Belegreife von Schnellestrichen -"Vorsicht" ist die Mutter des Parkettlegers
Als Obmann der Arbeitsgruppe Sachverständige im Bundesverband Estrich und Belag (BEB) gilt Heinz-Dieter Altmann als der oberste Estrich-Sachverständige in Deutschland. Aufgrund seiner umfangreichen Erfahrung und der Vielzahl begutachteter Schadensfälle rät er zur Vorsicht, wenn es um Schnellestriche und Estriche mit Zusatzstoffen geht.
In Oberwiesenthal betonte der Estrich-Experte, wie wichtig es für Parkettleger und Bodenleger ist, sich in groben Zügen mit den Eigenschaften sowie den Vor- und Nachteilen von Schnellestrichen und Estrichen mit Zusatzmitteln bzw. Trocknungsbeschleunigern auszukennen. Per Definition sind Schnellestriche zwar schneller belegreif als andere Estriche. Das bedeutet im Gegenzug aber, dass diese Estriche abhängig von den raumklimatischen Bedingungen nur eine kurze offene Zeit haben. Bei Temperaturen über 25 C sind sie deswegen schwieriger zu verarbeiten, weil sehr wenig Zeit zum Glätten bleibt.
Schnellzementestriche härten aus, indem sie das Anmachwasser kristallin binden - also einschließen. Gemessen wird diese Eigenschaft mit dem Wasser-/Zement-(W-/Z)-Wert, der aussagt, wie viele Masseteile Wasser kristallin vom Zement gebunden werden können, also nicht verdunsten müssen. Dabei ist der erreichbare W-/Z-Wert von mehreren Faktoren abhängig, u.a. von der Körnung der Zuschlagstoffe, da feiner Sand mehr Anmachwasser bindet als gröberer es kann. Üblich sind für den Innen- und Außenbereich Gemische aus Portlandzement und Tonerdeschmelzzement. Solche Estriche sind in der Lage, 35 Masse-% des Wassers kristallin zu binden, d.h. dieser Wasseranteil muss nicht verdunsten. Doch Vorsicht: Bei Temperaturen über 60 C wird das kristallin gebundene Wasser wieder abgegeben - ein Wert, der insbesondere bei den Vorlauftemperaturen von Fußbodenheizungen beachtet werden muss.
Vorgaben genau einhalten
Speziell für den Einbau von Schnellestrichen gilt, dass sich der Estrichleger sehr genau an die Vorgaben des Herstellers halten muss, da sonst die gewünschten Eigenschaften nicht erzielt werden. Ein ungenaues Anmischen kann genauso zu Problemen führen wie ein zu frühes Belegen der Fläche. Zwar härten Schnellestriche schneller aus als andere Estriche, oftmals laut Hersteller innerhalb von 24 Stunden. Da aber kein Schnellestrich in diesem Zeitraum sein Endschwindmaß erreicht, ist für das nachfolgende Gewerk Vorsicht geboten. Insbesondere dann, wenn der frische Estrich mit unflexiblen, harten Materialien wie Fliesen belegt wird. Das nachträgliche Schwinden des Estrichs kann zu Rissen im Oberbelag führen.
Eine weitere Möglichkeit zur Verkürzung der Trocknungsdauer ist die Zugabe von beschleunigenden Zusätzen. Auch hier ist sehr genau auf das Einhalten der Herstellervorgaben, etwa hinsichtlich der Mischungsverhältnisse zu achten. Die Eigenschaften des Untergrundes sollten am Besten mit einem Prüfzeugnis vom Hersteller nachgewiesen werden. Außerdem können Zusätze nur dann wirken, wenn vernünftige Klimabedingungen auf der Baustelle herrschen. In einer für die Trocknung schwierigen Umgebung helfen auch keine beschleunigenden Zusatzmittel.
Höhere Sorgfaltspflicht
Parkettleger und Bodenleger sollten deshalb bei Schnellestrichen eine höhere Sorgfaltspflicht walten lassen. Bevor mit der Verlegung des Oberbelags begonnen wird, muss - wie die Bestimmungen im Übrigen auch vorsehen - auf jeden Fall die Feuchte des Estrichs bestimmt werden. Allerdings gelten für diese Estriche nicht die gleichen CM% -Grenzwerte wie für herkömmliche Estriche. Deswegen müssen sich Parkettleger und Bodenleger informieren, wie die Empfehlung des Herstellers hinsichtlich des Grenzwerts lautet.
Findet der Parkettleger bei der CM-Prüfung eine größere Dicke als die angegebene Nenndicke vor, dann sollten ebenfalls alle Alarmglocken läuten. Schnellestriche eignen sich sicherlich nicht dazu, so der Estrich-Sachverständige, einen Höhenausgleich durchzuführen. Bei Zweifeln, ob die Belegreife tatsächlich bereits erreicht ist, empfiehlt Heinz-Dieter Altmann, eine rechtsverbindliche Freigabe vom Auftraggeber einzuholen, bevor mit der Parkettverlegung begonnen wird. Wichtig ist, dass nur der Bauherr die Freigabe erteilen kann und nicht der Estrichleger, da der nicht der Vertragspartner des Parkettlegers ist.
aus
Parkett Magazin 01/08
(Handwerk)