Kleiner Fehler - großer Schaden
Bodenleger wehrt sich gegen unsachgemäße Estrichnachbesserung
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine unsachgemäße Estrichnachbesserung durch einen Estrichleger vor der Verlegung von Kautschukbelägen in einem Krankenhaus.
In dem Erweiterungsbau eines Krankenhauses erhielt ein Estrichleger den Auftrag, eine 70 mm dicke zementäre Estrichkonstruktion der Biegezugfestigkeitsklasse "F 5" (frühere Bezeichnung ZE 30) auf Dämmung einzubauen. Auf dem Estrich sollte ein Bodenleger einen Kautschuk-Belag verlegen. Beim Reinigungsschliff bemerkte der Bodenleger, dass die Estrichkonstruktion sehr weich war. Außerdem stellte er beim Schleifen in Teilflächenbereichen einen deutlichen Abtrag der Estrichoberfläche fest. Im darunter liegenden Geschoss, in dem die gleiche Estrichkonstruktion eingebaut worden war, lagen diese Problemstellungen nicht vor. Daraufhin wurde die Estrichkonstruktion vom Bodenleger gerügt, zumal die Bodenkonstruktion später mit fahrbaren Krankenhausbetten belastet werden sollte. Der Estrichleger sagte eine Nachbesserung des Estrichs zu und bearbeitete die Estrichoberfläche mit einem Hartmetallschleifteller. Außerdem wurde der Estrich abgesaugt und vollflächig mit einer wasserverdünnbaren Epoxidharzimprägnierung, die mit Quarzsand abgestreut wurde, "verfestigt".
Der Bodenleger überprüfte die vermeintlich sanierte Fläche. Bei der Epoxidharzimprägnierung stellte er eine variierende Oberflächenbeschaffenheit fest: Die Estrichoberfläche wies ein wolkiges Aussehen mit dunklen und hellen Teilflächen auf. Darüber hinaus lag auf der Oberfläche der Quarzsand lose ohne Verbindung zum Untergrund auf. Um die Bodenbelagsarbeiten starten zu können, erfolgte eine gutachterliche Überprüfung.
Schadensbild: Ungenügende Oberflächenfestigkeit des Estrichs
Die Überprüfung des vorliegenden Zementestrichs, der für die Aufnahme eines Kautschukbelages vorgesehen war, erfolgte insbesondere unter Beachtung der DIN18365 "Bodenbelagarbeiten" sowie der allgemein anerkannten Regeln der Technik/des Fachs. Es war leicht erkennbar, dass die Nachbesserung des Estrichs in Form eines Abschleifens mit einem Kupferschleifteller durchgeführt worden war. Die Estrichoberfläche war extrem rau und wies unterschiedliche Farbgebungen aufgrund des unterschiedlichen Eindringens der Imprägnierung auf.
Handschleifmaßnahmen mit einem Schleifpapier und mit einer Drahtbürste machten das Problem deutlich: Dort, wo ein satter Auftrag der Epoxidharzimprägnierung vorlag, ließ sich das aufgestreute, relativ dick vorliegende Quarzsandmaterial ohne nennenswerten Aufwand abschaben. Es lag keine gewünschte Haftung zum Estrich/Epoxidharz vor. Im Bereich der hellen Stellen der Estrichoberfläche ließ sich der Quarzsand sogar leicht abfegen und bot keine feste Bindung zum Untergrund.
Mit Hilfe von Gitterritzprüfungen und Drahtbürstenbehandlungen konnte an der weggeschlagenen Epoxidharzimprägnierung gezeigt werden, dass die Estrichoberfläche keine ausreichende Festigkeit aufwies. Dort lagen tiefe Ritzspuren und Ausbrüche in den Kreuzungspunkten der Ritzspuren vor. Im Gegensatz dazu, konnte dort eine ausreichende Festigkeit des Estrichs attestiert werden, wo eine erkennbare Schicht des Epoxidharzes vorlag.
In einer Vielzahl von Räumen, in denen der Estrichleger weitere Nachbesserungen durchführen wollte, war ein erheblicher Abtrag des Estrichs mit einem Hartmetallschleifteller erfolgt. Auch an diesen Stellen wurden tiefe Ausbrüche und eine ungenügende Oberflächenfestigkeit im Estrich festgestellt.
