Sind Sie ein Orientteppich-Kenner?

Eine kleine Warenkunde

Es ist zwar schön, wenn man auf die Frage "Sind Sie ein Orientteppich-Kenner"mit "Ja" antworten kann. Doch alles kann niemand wissen. Vieles muss auch der versierte Fachmann nachschlagen. Mit unserem Ratespiel in diesem Heft möchten wir Ihnen Fachwissen auf eine unterhaltsame Weise vermitteln: Die ausführliche Auflösung der Fragen folgt gleich in der nächsten Ausgabe. Sie finden daher jetzt auch die Auflösung der Fragen aus der letzen Ausgabe.

Iten-Maritz

Schweizer Teppichimporteur und Teppichlexikon-Autor Nur wenige Importeure veränderten die Teppichlandschaft ähnlich stark wie der Schweizer Jo Iten-Maritz. Sein Lager in Zürich, zuerst mit einem Schwerpunkt bei persischer Ware, war schon in den 50er Jahren bedeutend. Pioniergeist bewies Iten-Maritz, als mit tibetanischen Flüchtlingen in Nepal eine Teppichproduktion aufbaute. Damit ist der Schweizer der Vater des noch heute beliebten Nepalteppichs. Sein umfassendes Wissen rund um den Orientteppich fasste er in der Serie "Das große ABC des Orientteppich" zusammen, dass in der der Fachzeitschrift Heimtex, der Zeitschrift aus der jahrzehnte später die Carpet XL hervorging, in 51 Fortsetzungen veröffentlicht wurde. Diese Serie lieferte die Basis für das Standardwerk "Enzyklopädie des Orientteppichs". Dieses wohl umfassenste deutschsprachige Nachschlagewerk für Orientteppiche erschien 1977.

Djufti-Knoten

Zeit- und materialsparender Knoten über zwei Kettfäden Der so genannte Djufti-Knoten (Djuft = pers. für Paar) ist die Spar-Variante gängiger Knüpfknoten. Bei den Kaschmir-Seidenteppichen gibt es eine andere Bezeichnung für den Djufti-Knoten: In Indien kennt man ihn als "Langri"-Knoten. Wörtlich lautet dessen Übersetzung übrigens recht sinnvoll "lahme Frau". Hierbei handelt es sich um keine eigene Knotenform, sondern eine abgewandelte gängige Knotenart. Im Gegensatz zu den "normalen" Knüpfknoten wird der Djufti nicht über 1 Paar (1+1) Kettfäden, sondern über 2 Paar (2+2) Kettfäden gewunden. Das spart zum einen Zeit - statt zwei Knoten schlingt der Knüpfer nur einen Knoten in Schussrichtung - und auch Material - pro Knüpfreihe wird nur die Hälfte des sonst eingesetzten Florgarns benötigt. Der Djufti-geknüpfte Flor ist durch seine halbe Dichte allerdings merklich schütterer, die Qualität entsprechend schlechter.

Ob der Djufti-Knoten verwendet wurde, lässt sich am Besten prüfen, indem man mit dem Daumen fest gegen den Flor streicht - möglichst im direkten Vergleich mit einem vergleichbaren Teppich, von dem man weiß, dass er mit dem normalen Knoten geknüpft wurde. Eine weitere, schwierige Methode zur Identifikation Djufti-geknüpfter Teppiche ist das Aufbiegen in einfarbigen Bereichen des Teppichs in Kettrichtung (Längsrichtung). Bei normaler Knüpfeinstellung fächert dieser in deutlich getrennte Längsrippen auf. Handelt es sich hingegen um eine Djufti-Knüpfung, erscheint die aufgebogene Fläche oft unregelmäßig bis geringfügig wellig. Achtung: Im Grundgewebe des Teppichs oder rückseitig ist die Djufti-Knüpfung meist nicht zu erkennen.

Lilian

Westiranische Teppichprovenienz Geographisch betrachtet kann der Lilian noch zu den Hamedan-Teppichen aus dem Nordwesten des Iran gezählt werden. Mit dieser Groß-Provenienz verbindet die auf jeden Fall die Art der Knüpfung. Im Gegensatz zu den Hamedan-Teppichen sind die Knüpfer der Lilian armenischen Ursprungs, im Iran nennt man sie daher manchmal Armenibaff-Lilian.

Die Knüpfungen der letzten Jahrzehnte sind überwiegend grob geknüpft. Die meist gute Florwolle, die in ein Baumwollgrundgewebe geknüpft wird, lies dennoch robuste Teppiche entstehen.

Der Lilian wird größtenteils im Hausfleiß erstellt, die Formate sind folglich auch klein: Es kommen fast nur Brückengrößen bis 4 m2 auf den Markt. Läufer sind ebenso selten, wie Teppiche bis 3 x 4 m.

Das auffälligste Merkmal der Lilian ist das häufig verwendete kreuzartige Blütenmedaillon, das in einer vierersymetrischen Feldaufteilung von großen Blüten- und Blattranken umgeben ist. Die Farbgebung ist meist kräftig rot mit dunkelblau ausgearbeiteten Details. Ein weiteres Muster in Lilian ist ein großflächiges Herati-Allovermuster.


Mahi-to-Hos

Andere Bezeichnung für das Herati-Muster Mahi-to-Hos heißt auf Deutsch soviel wie Fische am Teich, ein Name, der das verbreitete Rapportmuster viel bildlicher beschreibt, als sein bekannterer Name: Herati.

Außer vielleicht dem Boteh-Muster gibt es kein ähnlich häufig geknüpftes Muster wie das Mahi-to-Hos- oder Herati-Muster. Es wird in grobgeknüpften Nomadenteppichen genauso verwandt, wie in feinsten Manufakturteppichen. Berühmte Beispiele sind der Bidjar und der Mahi-Täbris.

Das Mahi-to-Hos setzt sich zusammen aus einem auf die Spitze gestellten Rhombus mit einer Blüte in dessen Zentrum und stilisierten Lotusblüten an der oberen und unteren Spitze, sowie stilisierten Pfingstrosen an den seitlichen Spitzen. Die Seitenlinien des Rhombus werden von halbmondförmigen Blättern flankiert, die auch als Fische interpretiert werden können.
aus Carpet Magazin 02/08 (Teppiche)