenbilanz und einer Zukunftsperspektive, zum selbständigen Ausbildungsgang für die Bodenleger darlegen. Im Jahre 2000 erhielt ich die Berufung in ein Gremium des Bundesinstitutes für berufliche Bildung in Bonn - kurz BIBB genannt - mit dem Ziel, den lang gehegten Wunsch zur Einrichtung eines eigenständigen Ausbildungsberufes für die Bodenleger vorzubereiten und umzusetzen.
Diesem Ruf bin ich natürlich mit großer Überzeugung gefolgt, es war ja seit jeher mein besonderes Anliegen, auch als Raumausstattermeister, jedoch mit einem Betrieb, welcher sich überwiegend mit der Objektausstattung im Bodenbelagsbereich beschäftigt, für die Bodenleger einen eigenständigen Ausbildungsberuf zu schaffen. Natürlich hoffte ich, dass damit auch ein anderer Stellenwert für die Bodenleger verbunden sein wird, wenn auch nicht kurzfristig, so doch zumindest mittelfristig.
Als dieses Verfahren dann in Bonn begann, ahnte niemand, dass schon bald nach der tatsächlichen Einführung ab 1. August 2002, eine gravierende Veränderung der Handwerksordnung, viele Anlage A Berufe herabstufen wird. Die Parkettleger und Raumausstatter fanden sich unvermittelt in der Anlage B 1 wieder. Der neu geschaffene Bodenleger-Ausbildungsberuf blieb jedoch hinsichtlich seiner tatsächlichen Berufseingruppierung ein Gewerbe und kam somit nach wie vor nicht wirklich auf Augenhöhe mit den B1 Berufen. Aus dem Stand heraus konnten dann ab 1. August 2002 neue Ausbildungsverhältnisse im Berufsbild Bodenleger begründet werden. Die Tendenz in den Folgejahren ist eindeutig positiv. Nach wie vor steigen die Zahlen in diesem Ausbildungsberuf von Jahr zu Jahr.
Ganz anders ist die Situation bei den herab gestuften B 1 Berufen. Hier lässt sich nach der Novellierung der Handwerksordnung nach unserem Kenntnisstand nachvollziehen, dass die Ausbildungszahlen erheblich, ja man muss schon fast sagen, dramatisch zurückgegangen sind. In einigen Bereichen kann man von einer Halbierung ausgehen. Dies verwundert natürlich vor dem Hintergrund der mit der Novellierung der Handwerksordnung einhergehenden Einschnitte und Veränderungen kaum. Gleichzeitig bleibt aber positiv zu vermerken, die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse im Berufsbild Bodenleger hat zumindest eine leicht steigende Tendenz.
Nach wie vor bin ich überzeugt davon, dass es keine Alternative zur Schaffung dieses Ausbildungsberufes gab. In allen anderen Handwerksberufen war der Bodenleger mehr oder weniger das 5. Rad am Wagen. Diese Situation war absolut nicht akzeptabel, denn, wie sich im späteren Verfahren zur Schaffung des neuen Ausbildungsberufes zeigte, ist eine 3-jährige Ausbildung durchaus erforderlich, um sämtliche Inhalte dieses inzwischen sehr komplex gewordenen Berufsbildes zu vermitteln.
Vor diesem Hintergrund bleibt es unverständlich, dass der Bodenlegerberuf nach wie vor im Sinne des Handwerksrechts als Gewerbe bezeichnet wird. Hier wird ein vollstufiges Handwerk ausgeübt, für welches eine 3-jährige Ausbildung erforderlich ist. Mit welchem Recht dann andere Berufe, für die ebenfalls eine 3-jährige Ausbildung erforderlich ist, Handwerksberufe sind und Bodenleger sind dann nach wie vor "Gewerbetreibende", kann sich dem unbefangenen Betrachter kaum erschließen.
Vermutlich steht die Lobbyarbeit einiger Interessenverbände und Organisationen einer Gleichsetzung auf Handwerksebene ebenso im Wege, wie das politische Desinteresse und sicher auch das Desinteresse des ZDH in Berlin. Im Sinne der angestrebten Deregulierung und Vereinfachung berichtete mir ein CDU-Politiker im Vorfeld der Novellierung zur Handwerksordnung folgendes: Aus seiner Sicht ist die Handwerksordnung ein Bollwerk aus dem Mittelalter, welches nur dazu dient, einigen Meistern die lästige Konkurrenz vom Hals zu halten. Soviel zum politischen Stellenwert des Handwerks.
Kurz gefasst kann man als Zwischenbilanz die Losung ausgeben: Ausbildungszahlen in Anlage A und B 1 Berufen befinden sich im freien Fall. Einzig im Bereich Parkett und Bodenleger sind die Zahlen zusammengefasst noch in etwa konstant, denn die Ausbildungszahlen im Bodenlegerberuf weisen eine steigende Tendenz auf und kompensieren die Werte damit insgesamt. Dies bestätigt letztlich, dass wir mit der Schaffung des eigenständigen Berufes den richtigen Weg gegangen sind.
