China und der Weltmarkt für Holzfußböden
Neue Herausforderungen für chinesische Hersteller
Weltmärkte stellen neue Anforderungen an chinesische Hersteller und im chinesischen Binnenmarkt herrscht immer stärkerer Wettbewerb. Holzfußbodenhersteller in China sind nicht mehr nur auf billigen Massenausstoß gepolt. Mit Qualität, eigenen Marken und konsolidierten Industrien versuchen sie, sich den wandelnden Wirtschaftslagen anzupassen. Auf Veranstaltungen wie der China Wood Flooring Export & Import Konferenz Ende Oktober 2007 holen sich exportorientierte Unternehmen Anregungen für Erfolg versprechende Strategien.
In der Weltwirtschaft spielt China eine herausragende Rolle, das Wachstum ist ungebrochen. Chinesische Wirtschaftsfachleute sehen keine Anzeichen für eine "überhitzte Ökonomie", wie es westliche Analystenkreise mitunter als Gefahr an die Wand malen. "Der Entwicklungsschub in China hält nun fast drei Jahrzehnte an und wird sich auch in naher Zukunft nicht abschwächen", sagt Liao Yingmin vom Development Research Institute of Market Economy (DRC).
Im chinesischen Binnenmarkt entwickeln sich Industrie, Städtebau und Konsum rasant. Als Folge wird China zum weltweit größten Verbraucher von Rohstoffen: 40% des globalen Kohlebedarfs, 30% des weltweiten Stahlverbrauchs und 30% der weltweiten Menge an Zement. Den globalen Holzmarkt hält die chinesische Nachfrage längst unter Druck. Der chinesische Energiebedarf wird sich in den kommenden 20 Jahren verdoppeln und das Reich der Mitte um das Jahr 2020 zum zweitgrößten Ölverbraucher nach den USA machen.
Das sozialistische Regierungssystem in Peking scheint kein Hindernis für den wirtschaftlichen Aufschwung zu sein. Würde die jährliche Wachstumsrate nur 7% betragen - tatsächlich sind es 10% oder mehr - könnte China im Jahr 2010 Deutschland (geschätzte Wachstumsrate 4%) als drittstärkste Weltwirtschaftsmacht ablösen.
Wohnungsbau gut für den Fußbodenmarkt
Allen Industrien und Herstellern im Konsumgüterbereich wird für den chinesischen Binnenmarkt eine goldene Zukunft vorhergesagt. Dazu gehören auch die Artikel aus den Bereichen Innenausbau und Raumausstattung. Das steigende Einkommen der Chinesen lässt sie mehr ins eigene Heim investieren. Wohnungsbau und höherer Wohnflächenbedarf sind Motoren für die Fußbodenbranche.
Um 1989 betrug die Pro-Kopf-Fläche an Wohnraum im ländlichen China 17,2 qm und in städtischen Regionen 13,5 qm. Im Jahr 2006 war dieser Anteil auf dem Lande auf 30,7 qm angestiegen und hatte sich in der Stadt auf 27,0 qm verdoppelt,. Nach jüngsten Einschätzungen werden die Ausgaben städtischer Familien für die Inneneinrichtung bis August 2008 noch einmal um 30% zulegen.
Vor den Reformen der späten 90er Jahre, die es Chinesen gestatteten, eigenes Wohn- und Hauseigentum zu erwerben, war der Holzfußboden kein verbreiteter Bodenbelag. Dann aber erlebten Holz- und Laminatböden im Inlandsmarkt einen bemerkenswerten Aufschwung. Der ist noch lange nicht vorbei, prophezeit Liao Yingmin. Allein 2006 wurden 2 Mrd. qm Wohnungsflächen gebaut, und sogar Bauern auf dem Lande entwickelten sich zu beachteten Bauherren. Auch die Renovierungsintervalle haben sich deutlich reduziert, zudem verlangen Verbraucher immer mehr hochwertige Produkte.
Der Konsum im Holzfußbodenbereich wird sein stabiles Wachstum beibehalten, sind sich chinesische Fachleute einig. Dafür sorgen nicht zuletzt die vielen Objekte und kommerziellen Bauten im Rahmen der Olympischen Spiele 2008 und der Weltausstellung in Schanghai 2010.
Wachsende Schicht der neuen Reichen
Die Einkommenssituation der Chinesen hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Die konsumfähige Schicht im Lande wird von Experten des Analysten Price Waterhouse Coopers auf etwa 100 Mio. Menschen geschätzt. In weiteren drei Jahren soll diese Gruppe auf 400 Mio. angestiegen sein. Heute schon haben gut eine halbe Million Chinesen ein jährliches Einkommen von über eine Million US-Dollar.