Schließlich wurde eine Probenentnahme des Estrichs durchgeführt und eine Bestätigungsprüfung entsprechend der DIN 18560 "Estriche im Bauwesen" Teil 2 "Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)" durchgeführt. Trotz der ungenügenden Oberflächenfestigkeit erreichte die Estrichkonstruktion die vertraglich vereinbarte Biegezugfestigkeitsklasse "F 5".
Ursache: Mangelhafte Estrich-Nachbesserung
Die ungenügende Oberflächenfestigkeit des Estrichs, fehlende Fenster im Dachgeschoss und große Hitze bei Estricheinbau machten ein so genanntes "Verbrennen" der Estrichoberfläche wahrscheinlich. Zusätzlich erfolgte eine mangelhafte Nachbesserung des Estrichs, auch wenn der Estrich eine ausreichende Biegezugfestigkeit und eine ausreichende Dicke von über 70 mm hatte. Weitere Prüfmaßnahmen im Hinblick auf Mischungsverhältnis und die Kornzusammensetzung des Estrichs erfolgten auftragsgemäß nicht.
Die mangelhafte Estrich-Nachbesserung hat zwei Ursachen: Bei der mechanischen Oberflächenbearbeitung wurden nicht alle Weichzonen entfernt und die zur Estrichverfestigung eingesetzte wasserverdünnbare Epoxidharzimprägnierung war ungeeignet. Außerdem hätte mit der Spachtelmasse keine ausreichende Arretierung stattfinden können, da die aus dem Quarzsand herzustellende Verkrallung mit dem Untergrund fehlgeschlagen war. Damit war die Nachbesserung des Estrichlegers ungenügend.
Dem Bauherrn wurde eine intensive mechanische Bearbeitung der Estrichfläche (Diamantschleifen und teilweise Kugelstrahlen) empfohlen - jeweils hingehend bis zum festen Korn des Estrichgefüges. Dabei sind teilweise Abtragstiefen bis 5 mm entstanden, so dass es nach diesen mechanischen Maßnahmen unabdingbar erforderlich war, die Estrichoberfläche sach- und fachgerecht mit einem Epoxidharzsystem zu grundieren: Der erste Auftrag sollte verdünnt und dadurch niedrigviskos sein, um besser in den Estrich eindringen zu können. Der zweite Auftrag sollte unverdünnt sein.
In den zweiten Auftrag wurde feuergetrockneter Quarzsand vollsatt eingestreut, um eine ausreichende Haftung der aufzubringenden zementären Spachtelmasse zu erzielen. Durch die erheblichen Abtragstiefen und die erzielte Rauigkeit des Untergrunds, war das Spachteln ebenfalls in zwei Arbeitsgängen erforderlich. Die ausreichende gute Arretierung der Spachtelmasse zum Untergrund wurde mit Stempelhaftzugprüfungen nachgewiesen, so dass anschließend die Bodenbelagverlegemaßnahmen durchgeführt werden konnten.
Verantwortlichkeit: Estrichleger haftet in vollem Umfang
Da der Estrichleger bei der Estrichherstellung extrem ungünstige raumklimatische Bedingungen vorfand, wäre es erforderlich gewesen, diesbezüglich Bedenken anzumelden und vorab das Gebäude mit Folie zu schließen. Zudem fehlte eine ordnungsgemäße Nachbehandlung des Estrichs.
Die Verantwortlichkeit für die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der Estrichoberfläche liegt beim Estrichleger, der die intensiven mechanischen Untergrundvorbereitungsmaßnahmen, das teure Epoxidharzsystem und auch die Mehrdicken für die Spachtelmasse bezahlen musste.
Vorgenanntes Beispiel zeigt, dass ein Bodenleger insbesondere dann, wenn ein Estrichleger Nachbesserungen durchgeführt hat, die Estrichflächen vorab genauestens "unter die Lupe" nehmen sollte, da solche Nachbesserungsmaßnahmen gelegentlich unsachgemäß durchgeführt werden.
Der Autor: Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.
IFF-Fußboden-Gutachter
Helmut Becker
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FussbodenTechnik 02/08
(Handwerk)