Das Deko- und Gardinenjahr 2003
Das Geschäftsjahr 2003 hatte für die Deko- und Gardinenbranche so vielversprechend angefangen, und dann ging es bergab. Zum Start auf der Heimtextil hatte Jab Anstoetz mit seiner Werbekampagne "JA(B) zur Zukunft" ein Signal gesetzt und für optmistische Stimmung gesorgt. Doch im weiteren Jahresverlauf verschlechterte sich das Klima; während das erste Halbjahr noch knapp an das Vorjahr anknüpfen konnte, brachen die Umsätze im Jahrhundert-Sommer völlig ein. Erst im letzten Quartal zogen die Umsätze wieder leicht an, was aber bei den meisten nicht mehr zum Ausgleich reichte. Wer auch nur ein kleines Umsatzplus erreicht hat, ist König. Etliche mussten sogar zweistellige Minuszahlen hinnehmen.
Bei manchen wurde es dann mit der Liquidität eng. Einige mussten den Gang zum Amtsgericht antreten und Insolvenzantrag stellen. So wurde nach Textildrucker Schloss Holte und Frottierspezialist Egeria, die 2002 Pleite gingen, 2003 Mutter Kock zahlungsunfähig. Auch Jacquard-Weber Pippig & Reichel wurde insolvent und sucht jetzt Investoren. Die frühere Mutter Schmitz-Werke wird das offenbar nicht sein. Cordima und Elvo, die 2002 die Branche mit ihrer Fusion bewegten, stürzten ebenfalls ab und firmieren nach der mehrheitlichen Übernahme durch Unland mit Beteiligung des ehemaligen Elvo-Gesellschafters Klaus Vollenbröker jetzt unter Elvo Cordima. Und kurz vor Jahresende machte noch die ehemalige "Textilperle vom Niederrhein" Schlagzeilen: Girmes hat einen Schuldenberg von 100 Mio. EUR aufgetürmt und hofft ebenfalls auf eine Fortführungs-Lösung.
Kommt hinzu, dass einige ausländische Anbieter ihre deutschen Niederlassungen aufgegeben haben wie Boras oder Svensson - allerdings bedeutet das nicht den Rückzug vom deutschen Markt.
Aber es gab 2003 nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner: Von Firmenkonjunkturen berichten etwa die beiden Jab Anstoetz-Töchter Chivasso und Club Création Niemann, auch Müller Zell hat sich gut behauptet.
Ein Zeichen für die zunehmende Verarmung der Branche ist, dass immer mehr Regionalmessen den fehlenden Aussteller- und Besucherzahlen zum Opfer fallen. Die Heimtextiler am stärksten getroffen hat die Absage der Raumausstattung in Dortmund, jahrelang "der" Herbsttermin für Dekos und Gardinen. Auch die Heimtex-Tage in München strichen die Segel.
Zunehmend wichtiger wird das Auslandsgeschäft, dass bei manchem die enttäuschenden Inlandszahlen relativiert hat. Starke Abnehmer sind die europäischen Nachbarländer, die künftigen EU-Mitglieder in Osteuropa sowie einige Märkte in Asien. Verloren hat der Nahe Osten. Für das Jahr 2004 ist die Industrie leicht optimistisch, nachdem gegen Jahresende erste zarte Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung zu spüren waren. Die meisten rechnen mit einer leichten Besserung der Konsumstimmung und einer Nachfragebelebung, sehen aber als Voraussetzung dafür ein Handeln der Bundesregierung, damit der Bürger wieder von klaren Voraussetzungen ausgehen und mit seinem Geld planen kann. Eine möglichst baldige Steuerreform, die zu einer deutlichen Entlastung der Verbraucher führt, wird vielfach als Chance für einen steigenden Konsum im Inland gesehen. Von echter Kauflust traut sich keiner zu träumen.
aus
BTH Heimtex 01/04
(Deko, Gardinen, Sonnenschutz)