Bei Holzfußböden ist die Nachfrage der Chinesen entsprechend ihrem Budget gewichtet. Interessenten mit höherem Einkommen suchen hochwertigen Massivholzboden und bestimmte Marken. Westliche Produkte aus den USA oder Europa sind in Mode. Europäische Fußbodenhersteller wie Unilin, Berry, Balterio, Krono und Hamberger versuchen, von dieser Mentalität zu profitieren. Die mittlere Einkommensschicht setzt vor allem auf Eigenschaften wie Funktionalität, Komfort, Sicherheit, Umweltfreundlichkeit und Farbvielfalt. Das führt diese Gruppe oft zu Mehrschichtprodukten. Niedrigere Lohngruppen fragen günstige aber verlässliche Hartfußböden nach und landen daher häufig beim Laminatboden.
Einen eigenen Holzfußbodengeschmack, sagen Inlandsexperten, haben Chinesen in der Masse kaum entwickelt. Es gibt keinen spezifisch chinesischen Stil oder Trend. Die engen wirtschaftlichen Verbindungen der Branche in die USA führen zu einer Orientierung am amerikanischen Geschmack. Architekten und Designer bevorzugen dunkle Hölzer und Farben mit einer dicken, glänzenden Lackschicht.
Geänderte Rahmenbedingungen bremsen Exporte
Ausländisches Kapitalinvestment in China wuchs im Fünfjahreszeitraum bis 2005 auf 383 Mrd. USD, das ist ein Anstieg um über 34%. Mit seinen Heerscharen billiger Arbeitskräfte und günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist China ein Paradies für Einkäufer, Händler und Hersteller besonders von Bodenbelägen. Jahrelang erhielt diese Branche staatliche Subventionen in Form von Ausfuhrrabatten.
Seit 2007 sind diese Rabatte deutlich eingeschränkt worden. Die chinesische Regierung verfolgt nun umwelt-, rohstoff- und qualitätsbezogene Prioritäten, will massiv aufforsten und hat die Produkte der Forstindustrie in drei Kategorien eingeteilt - in solche die unterstützt, eingeschränkt oder verboten werden sollen.
Zusammen mit weltweit steigenden Holzpreisen, wachsenden Energiekosten und Löhnen auch in China, reduzieren diese politischen Maßnahmen die Margen ausländischer Händler. "Chinesische Behörden müssen beachten, das jede Änderung der Politik sich auf das Verhalten der Einkäufer auswirkt", droht der Verband Europäischer Parkettimporteure (EFPI) unverhohlen mit der Suche nach anderen Quellen und hat schon im März 2007 in einem Brief an die chinesische Forstbehörde um ein Treffen nachgesucht. "Wir möchten rechtzeitig informiert werden und unsere Meinung zu Gehör bringen können", fordert Ruud Steenvoorden, stellvertretender EFPI-Präsident.
Was Europäer von chinesischen Partnern erwarten
Chinesische Machthaber haben sich traditionell nie vom Getöse ausländischer Interessen beeinflussen lassen. Einzelne chinesische Unternehmen dagegen müssen im globalen Wettbewerb ein Ohr für ihre Kunden haben. Die Vertreter des EFPI machen klare Vorgaben, was sie von ihren chinesischen Partnern erwarten: Einhaltung von CE-Standards und Qualitätsmerkmalen, mehr zertifizierte Holzprodukte und das Verständnis für die Anforderungen des sehr unterschiedlichen europäischen Marktes. Vor allem aber möchten EFPI-Unternehmen exklusive Partner sein. Was sie daher an den Chinesen kritisieren, sind kurzfristiges Profitdenken und Lieferungen an jeden, der nachfragt. Ruud Steenvoorden: "Die Chinesen sollten besser unsere Marketinganstrengungen unterstützen und mit uns durch gute wie schlechte Zeiten gehen, wie in einer guten Ehe." Dann, so der EFPI, ist in den kommenden fünf Jahren ein jährliches Wachstum der Chinaimporte in die EU um 10-15% denkbar.
Qualität ist gestiegen
Wer im Export bestehen will, muss Qualitätskriterien einhalten. Die Chinesen haben ihre Lektion gelernt, nachdem unter anderem Formaldehyd-Emissionen einer der Gründe für Einfuhrbeschränkungen nach Nordamerika war.
Laut Statistiken der chinesischen Qualitäts-Überwachungsbehörde halten rund 95% der nationalen Holzfußboden- und Laminatbodenproduktion dem allgemeinen Qualitätsstandard stand. Bei Massivholzböden erreichen sogar 97,7% den erwünschten Standard - das sind 21,4% mehr als im Jahr 2003. Nur der Feuchtigkeitsgehalt ausgelieferter Böden entspreche nicht immer den optimalen Werten.