Im Sinne einer Zukunftsperspektive müssen wir allerdings auch für den Bereich des Bodenlegers, wie auch für viele andere Ausbildungsberufe, erkennen, dass gravierende Veränderungen zwingend geboten sind. Berücksichtigt man, dass in Berlin die politische Hintergrundarbeit bereits an neuen Novellierungen und Veränderungen feilt, so wird deutlich, dass auch aus Sicht des Handwerks dringender Handlungsbedarf gegeben ist. Will man nicht wieder, wie bei der Novelle zur HWO, reagieren, so muss man jetzt agieren. Letzteres kann man natürlich nur dann, wenn man aktiv mit konstruktiven Veränderungsvorschlägen in die laufenden Prozesse eingreift.
Ohne Zweifel wird es in diesem Zusammenhang erforderlich sein, über größere Ausbildungsverbünde nachzudenken. Was bei einigen europäischen Nachbarn schon lange funktioniert, kann in Deutschland nicht länger mit einem Fragezeichen auf der Stirn auf die lange Bank geschoben werden. Gemeint ist ein zusammengefasster Beruf für alle Fußbodenbereiche.
Sinnvoll ist es doch, nun endlich Gespräche darüber zu führen, wie man von unten nach oben - ohne Wertung - die Fußboden bauenden Berufe zusammenfasst. Gedacht ist hier an den Estrichleger, Fliesenleger, Bodenleger und Parkettleger. Letzteres natürlich mit intensiver Begleitung und Einbeziehung der ebenfalls erheblich in diesem Bereich tätigen Berufe, wie Raumausstatter und Maler. Anzustreben wäre hier nach meiner Meinung eine modulare Ausbildung, die z.B. für 2 Jahre einheitlich alle Bereiche abdeckt und im 3. Jahr dann die Spezialisierung auf die vorgenannten Bereiche vollzieht.
Erste vorsichtige Gespräche sind in diesem Zusammenhang bereits geführt worden. Aus meiner Sicht gibt es auf dem Weg jedoch noch zwei wesentliche Hemmschuhe. Einer davon ist die Tatsache, dass der Bodenleger, wie bereits eingangs erwähnt, nach wie vor nicht auf Augenhöhe mit anderen Handwerksberufen unterwegs ist. Hier wird es zunächst erforderlich sein, den Bodenleger aus der unteren Nische des "nur Gewerbetreibenden" herauszuholen und ihn zum vollstufigen Handwerker zu erklären. Nur dann können Gespräche auf Augenhöhe geführt werden, mit dem Ziel einer vorgeschilderten Zusammenfassung.
Ein zweiter Hemmschuh sind die in vielen handwerklichen Organisationen tätigen ehrenamtlichen Personen. Gleich vorausgeschickt, ich möchte die Leistung des Ehrenamtes in der handwerklichen Organisation keinesfalls schmälern, im Gegenteil, diese ist enorm hoch zu bewerten. Viele, viele Firmen profitieren von den Leistungen der Verbände und von der Arbeit der Vorstände und Gremien, ohne sich selbst jemals wirklich in diese Arbeit mit einzubringen. Daher Hut ab vor den Ehrenamtlichen.
Dennoch, oder leider, im Ehrenamt gibt es eine Reihe von Personen, die von alten Zöpfen nicht lassen mögen. Nur eines ist völlig klar, wer heute an seinen alten Strukturen und somit an den alten Zöpfen festhält, der wird zunächst vielleicht noch Ehre erfahren, weil er den Berufsstand - seinen Berufsstand - hochhält, er wird jedoch erleben müssen, dass die Veränderungen, welche aus Berlin und auch aus Europa kommen, ihn hinwegspülen werden. Schon vor der Novellierung der HWO hat es kaum einer geglaubt und doch, manches kam schlimmer, als sich viele unter uns jemals vorstellen konnten. Ich bin überzeugt davon, die nächsten Einschnitte und Veränderungen sind in der politischen Meinungsbildung in Berlin schon sehr weiter fortgeschritten. Daher noch einmal mein Appell: Alle beteiligten Berufe im Fußbodenbau müssen dringend an eigenen Vorschlägen arbeiten und diese in Berlin präsentieren, bevor es zu spät ist.
Der FussbodenTechnik wünsche ich auch für die Zukunft ein gutes Gelingen und einen erfolgreichen Auftritt. Ich persönlich wünsche mir von dieser Zeitschrift auch zukünftig einen so hohen Informationsgehalt, wie ich ihn in den vergangenen 10 Jahren kennen gelernt habe.
aus
FussbodenTechnik 06/07
(Handwerk)