Gesundheits- und Sicherheitsrisiken durch importierte Bodenbeläge und Teppiche?
Nicht nur bei Spielzeug lauern Gefahren
Aus den Medien war zu vernehmen, dass große Spielzeug-Anbieter wie Mattel (Fisher Price) und Toys"r"us Rückrufaktionen starten und Produkte aus dem Markt nehmen, weil durch diese die Gesundheit und Sicherheit unserer Kinder gefährdet wird. Betroffen waren in allen Fällen Produkte aus Billiglohnländern. Da stellt sich die Frage, ob nur Spielzeug betroffen ist oder ob auch Produkte der Heimtextil- und Bodenbelagsbranche ein Risiko darstellen können.
von Dr.Ernst SchröderNach Aussage des TÜV Rheinland wurden bei mehr als 50 % untersuchter Importartikel erhebliche Mängel festgestellt. Sie entsprechen damit in keinster Weise unseren Sicherheitsstandards. Welche potenziellen Gefahren können von ungeeigneten Bodenbelägen ausgehen und wie kann sich der Importeur bzw. der Vermarkter solcher Importwaren absichern und damit seiner Verantwortung im Hinblick auf den Verbraucherschutz nachkommen?
Besonders wichtig sind bei Bodenbelägen die Aspekte Brandschutz und Emissionen. Bei nicht ausreichendem Brandschutz ist die Sicherheit der Nutzer im Brandfall nicht gegeben. Übermäßige und gefährliche Emissionen können zu erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen und als Folge dessen zu massiven Schadenersatzansprüchen führen.
Seit Beginn dieses Jahres unterliegen alle textilen und elastischen Bodenbeläge sowie Laminat der CE-Kennzeichnungspflicht, erkennbar an den entsprechenden Labeln auf der Verpackung und in den technischen Datenblättern. Ohne CE-Kennzeichnung dürfen diese Beläge nicht in den Staaten der EU vertrieben werden
Ausgenommen von dieser Regelung sind lediglich abgepasste Teppiche, Matten und Läufer Die CE-Kennzeichnung beruht auf einer Richtlinie der EU (Council Directive 89/106/EG) und regelt wesentliche Anforderungen an Bauprodukte und Bauwerke. Diese Richtlinie wurde in Deutschland durch das Bauproduktengesetz umgesetzt. Bodenbeläge gehören nach dieser Richtlinie zu den Bauprodukten und müssen die in den folgenden Bereichen festgelegten produktspezifischen Kriterien erfüllen:
- Mechanische Festigkeit und Standsicherheit
- Brandschutz
- Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz
- Nutzungssicherheit
- Schallschutz
- Energieeinsparung und Wärmeschutz
Brandschutz wesentliches Element
Welche Anforderungen von Bodenbelägen im Einzelnen zu erfüllen sind, ist in der Europäischen Norm EN 14041 beschrieben. Neben der Standsicherheit ist dort der Brandschutz ein wesentliches Element. Diese Eigenschaften müssen unbedingt bei der CE-Kennzeichnung angegeben werden. Angaben zur Wärmedämmung, zum Schallschutz oder zur Elektrostatik der Beläge sind freiwillig.
Die Angaben zur Brandklasse basieren auf der Europäischen Klassifizierungsnorm EN 13501-1. Diese löst die bisher ein Deutschland gebräuchliche DIN 4102 ab. Damit sind auch neue europaweit gültige Brandklassen geschaffen worden.
In Deutschland ist im privaten Wohnbereich üblicherweise die Klasse Efl ausreichend. In kritischen Bereichen wie beispielsweise in öffentlichen Gebäuden oder Versammlungsstätten wird üblicherweise die Klasse Cfl-s1 gefordert. In manchen Regionen fordern die Bauaufsichtsbehörden auch Bfl-s1.