Bei Mehrschichtböden können große exportorientierte Hersteller sogar bis zu 100% Qualitätserfüllung melden. Lediglich mittlere und kleinere Unternehmen haben Probleme, in immer optimale Ware zu liefern. Unter Nässe-Einfluss lösen sich da schon mal die Deckschichten
Beim Laminatboden nahmen die Qualitätsprüfer Stichproben von 40 Produkten, die auf dem chinesischen Markt angeboten werden. Das Ergebnis zeigte 97,5% Übereinstimmung mit den standardgemäßen Qualitätskriterien.
Wohin China exportiert
Anhand einer Umfrage des Magazins China Wood International unter 194 Holzfußbodenherstellern, die 90% der chinesischen Produktion repräsentieren, ergab sich: 40% der Massivholzböden "Made in China" wird exportiert. Davon geht über die Hälfte in die USA. In Europa sind vor allem Irland und Großbritannien Abnehmerländer. Dann folgen Frankreich, Spanien, Italien, Dänemark und die Niederlande. Wo die Böden allerdings tatsächlich verlegt werden, ist aus diesen Vertriebswegen nicht zu ersehen.
Mehrschichtparkett wird zu 50% exportiert. Europa ist hier der Hauptempfänger, aber unter den 81 großen Mehrschichtherstellern Chinas versenden 43 ihre Ware sowohl nach Europa wie nach Amerika. In die USA gelangen rund 30% der Mehrschichtware.
Chinas Laminatbodenproduktion zielt auf den heimischen Markt. Von den geschätzten 220 Mio. qm im Jahr 2007 waren nur 30% für das Ausland bestimmt. Hauptmärkte hier sind die USA vor Kanada, der Türkei, Russland und Südkorea.
Was China importiert
China importiert keine großen Mengen an Hartfußböden. Beim Massivholzparkett sind es vor allem Laubholzböden, die zu 80% aus den USA kommen. Mehrschichtböden kommen zumeist aus Schweden (36,0%), Indonesien (20,6%) und Deutschland (16,8%). Die Mehrschichtimporte machen allerdings nur 1,4% des chinesischen Verbrauchs aus.
Während Europa kein bevorzugtes Ziel chinesischer Laminatbodenhersteller ist, weil der europäische Markt vielfältig besetzt ist und als gesättigt gilt - und der Preis dieses technisch anspruchsvollen Produktes weniger durch Arbeitslohn bestimmt wird - versuchen sich einige europäische Markenhersteller wie Quick Step, Hamberger und Balterio auf dem chinesischen Markt. Importierter Laminatboden macht 5% des chinesischen Verbrauchs aus.
Herausforderung für Chinas Fußbodenindustrie10% Ausfuhrsteuer auf Massivparkett seit November 2006, Abschaffung des Ausfuhrrabattes für Mehrschichtparkett im Januar 2007 und generelle Beschränkung des Exportrabattes auf 5% seit Juli 2007 - das sind preistreibende Faktoren für Chinas Fußbodenindustrie. Dennoch erwarten Experten einen weiteren Schritt nach vorn, wenn die modernen, führenden Unternehmen ihr Management verbessern und neue Produktgenerationen mit hohem technologischen Anspruch auf den Markt bringen.
Chinesische Hersteller haben erkannt, dass sie sich internationalem Recht beugen müssen. Gegen Unilin haben sie den Patentstreit um Klickverbindungen vor der amerikanischen Handelskommission (ITC) verloren. Für jeden zukünftigen Quadratmeter exportierten Klickboden müssen Chinesen 0,65 USD Lizenzgebühr an Unilin zahlen.
Noch in der Schwebe ist die sogenannte "332" Untersuchung der ITC. Dabei geht es um die Beschwerde amerikanischer Hersteller, Sperrholz als Trägerschicht für chinesische Fußböden genüge nicht den amerikanischen Umweltauflagen und Qualitätsstandards, dünste zu viel Formaldehyd aus und sei überdies durch illegalen Holzhandel und Subventionen im Preis gedrückt. Eine Entscheidung der ITC wird für Juni 2008 erwartet.
In Europa schließlich konzentrieren einige Staaten ihre Einkaufspolitik auf legal geschlagenes Holz. Auch hier hat China Nachholbedarf. Abkommen zwischen China und der EU in Bezug auf Forest Law Enforcement, Governance and Trade (FLEGT) stehen auf der Agenda.
aus
Parkett Magazin 01/08
(Bodenbeläge)