Wichtig für das Handwerk ist, dass die Produkte gemäß den Angaben des Herstellers verarbeitet werden. In vielen Fällen wird die Brandklasse nur beim Kleben mit bestimmten Klebstoffen erreicht. Hier darf der Verarbeiter auch nur diese Klebstoffe verwenden
Sonderregelung für Aufenthaltsräume
Während die CE-Kennzeichnung von Seiten der europäischen Hersteller weitgehend beachtet wird, liegt es mit der Allgemeinen Bauaufsichtlichen Zulassung, die für diese Bodenbeläge in Deutschland zwingend vorgeschrieben ist, vielfach im Argen. Ebenfalls seit Januar dieses Jahres müssen die oben genannten Beläge über eine solche Zulassung seitens des Deutschen Institutes für Bautechnik (DIBt) verfügen, wenn sie in Aufenthaltsräume gelegt werden sollen. Aufenthaltsräume sind öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Schulen, Theater und Hotels genauso wie das private Schlaf-, Kinder- oder Wohnzimmer. Es fällt schwer, Räume zu finden, die keine Aufenthaltsräume sind. Anders als in der Vergangenheit ist eine Bauaufsichtliche Zulassung also nicht nur für schwerentflammbare Bodenbeläge in öffentlichen Einrichtungen erforderlich. Betroffen ist auch Handelsware für den Wohnbereich!
Die Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung beruht heute deshalb auch nicht mehr auf der Brandprüfung - dies regelt ja die CE-Kennzeichnung -, sondern auf einer Emissionsprüfung und der damit einhergehenden gesundheitlichen Bewertung durch anerkannte Prüf- und Zertifizierungsstellen wie das TFI. Damit wird sichergestellt, dass die Nutzer der Beläge nicht durch Schadstoffe oder übermäßige Ausdünstungen gefährdet werden. Erkennbar sind durch eine gesundheitliche Bewertung zugelassene Beläge an dem Ü-Zeichen.
Abgepasste Teppiche sind keine Bauprodukte - was tun?
Während also im Bereich der Wand-zu-Wand-Beläge bei Beachtung der Vorschriften zur Bauaufsichtlichen Zulassung und zur CE-Kennzeichnung relative Sicherheit besteht, ist die Situation im Bereich abgepasster Teppiche anders. Weil sie keine Bauprodukte sind, fallen diese nicht unter die vorbeschriebenen Regelungen. Deshalb werden sie oft ohne jegliche Prüfung und Überwachung vermarktet. Die im Spielzeug-Sektor gemachte Erfahrung zeigt überdeutlich, dass die Frage nach bedenklichen Inhaltsstoffen und Emissionen berechtigt ist, insbesondere dann, wenn es sich um Importware aus Ländern handelt, in denen nicht so strenge Umweltschutz- und Verbraucherschutzgesetze gelten wie bei uns.
Hier können Importeure, Handel und Handwerk nur dann den dringend gebotenen Verbraucherschutz gewährleisten, wenn mit einer qualifizierten Eingangskontrolle im Hinblick auf Emissionen und Schadstoffe nach festgelegten Prüfplänen alle Bedenken ausgeräumt werden. Dabei müssen vergleichbare Maßstäbe angesetzt werden wie bei der Bauaufsichtlichen Zulassung von Wand-zu-Wand-Belägen.
Auf folgende Punkte sollte dabei besonders geachtet werden:
- keine krebserzeugenden oder erbgutschädigenden Inhaltsstoffe
- Ausschluss gesundheitsschädlicher Schwermetalle (z.B. Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom-6)
- Ausschluss gesundheitsschädlicher Biozide (Pestizide)
- Sachgerechter Motten- und Käferschutz bei Wolle und Seide
- Einhaltung der allgemein anerkannten Kriterien der Arbeitsgemeinschaft zur gesundheitlichen Bewertung von Baustoffen (AgBB) bei Emissionen
Bleibt festzuhalten:
Bei Wand-zu-Wand-Belägen bieten die CE-Kennzeichnung und die Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung dem Verbraucher und damit Handel und Handwerk die nötige Sicherheit. Diese Anforderungen gibt es für abgepasste Teppiche nicht. Deshalb kann hier nur durch Einhaltung und Nachweis der genannten Anforderungen eine Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers sowie drohende Regressansprüche und ein damit einhergehender massiver Imageverlust vermieden werden.
aus
BTH Heimtex 12/07
(Bodenbeläge)